Protokoll der Sitzung vom 15.12.2004

Die vorliegende Regelung, die von vornherein bis zum 31.12.2006 befristet ist, wird der Forderung nach Ist-Erstattung gerecht. Damit wird verhindert, dass die Kreise aufgrund der pauschalierten Zuweisung auf den Differenzbeträgen sitzen bleiben. Außerdem hat sich das Verfahren als äußerst kompliziert dargestellt. Somit liegt die Regelung - entgegen anders lautenden Befürchtungen - im Interesse der Kreise, sowohl was die Finanzen als auch was die Praktikabilität betrifft.

Für die Erstattung von Personal- und Sachkosten gilt, dass der Vomhundertsatz erhalten bleibt. Er bezieht sich dann allerdings auf die Ist-Zahlung bei den Quartalsabschlägen. Diese Vorgehensweise ist logisch und müsste für die Kreise günstiger sein, wenn die vorher gezahlten Pauschalen zu niedrig bemessen waren. Übrigens wurden alle bisherigen Bemessungsgrundlagen für die Erstattung der Personal- und Sachkosten von den Kommunen als zu niedrig angesehen, ohne dass der Nachweis für höhere Aufwendungen erbracht worden wäre.

Bei dem vorliegenden Gesetzentwurf handelt es sich nicht um die Vorwegnahme der ab 2007 geltenden Regelung. Dazu wird es einen neuen Gesetzentwurf geben, über den wir zu gegebener Zeit diskutieren werden. Da die Kreise Rechtssicherheit für das Jahr 2005 benötigen, sind wir alle gefordert, den vorliegenden Gesetzentwurf möglichst zügig zu beraten, damit wir im Januar die Verabschiedung vornehmen können.

Der Überweisung in den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie stimmen wir zu. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Für die Fraktion der PDS spricht die Abgeordnete Kerstin Kaiser-Nicht. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Uns liegt ein Ausführungsgesetz zum neuen SGB XII vor. Wer vermutet, es ginge um eine Formalie oder damit sei nichts wichtiges zu regeln, der irrt. Es geht um viel Geld!

Auf der Grundlage des Ausführungsgesetzes zum Bundessozialhilfegesetz wurden und werden Jahr für Jahr dreistellige Millionenbeträge bewegt. Die PDS-Fraktion hat deshalb in den vergangenen Jahren immer wieder darauf gedrängt, sowohl das Gesetz selbst als auch die Rahmenbedingungen so auszugestalten, dass unnötige Ausgaben vermieden werden.

Dazu wäre es unseres Erachtens erforderlich und möglich, erstens ambulante Angebote für Menschen mit Behinderungen und für Ältere so auszubauen, dass teure stationäre Hilfen da vermieden werden könnten, wo dies von den Betroffenen nicht gewünscht wird und auch nicht erforderlich ist, und dass zweitens finanzielle Belange und Interessen des Landes als überörtlichem und der Kreise als örtliche Sozialhilfeträger anders auszutarieren sind, und zwar so, dass weder vom Land noch von den Kreisen eine Strategie der Kostenvermeidung zulasten des jeweils anderen Trägers gefahren werden kann.

Dies ist der Landesregierung bis heute leider nicht gelungen. Mit den Änderungen des AG-BSHG hat die Landesregierung regelmäßig Schiffbruch erlitten, sei es vor dem Landesverfassungsgericht oder in finanzieller Hinsicht.

Wie ein Blitz aus heiterem Himmel schien die Landesregierung die notwendige Gesetzesänderung zu treffen. Die Koalitionsfraktionen müssen sogar als Einreicher des Entwurfs fungieren. Dabei ist es nicht nur ärgerlich, dass die Regierung regelmäßig notwendige Anpassungen auf den letzten Drücker einbringt - so, als sei sie das Opfer höherer Gewalt. Ich erinnere nur daran: Völlig unerwartet musste seinerzeit auch das AG BSHG redaktionell angepasst werden, als der Euro eingeführt wurde.

Diesmal scheint der Landesregierung über die Jahresfrist entgangen zu sein, dass zum 01.01. nächsten Jahres das BSHG durch das SGB XII abgelöst wird und daraus wiederum redaktioneller Anpassungsbedarf entsteht. Mit der redaktionellen Anpassung werden dann schnell auch noch notwendige inhaltliche Änderungen durchgezogen, und das Ganze soll vom Parlament auch noch unkompliziert verhandelt werden; Termin: 01.01.2005.

Die PDS-Fraktion wird selbstverständlich nicht bremsen. Eine Anhörung und die Verhandlungen zum Gesetzentwurf sollen stattfinden, so schnell es Geschäftsordnung und Kalender erlauben. Ich erinnere jedoch daran, dass das MASGF noch im August dieses Jahres auf Anfrage meines Kollegen Domres mitgeteilt hatte, es werde nur um eine technische Anpassung gehen. Im vorliegenden Entwurf geht es aber um mehr, nämlich um eine Neuregelung des Kostenerstattungsverfahrens. Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf werden die Erfahrungen und Einwände der Landkreise und kreisfreien Städte akzeptiert. Die pauschale Kostenerstattung wird wieder abgeschafft und die Kostenerstattung nach den tatsächlich anerkannten Aufwendungen eingeführt.

Eine wirkliche Reform ist das gleichwohl noch nicht, weil die

von mir eingangs geschilderten Probleme damit keiner Lösung näher kommen. Immerhin war zum bisherigen AG-BSHG eine wissenschaftliche Begleitforschung installiert worden. Deren Abschlussberichte wurden dem Parlament noch nicht zur Kenntnis gegeben, obwohl die Überprüfung bis zum 31. Dezember dieses Jahres abgeschlossen sein soll. Wenn der Gesetzentwurf das ganze Resultat einer wissenschaftlich begleiteten Überprüfung sein soll, dann hätte diese Begleitung wohl unnützes Geld gekostet. Wir dürfen also auf die vollständigen Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitforschung und auf das nächste noch notwendige Änderungsgesetz gespannt sein. Wir stimmen der Überweisung zu.

(Beifall bei der PDS)

Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Lehmann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr verehrte Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes wollen wir lediglich einen ersten kleinen Schritt gehen. Frau KaiserNicht hat hier im Grunde genommen schon sehr ausführlich den zweiten Schritt diskutiert, den wir aber erst in den Jahren 2005 und 2006 auf der Tagesordnung haben werden.

Der Gesetzentwurf wird spät eingebracht; das ist richtig. Aber ich denke, es ist noch nicht zu spät; denn wir schaffen es. Ich glaube - und habe das von Anfang an damit entschuldigt -, dass das ein Stück weit auch mit der Landtagswahl zusammenhängt, und darf daran erinnern, dass andere Bundesländer in diesem Gesetzgebungsverfahren auch nicht viel weiter sind, obwohl dort keine Landtagswahlen stattfanden. Mecklenburg-Vorpommern und Berlin möchte ich dafür nur als Beispiele nennen.

Wir werden das Gesetz, wenn das hohe Haus es so möchte, rückwirkend zum 01.01. beschließen. Insofern haben auch die Landkreise Rechtssicherheit. Im Großen und Ganzen haben sie diese auch jetzt schon, weil in der Tat mit dem Entwurf dieses Gesetzes lediglich notwendige redaktionelle Anpassungen des bisherigen AG-BSHG an die ab dem 01.01.2005 geänderte Gesetzeslage erfolgen.

Zum 01.01.2005 wird es den Klassiker des Sozialstaates BSHG, Bundessozialhilfegesetz - nicht mehr geben, da ein großer Teil dieses Gesetzes in das Sozialgesetzbuch XII eingeordnet wird. Insofern sind auch die Änderung und ein Gesetzentwurf für das noch bestehende AG-BSHG hier im Land Brandenburg erforderlich.

Die Änderungen, die nun im Ausführungsgesetz vorliegen, sind solche, die keinesfalls nachteilig für die Landkreise sind. Wir kommen wieder zurück von der pauschalen Kostenerstattung hin zur Ist-Kostenerstattung. Das kann nur ein Vorteil für die Landkreise sein. Es ist ohnehin von den kommunalen Spitzenverbänden kritisiert worden.

Wir werden in dem vorliegenden Entwurf den Abrechnungstermin um einen Monat verlängern, vom 28. Februar nunmehr auf den 31. März. Auch das kommt den Landkreisen zugute, da sie

in ihrer Zuarbeit und beim Ausfüllen der Abrechnungsbögen immer auf die Träger angewiesen sind. Hin und wieder gab es bereits Stresssituationen, um den vorgegebenen Termin - 28.02. - einzuhalten.

Insofern sehe ich die späte Einbringung des Gesetzentwurfes in der Tat nicht als problematisch an. Wir werden uns im Fachausschuss und im Anhörungsverfahren zu den Details zu verständigen haben.

Frau Kaiser-Nicht hat den zweiten Schritt schon relativ ausführlich angesprochen. Das wird uns in der nächsten Zeit beschäftigen; denn nicht alle Bereiche des BSHG sind jetzt schon in das SGB XII eingeordnet worden. Ganz besonders betrifft dies die sachliche Zuständigkeit, sprich Eingliederungshilfe sowie Hilfe zur Pflege im stationären und ambulanten Bereich. Diese sachliche Zuständigkeit wird zum 31.12.2006 neu zu regeln sein, wenn wir dies hier in Brandenburg wollen. Darüber werden wir in der nächsten Zeit zu diskutieren haben. Dieser einzubringende Gesetzentwurf wird sehr spannend sein, weil es darum geht, die Eingliederungshilfe, aber auch die Hilfe zur Pflege finanziell und inhaltlich zu steuern. Ich sehe es wie Sie, Frau Kaiser-Nicht, dass wir hier in Brandenburg diesbezüglich Nachholbedarf haben. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU sowie der Abgeordneten Kai- ser-Nicht [PDS])

Für die Fraktion der DVU spricht die Abgeordnete Fechner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem Willen der Koalitionsfraktionen soll am 12. Januar eine öffentliche Anhörung stattfinden. Eine solche Anhörung trägt zur Meinungsbildung und Meinungsfindung durchaus bei, sodass meine Fraktion erst einmal diese Anhörung abwarten wird. Danach werden wir uns an einer Debatte beteiligen. - Einer Ausschussüberweisung stimmen wir selbstverständlich zu.

(Beifall bei der DVU)

Für die Landesregierung spricht Ministerin Ziegler. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde den von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Gesetzentwurf sehr gut, richtig und notwendig und meine auch, dass er rechtzeitig eingebracht worden ist. Ich möchte auf die inhaltlichen Punkte - sie sind alle erwähnt worden - nicht noch einmal näher eingehen, sondern darauf, was Frau Kaiser-Nicht gesagt hat.

Wir wollten damit den Grundsatz „Ambulant vor stationär“ stärken. Dies ist uns nicht in dem Maße gelungen, wie es geplant war. Ich glaube auch, dass das einen längeren Zeitraum in

Anspruch nehmen wird. Insofern hilft uns natürlich der Zeitpunkt 31.12.2006 mit der Neuregelung der sachlichen Zuständigkeit der Sozialhilfeträger sehr wohl. Dann werden die landesrechtlichen Regelungen getroffen werden müssen.

Ich bin der Meinung, dass die Verantwortung bei den Sozialhilfeträgern in eine Hand gehört, und ich bin dagegen, dass dieser Verschiebebahnhof eintritt, von dem Sie gesprochen haben: Je nachdem, wo man kostengünstiger wegkommt, werden die Betroffenen zwischen stationär und ambulant hin und her rangiert. Im Kern muss es darum gehen, für die Betroffenen die richtige Betreuung zu finden und durchzusetzen und das nicht nach Kostengesichtspunkten zu vollziehen. Das wird hier sicherlich noch diskutiert werden.

Noch ein Wort zur wissenschaftlichen Begleitung. Sie haben richtigerweise gesagt, dass die wissenschaftliche Begleitung noch bis zum 31.12. läuft. Also kann heute noch kein Abschlussbericht vorliegen. Er wird dem Parlament natürlich zugeleitet werden. Es macht nur keinen Sinn, aus diesem Gesamtkomplex einen Teil herauszulösen und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Deshalb meine Bitte um Geduld. Der Bericht wird Ihnen, sobald er vorliegt, zur Verfügung gestellt. Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung.

Die Fraktionen von SPD und CDU beantragen die Überweisung des Gesetzentwurfs - Drucksache 4/189 -, Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes, an den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie. Wer dieser Überweisung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Damit ist dieser Gesetzentwurf einstimmig an den Ausschuss überwiesen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Gesetz zur Änderung des Abschiebungshaftvollzugsgesetzes und des Landesorganisationsgesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 4/206

1. Lesung

Die Fraktionen haben Redeverzicht angekündigt. Ich frage, ob die Landesregierung reden möchte?

(Minister Schönbohm: Nein!)

- Nein. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs - Drucksache 4/206 -, Gesetz zur Änderung des Abschiebungshaftvollzugsgesetzes und des Landesorganisationsgesetzes, an den Ausschuss für Inneres. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Damit ist der Überweisung einstimmig zugestimmt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen des Landtages Brandenburg (Untersuchungsaus- schussgesetz - UAG)