- es ist die Frage, ob Sie sich das einmal angeguckt haben -, stellt man fest, dass derzeit knapp 70 000 Tarifverträge mit Geltung in Berlin und/oder Brandenburg eingetragen sind. Davon sind aktuell nach wie vor 20 000 gültig.
Kollege Christoffers hat es gerade gesagt: Ein Angestellter in der Bekleidungsindustrie verdient 3,62 bis 4,25 Euro pro Stunde. Davon kann sich niemand ernähren. Ein Meister oder Betriebsleiter im Bereich Heizung - Klima - Sanitär kommt auf einen Tariflohn von ca. 17,58 Euro pro Stunde. Das heißt, Tarif ist nicht gleich Tarif. Da hilft auch eine entsprechende Erklärung nichts.
Alternativ fordern Sie als Mindestgrenze 7,50 Euro pro Stunde. Sie verweisen in Ihrer Begründung darauf, dass diese Regelung in einer Reihe von anderen Bundesländern gelte. Selbstverständlich kenne ich den Gesetzentwurf des Berliner Senats, über den gerade erst beraten wird; er hat insofern noch keine Geltungskraft.
Bei aller Wichtigkeit der Hauptstadt: Diese zählt letztlich auch nur einmal. In den anderen Bundesländern habe ich - anders, als Sie in Ihrer Begründung vortragen - diese Regelung noch nicht gefunden.
Auch die SPD-Fraktion will selbstverständlich den sozialen Aufschwung. Wir setzen uns auch für den Mindestlohn ein. Aber wir meinen es ehrlich mit den Menschen. Was wir nicht wollen, sind politische Überschriften, die für ein oder zwei Tage produziert werden.
Sie sagen auch nicht, wie Sie Ihre Forderung durchsetzen wollen. Mit einer Tariftreueerklärung, einem blanken Blatt Papier, ist überhaupt niemandem in diesem Land geholfen. Davon bekommt niemand die 7,50 Euro pro Stunde. Das wissen wir doch beide, Herr Christoffers. Kontrollieren kann ich nur durch einen Blick in die Lohnbücher. Abgerechnet wird doch wesentlich später als zu dem Zeitpunkt, zu dem ich mein Angebot abgebe. Das ist doch ein meilenweiter Unterschied.
- Das sind keine Winkelzüge. Schauen Sie doch einmal nach, was die anderen Länder machen! Wenn die Tariftreueerklärung Ihrem politischen Anspruch genügt, Herr Görke, ist das Ihre Sache; uns reicht das nicht.
Davon einmal abgesehen - wenn man Ihren Gesetzentwurf durchliest, hat man das Gefühl eines Déjà-vu-Erlebnis. Sie reden wieder von der Angemessenheit des Angebots, das überprüft werden soll, wenn es um mehr als 10 % abweicht. Sie sagen wieder, die Angebote sollten in Teil- und Fachlose zerlegt werden.
Ich kann Ihnen nur entgegnen: Das wird bereits geregelt. Wir sollten uns hier nicht Monat für Monat mit den gleichen Vorschlägen beschäftigen. Lassen Sie sich doch einmal etwas Neues einfallen!
Neu und hilfreich wäre es zum Beispiel, hier eine Vergabenachprüfstelle einzurichten. Eine solche haben wir nämlich seit 1999 nicht mehr. Das wäre viel hilfreicher, um Klarheit sowohl für die Unternehmen als auch für die Kommunen in Brandenburg zu schaffen, als das Vorlegen von Gesetzentwürfen mit Vorschriften, die schon alle vorhanden sind. Deswegen wird unsere Fraktion Ihren Gesetzentwurf ablehnen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ihr Antrag, Herr Christoffers, ist reiner Populismus. Das ist inhaltlicher Mist, der sich nach außen gut verkaufen lässt. Er ist überflüssig und auch mittelstandsschädigend, und zwar deshalb, weil die mittelständische Brandenburger Wirtschaft statt einer finanziellen und bürokratischen Gängelung, wie Sie sie in Ihrem Gesetzentwurf fordern, ein den aktuellen Erfordernissen angepasstes Brandenburgisches Mittelstandsförderungsgesetz braucht. Ihr Ansatz passt da einfach nicht hinein. Es hat auch kein klar umrissenes Förderszenario. Mittelstandsfeindlich ist es auch deshalb, weil zu der darin enthaltenen Tariftreueerklärung bzw. zum darin enthaltenen Mindestlohn von 7,50 Euro pro Stunde noch eine Ausbildungs- und auch Gleichstellungsklausel kommt.
Wir als DVU-Fraktion haben mehrmals betont: Wir sind nicht gegen einen Mindestlohn. Ganz im Gegenteil, wir sind für einen bundesweit geltenden, flächendeckenden und auch branchenübergreifenden Mindestlohn. Aber dieser muss gerade für die kapitalschwachen kleinen und mittelständischen Unternehmen unseres Landes mit einer entsprechenden Kombilohnregelung gekoppelt sein; denn ohne eine solche Koppelung geht der Schuss buchstäblich nach hinten los. Einem entsprechenden Antrag unserer DVU-Fraktion im Mai vergangenen Jahres, meine Damen und Herren von Linksaußen, hätten Sie daher eigentlich nur zuzustimmen brauchen.
Tariftreueerklärung bzw. Mindestlöhne hier nur bei öffentlichen Aufträgen zu fordern ist für die mittelständisch geprägte Brandenburger Wirtschaft, insbesondere im Baubereich, völlig kontraproduktiv. Eine solche Regelung begünstigt einzig und allein westdeutsche oder ausländische Großkonzerne zulasten des Mittelstandes hier im Land Brandenburg.
Das lässt sich auch an den entsprechenden Vergabegesetzen in Berlin und in Hamburg mit ähnlichen Regelungen sehr gut ablesen; Herr Christoffers, Sie haben Berlin genannt. In Berlin wurde dem FDP-Abgeordneten Thiel auf eine Kleine Anfrage im letzten Jahr mitgeteilt, dass die Auswirkungen der Tariftreueerklärung des dortigen Vergabegesetzes auf die Entwicklung der Beschäftigungsverhältnisse kaum messbar sind und zusätzliche Ausbildungsplätze überhaupt nicht geschaffen wurden.
In Hamburg schließlich fielen trotz - oder wegen - der Tariftreueerklärung im Vergabegesetz in den vergangenen Jahren fast 1 000 Arbeitsplätze im Bausektor weg. Trotz anziehender Baukonjunktur im letzten Jahr waren in Hamburg rund 2 500 Mitarbeiter des Bauhauptgewerbes oder 30 % aller Mitarbeiter arbeitslos.
Wenn Sie dann auch noch zur Begründung Ihres Gesetzentwurfs ausgerechnet auf die EU-Freizügigkeitsregelung abstellen, dann fasse ich mir echt an den Kopf. Einerseits gibt es seit relativ langer Zeit ein sogenanntes Entsendegesetz - ohne messbare Auswirkungen. Zweitens sind Sie es doch, meine Damen und Herren von Linksaußen, die es nicht eilig genug haben, wenn es um weitere Grenzöffnungen und eine weitere Liberalisierung innerhalb der EU geht.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Christoffers, ich sage es ganz ungeschützt in diesem Hohen Haus: Ihr Antrag ist kein reiner Populismus. Sie sind viel zu sehr Fachmann, als dass das reiner Populismus wäre, was Sie hier vorhin dargelegt haben.
Meine Damen und Herren! Das Thema Mindestlohn in allen seinen Facetten wird uns so lange beschäftigen, solange es unserer Wirtschaft gutgeht. Ich hoffe, dass wir auch noch in den nächsten Jahren ein gesundes und solides Wirtschaftswachstum feststellen können und der sogenannte Aufschwung bei allen Handwerkern, bei allen Unternehmen Brandenburgs, auch beim kleinsten Schuhmachermeister, ankommt.
Die Nachteile sind in den Debatten über die Kosten der Schülerbeförderung, das Sozialticket und eben den Mindestlohn im Allgemeinen und im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe im Besonderen zu sehen. Niemand würde diese Debatte führen, wenn es unserer einheimischen Wirtschaft schlechtginge. Die CDU folgt seit jeher einer wichtigen Maxime: Förderung der Unternehmen, insbesondere des Mittelstandes.
Daran halten wir uns in konjunkturell schlechten, aber auch in den jetzigen - guten - Zeiten. Jeder Unternehmer muss anhand der Marktlage selbst entscheiden können, was er tut, was er seinen Arbeitnehmern zahlen kann und wo die Grenzen des wirtschaftlich Machbaren sind. An die Grenzen sollte man nicht stoßen.
Angesichts der allgemeinen Diskussionen über die Einführung von Mindestlöhnen und des von den LINKEN gewollten Ausschlusses vieler Brandenburger Unternehmen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen mache ich mir um unsere einheimische Wirtschaft langsam ernsthaft Sorgen.
Wir als Politiker sind aufgefordert, die besten Rahmenbedingungen für ein positives Wachstum unserer Unternehmen zu schaffen. Mit Mindestlöhnen und Tariftreuegesetzen führen wir sie aber ganz bewusst in eine schwierige Marktlage. Diejenigen, die jetzt solche Eingriffe des Staates fordern, setzen die Zukunft vieler Arbeitsplätze im Land aufs Spiel; denn es ist eben kein Zufall, dass unter den Bundesländern, die ein Vergabegesetz haben, keines aus Ostdeutschland ist, das das Thema Tariftreue damit verbindet.
Hinzu kommt beim vorliegenden Gesetzentwurf die Tatsache, dass die öffentlichen Haushalte, aus denen die Gelder für die Auftragsvergabe kommen sollen, zusätzlich belastet werden. Das geben Sie in dem von Ihnen verfassten Entwurf selbst zu.
Kurzum: Wenn wir danach öffentliche Aufträge vergeben, werden nicht unsere einheimischen Unternehmen den Zuschlag bekommen, sondern die wirtschaftlichen Schwergewichte aus den alten Bundesländern, und die Haushalte werden zusätzlich belastet. Dem müssen wir weiterhin begegnen.
Man kann es drehen und wenden, wie man will: Dieser Gesetzentwurf ist nicht dazu geeignet, die Wirtschaft im Land Brandenburg zu stärken und die öffentlichen Haushalte zu sanieren. Deshalb lehnen wir ihn ab. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Gäste! Nichts Neues, Herr Christoffers, eine neue Gliederung oder doch: Es ist modernisiert in Sachen Mindestlohnregelung und Gleichstellung von Männern und Frauen. Das ist das Neue.
Ich möchte zwei, drei Dinge richtigstellen. Sie haben richtig geschrieben, dass es anderenorts Vergabegesetze gibt. Aber die Autoren dieser Vergabegesetze kämen nicht im Leisesten darauf, solche Regelungen, die Sie gegenwärtig beschreiben, in ein Vergabegesetz aufzunehmen.
Dadurch würde der Erfolg des Vergabegesetzes wahrscheinlich auch infrage gestellt. Berlin ist kein Beispiel; ich komme darauf noch einmal zurück.
Es gibt in der Tat Vergabegesetze. Aber sie sind auch deshalb erfolgreich, weil sie sich stringent daran halten, keine vergabefremden Kriterien in die Vergabe mit hineinzunehmen. Das ist nur klug. Nun können wir nicht damit aufwarten, unseren Weg schon erfolgreich beschritten zu haben, im Rahmen des Mittelstandsfördergesetzes vergaberechtliche Regelungen zu treffen. Aber weil manche Sache reifen muss und dadurch schon an Qualität gewinnt, muss ich mich trotzdem mit dem Antrag auseinandersetzen.
Was stimmt denn nun, Herr Christoffers? Sie sagen, es sei ein Wettbewerbsnachteil, nicht die Berliner Regelung zu haben. Das ist Ihre Botschaft. Ich halte sie für grundfalsch. Wenn Lohn auch Ausdruck der Leistungskraft von Firmen ist und nicht vom Unternehmer festgelegt, sondern von Tarifvertragsparteien, das heißt von Gewerkschaften, also Arbeitnehmervertretern, und dem Arbeitgeber in einem schwierigen Prozess ausgehandelt wird, dann ist Ihre Forderung, eine Lohnuntergrenze von 7,50 Euro einzuziehen und ein Unternehmen, das diese nicht beachtet, von der Vergabe auszuschließen, kein Wettbewerbsvorteil. Mit einer solchen Regelung schließen Sie all die Firmen aus, die aufgrund ihrer tatsächlichen wirtschaftlichen Lage - festgestellt durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer - diesen Mindestlohn noch nicht - ich sage ausdrücklich: noch nicht - zahlen können.