Protokoll der Sitzung vom 23.01.2008

mehr, als die Landesregierung bisher in ihrem Demografiebericht jeweils zustande gebracht hat. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit

(Beifall bei der DVU)

und möchte nur zu Ihnen sagen: Die nächste Demokratiebewegung in der nächsten Legislaturperiode werden wir sein und wahrscheinlich nicht Sie! Deshalb verbitte ich mir diese Zwischenrufe!

(Beifall bei der DVU)

Meine Damen und Herren! Da Herr Schuldt mit seiner Annahme, dass die übrigen Fraktionen Redeverzicht üben, Recht hat, beende ich die Aussprache zum Tagesordnungspunkt 11.

(Beifall des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Sie haben die Antwort der Landesregierung zu diesem Teil der Großen Anfrage damit zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 11 und rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Die Globalisierung und ihre Auswirkungen auf das Land Brandenburg, seine Bürger und Unternehmen V

Große Anfrage 36 der Fraktion der DVU

Drucksache 4/4998

Antwort der Landesregierung

Drucksache 4/5372

Mit dem Beitrag der DVU-Fraktion wird die Aussprache begonnen. Die Abgeordnete Hesselbarth hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Brandenburg befindet sich finanzpolitisch auf keinem guten Weg. An dieser Tatsache ändert die kontraproduktive Rotstiftpolitik des Finanzministers nichts, auch dann nicht, wenn Brandenburg durch Steuermehreinnahmen fast ohne Nettoneuverschuldung auskommt. Sie können weder die im Jahre 2009 zu erwartenden 19 Milliarden Euro Landesschulden mit ihren Zinsbelastungen noch die rapide sinkenden Fremdmittel des Bundes und der Europäischen Union wegdiskutieren.

Dass sich inzwischen die kurzfristig verbesserte Konjunktur längst wieder eintrübt und von allen Experten die Bruttoinlandsproduktprognosen für dieses Jahr deutlich nach unten korrigiert werden, ist ebenfalls eine Tatsache. Dann ist eben nicht mehr mit weiteren Steuermehreinnahmen zu rechnen. Herr Minister - er ist nicht im Raum -, trotzdem müssen wir ihm im Gegensatz zu allen seinen anderen Kollegen, deren Antworten auf unsere Fragen in der Regel von Nichtwissen und Ignoranz geprägt sind, durchaus ein Lob aussprechen. Die

von seinem Ressort erarbeiteten Tabellen im Anhang zur Beantwortung unserer Fragen sind sehr aufschlussreich und bestätigen die finanzpolitischen Befürchtungen unserer DVU-Fraktion voll und ganz.

An dieser Stelle möchte ich den Finanzminister zitieren. In der Beantwortung unserer Frage 10, wann mit einer vollständigen Eigenfinanzierung des Landes Brandenburg zu rechnen ist, antwortete er wörtlich:

„Nach einer letztmaligen Kreditaufnahme im Jahr 2009 kann das Land voraussichtlich ab 2010 ohne neue Schulden auskommen. Eine darüber hinausgehende vollständige Eigenfinanzierung, zum Beispiel durch Steuereinnahmen, würde jedoch den Verzicht auf Zuschüsse des Bundes und der EU bedeuten, was jeglicher Grundlage entbehrt.“

Wie wahr, wie wahr!

Schließlich ist das Land Brandenburg eines der bundesdeutschen Schlusslichter - nach seinen eigenen Angaben mit 47,5 % Eigenfinanzierungsquote aus Gemeinschafts- und Landessteuern ungefähr so weit von einer Eigenfinanzierung entfernt wie der Polarstern von der Erde. Andere Eigenfinanzierungsmittel, zum Beispiel Gebühren oder sonstige Verwaltungseinnahmen, fallen so gut wie überhaupt nicht ins Gewicht.

Die Frage ist also: Warum kann sich Brandenburg über 17 Jahre nach der Wende aus finanziellen Eigenmitteln bis heute noch nicht einmal zu 50 % selbst finanzieren? Ich will es Ihnen sagen: Weil man bis Mitte der 90er Jahre eine zu DDR-Zeiten zumindest teilweise durchaus rentable Großindustrie bewusst und gewollt zerstörte, bis nichts mehr übrigblieb. Der Standort Premnitz ist so ein Beispiel, weil man danach zwar mit Millionensummen an Steuergeldern unsinnige, nicht produktive Großprojekte von Lausitzring über CargoLifter bis zur Chipfabrik förderte und damit das Geld buchstäblich in den märkischen Sand setzte, weil man nie daran gedacht hatte, die bestehenden oder sich entwickelnden kleinen und mittelständischen Firmen unseres Landes zu stärken, zu fördern und vor allem mit mehr Eigenkapital auszustatten,

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Niekisch [CDU])

und weil man heute mit der famosen neuen Förderpolitik sich wiederum auf sogenannte Wachstumsbranchen, noch dazu in sogenannten Wachstumskernen, festlegt, während man den Rest des Landes und über 90 % der Brandenburger Firmen finanzpolitisch links liegen lässt.

Dass man bei einem solchen wirtschafts- und finanzpolitischen Szenario natürlich keine höheren Steuereinnahmen über all die Jahre generieren konnte, sodass von 1999 bis 2007 die steuerliche Eigenfinanzierungsquote lediglich um drei Prozentpunkte anstieg, verwundert kaum. Also hängt unser Land bis heute am Tropf von Brüssel und Berlin mit dem Damoklesschwert rapide sinkender Zuschüsse und Zuweisungen sowohl des Bundes als auch der EU.

(Beifall bei der DVU)

Wir fahren mit dem Beitrag der Koalitionsfraktionen fort. Für sie spricht die Abgeordnete Schier.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier ein Beispiel, wie man die Globalisierung für alles und nichts ins Feld führen kann. Ich will das an einem Beispiel verdeutlichen. Es wird von der Globalisierung der Umweltprobleme gesprochen. Mithin sollte doch festzuhalten bleiben, dass diese Umweltprobleme höchstens globale Ausmaße erreichen können. Aber verlassen wir das Feld der sprachlichen Finessen.

Ich möchte zwei Beispiele anführen, die die Globalisierung rechtfertigen. Erstens bedeutet Globalisierung wirtschaftliche Prosperität. Beispielsweise ist Polen der wichtigste Wirtschaftspartner Brandenburgs. Der Wert der Ausfuhren hat sich allein in den letzten vier Jahren mehr als verdoppelt, und die Bedeutung der Beziehungen wird weiter zunehmen. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, schafft Arbeitsplätze und die Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass Menschen in Lohn und Brot kommen.

Zweitens bedeutet Globalisierung offene Grenzen. Daraus entsteht Weltoffenheit - ich bin mir sicher, dass einige in diesem Plenarsaal nicht wissen, was das ist -, daraus entsteht Toleranz auch da bin ich mir sicher, dass einige Leute mit diesem Wort nichts anzufangen wissen - sowie Erweiterung des Bildungshorizonts unserer Menschen, vor allem der Jugendlichen, um nur einiges zu nennen.

Festzuhalten bleibt: Globalisierung bedeutet für alle Menschen, für uns, für Brandenburg insgesamt große Chancen. Wir müssen nur denen entgegentreten, die objektiv unbegründet Ängste schüren und vor allem die Globalisierung verteufeln. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU sowie vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE verzichtet, die Landesregierung ebenfalls. Das Wort erhält noch einmal die Abgeordnete Hesselbarth.

(Dr. Klocksin [SPD]: Bitte verzichten Sie auch!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Schier, wir sind sehr kritische Begleiter der Globalisierung. Wenn wir die Zeitung von heute aufschlagen und lesen, dass in Brandenburg ein Werk aufgrund der Globalisierung zurück an seinen Heimatstandort geht und auch die Vizepräsidentin des Landtages sich stark macht, dass dieses Unternehmen in Brandenburg bleibt, so führt das Ihre Aussagen, die Sie hier gemacht haben, ad absurdum.

(Beifall bei der DVU)

Kommen wir zurück zur Großen Anfrage bezüglich der Finanzen. Das Land Brandenburg ist bei einer Eigenfinanzierungsquote von weniger als 50 % derzeit heillos auf Bundes- und EU-Mittel angewiesen. So stieg der Anteil des Landes am Länderfinanzausgleich sowie an den Bundesergänzungszuweisungen seit dem 01.01.2005 von 22 % auf heute über

26 %. Weitere 24 % an Fördermitteln kommen derzeit aus Brüssel.

In der Antwort auf unsere Frage 11 schreibt der Minister völlig richtig, dass die Sonderbedarfsbundesergänzungszuweisungen ab dem Jahr 2009 eine spürbare Degression aufweisen und 2019 komplett eingestellt werden. Dasselbe dürfte angesichts der Haltung einiger süddeutscher Länder für den Länderfinanzausgleich in seiner heutigen Form gelten. Die GA-Mittel des Bundes von - wie aus der Anlage 3 hervorgeht - 1,3 Milliarden Euro im Zeitraum 1995 bis 1999 gehen auf nur mehr 671 Millionen Euro im Zeitraum 2000 bis 2004 zurück; vom 01.01.2005 bis 30.06.2007 kamen aus dieser Quelle nur noch 225 Millionen Euro.

(Schulze [SPD]: Nur noch, ja?)

- Angesichts der Milliarden, die zuvor flossen, Herr Schulze, sage ich mit Recht „nur noch“.

(Beifall bei der DVU)

Laut gültiger mittelfristiger Finanzplanung soll die Investitionsquote von 19,3 % im letzten Jahr auf nur noch 16,8 % im Jahr 2011 gesenkt werden. Sieht man sich die EU-Strukturfondsmittel an - ob EFRE, ESF oder ELER -, so stellt man fest, dass der Verringerungstrend unübersehbar ist. Auch die im Anhang 7 zur Verfügung gestellten Zahlen - bezogen auf die einzelnen Politikbereiche - zeigen mit Ausnahme des Ressorts Wissenschaft, Forschung und Kultur rigorose Kürzungen in den übrigen Ressorts. Hinzu kommt die Tatsache, dass die Entwicklung der EU-Strukturfondsmittel - nicht zuletzt aufgrund der EU-Osterweiterung - für die nächste Förderperiode ab 2013 nicht absehbar ist.

Meine Damen und Herren, Sie können nicht einfach die Augen davor verschließen, dass die Globalisierung und die EU-Osterweiterung auch für Brandenburg nicht ohne Folgen bleiben. Heute stecken Sie Millionen an Aufwendungen in die sogenannten Wachstumskerne, um Technologie und Infrastruktur zu fördern, und morgen, meine Damen und Herren von der Regierung, rollen dicke Krokodilstränen, weil genau diese Firmen in Rumänien oder Bulgarien bessere Bedingungen zur Produktion vorfinden werden, weil Arbeitskräfte dort noch preiswerter sind als hier in Brandenburg.

(Beifall bei der DVU - Zuruf von der CDU: Zeigen Sie mal eine Alternative auf!)

Die Crux an der Sache ist, dass die neuen Betriebe in diesen Ländern auch noch von deutschen Unternehmen errichtet werden. Das ist Globalisierung in ihrer derzeit existierenden Form. Das müsste doch auch diese Landesregierung verstanden haben, oder?

(Beifall bei der DVU - Schulze [SPD]: Ist das armselig!)

Damit ist die Rednerliste erschöpft. Sie haben die Antwort auf die Große Anfrage zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 12 und rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Doppelter Abiturjahrgang - Chancen frühzeitig nutzen