Wenn ich das in dieser für mich eher ungewöhnlichen Schärfe feststelle, hat das nichts mit einem Einschwenken auf den Krawallkurs Ihres ehemals sehr geliebten Vorsitzenden Lafontaine zu tun, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion. Übrigens sollten Sie es sich mit ihm wirklich nicht so leicht machen. Vielmehr hängt es damit zusammen, dass Sie seit Jahren ein System „ausgeblutet“ haben und gedenken, dies auch weiter zu tun.
Herr Ministerpräsident, Sie haben in all Ihren bisherigen Reden von dem wichtigsten Rohstoff des 21. Jahrhunderts gesprochen, wenn es um Bildung ging. Mit diesem Schulressourcenkonzept wird Ihnen das niemand mehr abnehmen. Das einzig Positive ist, dass wir uns dieses Mal - auch dank des politischen Willens der Bildungspolitikerinnen der Koalition - überhaupt mit dem Schulressourcenkonzept beschäftigen.
Bevor ich zu einzelnen Befunden komme, möchte ich zwei Grundannahmen feststellen. Erstens: Auch dem Schulressourcenkonzept 2007 liegt kein inhaltliches Konzept der Weiterentwicklung von Schule zugrunde, sondern allein die demografische und haushalterische Situation.
Zweitens: Das Schulressourcenkonzept 2007 ist keine Fortschreibung des Schulressourcenkonzeptes 2002, sondern ein Steinbruch desselben. Sie schaffen es mit diesem Schulressourcenkonzept noch weniger als bisher, aus dem unheilvollen Kreislauf sinkende Schülerzahlen, Reduzierung von Stellen - auszubrechen. Die besorgniserregende demografische Entwicklung wird eben nicht zu einer dauerhaften und wirksamen Verbesserung der Rahmenbedingungen für das Lernen und Lehren genutzt.
Steffen Reiche hat im Jahr 2002 noch stolz verkündet, dass es bis zum Jahr 2011 eine Schüler-Lehrer-Relation von 1 : 14,7 gibt und wir damit im Bundesdurchschnitt vergleichbar gut sein werden. Meinerseits bestehen Zweifel an der Belastbarkeit der Schüler-Lehrer-Relation. Die KMK nutzt diese jedoch und der Kollege Speer liebt die Schüler-Lehrer-Relation geradezu, weil sie für das, was er möchte, praktisch ist.
Unter den neuen Bundesländern sind wir neben MecklenburgVorpommern das Land mit der schlechtesten Ausstattung mit Lehrerstellen. Thüringen hat ein Verhältnis von 1 : 13,5 und Sachsen von 1 : 14,3. Schauen Sie sich die PISA-Ergebnisse an! Steffen Reiche muss sich dafür nur noch bedingt - nur noch als Mitglied dieser Partei - verantworten. Herr Minister, zumindest ich habe nicht mitbekommen, dass Sie sich mit Ihrer ganzen Kraft und Ihrem sportlichen Körper
für diese Lehrer in dieser Schule einsetzen würden und mit Minister Speer um das Ressort Bildung gekämpft hätten. Ich habe es einfach nicht mitbekommen.
Herr Ministerpräsident, Sie tragen in allen Sonntagsreden vor sich her, dass es auf den Anfang ankommt. Demnach müsste es im Primarbereich die beste Ausstattung mit Lehrerstellen geben. Bei PISA-Siegerländern ist das auch so. Brandenburg liegt jedoch noch unter dem Durchschnitt. Während Sachsen und Sachsen-Anhalt bei einem Schlüssel von 1 : 14 liegen, ist das Verhältnis in Brandenburg 1 : 20,2, obwohl es hier noch 36 kleine Grundschulen und weitere kleine Einheiten im ländlichen Raum gibt. Das alles tragen die Grundschulen im engeren Verflechtungsraum weg. Dort gibt es inzwischen grundsätzlich Klassen mit 28 bis 30 Kindern. Im Bereich der Sekundarstufe II dagegen - hier lernen Schüler freiwillig und können durchaus auch schon einmal unter Vorlesungsbedingungen arbeiten - liegt das Verhältnis bei 1 : 12,8. Da stimmt doch etwas nicht.
Das meine ich mit konzeptionellen Überlegungen. Sie haben die Möglichkeit, solche Prozesse zu steuern, und haben das in der Jahrgangsstufe 5/6 auch mit der guten Ausstattung der Leistungs- und Neigungsdifferenzierung gemacht. Sie, Herr Ministerpräsident, sparen also vor allem an den Kindern der Primarstufe; der Klassen 1 bis 4. Das ist ein Skandal.
Ein zweiter Befund ist der, dass Brandenburg bei allen Schulformen die bundesweit größten Schuleinzugsbereiche hat. In der Sekundarstufe I gibt es in Brandenburg einen Einzugsbereich von immerhin 200 km2. Schleswig-Holstein als vergleichbares Flächenland dagegen hat einen Einzugsbereich von nur 36 km2. Aufgrund dessen kann doch nicht davon gesprochen werden, dass in Brandenburg zumutbare Entfernungen vorliegen, Herr Minister.
Die Volksinitiative zur elternbeitragsfreien Schülerbeförderung wird von uns in der Hoffnung unterstützt, dass Sie angesichts der nun vorliegenden Zahlen noch einmal umsteuern.
Geradezu lächerlich ist in diesem Zusammenhang der SPDParteitagsbeschluss. Nun will man - nach der landesweiten Auflösung von 218 weiterführenden Schulen; 13 mehr als im Jahr 2002 prognostiziert - die 30er-Regelung aufrechterhalten. Jedoch gibt es jetzt keine Schulen mehr, die Sie damit erhalten können. Das als Erfolg zu verkaufen ist fatal.
Der dritte Befund ist der aus meiner Sicht besorgniserregendste. Das Durchschnittsalter der Lehrkräfte liegt bei 51 Jahren; im Grundschulbereich liegt es noch darüber. Sie haben über Jahre den Einstellungskorridor von 300 vereinbarten Einstellungen nicht gehalten. Das Ziel waren im Schulressourcenkonzept 2002 1 600 Einstellungen. 1 200 Neueinstellungen haben Sie vorgenommen, jedoch sind nur 600 Lehrkräfte davon in diesem Land geblieben. Die Hälfte ist nur geblieben! Die Vergütungs- und Besoldungsbedingungen für Lehrkräfte in diesem Land, die Befristungen, die Zwangsteilzeit, die schlechten Rahmenbedingungen und die unzureichenden Anrechnungstatbestände haben dazu geführt, dass junge Lehrkräfte das Land schnellstmöglich verlassen. Eine Verjüngung hat also nicht stattgefunden.
Es muss rigoros umgesteuert werden. Das tun Sie aber nicht. Sie selbst stellen in Ihrem Konzept fest, dass eine Neueinstellung von jährlich 571 Lehrkräften nötig wäre, um den Bedarf zu decken. Und jetzt geben Sie sich mit 300 Neueinstellungen zufrieden, Herr Minister.
Sie selbst stellen fest, dass auch bei einer langfristigen Kapazität von 900 Lehramtskandidaten, die wir ab dem Jahr 2014 brauchen, nur jährlich 450 in den Schuldienst übernommen werden können. Berlin stellt jährlich 800 Lehrkräfte ein. Woher sollen diese 900 Lehramtskandidaten kommen? Sie sagen - das empfinde ich als totale Katastrophe -, dass das Unterrichtsangebot im Falle eines Falles dann von Mitarbeitern ohne Lehrbefähigung abgedeckt werden müsse. Angesichts dessen ist doch all das, was Sie in Sachen Qualität entwickeln wollen, ad absurdum geführt.
Meine Damen und Herren Abgeordnete, Sie handeln grob fahrlässig; es ist längst fünf nach zwölf. Wenn Sie wollen, dass Menschen hier im Land bleiben, und zwar nicht nur Lehrkräfte, sondern auch Eltern, denen die Bildung ihrer Kinder wichtig ist, und wenn Sie ein wenig dazu beitragen wollen, den absehbaren Fachkräftebedarf zu decken, dann steuern Sie um! Mit diesem Schulressourcenkonzept, Herr Ministerpräsident, verantworten Sie auch ganz persönlich den Abschied des Landes Brandenburg vom Ziel des Landesentwicklungsprogramms, nämlich dem, eine Bildungsregion zu werden. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach diesem Maschinengewehrfeuer werde ich das Ganze sachlich und in Abwägung des Für und Wider darzulegen versuchen. Ich sage vorweg, dass auch ich nicht allen Punkten, die der Minister vorgetragen hat, zustimme, sondern die Problematik durchaus etwas anders bewerte.
Ich greife einmal eine Aussage von Frau Große heraus; sie sagte, es sei nicht mehr möglich, die Schulstruktur im Land durch die 30er-Regelung zu erhalten, weil es diese nicht mehr gebe. In meinem Landkreis gibt es drei solcher Schulen, und ich weiß, dass sie auch im Jahr 2008 im Schulsystem bestehen werden. Wenn die 30er-Regelung bleibt, wird sich daran nichts ändern. Ich warne davor, solche Aussagen in die Welt zu setzen; alle sind aufgeregt, und wenn man es genau hinterfragt, dann stimmen die Aussagen nicht oder nur zum Teil.
Den Koalitionsfraktionen ist sehr daran gelegen, den Schulen Planungssicherheit zu geben. Das war der Grund unseres Antrags, das Schulressourcenkonzept aus dem Jahr 2002 zu evaluieren und es weiterzuentwickeln; denn wir wissen, dass wir es mit den beiden Faktoren sinkende Schülerzahlen und Sicherung der Beschäftigungsumfänge von Lehrkräften auch über das Jahr 2007 hinaus zu tun haben werden. Gleichzeitig sollen die Schulqualität gesichert und der Haushalt konsolidiert werden. Das ist im Grunde eine Aufgabe, die der Quadratur des Kreises gleicht; denn das Aushandeln von Ressourcen für Schulen widerspricht dem Anliegen der Haushaltskonsolidierung. Unstrittig ist: Je mehr Geld und Lehrerstellen den Schulen zur Verfügung stehen, umso besser können sie organisiert werden.
Diesen Aufgaben musste sich das Land Brandenburg stellen. So ist es nicht verwunderlich, dass die genannten Ziele - das sehe auch ich so - in unterschiedlicher Qualität realisiert worden sind und in Zukunft realisiert werden.
Mit einem lachenden und einem tränenden Auge sehe ich, dass das Ziel, den Landeshaushalt zu konsolidieren, in allen Eckpunkten korrekt eingehalten wird. Es werden also 5 087 Lehrerstellen im Land abgebaut. Das entlastet - der Minister sagte es - den Landeshaushalt um 284 Millionen Euro, und zwar nicht nur auf dem Papier, sondern in „Heller und Cent“. Darüber hinaus wurde der Landeshaushalt in den letzten Jahren dadurch entlastet, dass auf der Grundlage von globalen Minderausgaben den Schulen jährlich 200 bis 400 Lehrerstellen nicht zur Verfügung gestellt worden sind. Der Sparzwang verlangte dies. Ich denke, der Auftrag, dass auch durch Einsparungen im Bereich Schule der Haushalt des Landes Brandenburg konsolidiert wird, war sinnvoll und ist - auf Heller und Cent genau eingehalten worden.
Gut gelöst wurde aus meiner Sicht auch das Problem bezüglich der Beschäftigungsverhältnisse der Lehrkräfte. Bestandteil des Schulressourcenkonzepts aus dem Jahr 2002 war der Personalausgleichsfonds in Höhe von 121 Millionen Euro für einen sozialverträglichen Personalabbau. 1 900 Lehrkräften wurde ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Schuldienst ermöglicht. Das ist ein positives Resultat. Durch ein System des Wechsels zwischen Teilzeitjahren und Vollzeitjahren von Beamten und Angestellten mit Teillohnausgleichen werden Personalüberhänge
kompensiert, bis ab dem Schuljahr 2011/12 alle Beschäftigten in Vollzeit arbeiten werden. Da sich im Jahr 2011/12 im Land Brandenburg jedoch noch immer 18 765 Lehrkräfte 16 247 Stellen teilen müssen, ist es richtig - ich lobe das ausdrücklich -, den Personalausgleichsfonds neu aufzulegen und mit 100 Millionen Euro auszustatten. Dadurch kann man diese Situation entspannen und den sozialverträglichen Personalabbau auch über das Jahr 2007 hinaus realisieren.
Das Ziel, die Beschäftigung der Lehrkräfte entsprechend der Vereinbarung zu sichern, hatte in den letzten Jahren Um- und Versetzungen zur Folge, und das wird auch in den nächsten Jahren so sein, zumal sich der Abbau von Lehrerstellen in den Regionen Brandenburgs sehr unterschiedlich darstellt. Ein Problem wird weiterhin der Schulamtsbezirk Cottbus bleiben, weil die Personalüberhänge dort am größten sind. Um- und Versetzungen haben nicht nur zu Härten für die Lehrkräfte geführt, sondern in Bezug auf die Qualität von Schule auch zu Diskontinuitäten in der schulischen Gestaltung. Wenn das Lehrpersonal und auch die Schulleitung ständig wechseln, ist das einer kontinuierlichen Arbeit nicht zuträglich. Allerdings sehe ich hinsichtlich der Lösung des Problems keine andere Möglichkeit.
Der Blick ins Schulressourcenkonzept über das Jahr 2012/13 hinaus zeigt, dass das System ab dem Schuljahr 2016/17 trotz geplanter Einstellungen kippen wird. Das heißt, wir werden im Land mehr Lehrerstellen als Lehrer haben, wenn es nicht gelingt, ab diesem Zeitpunkt Neueinstellungen in Größenordnungen zwischen 800 und 900 Lehrer pro Jahr zu realisieren. Das Schulressourcenkonzept 2002 sah einen Einstellungskorridor von 1 600 Lehrkräften bis zum Jahr 2007 vor. Tatsächlich wurden jedoch nur 1 218 Lehrkräfte eingestellt. Erschwerend kommt hinzu - Frau Große wies darauf hin -, dass nur etwa die Hälfte von ihnen im brandenburgischen Schuldienst geblieben ist. Der brandenburgischen Schule mangelt es somit an jungen Lehrkräften. Der Altersdurchschnitt der Lehrerschaft wurde nicht gesenkt, sondern hat sich von 46 Jahren auf 48,6 Jahre erhöht. Laut Schulressourcenkonzept war ein Altersdurchschnitt von 43,9 Jahren geplant.
Bis zum Jahre 2012/13 sollen jährlich Einstellungen realisiert werden - insgesamt 1 400. Nach 2012/13 steigt der Einstellungsbedarf enorm oder - kann man an dieser Stelle auch sagen - dramatisch, obwohl ich kein Freund von solch großen Worten bin, dramatisch deshalb, weil die Funktionsfähigkeit und die Qualität unserer Schule von der Realisierung dieser Planzahlen abhängt. Ich brauche hier nicht weiter auszuführen, was es bedeutet, wenn jährlich 800 bis 900 Lehrer nicht da sind, die eingestellt werden müssten. Das potenziert sich natürlich. Jeder, der sich mit Schule in Deutschland auskennt, weiß, dass es den anderen Bundesländern zu diesem Zeitpunkt ähnlich gehen wird. Ich will damit sagen, dass es nicht leicht sein wird, diesen Planzahlen letztendlich gerecht zu werden.
Ich appelliere, dass Themen wie die Verbesserung der Lehrerausbildung in Brandenburg, die Werbung für Lehrer, attraktive Möglichkeiten für Quereinsteiger, aber auch Fragen der Besoldung im Vergleich mit anderen Bundesländern und, und, und in diesem Land ständiges Thema sind und wir nach Lösungsmöglichkeiten streben. Gelingt dies nicht, wird es sehr schwierig werden, diese Planzahlen zu erreichen. Ein Abweichen von
Ich will abkürzend sagen, weil man mich zur Räson ruft: Ein wichtiges Kriterium für Schule ist immer die Schüler-LehrerRelation, die schon angesprochen wurde. Wir haben in Brandenburg - da möchte ich Frau Große widersprechen - eine akzeptable Schüler-Lehrer-Relation, und ich bleibe bei den 17,2 im Bundesdurchschnitt, muss aber auch sagen, dass die Ziele, die einmal gesteckt worden sind, laut Schulressourcenkonzept nicht eingehalten worden sind. Ich bin dankbar dafür, dass wir in den letzten Jahren trotzdem viele bildungspolitische Dinge durchsetzen konnten, und wir werden sehr genau überlegen müssen, welche Prioritäten wir in den nächsten Jahren innerhalb der Rahmenbedingungen werden setzen müssen, um in den brandenburgischen Schulen die Qualität zu sichern. - Danke.
Danke sehr. - Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der DVU-Fraktion fort. Es spricht die Abgeordnete Fechner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich könnte es ganz kurz machen, wenn das Thema nicht so wichtig wäre.
Herr Minister Rupprecht hat schon ausführlich das Schulressourcenkonzept vorgestellt. Frau Große hat eindeutig dargelegt, warum dieses Schulressourcenkonzept perspektivisch gesehen nicht wesentlich dazu beitragen wird, hier irgendetwas im positiven Sinne zu verändern. Das ist ja auch irgendwo verständlich; denn wer von uns hat denn ernsthaft damit gerechnet, dass ein Konzept vorgelegt wird, das irgendwann wirklich einmal dazu beitragen wird, die Bildungslandschaft im Land Brandenburg übersichtlicher zu gestalten bzw. auch die Anzahl der Lehrkräfte wesentlich zu erhöhen?
Was mich immer wieder verwundert, ja regelrecht verärgert, ist die Tatsache, dass wieder einmal eine Chance verpasst wird, das Bildungssystem zu verbessern.
Anstatt Lehrer zu entlassen oder vorzeitig in den Ruhestand zu versetzen, sollte man die Möglichkeit nutzen, die Schüler-Lehrer-Relation zu verbessern.