Protokoll der Sitzung vom 10.10.2007

Zur Unterstützung der Realisierung des Alleenschutzes auf der Grundlage des Ihnen vorgelegten Konzeptes ist daher vorgesehen, zusätzlich zur Straßenbauverwaltung die Forstverwaltung mit Aufgaben der Alleenunterhaltung zu betrauen. Hierzu befinden wir uns bereits in enger Abstimmung. Unsere entsprechenden Ressourcen im eigenen Lande werden wir sehr gut ausnutzen.

Zur Umsetzung des Ihnen vorgelegten anspruchsvollen Alleenkonzepts werden wir Pflanzprogramme erstellen, die eine vorausschauende Planung ermöglichen. Die Alleen- und Straßenbaumdaten sowie die Alleenkarte werden jährlich aktualisiert und bilden dann auch eine sehr gute Grundlage für regionale Partnerschaften.

Wir haben aus einigen Landkreisen bereits ein sehr positives Feedback erhalten und fühlen uns dadurch bestätigt. Die Landkreise haben uns im Übrigen gesagt, sie wollten ähnliche Konzepte für Kreis- und Kommunalstraßen erstellen.

Insoweit hoffe ich sehr auf eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen den Naturschutzverbänden, engagierten Bürgern und der Verwaltung; denn das wäre eine sehr wichtige und gute Grundlage für die Umsetzung dieses Konzepts.

Mit der nunmehr vorliegenden Konzeption zur Entwicklung von Alleen an Bundes- und Landesstraßen in Brandenburg ist erstmalig eine langfristig gesicherte Planung der Neupflanzungen, des Unterhalts, der Pflege und Fällung möglich. Brandenburg ist und bleibt damit das alleenreichste Bundesland. Wir sichern mit unserer Alleenkonzeption das Alleenerlebnis für zukünftige Generationen. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Frau König. - Das Wort erhält die Abgeordnete Steinmetzer-Mann. Sie spricht für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die von der Landesregierung vorgelegte Konzeption handelt nicht von der Entwicklung; es ist eine Konzeption zur Abwicklung der Alleen im Land Brandenburg. Ganz offensichtlich ist der Beschluss des Landtages hinsichtlich seiner Konsequenzen zwar den Buchstaben folgend, aber nicht im Geist umgesetzt worden. In der Tat ist in dem Antrag der Koalition nicht explizit gefordert, die Alleen auch in ihrer Länge zu erhalten. Es heißt dort: „...Erhaltung der Alleen als kulturhistorisches Landschaftselement...“. Aber, meine Damen und Herren, wer rechnet schon damit, dass die Landesregierung diesen Mangel an Präzision dazu nutzt, das Anliegen des von uns allen getragenen Antrages

zur Zukunft der Brandenburger Alleen ins Gegenteil zu verkehren? Zugegeben: In der vorgelegten Drucksache wird uns in der Einleitung viel Honig um den Mund gestrichen. Wie schön klingt doch folgender Absatz:

„Es ist erklärtes politisches und gesetzlich verankertes Ziel, den Alleenreichtum entsprechend seiner landeskulturellen und kulturhistorischen Bedeutung in Brandenburg zu erhalten. Ziel muss es sein, den folgenden Generationen funktionierende Alleen mit dem ganz eigenen Rhythmus dieser Gehölzbestände so zu schaffen, wie wir heute die derzeitigen Altbestände erleben können.“

Wenn es nach diesem Konzept geht, wird aber unsere und die nächste Generation Zeuge, wie man den einzigartigen Bestand verfallen lässt und in ein verkürztes, verkehrsgerechtes Rudiment umwandelt.

Zugegeben: Um an die Kernaussagen zu gelangen, bedarf es eines intensiven Studiums; auch ein Taschenrechner wäre nicht schlecht. Was steckt dahinter, wenn es im Konzept der Landesregierung heißt:

„Die Pflanzverpflichtung... in Gestalt des Straßenbaumersatzes im Verhältnis 1 : 1 wird zugunsten einer festgesetzten Länge von jährlich zu pflanzenden Alleeabschnitten reformiert. Die Länge dieser neu anzulegenden Abschnitte wird auf eine Zielgröße von ca. 30 km pro Jahr ausgerichtet, losgelöst von der jährlichen Anzahl der zu fällenden Alleebäume.“

Weiter ist in der Konzeption zu lesen:

„Ziel ist es, den heutigen Bestand für zukünftige Generationen mit einer ausgeglichenen Altersstruktur zu erhalten.“

Was steckt dahinter? 7 300 kalkulierten Baumfällungen stehen 5 000 Pflanzungen an Landesstraßen gegenüber. Das bedeutet einen Saldo von jährlich 2 300 Bäumen bzw. von ca. 69 000 Bäumen in 30 Jahren. Das entspricht ca. 400 km weniger Alleen bzw. 20 % des jetzigen Bestandes im Land. Andere Ansätze im Konzept ließen sogar 30 % bis zur Halbierung befürchten.

Meine Damen und Herren, die vorgelegte Konzeption ist nicht zufriedenstellend. Gestatten Sie mir daher, Lösungsansätze aufzuzeigen, die es ermöglichen, unserem Entschließungsantrag zuzustimmen.

Erstens: Die Erfordernisse und die Kostensätze der kalkulierten Baumfällungen sind zu hinterfragen. Die Altersklassenverteilung lässt nicht zwingend den Schluss auf das potenzielle Lebensalter der Bäume zu; vielleicht lässt sich mancher Euro ganz anders einsetzen.

Zweitens: Die Kosten für Neupflanzungen sind sicherlich gerade bei abschnittsweisem Vorgehen zu reduzieren. Planungsund Grunderwerbskosten können gesenkt werden.

Drittens: Der Konzeption mangelt es an der Präzisierung und Untersetzung der aufgezeigten Finanzierungskomponenten. Erst wenn diese so weit quantifiziert sind, dass unter Beachtung der Punkte 1 und 2 eine finanzielle Gesamtsicht besteht, sollte die Bilanz neu aufgestellt werden.

Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass die vorliegende Konzeption nicht den bestehenden Anforderungen genügt. Insbesondere der Umweltaspekt wurde hier sträflich vernachlässigt. Eine Mitzeichnung durch das MLUV, das heißt Herrn Minister Dr. Woidke, hätte nicht erfolgen dürfen. Stattdessen überwiegt ein schematisches Herangehen, das den Wert von Alleen nach Fahrbahnabstand, Pflegekosten, schneller Fällung und verzögerter Nachpflanzung bemisst.

Gegen die abschnittsweise Neupflanzung von Alleen ist nichts einzuwenden. Jeder weiß, dass gerade Alleen, die hinsichtlich Alter und Dimension einheitlich sind, besonders eindrucksvoll erscheinen. Nicht akzeptiert werden kann aber im Gegensatz dazu, bestehende Alleen aufzugeben oder gleich abschnittsweise abzuräumen.

Meine Damen und Herren, dieser Konzeption der Landesregierung zuzustimmen wäre gleichbedeutend mit einer Absolution für eine Alleenvernichtung, wie wir sie in den alten Bundesländern im Zuge des Straßenbaus erlebt haben und wie sie hier nach der Wende verhindert werden konnte. Für eine Alleenvernichtung gibt es keinen Grund, auch keine finanziellen Gründe. Wir sollten gemeinsam in den zuständigen Ausschüssen - nicht nur im Verkehrsausschuss - neue Wege beschreiten. Stimmen Sie deswegen unserem Entschließungsantrag zu! - Danke.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält die Abgeordnete GregorNess. Sie spricht für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Haus! Liebe Kollegin Steinmetzer-Mann, ich finde, einiges, was Sie gerade ausgeführt haben, kann so nicht stehen bleiben. Selbstverständlich werden wir umdenken müssen. Wir leugnen auch nicht, dass der Bestand in den nächsten Jahren zurückgeht.

Fakt ist allerdings - ich versuche es in gebündelter Form darzustellen -: Wir sind das alleenreichste Land. Allein von den Landes- und Bundesstraßen sind 2 344 km Straßenlänge mit Alleen bestanden. Unsere Kreis- und Ortsverbindungsstraßen sind ebenso wenig dabei wie der landwirtschaftliche Wegebau.

Fakt ist, dass genau 70 % dieser Alleen in den 30er Jahren gepflanzt worden sind. Jeder von uns weiß, dass nach 90 bis 100 Jahren ein solcher Baum seinem natürlichen Ende entgegengeht. Der Bestand ist also aufgrund seiner Altersstruktur extrem gefährdet. Fakt ist auch, dass viele Alleenbäume gefährdet und geschädigt sind. Einige Alleenabschnitte sind schon lückig, weil Bäume aus Sicherheitsgründen weggenommen werden mussten. Es kommt hinzu - Frau Staatssekretärin hat darauf hingewiesen -, dass die Bäume in der Regel nur 1 Meter vom Fahrbahnrand entfernt stehen, dadurch verkehrspolitisch ein Problem darstellen und sich natürlich auch Pflege und Erhaltung schwierig gestalten. Witterung und Salzeinwirkung im Winter gefährden die Bäume.

Fakt ist, dass bereits jetzt ein Drittel unseres Budgets für Alleenpflege ausgegeben wird und damit nicht für die Unterhal

tung von Straßen zur Verfügung steht. Wir haben das Straßennetz schon in Grundnetz und übriges Netz eingeteilt, weil wir bei Letzterem den Pflegestand der Straßen nicht mehr aufrechterhalten können.

Fakt ist - auch das gehört zur Wahrheit in diesem Haus -, dass wir von 1995 bis 2004, also über zehn Jahre hinweg, ein Delta vor uns hergeschoben haben, das heißt, dass mehr Bäume abgängig waren, als wir nachgepflanzt haben. Das haben wir hier alles geduldet, obwohl es die 1 : 1-Nachpflanzverpflichtung gab und obwohl es einen gültigen Alleenerlass gab.

Angesichts dieser erdrückenden Faktenlage und im Bewusstsein der sowohl kulturhistorischen als auch landeskulturellen und landschaftsprägenden Bedeutung unserer Alleen haben wir uns im vergangenen Jahr dazu entschlossen, hier einen Antrag einzubringen. Dieser wurde am 22.06. verabschiedet. Zielstellung war es, den Bestand der Alleen in Brandenburg nachhaltig zu sichern. Nachhaltig ist ein Zyklus dann nicht, wenn wir zwar jedes Jahr 1 : 1 Ersatz schaffen, aber den Bestand nicht so gestalten können, dass er das übliche Bild einer Allee ergibt. Eine Allee ist ein beidseitig, in der Regel von gleichartigen Bäumen bewachsenes, mindestens über 200 m fortgeführtes Gestaltungselement an Straßen. Dieser Bestand wäre in der Form überhaupt nicht mehr zu erhalten gewesen.

Die uns nun vorliegende Alleen-Konzeption bietet aus unserer Sicht einen großen Vorteil. Sie setzt auf Kontinuität, auf jährlich gleichbleibende Raten von Nachpflanzung und gibt uns Planungssicherheit; denn 30 Kilometer Alleen in jedem Jahr sind ein verbindlicher Ansatz im Haushalt. Denken wir jedoch nur in Zyklen, die Wahlperioden beinhalten, werden wir nie zu einer nachhaltigen Entwicklung gelangen. Sie unterstellen hier einfach, dass wir das Konzept bei der nächsten schwierigen Haushaltslage wieder opfern. Ich glaube, mit der Konzeption haben wir ein Fundament, mit dem wir auch in Haushaltsberatungen auf der sicheren Seite sind und entsprechende Mittel einfordern können.

Diese zeitnahe 1 : 1-Nachpflanzung hätte für meine Begriffe zwei negative Folgen. Erstens würde die derzeitige disproportionale Entwicklung - die Bäume wurden entweder vor 1914 oder in den 30er Jahren gepflanzt - einfach fortgeschrieben, und wir müssten auf einen Schlag einen großen Kraftakt unternehmen, um diese abgängigen Bäume nachzupflanzen. Zweitens liefen wir bei angespannter Haushaltssituation und 1 : 1Verpflichtung wieder Gefahr - wie es zehn Jahre lang geschehen ist -, dieser Verpflichtung nicht nachkommen zu können und immer nur zweiter Sieger bei der Vergabe von Haushaltsmitteln zu sein.

Ich gestehe zu, dass diese neue Handlungsmethodik auch ein Umdenken bei uns verlangt. Uns ist bewusst - darauf habe ich bereits hingewiesen -, dass es zunächst einmal zu einem Rückgang kommt. Grundsätzlich gilt jedoch: Es sollen die Qualität, der Bestand insgesamt - wir haben das Ziel, 2 500 Kilometer zu erhalten - und damit de facto im Grundsatz das 1 : 1-Gebot erhalten bleiben.

Durch die abschnittsweise Neuanlage und die zeitliche Kontinuität wird der Bestand nachhaltig gesichert und durch die jährliche Fortschreibung der Alleenkarte für uns nachvollziehbar sein. Aufgrund dessen bedanke ich mich bei der Landesregierung für die Erarbeitung der Konzeption.

Nun möchte ich noch kurz auf den Entschließungsantrag eingehen. Liebe Frau Steinmetzer-Mann, in dem Antrag Ihrer Fraktion heißt es:

„Die Landesregierung wird aufgefordert, die Konzeption dahin gehend zu verändern, dass die Auflösung von Alleen grundsätzlich ausgeschlossen wird.”

Entschuldigung, es ist ein natürlicher, biologischer Vorgang. Schlagen Sie vor, in Zukunft unzerstörbare Plastikbäume zu pflanzen? Oder was soll das bedeuten?

(Beifall bei SPD und CDU)

Ferner fordern Sie in Ihrem Antrag, dass „die dafür erforderlichen finanziellen Mittel gesondert und mit Zweckbindung geplant und dargestellt werden“. Ich bin gern dazu bereit, das Problem ist jedoch Folgendes: Glauben Sie, dass wir als Umwelt- und Verkehrspolitiker imstande sind, diese neue Prioritätensetzung im Land gegen Bildung, Forschung und Technologie durchzusetzen? - Ich glaube das nicht. Vor diesem Hintergrund müssen wir die Umsetzung des Konzepts so, wie es ist, in Angriff nehmen. Es ist zwar eine Langfristperspektive - das gebe ich zu -, verspricht aber in der Kontinuität, den Erfolg zu gewährleisten, den wir wollen und brauchen. In diesem Sinne wünsche ich uns Glückauf für die Brandenburger Alleen; denn sie gehören zu Brandenburg wie Wasser, Wälder und unsere Landwirtschaft.

(Beifall bei SPD und CDU)

Für die DVU-Fraktion erhält die Abgeordnete Hesselbarth das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen - dieser Grundsatz ist in Art. 39 Abs. 1 unserer Landesverfassung als Pflicht des Landes und aller in unserem Land lebenden Menschen festgeschrieben. Dazu gehören selbstverständlich der Schutz und die Pflege unserer wunderschönen Brandenburger Alleen. Diese wurden vor Jahrhunderten unter dem Kurfürsten von Brandenburg und den Königen von Preußen angelegt und bestehen zum Großteil bis heute. Ein Teil der heute in Brandenburg noch existierenden Alleen stammt aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg und ist somit 90, 100 oder mehr Jahre alt.

Der größte Teil der Alleen - dies ergibt sich auch aus der vorliegenden Konzeption - stammt aus den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. Nach 1945 hatten die SED-Machthaber - Ihre Vorgängerpartei, Frau Steinmetzer-Mann - bekanntlich mit Umwelt- und Landwirtschaftsschutz nicht allzu viel am Hut. So kam es, dass erst nach dem Zusammenbruch der DDR im Jahr 1990 nennenswerte Neupflanzungen von Alleen - bis heute etwa 30 % - erfolgen konnten.

(Beifall bei der DVU)

Nun liegt uns ein Konzept zur Entwicklung von Alleen an Bundes- und Landesstraßen vor. Doch werden diese Konzeption und die darin enthaltenen Handlungsempfehlungen dem Schutz der Alleen in Brandenburg wirklich gerecht? Meine Antwort darauf ist: Ich glaube, nein. - Wenn bereits heute von

2 344 km Gesamtalleenbestand 661 km stark geschädigt und mit großen Lücken versehen sind, so ist es doch geradezu ein Witz, jährlich nur 30 km an Neupflanzungen ausführen zu wollen.

Die Landesregierung gibt in ihrem Konzept selbst zu, dass aufgrund der Überalterung und des damit schlechten Zustandes der Alleebäume die Zahl der Fällungen die der Neupflanzungen in den nächsten Jahren deutlich übersteigen wird; die Zahlen wurden hier genannt. Bisher galt jedoch die Regelung, dass so viele Bäume nachgepflanzt werden müssen wie gefällt werden. Das halte ich auch durchaus für richtig.

(Beifall bei der DVU)

Die große Mehrheit der Brandenburgerinnen und Brandenburger und auch wir als DVU-Fraktion lassen uns nicht damit vertrösten, dass es in diesem Land erst nach unserer Zeit wieder Alleen geben wird und dass wir bis dahin alle tapfer sein und zusehen müssen, wie die meisten Alleen einfach verschwinden. Es kann schlicht und ergreifend nicht angehen, dass nach dem vorliegenden Konzept eine viel zu geringe Anzahl von Alleebäumen neu gepflanzt werden soll, um den derzeitigen Bestand in 60 Jahren wieder zu sichern. Wird das vorliegende Konzept umgesetzt, würde das bedeuten, dass in den nächsten 20 Jahren mehr als ein Drittel des heutigen Alleenbestands verschwindet. Erst in etwa 60 Jahren hätten wir den heutigen Alleenbestand wieder erreicht, und das nur, falls bis dahin tatsächlich jedes Jahr 5 000 neue Alleebäume gepflanzt werden. Das ist jedoch alles andere als sicher. Grundsätzlich ist ein strategisches Konzept zum langfristigen Alleenerhalt zu begrüßen. Dieses Konzept müsste aber den Schutz der Alleen tatsächlich verbessern und den Bestand noch heute - nicht erst in 60 Jahren - sichern.