Gerd-Rüdiger Hoffmann
Sitzungen
4/5
4/8
4/26
4/29
4/32
4/38
4/40
4/41
4/42
4/47
4/50
4/54
4/56
4/58
4/63
4/64
4/66
4/67
4/69
4/80
4/86
4/87
Letzte Beiträge
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob die Debatte über die nächste Große Anfrage auch so harmonisch verlaufen wird. Ich bin wirklich Anhänger von Aristoteles und habe noch einmal gesucht, ob da mit dem Harmoniegedanken noch etwas zu machen ist; das wird wohl nicht ganz klappen.
Kulturpolitik ist auf jeden Fall ein Schwerpunkt der Arbeit meiner Fraktion. Deshalb haben wir diese Große Anfrage gestellt, in der Hoffnung, dass wir damit einen breiten demokratischen Dialog zu diesem wichtigen Feld der Politik im Land Brandenburg anzetteln können und dass entsprechende Beiträge von allen demokratischen Fraktionen zu erwarten sind natürlich unter Einschluss der Betroffenen, der Aktiven. Davon gibt es viele in diesem Land.
Die Fraktion DIE LINKE hält am Anspruch einer Kultur für alle fest. Kultureller Selbstausdruck und Teilhabe an Kultur sollen nicht Vorrecht, sondern Möglichkeit für alle sein. Es geht um gleiche Entwicklungsmöglichkeiten für alle durch gleiche Teilhabe aller an Bildung und Kultur. Diese Möglichkeiten entscheiden nicht nur über die individuelle, sondern auch über die gesellschaftliche Zukunft und stehen deshalb im Zentrum unserer Forderungen und Bestrebungen. Die Voraussetzungen für die kulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen zu verbessern ist dabei besonderes Anliegen.
Sie wissen es: Wir waren immer dafür - und stehen damit in Übereinstimmung mit vielen demokratischen Parteien in der Bundesrepublik Deutschland -, dass Kultur als Staatsziel in das Grundgesetz aufgenommen wird, weil wir von der appellierenden Wirkung Signale erwarten, um das leidige Thema „Kultur als freiwillige Aufgabe“ endlich beenden und zu verbindlichen Regelungen kommen zu können.
Zu den drei Kulturdrucksachen im Einzelnen:
Ich beginne mit der Kulturentwicklungskonzeption. Die Landes
regierung kündigte vor langer Zeit an, im Abstand von zwei Jahren zu berichten, wie es mit der Kulturentwicklungskonzeption vorangeht - oder eben nicht vorangeht. Das Fortschreiben der Kulturentwicklungskonzeption war zunächst für den Juni 2007 geplant. Da kam nichts. Deshalb gab es den Antrag meiner Fraktion, doch bis Dezember 2008 die Kulturentwicklungskonzeption zu evaluieren und einen Bericht vorzulegen. Dieser Antrag wurde abgelehnt mit dem Hinweis der Ministerin, dass das neue Konzept bereits im Sommer 2008 vorliegen werde und der Antrag überflüssig sei. Der Bericht lag nicht einmal im Dezember 2008 vor. Im Januar 2009 haben wir die Große Anfrage zur Kultur eingereicht. Termin zur Abgabe der Antwort war eigentlich der 20. April 2009. Wir dachten: Das ist ein wichtiges Thema, und es ist wirklich nicht ganz einfach, über 180 Fragen zu beantworten. Daher wurde eine Verlängerung bis zum 25. Mai 2009 vereinbart. Es kam nichts. Die Antwort auf die Große Anfrage erhielten die Abgeordneten am 16. Juni.
In den Antworten auf die Große Anfrage wird auf den Bericht zur Kulturentwicklungskonzeption nicht nur Bezug genommen, sondern die Fragen werden eigentlich unlesbar beantwortet. Als Beispiel verweise ich auf Frage 93, wo nach der Förderung von Nachwuchsautoren gefragt wird. Die Antwort lautet:
„Zur Beantwortung dieser Frage wird auf die KEK 2009, Kapitel 3.2.3 verwiesen.“
Das ist alles. Dort findet man an zwei Stellen durchaus etwas zum Thema. Aber als Antwort auf eine Frage, gestellt in einem parlamentarischen Verfahren, zu sagen: Suchen Sie sich die Antwort dort oder dort doch bitte selbst heraus!, ist eine Geringschätzung der Sache selbst und offensichtlich auch Ausdruck Ihrer Einstellung zur Legislative.
Frage 80 lautet:
„Wie bewertet die Landesregierung die ehrenamtliche Arbeit der Museumsfördervereine?“
Ich weiß, dass es im Museumsverband und im zuständigen Ministerium viele kompetente Menschen gibt, die genaue Auskunft geben könnten. Eine durch Fakten belegte Würdigung dieser Arbeit wäre möglich und auch angebracht gewesen, denn dort wird nicht nur Unterschiedliches, sondern durchaus auch qualitativ Hochwertiges geleistet. Viele, viele sind mit Engagement dabei. Sie aber antworten im Namen der Regierung mit einem einzigen Satz, der nicht einmal eine Zeile füllt. Ich glaube, das haben die Ehrenamtlichen - nicht nur auf diesem Gebiet - einfach nicht verdient.
- Ich dachte, alle Abgeordneten haben das gelesen, weil es auf der Tagesordnung steht.
- Die Arbeit wird hochgeschätzt.
Außerdem ist es fast unverschämt, auf ein Dokument zu verweisen, das den Abgeordneten dieses Hauses erst Anfang Mai vorlag. Man hätte das noch durchgehen lassen können, wenn der Bericht zur Kulturentwicklungskonzeption im Sommer 2007, im Sommer 2008 oder, wie von der Linken großzügig vorgeschlagen, im Dezember 2008 vorgelegen hätte. Es ist schade, dass die Debatte, die wir angestrebt haben, in dieser Form offensichtlich nicht zustande kommen kann. Sie haben die Möglichkeiten nicht genutzt, die lobenswerte Arbeit der Kulturschaffenden, der Künstlerinnen und Künstler im Lande zu würdigen, Probleme und offene bzw. gegenwärtig nicht lösbare Fragen zu benennen sowie einen Ausblick zu wagen, welche durchaus schwierigen Aufgaben vor uns liegen. Eine sachliche, im Interesse der Kultur sicherlich nützliche Debatte wäre garantiert gewesen.
Ich komme zur Kulturentwicklungskonzeption bzw. zum Bericht darüber. In diesem Bericht gibt es tatsächlich einen passablen Überblick darüber, was im Kulturland Brandenburg alles geschieht. Es ist beeindruckend, was Vereine, Institutionen, Künstler und Künstlerinnen, Kulturschaffende und Landesverbände leisten. Ja, es lohnt sich, nach Brandenburg zu kommen - für immer, aber auch als Kulturtourist.
Wir haben uns auch mit dem schwierigen Thema „Demografie im Land Brandenburg“ im Landtag befasst und uns mit Kulturentwicklung im Zusammenhang mit Demografie beschäftigt. Auch vor dem Thema „Erinnerungskultur“ haben wir uns nicht gedrückt. Im Gegenteil, hier gab es eine sehr sachliche, konstruktive Auseinandersetzung und Debatte, auch wenn die Ergebnisse natürlich unterschiedlich bewertet werden.
Klar dürfte sein, dass Bevölkerungsrückgang und Veränderung der Altersstruktur nicht automatisch weniger Ausgaben für Kultur bedeuten dürfen. Es geht dann um andere Aufgaben für die Kulturpolitik, um größere Herausforderungen auf diesem Gebiet und vielleicht auch um andere Schwerpunktsetzungen. Zu erkennen sind durchaus interessante Aktivitäten, auch auf dem Gebiet der Kreativ- und Kulturwirtschaft, wo ja einiges passiert ist. Aber ein Gesamtkonzept sieht meines Erachtens anders aus. Da geht es doch darum, die Lage konkret zu beschreiben, den Ist-Stand zu analysieren und die Fragen zu formulieren, um den demokratischen Prozess für Veränderungen in Gang setzen zu können.
Es geht natürlich in einer Konzeption auch darum, dass man Ziele, die die Zukunft betreffen, formuliert, und zwar so, dass sie bearbeitbar sind.
Das wäre ein Herangehen voller Spannung - Spannung im doppelten Sinne: spannend und irgendwie auch dialektisch, nicht im klassischen Sinne, aber vielleicht im Sinne von Volker Braun. Der sagte, es gehe darum, dass die „Verhängnisse“ genau angesehen werden - Sachzwänge sagen wir unter Politikern vielleicht etwas technokratischer -, dann zu sagen, wie die Dinge stehen, und die Frage zu beantworten: Was ist das Wirklich-gewollte, und welche Möglichkeiten gibt es, dahin zu kommen? Das hat mit Konzeption zu tun. Dahinter bleiben dieser Bericht und die Konzeption zurück. Wenn wir schon nicht Volker Braun haben wollen, wäre wenigstens konzeptionell der Bericht der Enquetekommission „Kultur“ des Deutschen Bundestages als Maßstab anzulegen gewesen.
Alle drei Dokumente bleiben weit darunter, was auf Bundesebene mit dem Bericht der Enquetekommission „Kultur“ geleistet wurde. Das ist schlecht. Das ist vor allem deshalb schlecht, weil es nicht nötig wäre. Die Substanz an Kultur trotz aller Probleme, trotz Kürzungen auf einigen Gebieten, trotz Schließungen in einigen Bereichen - ist doch vorhanden. Wir sind ein Kulturland. Die fachlichen Voraussetzungen in Fachverbänden und im zuständigen Ministerium sind ebenfalls vorhanden.
Das Ganze ist einfach zu sehr ressort- oder vielleicht auch koalitionspolitisch oder parteipolitisch überlagert, glaube ich jedenfalls. Das ist schade. Besonders im Bericht über Projekte und Initiativen der kulturellen Bildung wird deutlich, dass krampfhaft Erfolge aufgelistet werden, aber die von der Enquetekommission „Kultur“ formulierten Aufgabenstellungen kaum Beachtung finden. Da ist viel zu leisten, und das müsste doch einmal abgearbeitet und benannt werden. Es geht nicht, vorhandene Probleme einer Landesarbeitsgemeinschaft zuschieben, das Erfolgreiche aber sich selbst an die Jacke heften zu wollen.
Kunst und Kultur in einem sehr weiten Sinne entscheiden zu einem großen Teil über die Lebensqualität der Menschen im Land Brandenburg. So gesehen kann die Förderung von Kunst und Kultur nichts Zusätzliches, kein Luxus sein, die wir uns erst nach Erledigung der anderen Aufgaben leisten können oder nicht.
Kulturelle Bildung als Ressortübergreifendes sollte noch stärker ein Schwerpunkt werden. Dazu braucht man Ideen, wie man Ressorts zusammenbringt, wie auf Bundesebene vorgeschlagen, in sehr anregender Art und Weise und auch in einem sehr interessanten Verfahren, weil dort nämlich nach dem Konsensprinzip gearbeitet wurde. Es war schon beeindruckend, wie in der Enquetekommission diskutiert wurde und zum Schluss überhaupt nicht mehr zu erkennen war, aus welcher politischen Ecke der Redner kommt, weil es um die Sache selbst ging. Das ist der Maßstab, der hier nicht erreicht wurde. Das ist sehr zu bedauern.
Wir sind bereit, uns an Kulturdebatten intensiv zu beteiligen. Ein intensiver Dialog ist notwendig. Die Qualität der hier in Rede stehenden Regierungspapiere, vor allem aber die Art und Weise, wie mit dem Parlament und den Kulturschaffenden in diesem Zusammenhang umgegangen wird, lassen mich daran zweifeln, dass dieser Dialog wirklich gewollt ist. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, ich glaube, in zwei Punkten haben Sie nicht Recht.
Das Erste: Bei der Beantwortung der Großen Anfrage hätte die Möglichkeit bestanden, die tatsächliche Lage darzustellen, und zwar so, dass Außenstehende begreifen, welche Probleme und vor allem auch welche Erfolge es im Lande auf dem Gebiet der Kulturpolitik, überhaupt der Kultur und Kunst, gibt.
Das Zweite: Ich glaube, das Verhältnis Legislative - Exekutive geht anders. Ich denke, es geht nicht darum, dass sich eine Fraktion, wenn sie eine Große Anfrage stellt, einer Benotung aussetzt. Ich bin ohnehin gegen Kopfnoten. Es ist nicht in Ordnung, dass so etwas versucht wird.
Es muss doch einen Lehrgang bei der Konrad-Adenauer-Stiftung geben, wo man das richtig lernen kann. So geht das nicht.
Ich glaube, Sie haben keinen Plan davon, welche Vorstellung ich von Plan habe.
Ich hatte das Glück, dass Kurt Biedenkopf in den 80er Jahren sozusagen Kollege an der Karl-Marx-Universität Leipzig war. In seinen Vorlesungen hat er darüber gesprochen, wie Marktwirtschaft und Planwirtschaft zusammengehen müssen, weil eine vernünftige Marktwirtschaft nicht ohne Plan funktioniert. Ich habe als Afrikawissenschaftler und Philosoph wirklich keine Ahnung von sozialistischer Planwirtschaft. Aber das, was ich wenn ich Zeit hatte - bei Kurt Biedenkopf gelernt habe, war durchaus passabel und auch recht nützlich, weil genau da die Verbindung zur Kulturpolitik geschaffen wurde. Sie können das immer noch in dem Gespräch zwischen Kurt Biedenkopf und Christa Wolf in „Sinn und Form“ nachlesen. Das ist hochinteressant und stellt vielleicht einiges klar, was ich mit Plan meine, wenn ich von Plan rede.
Gesetze sind nicht immer starr. Sehen Sie sich das neue, das beabsichtigte Musikschulgesetz an. Da ist so viel Elastizität und auch Witz drin, dass man durchaus flexibel auf neue Situationen reagieren kann. Das ist genau der Punkt, warum die Volksinitiative eine Novellierung des Musikschulgesetzes fordert, weil das andere eben nicht mehr zeitgemäß ist. Ich denke, da gibt es einiges zu tun.
Wir sind im Land Brandenburg im Bundesvergleich nicht ganz so gut. Es gibt eine Kleine Anfrage der FDP im Deutschen Bundestag mit der Bitte, doch einmal diese Vergleiche der Bundesländer anzustellen. Da sieht es so aus, dass der Anteil der öffentlichen Kulturausgaben am Gesamthaushalt in Brandenburg im Vergleich mit anderen sehr niedrig ist. In Sachsen beträgt er mehr als das Doppelte. Bei uns sind es 1,67 % - die hatten dort Zahlen von 2005 -, in Sachsen 3,71 % am Gesamthaushalt.
Auch die Kulturausgaben pro Einwohner liegen im Land Brandenburg bei ungefähr 74 Euro. Sachsen hat im Vergleich weit mehr als das Doppelte.
So einfach ist das also nicht, und es wäre schon interessant zu erfahren, welches die Gründe sind, dass es bei uns so ist, ob es vielleicht Gründe gibt, dass wir den Mehrwert auf diesem Gebiet - was auch möglich wäre - anders, eben nicht nur durch Geldleistungen, Zuwendungen produzieren und trotzdem gut dastehen.
Hier ist einiges in Ordnung zu bringen. Ich glaube, wir haben eine Chance verpasst, mit diesen drei Dokumenten eine Debatte in Gang zu setzen, vor allem auf das „Wie weiter?“ und „Was geht besser?“ zu reflektieren und uns in diesem Punkt langfristig zu verständigen, wie wir uns auf die Schwerpunkte einigen können, damit es noch besser wird im Land Brandenburg. Niemand von unserer Fraktion - dazu sind wir kommunalpolitisch alle zu sehr verankert - wird sagen, dass hier die große Katastrophe ausgebrochen ist. Aber man kann auch nicht so tun, als sei alles in Butter - man bräuchte nur schöne Berichte zu schreiben - und man könne noch stolz darauf sein, dass man auf Dinge verweist, die zum Zeitpunkt der Fragestellung überhaupt nicht da, sondern eigentlich zwei Jahre überfällig waren. Das ist einfach nicht in Ordnung. Das ist nicht redlich, und das ist der parlamentarischen Debatte nicht angemessen.
Seit zwölf Jahren engagieren sich Häftlingsverbände und Bürgerinnen und Bürger, damit für die Opfer des berüchtigten Außenlagers Klinkerwerk des KZ Sachsenhausen eine würdige Gedenkstätte entsteht. Ein Geschichtspark sollte entstehen. Von Jahr zu Jahr wurden die Hoffnungen vor allem der wenigen Überlebenden immer mehr enttäuscht. Der Geschichtspark Klinkerwerk, so betonte der Präsident des Internationalen Sachsenhausenkomitees Pierre Gouffaut auf einer Gedenkveranstaltung in Oranienburg, sei nicht vorangekommen. Mit Bitterkeit sei festzustellen, dass das Vertrauen in das gegebene Wort von der Landesregierung in schändlicher Weise enttäuscht worden sei. Stadt und Land geben sich unterdessen gegenseitig die Schuld für das vorläufige Scheitern des Projekts.
Ich frage die Landesregierung: Was unternimmt sie, um dieses Vorhaben von landespolitischer Bedeutung zu unterstützen und zu einem guten Ende zu führen?
Gerade weil die Geschichte so kompliziert ist, denke ich, dass es eine gute Idee war, das in Form eines Geschichtsparks zu bearbeiten, unter anderem auch deshalb, weil die Sache selbst von vor 1945, aber auch das, was nach 1945, so wie Sie es dargestellt haben, passiert ist, Gegenstand dieses Geschichtsparks werden muss. Ich glaube, die kritische Bearbeitung dieser schwierigen Geschichte an diesem Ort bietet gute Möglichkeiten, um das, was wir als Erinnerungskultur bezeichnen, weiter zu befördern. Es bleibt meine Frage: Sieht die Landesregierung eine Möglichkeit, diese Idee, einen Geschichtspark zu diesem Zweck zu errichten, so zu unterstützen, dass wir davon reden können, dass es möglich ist, in welcher Form auch immer, dieses Vorhaben zu einem glücklichen Ende zu bringen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erinnerungskultur im Land Brandenburg ist sicherlich ein interessantes, aber auch schwieriges Thema, wie wir schon im Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur erfahren durften.
Wir haben vor kurzem in Senftenberg die Aktion „Senftenberg liest“ mit dem Thema Erwin Strittmatter beendet. Natürlich, es gab anfangs Bestrebungen, dass einige gesagt haben: Wir wollen, bitte schön, das Umstrittene nicht behandeln, denn dann könnte es ja sein, dass uns der Strittmatter als Lieblingsschriftsteller verloren geht. - Daran haben wir uns nicht gehalten, und es hat sich gezeigt, dass ein Ergebnis der friedlichen Revolution von 1989 ist, dass die Menschen sehr wohl auf der Grundlage von Erfahrungen urteilen können und es nur selten der Fall ist, dass einmal gewonnene Lieblingsurteile zur Erfahrung werden und nicht weiter hinterfragt werden. Ich glaube, wir sollten die Leute bei der Beteiligung auf diesem Gebiet nicht unterschätzen. Dazu gibt es im Land Brandenburg, wie ich meine, gute Ansätze.
Erinnerung ist eben nicht nur das, was rein und unwandelbar in den Tiefen unseres Gedächtnisses eingelagert ist und nur abgerufen werden muss, sondern Erinnerung liegt sicherlich irgendwo in komprimierter Form vor, und Erinnerung muss zur Aktivierung aufbereitet werden. Das ist die Verantwortung, die wir haben, wenn wir über dieses Thema reden wollen.
Na klar, wer über Erinnerungskultur spricht, muss vielleicht auch zur Kenntnis nehmen, dass es so etwas wie eine Kultur des Vergessens geben kann. Es gibt interessante Theorien des Vergessens; ich glaube, das ist nicht ganz unwesentlich zu erwähnen, denn ein menschliches Leben ohne Vergessen wäre wohl nicht auszuhalten, wobei dann genau unterschieden werden muss zwischen dem ideologisch gewollten Vergessen und einem Vergessen, das zur Erhaltung der Lebensfreude nötig ist. Das alles sind Dinge, die vorher zu bereden sind, die vorausgesetzt werden können, die aber nicht Gegenstand der heutigen Debatte sind.
Anforderungen an ein Konzept zu diesem Thema sind - da stimme ich der Ministerin zu -, dass es darum geht, politische Ziele offen zu formulieren. Es geht darum, dass auch die Verantwortung des Staates auf diesem Gebiet deutlich gemacht wird und dabei demokratischen Prämissen unterliegt. Es geht um die Analyse des Standes auf diesem Gebiet, es geht aber auch um Aussagen für eine zukünftige Entwicklung, und das ohne Vorgaben, ohne Ansagen, aber auch fern jeder Beliebigkeit auf diesem Gebiet.
Wir werden berücksichtigen müssen - das spürt man ja überall -, dass wir es dann natürlich sofort mit Spannungsfeldern zu tun haben, die auszuhalten und nicht immer aufzulösen sind. Gelegentlich muss man sich in einer offenen demokratischen Debatte mit diesen Spannungsfeldern einrichten und auch zeitweise damit zufrieden sein, dass man intelligente Fragen stellt, aber noch keine Antwort weiß. Auch das kann, glaube ich, ein Ergebnis einer Debatte sein.
Das erste Spannungsfeld: Es gibt offensichtlich ein Bedürfnis nach Leitlinien. Dem steht entgegen vor allem ein dezentrales Konzept in unserer Gedenkstättenkultur im Land Brandenburg, was wichtig ist und von der Fraktion DIE LINKE begrüßt wird. Dem steht auch entgegen, dass wir demokratischen Pluralismus im Land auch auf diesem Gebiet fördern wollen. Damit umzugehen - das hat sich auch in der Anhörung im Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur gezeigt - ist nicht immer leicht, aber es geht. Das hat auch die Aktion in Senftenberg im Zusammenhang mit Strittmatter gezeigt.
Zweitens: Es ist der alte Konflikt auch in der Geschichtswissenschaft schon immer gewesen, dass das nicht voraussetzungslos erfolgen kann, dass Geschichtswissenschaft schon nach Objektivität streben soll und will und dass es natürlich auch Probleme geben kann, weil es keine voraussetzungslose Wissenschaft gibt, sondern in einem Kontext formuliert natürlich auch Traditionen auf diesem Gebiet eine Rolle spielen usw. usf. Nach Objektivität strebende Geschichtswissenschaft und politische Ziele können in Konflikt miteinander geraten. Es gibt, glaube ich - auch da gibt es gute Ansätze im Land -, Konflikte, die produktiv gemacht werden können zur Beförderung von neuen Erkenntnissen und auch zur Beförderung einer anregenden, vieles umfassenden Debatte.
Drittens: Ein Spannungsfeld kann sich daraus ergeben, dass sich
heute Zeitzeugen gegenüberstehen, die sich bereits während der Zeit des Kalten Krieges konträr gegenüberstanden. Ja, es gibt den Unterschied zwischen tatsächlichen Geschichtsabläufen, der Erinnerung und den daraus produzierten Geschichtsbildern. Wenn es dann besonders brisant wird, weil Trauer oder Hass ins Spiel kommen, also normale menschliche Regungen, dann muss noch immer gelten, dass es das Recht auf eigene Erinnerung wie auch das Recht auf persönliche Trauer gibt. Dazu gehören Orte der Erinnerung, die allerdings ohne eine ausgeprägte Kultur des Erinnerns zu Kampfplätzen werden können. Dazu ist es eben wichtig, dass wir über ein Konzept zur Erinnerungskultur im Land Brandenburg miteinander reden.
Ein weiteres Spannungsfeld besteht vor allem dort, wo Orte mit doppelter Vergangenheit in Rede stehen. Ich glaube, es gibt im Land Brandenburg sehr gute Ergebnisse und sehr gute Erfahrungen, wie damit umgegangen werden kann, und es gibt auch erste Ansätze, wie das alles zusammenzuführen ist, trotz aller Vorbehalte und Befindlichkeiten, die dabei eine Rolle spielen.
Wenn wir uns mit Orten wie Sachsenhausen auseinandersetzen, haben wir nicht nur die Geschichte der Opfer des Nationalsozialismus und die der Opfer der Speziallager zu bedenken, sondern wir haben uns auch mit einer dritten Ebene zu beschäftigen, nämlich damit, wie bisher, vor allem in der DDR, mit diesen Erfahrungen umgegangen wurde. Da, glaube ich, ist eine hohe Form von kritischer Auseinandersetzung nötig.
Wir haben - das ist ein weiteres Spannungsfeld - natürlich eine plurale Theorienlandschaft und eine Vielfalt an Methoden. Problematisch wird es, wenn ein Konzept erstellt werden soll und man nicht genau weiß, nach welchen Methoden, nach welcher Theorie man sich richten möchte. Das ist eine schwierige Problematik, die an Universitäten relativ leicht zu lösen ist; denn man bekennt sich dann zu einer Theorie oder zu einer Methode, definiert es anfangs, und gut ist es. In der Politik sind auf diesem Gebiet sicherlich einige Dinge auszuhandeln, sodass es dann durchaus an einigen Stellen zu einer methodischen und manchmal auch theoretischen Inkonsistenz kommen kann und man sich sagt, vielleicht wäre es doch besser gewesen, wenn auch die Politik das Risiko eingeht, am Anfang zu definieren: Wenn ich Aufarbeitung sage, meine ich das, wenn ich Erinnerungskultur sage, meine ich das und nichts anderes als Arbeitsbegriff für dieses Papier.
Zum Stand von Wissenschaft und Politik im Land Brandenburg ist zu sagen, dass er auf diesem Gebiet nicht schlecht ist. Wir haben wirklich gute Aktivitäten, auch gute Arbeiten aus dem Zentrum für Zeithistorische Forschung, aus dem Moses Mendelssohn Zentrum, von Günter Morsch, aber auch von Insa Eschebach, und ich möchte besonders auf einen kleinen Beitrag von ihr aus dem Jahr 1992 verweisen. Darin beschäftigt sie sich mit einem scheinbar nebensächlichen Thema, nämlich den Rehabilitationsgesuchen von NSDAP-Mitgliedern, analysiert, was wirklich dahinter steckt, und verwendet eine Begrifflichkeit, die eine Schärfe und eine wissenschaftliche Neutralität an den Tag legen, dass es möglich ist, mit diesen Begriffen durchaus auch an anderen Gegenständen zu arbeiten; auch in Auseinandersetzung mit der Geschichte der DDR. Denn ich stehe dazu: Natürlich muss man vergleichen. Auch Äpfel und Birnen müssen verglichen werden. Sonst kann es passieren, dass ich, wenn ich Birnen haben möchte, Äpfel kaufe. Natürlich ist es auch möglich, mit einem Begriffsinstrumentarium zu ar
beiten, das immer wieder mal in die Kritik gerät, das umstritten ist. Aber mit einer gewissen Sauberkeit der Definition ist das, glaube ich, alles möglich.
Wir haben eine weitere günstige Bedingung auf diesem Gebiet, nämlich dass es eindeutig darum geht, mit solchen Überlegungen zur Erinnerungskultur Demokratie zu befördern. Die Frage, die steht, ist nur - und das macht einen Unterschied -, ob man heutige Demokratieentwicklung vor allem oder einzig daraus begründet, dass das, was war, nicht wieder sein darf, oder ob man auch Anforderungen an Demokratie entwickelt, die sich aus dem Heute ergeben. Dabei eines gegen das andere auszuspielen geht sicher nicht, aber die Schwerpunktsetzung dürfte eindeutig sein.
Trotzdem gibt es Kritik. Ich will es ganz kurz sagen. Das Einfachste wäre, so wie auch in der Anhörung gesagt: Ändern Sie die Überschrift! Das würde vieles erleichtern, würde die Debatte befördern, würde die Auseinandersetzung auf unproduktiven Strecken verhindern. Wir könnten ruhiger darüber reden, wenn ideologische Versatzstücke daraus verschwänden und wenn noch einmal genau geguckt würde, wo wir beim Stand der Wissenschaft in Brandenburg weiter sind, als es dieses Papier durch einige wenige Einsprengsel darlegt.
Ich glaube, es muss noch einmal methodisch geguckt werden, ob da etwas zu tun ist. Auf jeden Fall sollte Ziel sein, dass durch einen sensiblen und konsequenten Umgang mit Erinnerungspolitik zu einer hohen Kultur des Erinnerns im Land Brandenburg beigetragen werden kann. Die Linke wird sich an diesem Prozess kritisch, aber vor allem konstruktiv beteiligen. Die Reibungspunkte, glaube ich, können wir produktiv machen. - Vielen Dank.
Im Süden Brandenburgs nehmen Überlegungen Gestalt an, die „zur Bildung einer großräumigen Verantwortungsgemeinschaft“
der Energieregion Lausitz-Spreewald führen sollen. Allerdings bleibt dabei unklar, welchen Stellenwert dann zukünftig die gesetzlich festgeschriebenen Aufgaben der Regionalen Planungsgemeinschaft haben soll, welchen Platz demokratisch gewählte Gremien wie Regionalversammlung, Stadtverordnetenversammlung und Kreistage, aber auch Bürgermeister und Gewerkschaften in der geplanten Struktur einnehmen sollen. Außerdem steht die Frage, in welchem Zusammenhang diese Überlegungen mit einer möglichen Kreisgebietsreform stehen können.
Ich frage die Landesregierung: Inwiefern stehen diese konzeptionellen Überlegungen und die beabsichtigte Struktur einer Energieregion Lausitz-Spreewald gültigen Beschlüssen der Regionalversammlung und gesetzlichen Vorgaben zur Regionalen Planungsgemeinschaft entgegen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Anlässlich unseres Antrags beschäftigen wir uns heute mit einem Thema, das mit zwei sehr gegensätzlichen Problemen zu tun hat. Zum einen ist es offensichtlich regelrecht Mode, über kulturelle Bildung zu sprechen, zum anderen ist es fachlich und auch politisch ein recht sperriges Thema. Dennoch ist die Aufgabe klar gestellt.
Der Schlussbericht der Enquetekommission des Deutschen Bundestages „Kultur in Deutschland“ formuliert mehrere Dutzend Handlungsempfehlungen zur kulturellen Bildung, die erklärtermaßen vor allem Angelegenheiten von Land, Bund und Kommunen sein müssen.
Dieser Bericht hat einige Vorzüge. Uns ist damit ein fachlich sehr fundiertes Werk an die Hand gegeben, mit mehreren Tausend Seiten fachlicher Gutachten als Anhang. Dieser Bericht ist in einem überparteilichen Konsensverfahren durch konzentrierte Arbeit an der Sache bzw. am Thema entstanden. Dennoch gibt es Lücken und Kompromisse im Schlussbericht. Darum soll es heute jedoch nicht gehen.
Zu den Problemen, wenn es um kulturelle Bildung geht. Drei Probleme möchte ich nennen.
Erstens: Sperrig ist das Thema in der Tat, weil nicht immer klar ist, was unter kultureller Bildung verstanden wird. Allgemein
ist kulturelle Bildung konstitutiver Bestandteil von Allgemeinbildung. Kulturelle Bildung gehört zu den Voraussetzungen für ein geglücktes Leben im Persönlichen wie im Gesellschaftlichen. Kulturelle Bildung ist ganzheitlich angelegt und fördert Kommunikation und Integration als wechselseitigen Prozess. Kulturelle Bildung bezieht sich also auf den ganzen Menschen mit seinen sozialen, kognitiven, emotionalen und ästhetischen Fähigkeiten. Es mag sein, dass dieser Umstand im Land Brandenburg besonders schwer zu erfassen ist, weil uns hier eine protestantische Tradition anhaftet, nämlich der ständige Versuch, private Innerlichkeit zu verbinden mit der vermeintlichen Notwendigkeit, die Welt kirchlich bzw. staatlich gründlich und möglichst lückenlos zu verwalten.
In calvinistischer Tradition wäre das im Übrigen etwas anderes, weil dort jede Einzelperson dazu verpflichtet ist, an der Gestaltung der Welt aktiv teilzunehmen.
- Wenn Sie eine Frage haben, melden Sie sich bitte! Ich erkläre das dann ganz langsam.
Natürlich gibt es im Lande Brandenburg kulturelle Bildung auch in dem Sinne, wie sie im Bundestag definiert worden ist.
Nicht hoch genug zu bewerten ist die Arbeit zum Beispiel von Armin Schubert und Frauke Havekost in der Landesarbeitsgemeinschaft der Jugendkunstschulen und kulturpädagogischen Einrichtungen.
Erwähnen kann ich auch das Multikulturelle Centrum in Templin, den Jugendklub Pegasus in Senftenberg, das Nachwuchsliteraturzentrum mit fester Verankerung in Schwedt und Senftenberg.
Die Corona-Schröter-Grundschule in Guben und die Grundschule Altdöbern - in meinem Wahlkreis - haben bewiesen, wie kulturelle Bildung demokratische Kultur in der Kommune befördern kann. Zu Recht erhielten diese Schulen als die ersten in den neuen Bundsländern kürzlich die MUS-E Plakette.
„Architektur macht Schule“ ist ein weiteres gutes Beispiel.
Damit die guten Beispiele Schule machen können, sollten wir gemeinsam darum kämpfen, dass die Kunstlehrerausbildung an der Universität Potsdam erhalten bleibt; denn ohne Personal wird kulturelle Bildung nicht Bestand haben können.
Ja, es gibt positive Beispiele im Lande. Aber es handelt sich noch zu sehr um einzelne Aktivitäten. Damit bin ich beim zweiten Problem: Kulturelle Bildung kann nicht in nur in einem Ressort angesiedelt werden. Kulturelle Bildung ist ressortübergreifend und gleichzeitig in einzelnen Ressorts verortet. Ich räume ein: Das ist schwierig für Regierung und Verwaltung.
Aber auch hierzu gibt es im Lande gute Ansätze. Ich denke dabei an Vereinbarungen des Bildungsministeriums mit Verbänden und Einzelpersonen, um Querschnittsaufgaben zu übernehmen; also Jugendpolitik, Kulturpolitik, Bildungspolitik und Familienpolitik.
In diese Reihe möchte ich auch „Kulturland Brandenburg“ stellen, wo immerhin Kulturministerium und Infrastrukturministerium vorbildlich und erfolgreich zusammenarbeiten.
Gemessen an dem Standard der UNESCO und einigen Ansätzen in Nordrhein-Westfalen, dem Modellland für kulturelle Bildung, aber auch in Bayern und Hamburg konnten diese löblichen Einzelinitiativen in Brandenburg aber nicht die gewünschte Nachhaltigkeit entwickeln. Auf Nachhaltigkeit hin orientiert in sehr qualifizierter Weise die Handlungsempfehlung der Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ des Deutschen Bundestages. Im Wesen geht es darum, dass ein Bildungskonzept des unbegrenzten Wachstums der Industriegesellschaften des 19. und 20. Jahrhunderts durch ein Bildungskonzept des 21. Jahrhunderts ersetzt wird.
Als Ergebnis der ersten Weltkonferenz der UNESCO zu Arts Education im Jahre 2006 können wir festhalten, dass kulturelle Bildung die Grundlage für dieses neue Bildungskonzept ist. Es kann nicht darum gehen, Bildung darauf zu beschränken, die Kinder passfähig für kommende PISA-Studien zu machen, die nur Messbares erfassen. Zum Glück ist beim Menschen nicht alles messbar und berechenbar. So gesehen muss kulturelle Bildung nichts unverbindlich Allgemeines und Schwammiges, sondern ein sehr menschliches ganzheitliches Konzept sein.
Diese Tradition geht immerhin auf die alten Griechen zurück. Meinetwegen wäre Sokrates zu nennen. Aber besser ist es vielleicht, wenn wir uns auf die Rhetorik- und Dialektiklehrerin des Sokrates, Aspasia, berufen. Sie lehrte bereits vor fast 2 500 Jahren die Einheit von Ethik, praktischem Denken und gesellschaftlichem Handeln. Da die Geschichte des Denkens aber noch immer männlich ist, wird es einige Mühe bereiten, solche verschütteten Traditionen wieder aufleben zu lassen.
Auch die Erarbeitung einer Konzeption zur kulturellen Bildung wird einige Mühe bereiten. Meine Fraktion ist bereit, sich dieser Aufgabe zu stellen, mit Ihnen gemeinsam, meine Damen und Herren von SPD und CDU, wenn Sie wollen.
Das dritte Problem ist die Schwierigkeit beim Umgang mit kultureller Bildung. Diese Schwierigkeit ist banal: Sie wollen offensichtlich nicht. Vielleicht will auch nur ein Partner nicht, und dann darf der andere auch nicht wollen. Es geht darum, dass Sie sich in der Koalition selbst gegenseitig behindern, das Richtige zu tun.
Wir werden Ihrem Entschließungsantrag zustimmen. Aber unser Antrag ist etwas anderes. Er weist in die Zukunft. Sie wollen Ihre, wie Sie meinen, guten Ergebnisse der Vergangenheit auflisten. Aber da Sie den Bericht erst am Ende des I. Quartals 2009 vorlegen lassen wollen, haben Sie ja noch Zeit, anhand unseres Antrags, der sich auf den Schlussbericht der Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ gründet, an der Aufgabe „kulturelle Bildung“ zu arbeiten. Vielleicht haben Sie dann ganz im Sinne unseres Antrags Neues und Positives zu berichten. Dennoch bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren, Sie können sicher sein, dass wir den dicken Bericht der Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ Punkt für Punkt abarbeiten wollen und den Landtag damit beschäftigen werden, weil das in Ordnung ist. Da ist im Bundestag eine wirklich gute Arbeit parteiübergreifend geleistet worden. Es sind 465 Handlungsempfehlungen, die fast alle irgendwie auch etwas mit dem Landtag
Brandenburg zu tun haben. Da steht eine riesengroße Aufgabe vor uns. Gemessen daran ist Ihr Zettel, auf dem „Entschließungsantrag“ steht, einfach nicht angemessen.
Uns dann kritisieren zu wollen, dass wir einige Punkte vergessen haben, ist nun fast ein Witz, Herr Werner. Wir machen das schon. Es kann durchaus sein, dass Sie, was die Kulturpolitik in früheren Zeiten und Zentralismus betrifft, mehr Erfahrung haben. Wir folgen mit unserem Antrag jedenfalls der Logik des Berichts der Enquetekommission. Darin ist von Zentralismus nichts enthalten. Da ist durchaus berücksichtigt, dass wir ein föderales Prinzip erhalten wollen, dass wir das gut finden. Das wird sehr viel Arbeit machen.
Im Übrigen können Sie uns dankbar sein: Der Orchesterverbund der Bundesrepublik Deutschland hat angefragt, in welchen Ländern denn dieser Enquetebericht bisher eine Rolle gespielt habe. Das Land Brandenburg gehört zu den vier Bundesländern, in denen kulturelle Bildung bzw. der Bericht der Enquetekommission eine Rolle gespielt hat. Das immerhin haben Sie uns zu verdanken.
Also lassen Sie uns gemeinsam arbeiten, stimmen Sie zu! Ihre Argumente, mit denen Sie begründen wollten, warum das nicht gehe, waren doch etwas an den Haaren herbeigezogen. Ich glaube, das war nicht das, was Sie meinten.
In einer gemeinsamen Kabinettssitzung haben die Landesregierungen von Brandenburg und Sachsen am 16. Oktober ausweislich einer Presseerklärung erklärt: Wir halten
„eine dauerhaft auskömmliche Finanzierung der Stiftung für das sorbische Volk durch den Bund für notwendig. Beide Länder setzen ihre Bemühungen fort, zeitnah den Abschluss eines neuen unbefristeten Finanzierungsabkommens mit dem Bund zu erreichen, das möglichst ab dem 1. Januar 2008 seine Gültigkeit haben soll.“
Einen Monat später gab die zuständige Ministerin vor dem Landtag die gefassten Beschlüsse wie folgt wieder:
„Der Beschluss, den wir vor kurzem... gefasst haben, zeigt eindeutig unsere Positionen, die da lauten: keine Projektförderung, eine Laufzeit von mindestens fünf Jahren oder länger, Überrollung der Ansätze.“
Der Landtag hat in seiner Sitzung am 10. April folgenden Beschluss gefasst:
„Die Landesregierung wird aufgefordert, in ihren Verhandlungen mit der Bundesregierung und der sächsischen Staatsregierung mit Nachdruck darauf hinzuwirken, dass die Stiftung für das sorbische Volk auch zukünftig über die erforderliche finanzielle Ausstattung verfügt, und sich insbesondere gegenüber der Bundesregierung für eine ungekürzte Bundesförderung sowie sich weiterhin für einen zügigen Abschluss eines neuen Finanzierungsabkommens einzusetzen“.
Ich frage die Landesregierung: Wie ist der Stand der Umsetzung dieser Erklärungen bzw. Beschlüsse?
Vielen Dank, Frau Ministerin, für die Antwort. In der Tat sind einige Punkte in dem jetzt vorliegenden Entwurf berücksichtigt worden. Trotzdem wissen wir, dass die 7,6 Millionen Euro vom Bund, die vorgesehen sind, nicht dem entsprechen, was notwendig ist, um die komplette Förderung so, wie es vorgesehen war, zu erfüllen.
Erste Frage: Warum ist Brandenburg nicht bereit, ähnlich wie Sachsen die Mittel für die Stiftung aufzustocken?
Zweite Frage: Zu welchem Termin sehen Sie die Bedingungen erfüllt, um die Sperre über 600 000 Euro aufzuheben, die für die Jahre 2008 und 2009 jeweils im Brandenburger Landeshaushalt vorgesehen sind?
Dritte Frage: Der Bund - so haben wir das immer im parlamentarischen Beirat der Stiftung für das sorbische Volk gehört - ist nach Abschluss der Verhandlungen zum Finanzierungsabkommen der Auffassung, dass die Förderung der sorbischen Minderheit vorrangig eine Aufgabe der Länder Sachsen und Brandenburg ist. Der Bund könne, so wurde immer wieder gesagt, die Leistungen nur ergänzen, aber nicht den Hauptanteil leisten. Ich frage: Welche rechtlichen Möglichkeiten sieht die Landesregierung, die bekanntermaßen eine andere Auffassung hat, gegen diese Position des Bundes vorzugehen?
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Brandenburg hat in der Tat ein Musikschulgesetz, um das uns andere Bundesländer beneiden. Ja, es war ein großer Erfolg, dass der Landtag im Jahre 2000 kurz vor Weihnachten ein Gesetz verabschiedete, das die Belange der Musikschulen in einem gesonderten Gesetz regelte. Hier sind wir noch immer beispielgebend für andere Bundesländer. Sie wissen auch, dass die damalige PDS-Fraktion keinen geringen Anteil an diesem Erfolg hat.
Aber es war natürlich damit zu rechnen, dass von Zeit zu Zeit Veränderungen im Gesetz notwendig sein werden, um sich einfach veränderten Bedingungen anzupassen. Es gab allerdings von Anfang an auch einige Punkte, die nicht im Gesetz berücksichtigt werden konnten. Es passt nun einmal nicht alles in ein Gesetz. Es ist vielleicht auch nicht gut, alles gesetzlich regeln zu wollen. Aber zu einigen Punkten fanden sich auch nicht die erforderlichen Mehrheiten im Landtag. So kann das Gesetz nicht die Schließung von Musikschulen verhindern. Die festgelegten Qualitätsstandards sind noch nicht optimal definiert. Vor allem kann unter Berufung auf das geltende Musikschulgesetz nicht die Tendenz zum Abbau hauptamtlicher Stellen verhindert werden, sodass im Rahmen des Gesetzes die Qualität der Musikschulen auch sinken kann. Und das Gesetz bietet keinen Schutz gegen teilweise drastische Erhöhung der Elternanteile und damit letztlich keinen effektiven Schutz gegenüber sozialer Ausgrenzung. Schließlich - auch das war ja ein Wunsch - ist die Unterhaltung von Musikschulen nicht als Pflichtaufgabe definiert.
Es gab also schon vor acht Jahren ein paar Wünsche von Musikschulen, die keinen Eingang in das Gesetz fanden. Trotzdem können die Erarbeitung dieses Gesetzes und die Arbeit mit dem Gesetz zu den Erfolgen des Landes Brandenburg gerechnet werden. Etwas Druck musste sein; die Volksinitiative zum Musikschulgesetz zeigte ja auch Wirkung. Es gab auch von CDU
und SPD den bereits damals nicht besonders originellen Vorwurf, DIE LINKE würde die Musikschulen parteipolitisch instrumentalisieren. Ich meine, es war eher andersherum. Die Musikschulen wollten, dass die Landtagsabgeordneten ihre Sorgen und Wünsche ernst nehmen und sich an die Arbeit machen. Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Fraktion war ihnen dabei genau wie heute ziemlich egal. Aber Fraktionen und Regierung fanden sich schließlich doch bei der Arbeit an einem zu lösenden Problem wieder.
Wir haben heute 28 öffentliche, nichtkommerzielle Musikschulen im Land Brandenburg. Musikschulen sind öffentliche, also allgemein zugängliche Einrichtungen. Träger ist in der Regel eine Stadt, ein Kreis oder eine Gemeinde. Die Musikschule ist einem musikalischen Bildungsauftrag verpflichtet. Sie nimmt dabei bildungs-, kultur-, jugend- und sozialpolitische Aufgaben wahr. Das wird auch allgemein anerkannt. Eine Förderung durch das Land kann nur dann erfolgen, wenn sich Kommunen und Landkreise angemessen an den Kosten beteiligen. Auch das ist klar. Die Erhöhung der Elternanteile konnte allerdings nicht verhindert werden.
Anzunehmen wäre nun, dass analog zum Rückgang der Schülerzahlen im Land Brandenburg auch die Anzahl der Musikschülerinnen und Musikschüler abnimmt. Immerhin sank in den letzten acht Jahren die Zahl der Schülerinnen und Schüler an den allgemeinbildenden Schulen des Landes um 35 %, von rund 360 000 im Jahre 2000 auf knapp 234 000 im Jahre 2007.
In dem gleichen Zeitraum stieg die Zahl der Musikschülerinnen und Musikschüler um 23 %, also von 25 000 im Jahre 2000 auf knapp 31 000 im Jahre 2007. Trotzdem wurde die Landesförderung im Jahre 2003 um fast 22 % gekürzt, nämlich um immerhin 724 000 Euro. Der Anteil der fest angestellten Lehrkräfte ging von knapp 58 % im Jahre 2000 auf 45 % im Jahre 2007 zurück, und diese Tendenz setzt sich fort. Die Festangestellten wurden mehr und mehr durch Honorarkräfte ersetzt. Wir gehen aber davon aus, dass die Qualitätssicherung, die Erfüllung des Bildungsauftrags der Musikschulen und eine hohe Identifikation mit dem gesellschaftlichen Auftrag in den Kommunen und Kreisen vor allem durch die fest angestellten Lehrkräfte erreicht werden können. Bei Honorarkräften besteht die Gefahr, dass sie als Stundengeber nicht mehr die Belange der jeweiligen Musikschule als Ganzes vertreten können. Das ist nicht ihre Schuld. Es gibt nach wie vor engagierte Honorarkräfte, die sich auch darum kümmern. Aber es werden in der Regel keine Leistungen über den Musikunterricht hinaus, also Wettbewerbe, Auftritte, Chorlager, Bildungsreisen usw., vergütet. Das ist eine eindeutige Benachteiligung der Honorarkräfte. Es besteht auch die Gefahr, dass Honorarkräfte als preiswerter Ersatz gegen Festangestellte ausgespielt werden könnten.
Deshalb und weil dem Landesverband der Musikschulen die Qualität der musikalischen Bildung von der Früherziehung über die Talenteförderung bis hin zur Studienvorbereitung am Herzen liegt, hat dieser Verband unter dem Vorsitz von Minister a. D. Enderlein immer wieder Vorschläge dafür erarbeitet, wie die Stellung der Honorarkräfte verbessert werden könnte. Dabei geht es vor allem um Folgendes:
Honorarkräfte sollten eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle und in den Ferienzeiten erhalten. Bisher ist das nicht der Fall. Sie sollten Urlaubsentgelt erhalten und Bildungsurlaub bekommen. Mutterschutzregelungen und Festlegung der Kün
digungsfristen sollten auch für Honorarkräfte an Musikschulen gelten. Der Stundensatz, der, wenn man großzügig rechnet, gegenwärtig bei etwa 15 Euro liegt, muss unbedingt erhöht werden.
Das sind die Forderungen und Wünsche der Musikschulen.
Seit Anfang 2006 haben wir im Vorstand des Landesmusikschulverbandes daran gearbeitet, diese Forderungen als Bestandteil eines erneuerten Musikschulgesetzes in eine sachliche Form zu bringen. Herr Werner und Herr Kuhnert haben als Vorstandsmitglieder ja auch an dieser Arbeit teilgenommen. Im Oktober 2006 schließlich gab es per Beschluss der gesamten Mitgliederversammlung des Musikschulverbandes den Auftrag an die Landtagsabgeordneten Kuhnert, Werner und mich, uns dafür einzusetzen, dass das Musikschulgesetz in einigen Punkten novelliert werden kann.
Erstens ging es um die Berücksichtigung von Angeboten in den Bereichen der bildenden und darstellenden Kunst. Es hat sich gezeigt, dass dieser Punkt unstrittig ist, dass es auch unproblematisch ist, da etwas zu verändern.
Zweitens ging es um die Klärung des Verhältnisses von fest angestellten und Honorarkräften.
Drittens ging es um die Qualitätssicherung über die Festschreibung eines bestimmten Anteils von fest angestellten Lehrkräften an den Musikschulen. 50 % fest angestellte Lehrkräfte waren gewünscht. 30 % fest angestellte Lehrkräfte als Mindestforderung sind der Kompromiss, der in dem Papier, das vor ungefähr einem Jahr erarbeitet worden ist und nur in Kleinigkeiten verändert wurde, jetzt enthalten ist. Später kam noch der Vorschlag hinzu, bestehende Vereinsmusikschulen und Musikschulen im Aufbau im Interesse der Bestandssicherung von einigen Regelungen auszunehmen. Auch das ist Bestandteil des Entwurfs, den wir Ihnen heute vorlegen.
Ich hatte gehofft, dass wir den Text des Gesetzentwurfs mit einem fraktionsübergreifenden Antrag auf den Weg bringen könnten. Offensichtlich gab es da aber einige Kommunikationsprobleme bei SPD und CDU. Das hat also nicht geklappt. Das bedauere ich sehr. Ich glaube, auch der Musikschulverband ist darüber nicht sehr erfreut.
Wir schlagen deshalb vor, den vorliegenden Antrag zur weiteren Qualifizierung in den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur zu überweisen, damit wir in Kürze ein neues, etwas verändertes, modernes Musikschulgesetz im Land Brandenburg haben. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eigentlich ist es nicht zu fassen, was Sie hier tun. Seit über einem Jahr liegt der erste Entwurf dieser Novellierung des Musikschulgesetzes vor.
Herr Werner, wenn Sie sich richtig erinnern, standen immer drei Namen darauf: Kuhnert, Werner und Hoffmann, und immer war mit dem Entwurf die Bitte verbunden, an diesem Text zu arbeiten, was auch in Ansätzen passiert ist. Deshalb gab es Änderungen. Immer wieder wurde gesagt, dass alles klar ist, dass die Bedeutung erkannt ist. Das haben beide Fraktionen und die Fraktionsvertreter gesagt. Alle stimmten zu und sind trotzdem heute dagegen. Ich glaube, bei dieser heftigen Gegenreaktion müssen es sach- und fachfremde Kriterien sein, die Sie heranziehen. Anders kann es nicht sein. Es versteht ja die Welt nicht, was Sie hier eigentlich wollen.
Die kritischen Punkte, die angesprochen wurden, sind teilweise auch deshalb zustande gekommen, weil wir natürlich immer einen Kompromissvorschlag im Auge hatten, damit dieser überfraktionelle Entwurf zustande kommt. Es ist ein Kompromiss erarbeitet worden. Wir wollten eigentlich mehr. Herr Werner hat gebremst und darauf verwiesen, dass es die Finanzpolitiker der SPD sind, die nicht mitziehen,
zuletzt noch am vergangenen Donnerstag vor den Musikschuldirektoren in der Regionalberatung. Anstatt zu arbeiten, haben wir uns dann Geschichten von Ihnen angehört, Herr Werner, über Konnexität, darüber, dass man erst einmal die Ministerin fragen und dass die Finanzpolitiker erst prüfen müssten. Dann war abgemacht, dass ich einen Text erarbeite und wir diesen dann gemeinsam qualifizieren. Es gab keine Antwort, nichts ist passiert. Sie haben sich nach Ihren Reden wahrscheinlich wieder auf die Couch gelegt. Die erste Fassung, ich sage es noch einmal, ist über ein Jahr alt. Wir haben, glaube ich, immer offen mit diesem Text gearbeitet und darum gebeten, dass alle mitarbeiten.
Ja, bitte.
Nein, da kann ich Ihnen nicht zustimmen. Aber wenn es so sein sollte: Wieso kommen Sie dann nicht mit einer eigenen Fassung
oder überlegen sich vorher, dass Sie einen anderen Entwurf einbringen sollten?
Sie haben offensichtlich nicht richtig zugehört. Wir beantragen die Überweisung an den Kulturausschuss zur weiteren Qualifizierung,
damit wir zu einem novellierten Musikschulgesetz kommen. So einfach ist das. Ich bitte deshalb noch einmal um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Jahre 1991 wurde die Stiftung für das sorbische Volk gemeinsam vom Bund und den Ländern Sachsen und Brandenburg gegründet. Die Aufgabe dieser Stiftung ist ziemlich klar: Es geht darum, die sorbische (wendische) Kultur und Sprache durch Förderung von Kultur-, Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen langfristig zu bewahren und zu finanzieren.
Die Höhe der Zuwendungen, die ausgehandelt wurde, hat mit den Aufgaben zu tun und ist daran zu messen. Sie hat nicht davon abhängig zu sein, wie die gegenwärtige Kassenlage ist.
Die Bezugsgröße war 1998, dass jährlich 16 Millionen Euro gebraucht werden, um die Aufgaben zu erfüllen. Heute sind es nach seriösen Schätzungen mindestens 16,4 Millionen Euro.
Dazu gibt es auch einen einstimmig gefassten Beschluss des Parlamentarischen Beirates der Stiftung für das sorbische Volk, dem aus diesem Hause Frau Dr. Münch und ich angehören.
Am 31. Dezember lief das 1998 geschlossene Finanzierungsabkommen aus. Nun können wir uns drehen und wenden, wie wir wollen: Drei Regierungen haben hier versagt und haben bis heute kein neues Finanzierungsabkommen vorgelegt. Nun könnte man sagen: Das ist nicht weiter schlimm. Wenn wir es gründlich machen wollen, dann dauert es eben etwas und wird dafür umso besser. - Aber daran kann heute niemand mehr glauben.
Im Gegenteil! Die Versuche, den Sorben (Wenden) die Schuld an der entstandenen Situation zu geben, steigerte sich zur Unverschämtheit - besonders beim Bund.
weil ich dachte, das wäre geklärt und wäre eine Selbstverständlichkeit. Dass die Betroffenen, die hier in diesem Landtag in einem eigenen Rat Stimme haben, nicht einmal zu ihren eigenen Problemen sprechen können, ist wirklich sehr seltsam. Mit dieser Arroganz blamieren Sie dieses Hohe Haus. Gegenüber Minderheiten die Machtkarte auszuspielen, das ist kaum zu glauben. Das tut man nicht in einer funktionierenden Demokratie mit einer stabilen Koalition.
Oder was ist hier eigentlich los? Worum geht es hier überhaupt?
Ich frage Sie, Frau Ministerin Wanka: Welchen Sinn hat es, jetzt noch immer an der Haushaltssperre festzuhalten? Damit wird kein Druck gegenüber dem Bund ausgeübt. Hier geht es auch nicht um Einsparungen. Diese Sperre demütigt eindeutig nur die Sorben (Wenden) in unserem Land. Das sollten wir vermeiden.
Ich hatte bereits mehrfach die Gelegenheit genutzt und darüber gesprochen, warum die Förderung der Sorben (Wenden) auch für die deutsche Mehrheit wichtig ist. Das will ich nicht wiederholen.
Es gibt weitere Gesichtspunkte, von denen ich einige nennen möchte. Erstens: Immer wieder mal wird der Eindruck erweckt, als wären die Sorben (Wenden) vor allem ein Kostenfaktor. Aber 60 000 Sorben zahlen pro Jahr Steuern in Höhe von 258 Millionen Euro. Von diesen Steuergeldern 16,4 Millionen Euro zur Förderung dieser Minderheit zu nehmen, das ist doch wirklich nicht zu viel verlangt!
Zweitens: Die Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ hat klare Worte zur Verantwortung von Bund und Ländern zur Förderung von Minderheiten gefunden.
Drittens: Die Kompetenzstreitigkeiten zwischen Bund und Ländern haben schließlich zu einem Vertragsentwurf geführt, der eine kurze Laufzeit und eine Absenkung der Zuwendungen vorsieht.
Steffen Reiche, mein bisher ruhiger Kollege im Parlamentarischen Beirat der Stiftung für das sorbische Volk, sagte dazu Folgendes:
„Dieser degressive und wiederum nur kurzfristige Vertrag ist eine abenteuerliche Unverschämtheit.“
Weiter sagte Steffen Reiche, es zeuge von empörender Ignoranz, wenn man einem kleinen Volk, das seit mehr als tausend Jahren mitten in Deutschland alle Systeme überlebt habe, die Mittel verwehre, seine einzigartige Kultur und Sprache zu erhalten.
Viertens: Der Sorben(Wenden)-Rat hat es bisher immer vermieden, die Situation der Sorben (Wenden) mit der anderer Minderheiten zu vergleichen, wenn es um die Finanzierung geht. Ich denke jedoch, es ist manchmal recht gut - um Ungerechtigkeiten aufzuzeigen und um Tendenzen, die ins Negative laufen, vorzubeugen -, ab und an zu vergleichen. So stehen unter anderem der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein mit ca. 50 000 Angehörigen etwa 80 Millionen Euro für die kulturelle Arbeit zur Verfügung. Der deutschen Minderheit in Dänemark mit ca. 15 000 Angehörigen stehen 30 Millionen Euro zur Verfügung. Von diesen 30 Millionen Euro stammen immerhin 12 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt. Wer dies nachlesen möchte: Einzelplan 06 02 Titelgruppe 03.
Dann ist dabei noch zu beachten, dass für diese beiden Minderheiten keine Kosten für die Erstellung von Büchern oder anderen Medien entstehen. Auch die Lehrerausbildung kostet nichts, weil man an dieser Stelle auf das Mutterland zurückgreifen kann. Das alles trifft für die Sorben (Wenden) nicht zu; denn dafür kann einzig und allein nur Deutschland selbst zuständig sein.
Der Entschließungsantrag der Koalition ist zumindest unschädlich, eventuell sogar innerbetrieblich in der Koalition hart erkämpft. Die Richtung stimmt, und zum Glück wird die Begründung nicht umgesetzt; denn eine Laufzeit von fünf Jahren ist zu kurz. Es geht eben nicht um einen ungekürzten Finanzierungsanteil Brandenburgs, sondern darum, dass Sachsen und Brandenburg mehr zahlen müssen, wenn wir uns gegenüber dem Bund nicht durchsetzen können. Das ist die Problematik der gegenwärtigen Lage. - Ich bitte Sie: Stimmen Sie unserem Antrag zu!
Solche Worte wie Hetze im Zusammenhang mit dem Agieren meiner Fraktion verbitte ich mir, weil das wahrlich nicht stimmt.
Effiziente Verwendung der Mittel ist eine Forderung, die natürlich immer steht. Die Aufgabe, die wir im Parlamentarischen Beirat zu erfüllen haben, ist, das alles zu kontrollieren. Wenn 1993 noch 20 Millionen Euro zur Verfügung standen, 2008 nur noch 15,6 Millionen Euro und wirklich seriöse Überlegungen davon ausgehen, dass mindestens 16,4 Millionen Euro jährlich notwendig sind, ist einiges in Ordnung zu bringen.
Eine Wertschätzung kostet manchmal auch Geld. Manchmal geht es auch ohne Geld. Ein Rederecht für den Vertreter des Sorbenrates wäre so eine Sache.
Als der Bund Kürzungen in Millionenhöhe vorsah und ins Auge gefasst wurde, nur noch 4 Millionen Euro vom Bund zur Verfügung zu stellen, haben die Länder Brandenburg und Sachsen in einer Protokollerklärung 1998 dankenswerterweise erklärt, dass sie dann bereit sind, für einen Ausgleich zu sorgen. Sie würden zu ihrer Verpflichtung stehen, die sich nicht an der Kassenlage orientiere, sondern an den Aufgaben, die die Förderung des sorbischen (wendischen) Volkes betreffe.
Ihr Entschließungsantrag ist ein kleiner Schritt im Vergleich zu dem, was in den letzten Tagen und Wochen, vielleicht sogar Monaten, passiert ist. Ich war fast bereit gewesen zu sagen: Na gut, dann stimmen wir zu. Ich glaube aber, die Zuspitzung geht durch das Agieren des Bundes und auch davon aus, wie mit den Sorben (Wenden) in den entsprechenden Gremien umgegangen wird. Es wurde immer wieder gesagt: Es laufe, man müsse sich da nicht einmischen, wir werden das alles schon hinkriegen. Diese Ereignisse haben dazu geführt, dass wir Ihrem Entschließungsantrag nicht zustimmen können. Wir werden uns enthalten. Ich möchte sagen: Das, was darin steht, sind Dinge, die ohnehin Beschlusslage sind. Die erforderlichen finanziellen Mittel sind ohnehin zu erbringen.
Ja, bitte.
Nein, überhaupt nicht. Herr Dr. Niekisch hatte mir vorgeworfen, dass das, was wir mit der Fraktion tun, an Hetze grenze. Ich ha
be gesagt, dass ich mir das verbitte, weil das, wie man am Agieren unserer Fraktion erkennt, nun wahrlich nicht stimmt.
In der Begründung Ihres Entschließungsantrags steht, dass das Land Brandenburg für eine ungekürzte Förderung durch den Bund ist. Das wird auch von uns unterstützt. Allerdings haben Sachsen und Brandenburg erklärt, ausgleichen zu wollen, wenn der Bund kürzt. Die eigentliche Frage lautet, wie der Ausgleich durch die Länder, so wie der Bund das will, stattfindet.
Das ist die Dramatik. Das ist kein Katastrophenszenario, das von uns ausgeht, sondern es geht darum, dass der Bund definitiv kürzen will und dass damit die Aufgabe für die Länder Brandenburg und Sachsen darin besteht, auszugleichen.
Wir haben alle Gründe dieser Welt, dem Bund zu erklären, dass das so nicht geht und dass diese gesamtstaatliche Aufgabe auch in der Verantwortung des Bundes liegt. Damit erfüllen wir europäische Standards. So einfach ist das.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag meiner Fraktion „Evaluierung der Kulturentwicklungskonzeption des Landes Brandenburg“ ist im Grunde genommen unproblematisch. Er dürfte auch aus der Sicht von SPDund CDU-Fraktion zustimmungsfähig sein, denn die Landesregierung selbst hatte vorgeschlagen, als im Jahre 2002 die Kulturentwicklungskonzeption dem Landtag übergeben wurde, dieses Konzept zu aktualisieren und regelmäßig über die Fortschreibung zu berichten. In der Antwort auf eine Große Anfrage der damaligen PDS-Fraktion vom Frühjahr 2003 sagte die Kulturministerin Folgendes:
„Die Landesregierung beabsichtigt, die Kulturentwicklungskonzeption regelmäßig zu aktualisieren. Dies setzt eine Evaluierung der wesentlichen Parameter voraus.“
Darin sind wir uns also einig. Unsere kritischen Anmerkungen, wie zum Beispiel ein Entschließungsantrag, der die in der Kulturkonzeption genannten Ziele zu Schwerpunkten der Kulturpolitik in der dritten Legislaturperiode erklärt und vor allem mehr Augenmerk auf eine zwischen Landesebene und Kommunen ausgewogene Kulturfinanzierung lenkt, wurden allerdings nicht ernst genommen: Der Antrag wurde abgelehnt. Weiterhin wollten wir, dass die Landesregierung Vorschläge erarbeitet, wie die ungeeignete Arbeitsförderung zur Sicherung des laufenden Betriebs von Kultureinrichtungen durch bessere Maßnahmen ersetzt werden kann. Uns fehlte hier Konkretes zur Sicherung einer kontinuierlichen und langfristigen Finanzierung.
Nicht - wie versprochen - im Jahre 2003, aber im Jahre 2004 gab es dann ein umfangreiches Papier, nämlich den Bericht zur Kulturentwicklungskonzeption der Landesregierung. Aber auch hierin waren nicht alle Fragen geklärt. Noch immer spielten neue Formen der künstlerischen und kulturellen Interaktion keine Rolle. Die sich rasant entwickelnden technischen Möglichkeiten der Kommunikation sowie der Informationsbeschaffung kommen bis auf einen halben Satz im Kapitel „Öffentliche Bibliotheken“ gar nicht vor, einmal davon abgesehen, dass Kunst auch mit technischen Mitteln möglich ist, die meine Generation vor 15 oder auch vor zehn Jahren niemals mit den hohen Werten der Kultur in Verbindung gebracht hätte. Noch immer war das Verhältnis zwischen Landesregierung und Kommunen in Kompetenz- und Finanzfragen nicht ausreichend geklärt.
Frau Ministerin, ich stimme Ihrer Bewertung in der Antwort auf meine mündliche Anfrage von 23. November 2006 zu, dass eine Kulturentwicklungskonzeption auch eine umstrittene Sache sein kann, dass sie aber notwendig ist, weil nur so ein strategischer Blick zu bekommen ist und vor allem nur so Sicherheiten im kulturellen Bereich vor Ort zu organisieren sind.
Klar ist auch, dass ein Konzept der Landesregierung zur Entwicklung von Kultur kein dirigistischer Eingriff der Landesregierung in Kultureinrichtungen oder Kommunen sein darf. Es geht um Dialog, aber auch um die Klärung von Verantwortlichkeiten zwischen Land und Kommunen. Wenn Sie in diesem Zusammenhang auch über die Zuweisung von Belastungen und
die Zuordnung von Kompetenzen sprechen, dann wird deutlich, dass dieser Dialog sich nicht immer einfach gestalten wird.
Gerade deshalb wäre es gut, wenn Landtag und Landesregierung sich darauf einigen könnten, auf den ursprünglichen Vorschlag zurückzukommen, alle zwei Jahre auf der Grundlage einer entsprechenden Evaluierung über einen Kulturentwicklungsbericht zu beraten und entsprechende Festlegungen zu treffen. Es ist also höchste Zeit, dass wieder einmal eine Evaluierung stattfindet. Sie ist aus unserer Sicht aus rein sachlichen Gründen notwendig und gemessen am Versprechen der Landesregierung vom Sommer 2002, beginnend 2003 alle zwei Jahre über erreichte Ziele und die nächsten Schritte zu berichten, auch überfällig. Es haben sich inzwischen Veränderungen ergeben, die zu beachten sind und in eine strategisch ausgerichtete Kulturentwicklungskonzeption eingearbeitet werden müssen.
Die demografische Entwicklung ist ein wichtiger Punkt. Kulturausschuss, Ministerium und Landtag haben zu diesem Thema einiges vorgelegt. Es wurden im Rahmen dieser im Großen und Ganzen konstruktiven Debatte wichtige neue und notwendige Ansätze genannt, die sich von der Politik der Landesregierung und den bisherigen Debatten im Ausschuss gelegentlich deutlich unterschieden. So wurden während einer Anhörung im Februar 2006 von den Experten sowie von Kulturpolitikerinnen und Kulturpolitikern der Fraktionen Ideen entwickelt, die durchaus in einer überarbeiteten Fassung einer Kulturentwicklungskonzeption Berücksichtigung finden sollten.
Demografie und Kulturpolitik sind nicht durch einfache Rechenaufgaben zusammenzubringen. Veränderungen wie Abwanderung und sinkende Einwohnerzahlen erfordern nicht zwingend weniger Kultur und machen Kulturförderung auch nicht immer preiswerter, sondern Kultur erhält mit ihren bildenden und sozialen Funktionen einen anderen Stellenwert. Das gilt nicht nur für die Randregionen mit schwindender Einwohnerzahl, sondern auch für die Zuzugsregionen. Die Bedeutung der Kultur wird wachsen.
Es geht nicht um die Frage, ob wir uns unter diesen Bedingungen Kultur - gemeint sind hierbei in der Regel künstlerische Einrichtungen - noch leisten können, sondern welche größeren und komplizierteren Aufgaben Kulturförderung zu leisten hat. Nicht zuletzt durch die Landtagsdebatte über Kulturwirtschaft ergeben sich neue Fragen zum Thema Kultur als Wirtschaftsfaktor, Kultur als Standortvorteil.
Interkulturelle Aspekte werden stärker zu betonen sein. Neu beleuchtet werden muss mit Sicherheit auch die Frage, wie der Kulturpolitik zwar als Ressort Verantwortlichkeiten zugesprochen werden können, Kultur aber auch mehr als ressortübergreifendes Politikfeld ins Bewusstsein gehoben werden kann. Schließlich liegen jetzt die Ergebnisse der Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ vor. Es ist geradezu eine Verpflichtung, dass die Landesregierung die Ergebnisse dieser insgesamt sehr erfolgreichen Arbeit - in einem umfangreichen Bericht zusammengefasst - bei der notwendigen anstehenden Evaluierung berücksichtigt.
Hier wird sicher so manches kontrovers zu diskutieren sein. Ist es zum Beispiel sinnvoll, im kommunalen Finanzausgleich,
wie vorgeschlagen, eine Zweckbindung der Haushaltsmittel für Kultur vorzusehen? Was ist unter dem Konzept der kulturellen Bildung zu verstehen? Geht es um kulturelle Grundversorgung? Was soll das sein? Oder geht es um die Sicherung der kulturellen Infrastruktur? Diese und andere offene Fragen wird auch eine Evaluierung nicht im Handstreich lösen können. Das ist völlig klar. Auch nach erneuter Evaluierung wird es keine statische Konzeption geben dürfen.
Auch der Kulturatlas wird wahrscheinlich immer Lücken aufweisen, aber eine nützliche Basis für Kulturpolitik ist er allemal. Deshalb sollte er unbedingt aktualisiert werden. Kultur ist immer Dialog, sonst ist es keine Kultur.
Ich bitte Sie, stimmen Sie unserem Antrag zu.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerade weil wir auch auf dem Gebiet der Kultur und der Demografie - so viel gearbeitet haben, wäre es an der Zeit, dass sich das in einer Kulturentwicklungskonzeption auswirkt. Bei kulturpolitischen Vorstellungen weisen Regierungs- und Oppositionsfraktionen nicht selten erstaunliche Gemeinsamkeiten auf. Das ist, wie ich glaube, auch bei dem heute zu beratenden Gegenstand so. Nur, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, Sie lassen sich das nicht anmerken. Das wirkt etwas verkrampft. Das ist nicht gut für Kultur.
Im November 2006 habe ich hier die Ministerin noch gelobt, weil sie mit allen Landkreisen und kreisfreien Städten Gespräche zur Fortschreibung der Kulturentwicklungskonzeption geführt hat. Natürlich wollte ich damals auch etwas über Ergebnisse wissen. Sie waren aufgrund äußerer Unwägbarkeiten im November 2006 noch nicht klar. Aber, so sagten Sie damals, Frau Ministerin: Wir werden dem Landtag im nächsten Frühsommer die fortgeschriebene Kulturentwicklungskonzeption vorlegen. Das wäre im Juni 2007 gewesen. Wir stellen heute den Antrag, die Sache bis Dezember 2008 doch noch zu erledigen. Diesem freundlichen Entgegenkommen der Opposition wollen Sie noch nicht einmal Ihre Zustimmung geben.
Gegenüber Kulturschaffenden, gegenüber Kulturarbeitern im weitesten Sinne ist das eine unmögliche Einstellung. Wer soll das verstehen? Es geht nicht um das Festklopfen von unumstößlichen Positionen. Einiges muss aktualisiert werden. Kulturpolitik, Kulturförderung wird es immer mit unscharfen Begriffen zu tun haben. Genauigkeit - so wusste schon Aristoteles - ist von einem Gegenstand immer nur in dem Maße zu verlangen, wie es sich aus dem Gegenstand selbst ergibt. Das weiß man im Umgang mit kulturpolitischen Zusammenhängen. Das wissen wir alle. Das ist immer so, wenn es um Kunst geht, und kann nicht das Problem sein.
Das Problem könnte sein, dass Prozesse hinter dem Rücken von engagierten Akteuren ablaufen, manchmal auch in der Art, dass plötzlich doch noch Geld da ist, um künstlerische Einrichtungen mit Weihnachtsgeschenken zu beglücken. Das ist schön, aber Standard darf das nicht werden.
Kulturpolitik in der Demokratie geht anders. Dialog gehört dazu; das sagen auch Sie. Hier gibt es wiederum bereits bei Aristoteles einen wichtigen Hinweis für brandenburgische Politik. Er unterscheidet nämlich zwischen Erwerbslehre und Lehre zum Zwecke der Geldvermehrung. Bei ersterer geht es um die Schaffung von Gütern und dem Guten. Das ist richtig und erstrebenswert. Die Menschen müssen sich dabei auf Dialog und
Kooperation - Interaktion - einlassen. Im zweiten Fall geht es nur noch um Geld. Transparenz stört hier. Das aber, so der alte Grieche, sei das widernatürlichste Tun allen Tuns der Menschen.
Ich bitte Sie noch einmal: Stimmen Sie unserem Antrag zu und erfüllen Sie die Aufgabenstellung meinetwegen auch vorfristig. - Danke.
Der Bildungsminister räumte ein, dass im Land Brandenburg der Betreuungsschlüssel bei den bis zu Dreijährigen in den Kindergärten besonders schlecht sei. Dadurch fällt es besonders engagierten Kindereinrichtungen schwer, die selbst angestrebten hohen Standards bei der Förderung von Begabungen wie auch bei der Betreuung von auffälligen Kindern zu sichern. Zum Beispiel werden im AWO-Kindergarten in Senftenberg als Reaktion auf entsprechende PISA-Ergebnisse auch den Kleinsten naturwissenschaftliche Grundkenntnisse spielerisch vermittelt, und vor allem wird mit einem ganzheitlichen konzeptionellen Ansatz vor allem auf musische Bildung und Erziehung gesetzt. Dafür erhielt die Einrichtung kürzlich den Preis „Felix - wir singen gern“. Bei den gegenwärtigen Rahmenbedingungen und dem geltenden Betreuungsschlüssel stellt sich die Frage, ob solche besonders innovativen Konzepte auf Dauer durchzuhalten sind.
Ich frage deshalb die Landesregierung: Welche Maßnahmen sieht sie vor, um diesen selbst erkannten Mangel in der Betreuung entweder zu kompensieren oder doch den Betreuungsschlüssel zu verbessern?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren, ces´cone knˇenje a knˇeze, ces´cone gós´ci, witaj´so k nam do krajnego sejma Bramborska, das am 28. August 1998 geschlossene - also zurzeit noch gültige - Finanzierungsabkommen zwischen dem Bund sowie den Ländern Sachsen und Brandenburg mit der Stiftung für das Sorbische Volk läuft zum 31. Dezember 2007 aus. Die Verhandlungen zu einem neuen Abkommen haben im Oktober 2006 begonnen. Nach Einschätzung des Bundesverwaltungsamtes sind die Verhandlungen als gescheitert zu bezeichnen, sodass die Finanzierung auf der Grundlage der Haushaltspläne von 2008 erfolgen muss. Träfe dies zu, hieße das, dass vonseiten des Bundes lediglich 7 Millionen Euro - also nicht die benötigten mindestens 8,2 Millionen Euro - zur Verfügung stün
den, wobei 2 Millionen Euro davon auf Veranlassung des Bundesfinanzministeriums zudem gesperrt sind.
Sachsen würde in bewährter Weise die geplante Summe zahlen, Brandenburg ebenfalls - jedenfalls ungefähr -, allerdings sind nach gegenwärtigem Stand 600 000 Euro des brandenburgischen Anteils vorläufig gesperrt. Den Sorben (Wenden) hilft all das wenig, weil das Finanzierungsabkommen insgesamt nicht stimmt, weil ein Geldgeber - nämlich der Bund - ausschert und die Finanzierung den Ländern am liebsten komplett übertragen würde. Natürlich steht auch das Land Brandenburg hier in der Pflicht; denn letztlich geht es um die finanziellen Voraussetzungen dafür, dass auch nach dem Jahreswechsel eine erfolgreiche Arbeit zur Bewahrung und Revitalisierung der sorbischen/wendischen Sprache und Kultur - ganz im Sinne von Artikel 25 der Landesverfassung - auch in Brandenburg geleistet werden kann.
Meine Fraktion hat in der Vergangenheit oft genug Gründe gesehen, die Sorben(Wenden)-Politik der Landesregierung zu kritisieren. Heute, Herr Ministerpräsident und Frau Ministerin Wanka, können Sie damit rechnen, uns bei Ihren offensichtlich schwierigen Verhandlungen mit dem Bund an Ihrer Seite zu haben.
Worum geht es? Wir beraten in dieser Aktuellen Stunde über den Umgang der deutschen Mehrheitsbevölkerung mit der Minderheit, die gerade einmal 0,25 % der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland ausmacht. Wir sprechen über eine von vier autochthonen Minderheiten in Deutschland.
Doch im Unterschied zur dänischen Minderheit in Deutschland oder zur deutschen Minderheit in Ungarn, Rumänien oder Russland können die Sorben (Wenden) eben nicht auf ein Mutterland von außerhalb hoffen, wenn sie Bücher, Filme, Theater in ihrer eigenen Sprache haben oder sich wissenschaftlich mit der Geschichte ihres eigenen Volkes beschäftigen wollen. Sie können auch nicht, wenn es Probleme gibt, wie die deutschen Minderheiten in europäischen Ländern den Botschafter ihres Mutterlandes um Hilfe bitten. Das Mutterland der Sorben (Wen- den) ist Deutschland. Ihr angestammtes Siedlungsgebiet ist hier. Von daher ist es nur logisch, dass es nicht im Belieben von Landes- oder Bundespolitik liegen kann, ob oder wie die Sorben (Wenden) gefördert werden.
Außerdem hat sich die Bundesrepublik Deutschland zur Charta der Regional- oder Minderheitensprachen des Europarates vom 17. Januar 1998 sowie zum Rahmenübereinkommen des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten vom 1. Februar 1998 bekannt. Wir sprechen also in erster Linie nicht darüber, ob mehr oder weniger Finanzen für die Stiftung für das Sorbische Volk bewilligt werden können, sondern sprechen auf verfassungsrechtlicher Grundlage und im Kontext erfreulich hoher europäischer Standards über die Zukunft einer autochthonen Minderheit in Deutschland mit eigener Kultur und eigener Sprache.
Es geht nicht um Folklore oder gar um „pittoreske Kostümfeiern“, wie ein einflussreiches Wochenmagazin vor vier Wochen schrieb. Wenn aber von heute auf morgen Finanzen in siebenstelliger Höhe pro Jahr weniger zur Verfügung stünden, wären auch Folkloreveranstaltungen eventuell nicht mehr oder nur
noch auf ehrenamtlicher Grundlage möglich; solche Veranstaltungen soll es ja geben, und die Deutschen sollen ja auch hingehen. Wir wissen jedoch, dass dann vor allem die Hochkultur der Sorben (Wenden) gefährdet wäre - der Domowina-Verlag, das Deutsch-Sorbische Nationaltheater, das Wendische Museum in Cottbus, das Sorbische Institut und das Sorbische Nationalensemble -, und wir wissen auch, dass es die Hochkultur ist, die nicht nur das Gedächtnis eines Volkes ausmacht, sondern eben auch Identität stiftet und in die Zukunft weist.
Bereits jetzt sieht die Zukunft zum Beispiel des Sorbischen Nationalensembles Bautzen nicht rosig aus. Das kann uns in Brandenburg nicht gleichgültig sein. Dieses dreisprachige Ensemble - genau wie das dreisprachige Bautzener Theater - gastierte auch im Land Brandenburg mit Erfolg und wird über das bisherige Finanzierungsabkommen vom Land Brandenburg mitfinanziert. - Es spielt tatsächlich dreisprachig, nämlich obersorbisch, niedersorbisch und deutsch.
Sehr erfolgreich gastierte das Sorbische Nationalensemble im vergangenen Sommer in der Slawenburg Raddusch mit „Krabat oder die Erschaffung der Welt“.
Es gilt bereits jetzt ohne die vom Bund geplante Kürzung, dass die gegenwärtige Finanzierung nicht ausreichend ist, um die Aufgaben im Sinne der beiden Landesverfassungen sowie der genannten europäischen Vereinbarungen zu erfüllen.
Es mag sein, dass die Opposition und die Regierungskoalitionen in diesem Punkt unterschiedlicher Meinung sind. Ich stelle aber fest, dass wir uns in letzter Zeit recht sachlich um die Lösung eines Problems bemühen. Zwar ziehen wir nicht unbedingt gemeinsam an einem Strang, aber zumindest ziehen wir die Stränge parallel in die gleiche Richtung.
Brandenburg hat sich in der gemeinsamen Sitzung mit der Sächsischen Staatsregierung zu seiner Verantwortung gegenüber den Sorben bekannt. Die Bundesregierung hat leider noch nicht einmal eine Stellungnahme zum Prüfbericht des Bundesrechnungshofs vom März 2007 abgegeben. Darin wird empfohlen, nach Wegen zu suchen, wie sich der Bund aus der Finanzierung der Stiftung für das sorbische Volk mehr oder weniger zurückziehen kann. Die entsprechenden Regelungen aus dem Einigungsvertrag seien verbraucht.
Wenn die Bundesrepublik an einem modernen Europa mitarbeiten will und die entsprechenden Verträge ernst nimmt, muss mit solchen diskriminierenden Empfehlungen Schluss sein. Das sage ich im Übrigen nicht im Namen der Sorben (Wen
den). Die Sorben (Wenden) können selbst für sich sprechen. Es ist etwas peinlich, dass eine offensichtlich paternalistisch eingestellte Mehrheit in diesem Hause nicht einmal die gewählten Vertreter des Rates für sorbische (wendische) Angelegenheiten zu ihren eigenen Problemen reden lässt.
Nach den positiven Signalen aus dem Hauptausschuss habe ich wirklich gedacht, man könnte heute großzügiger verfahren.
- Man kann natürlich etwas, das man ohnehin nicht wollte, an Formalien scheitern lassen. Den Anruf gab es!
Ich sage noch einmal: Ich spreche hier für die deutsche Mehrheitsbevölkerung. Die Förderung der sorbischen (wendischen) Sprache und Kultur ist auch im Interesse der Deutschen in Brandenburg und Sachsen.