Protokoll der Sitzung vom 11.10.2007

Nicht zuletzt die Teilnehmer des Kindergesundheitsgipfels, den wir in diesem Frühjahr durchgeführt haben, haben uns mit auf den Weg gegeben - ich verweise auf die von den Experten getroffene schriftliche Vereinbarung -, dass die geburtshilflichen Einrichtungen Qualitätsstandards und eine Mindestzahl an Geburten haben müssen und dass geburtshilfliche Einrichtungen, Kinderabteilung und Chirurgie unabdingbar zueinander gehören. Das ist am Krankenhaus Prenzlau gegeben. Das ist dort nicht der Punkt.

Im Landkreis Uckermark ist die Lage der Fachabteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe besonders prekär. Es gibt zwei nahezu gleich kleine Abteilungen für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, nämlich in Prenzlau und in Templin, mit jeweils deutlich unter 300 Entbindungen pro Jahr.

Deshalb haben wir vorgeschlagen, die Geburtshilfe in der Uckermark künftig in Templin und in Schwedt zu konzentrieren. Darüber hinaus steht für die Brandenburgerinnen im benachbarten Pasewalk eine große geburtshilfliche Abteilung einschließlich einer neonatologischen Station zur Verfügung. Wenn man die regionale Verteilung und die Verkehrsanbindung mit Blick auf die Sicherstellung der stationären geburtshilflichen Versorgung berücksichtigt, so kann ich sagen, dass wir einen verantwortbaren Vorschlag unterbreitet haben.

Wir alle müssen zur Kenntnis nehmen, dass Krankenhausplanung nicht losgelöst nur für das Land Brandenburg, sondern immer in Absprache mit angrenzenden Bundesländern, einschließlich Berlin, erfolgt. Die Aussicht, dass einige Brandenburgerinnen und Brandenburger zur stationären gynäkologischen bzw. geburtshilflichen Betreuung nach MecklenburgVorpommern fahren müssen, könnte die Tendenz verstärken, die Abteilung Geburtshilfe des Krankenhauses Seehausen in Sachsen-Anhalt perspektivisch zu schließen und die Frauen zur Entbindung in eine Prignitzer Klinik zu schicken. Man darf nicht egoistisch nur seinen eigenen Bereich sehen. Krankenhausplanung ist vorgeschriebenermaßen in Abstimmung mit anderen Ländern durchzuführen.

Herr Abgeordneter Domres hat eine Nachfrage. Bitte, Herr Abgeordneter Domres.

Frau Ministerin, wir haben in der Prignitz eine ähnliche Situation. Können Sie sich vorstellen, dass durch Kooperationsverträge zwischen einem Krankenhaus mit den Abteilungen Kinderheilkunde und Geburtenhilfe und einem Krankenhaus, das nur über eine Geburtenhilfestation verfügt, Letztere erhalten bleiben kann?

Nein.

Vielen Dank für diese klare Antwort.

Wir kommen zur Frage 1456 (Rahmenprogramm für For- schung und technologische Entwicklung [RP 7]), die die Abgeordnete Richstein stellt.

Das siebente Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung ist das Hauptinstrument der Europäischen Union zur Förderung europäischer Forschung in den Jahren 2007 bis 2013. Das Budget für die nächsten sieben Jahre beträgt 50,5 Milliarden Euro. Das Euratom-Budget für die nächsten fünf Jahre beträgt 2,7 Milliarden Euro. Damit wird die Forschung in ausgewählten prioritären Gebieten unterstützt.

Ich frage die Landesregierung: In welchem Umfang profitiert Brandenburg vom Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung?

Frau Ministerin Prof. Dr. Wanka wird antworten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Richstein, Sie haben es soeben selbst gesagt: Es geht um die Chancen, die mit dem neuen EU-Forschungsrahmenprogramm, das in diesem Jahr angefangen hat und bis zum Jahr 2013 dauert, verbunden sind. Die erste Bewilligungsrunde wird Ende Dezember erwartet. Daher kann jetzt noch nicht gesagt werden, wie erfolgreich Brandenburger Einrichtungen sein können.

Ich möchte jedoch die Möglichkeit nutzen, um etwas über das 6. EU-Forschungsrahmenprogramm zu sagen, weil das eventuell ein Indiz für die Prognose ist. Im 6. Forschungsrahmenprogramm, das sich von 2002 bis 2006 erstreckte, haben Brandenburger Einrichtungen Projekte in einer Größenordnung von ungefähr 36 Millionen Euro eingeworben. Schwerpunkte dieser Projekte waren zum Beispiel globale Veränderungen, Ökosysteme, nachhaltige Entwicklung, Lebensmittelqualität und -sicherung, der gesamte Bereich der Biotechnologie im Dienste der Gesundheit.

Mit einer Summe von 36 Millionen Euro kann man wahrscheinlich wenig anfangen, wenn es darum geht, festzustellen, ob das gut oder weniger gut ist.

(Klein [SPD]: Damit kann man schon etwas anfangen!)

- Nein, so war das nicht gemeint; es geht um die Einordnung angesichts der Milliardenbeträge, die dort zur Verfügung stehen.

Brandenburg hat 36 Millionen Euro eingeworben. Schauen wir uns einmal die anderen neuen Bundesländer an: Thüringen 27 Millionen Euro, Sachsen-Anhalt 17 Millionen Euro und Sachsen - besser als wir - 72 Millionen Euro. Ich ärgere mich immer, wenn im Hochschulbereich alles pro Einwohner berechnet wird. Hier aber würden wir bei einer Pro-Einwohner-Berechnung als Zweitbeste abschneiden. So rechnet hier aber niemand.

Was die Schwerpunkte im neuen Programm betrifft, so liegen viele Themenfelder in dem gesamten Bereich der Zusammenarbeit - es geht um über 32 Milliarden Euro -, also Energie, Umwelt, Biotechnologie, Medieninformations- und Kommunikationstechnologien, und passen sehr gut auf die Branchenkompetenzfelder des Landes. Daher bin ich sehr zuversichtlich.

Da gerade die Frage gestellt wurde: Heute und morgen wird zum dritten Mal in der Landesvertretung in Brüssel eine Veranstaltung durchgeführt, auf der Vertreter unserer Forschungsund Hochschuleinrichtungen mit bezüglich dieses Forschungsprogramms wichtigen Leuten aus der Europäischen Union zusammenkommen. Wir führen auch gemeinsam mit Berlin intensive Kontaktveranstaltungen durch, um zu animieren und zu unterstützen.

Ich hoffe, dass wir am 7. Forschungsrahmenprogramm noch besser partizipieren als am 6. Forschungsrahmenprogramm. Als finanzschwaches Land ist es umso wichtiger, andere Geldquellen qualifiziert in Anspruch nehmen zu können.

Vielen Dank für die Antwort auf die nicht gestellte Frage. Frau Abgeordnete Richstein hat dennoch eine Nachfrage.

Vielen Dank, Frau Ministerin, für diesen Rückblick. Dieser zeigt, dass wir in Brandenburg gute Arbeit geleistet haben und die Forschungseinrichtungen aktiv waren.

Sie haben gesagt, die erste Entscheidungsrunde werde im Dezember stattfinden. Gibt es vielleicht schon einen kleinen Ausblick? Kann man schon jetzt sehen, wie viele Forschungseinrichtungen und Institute sich für diese erste Entscheidungsrunde beworben haben? Gibt es absehbar bereits Projekte? Ob sie später bewilligt werden, ist eine andere Frage.

Wir haben Vermutungen, in welchen Bereichen wir erfolgreich sein könnten. Diese würde ich jedoch ungern über das Mikrofon mitteilen.

Ich kann das Mikrofon gern abschalten. In der Mittagspause wird vielleicht Gelegenheit sein, sich darüber auszutauschen.

Da der nächste Fragesteller abhanden gekommen ist, wird die Frage 1457 (Regionalverkehr) schriftlich beantwortet.

Ich rufe die Frage 1458 (Meldepflicht für Gesundheitsschäden infolge von Piercings und Tattoos) auf, die die Abgeordnete Wöllert stellt.

Pressemitteilungen zufolge plant das Bundesgesundheitsministerium eine Gesetzesänderung, mit der Ärztinnen und Ärzte verpflichtet werden, Erkrankungen infolge von Schönheitsoperationen, Piercings und Tattoos an die Krankenkasse des Patienten bzw. der Patientin zu melden. Damit soll es den Krankenkassen ermöglicht werden, die Versicherten für die Behandlungskosten in Regress zu nehmen.

Schon mit der Gesundheitsreform 2007 war eine solche Möglichkeit grundsätzlich eingeführt worden. Kritiker verwiesen darauf, dass auf diesem Wege das Verschulden von Patientinnen und Patienten an Erkrankungen eingeführt werde, was einen erheblichen Bruch mit bisher geltenden Prinzipien in der gesetzlichen Krankenversicherung darstellt. Die aktuellen Pläne bewerten Ärztinnen und Ärzte ähnlich kritisch.

Meine Frage lautet deshalb: Welche Position vertritt die Landesregierung zu den vom Bundesgesundheitsministerium vorgeschlagenen Regelungen?

Frau Ministerin Ziegler, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß zwar

nicht, wie viele von uns davon betroffen sind, aber trotzdem finde ich es wichtig, dass wir einmal darüber sprechen. Die von Ihnen genannte Regelung ist Teil eines Kompromisspakets im Zuge der Gesundheitsreform und befasst sich mit der Grundlage für eine entsprechende Datenübermittlung. Das ist allerdings noch nicht beschlossene Sache. Den Krankenkassen soll ermöglicht werden, zu überprüfen, ob eine Möglichkeit der Leistungsbegrenzung, der Rückzahlung, der Patientenbeteiligung etc. vorliegt. Die Krankenkassen sind auf die Mitteilung, dass ein Fall von Selbstverschuldung vorliegt, angewiesen.

Die fraktionsübergreifende Philosophie - auch auf Bundesebene, im Bundestag und in der Verhandlungskommission - lautete: Angesichts der ständig steigenden Krankenkassenbeiträge und der Tatsache, dass die Anforderungen bei schweren und schwersten Erkrankungen immer höher werden und das Gesundheitssystem vor jeder Gesundheitsreform praktisch als „vor dem Kollaps stehend“ bezeichnet wird, muss man über Fälle von Selbstverschuldung sehr wohl nachdenken. Die Vorschläge der CDU/CSU-Fraktion gingen sogar in Richtung Sportunfälle. Es war die Frage, ob für den Transport bzw. die Behandlung eines Menschen, der sich beim Skifahren das Bein gebrochen hat und mit dem Hubschrauber vom Berg geholt werden musste, die Krankenkasse, sprich alle Beitragszahler, aufkommen muss. Oder gilt das als Selbstverschulden? Davon sind wir dann auf dem Verhandlungswege weggekommen. Wir wissen, dass Piercings Lähmungserscheinungen und Taubheitsgefühle nach sich ziehen können, was die Gesellschaft sehr stark und für lange Zeit belastet. Bei Schönheitsoperationen, die nicht medizinisch intendiert sind, war die politische Haltung ganz eindeutig die, dass die Möglichkeit der Überprüfung durch die Krankenkassen in solchen Fällen gegeben sein sollte. Das heißt aber nicht, dass es definitiv zur finanziellen Beteiligung des Patienten kommt.

Vielen Dank. Erwartungsgemäß hat Frau Wöllert Nachfragebedarf.

Es war nicht zu erwarten, dass ich die Antwort hören würde, die ich mir gewünscht hätte. Ich habe nach den Diskussionen, die wir zur Gesundheitsreform hatten, allerdings eine etwas andere und punktgenaue Antwort erwartet, und zwar in die Richtung, dass die Möglichkeit der Ermittlung von Selbstverschulden von unserer Landesregierung nicht gewollt ist. Ihnen ist doch bekannt, dass die Ärzte und die Kassen sagen, dass dieser Bereich, der hier für die Öffnung des Schuldprinzips herangezogen wird, für die Finanzierung der Krankenkassen überhaupt nicht relevant ist. Der Anteil der privaten finanziellen Beteiligung wäre viel zu gering, als dass er irgendetwas mit der Frage, ob eine Krankenkasse weiter existieren kann oder nicht, zu tun haben könnte.

Vor diesem Hintergrund frage ich noch einmal: Ist dieser Ansatz, wenn er sich durchsetzt, nicht auch Ihrer Meinung nach der Einstieg in das, was Sie selbst vorhin beschrieben haben?

Frau Wöllert, ich sage es noch einmal: Die Regelung ist Teil eines Gesamtpaketes. Wenn die eine Seite eine Extremposition vertritt und will, dass die Kosten eines Sportunfalls - zum Beispiel beim Risikosport Bungee-Jumping - vom Patienten getragen werden, und man sich darauf einigt, dass im Falle einer

Schönheitsoperation, die nicht medizinisch intendiert war, infolge derer aber irgendwann ein Schaden eintritt, geprüft werden kann, ob ein Selbstverschulden des Patienten vorliegt, dann finde ich das einen vernünftigen Kompromiss. Insofern trage ich ihn gerne mit.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Aufgrund der Tatsache, dass wir vor der Mittagspause eine namentliche Abstimmung haben werden, würde ich die Fragestunde mit Ihrem Einverständnis gern beenden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 2 und rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Neuntes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes

Gesetzentwurf des Präsidenten des Landtages

2. Lesung

Es wurde verabredet, hierzu keine Debatte zu führen. Die DVU hat namentliche Abstimmung beantragt. Ich eröffne die Abstimmung und bitte um das Verlesen der Namen.

(Namentliche Abstimmung)

Gibt es Abgeordnete im Plenarsaal, die keine Gelegenheit hatten, Ihre Stimme abzugeben?

(Der Abgeordnete Dr. Klocksin [SPD] und die Abgeord- nete Blechinger [CDU] geben ihr Votum ab.)