Protokoll der Sitzung vom 15.10.2008

ermöglichen, jährlich ohne größere Problemstellungen Summen zwischen 750 Millionen und 1 Milliarde Euro de facto aus dem Haushalt bereitzustellen. Deshalb gibt es keine andere Chance, als diesen Fonds jetzt einzurichten.

Ich bin dafür, dass wir diese Vorlage in den Ausschüssen intensiv beraten. Deswegen werden wir der Überweisung zustimmen. Alles Weitere klären wir, glaube ich, in den Ausschüssen. In der 2. Lesung werden wir sehen, wie mit dem Ergebnis politisch umzugehen ist. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Ebenso vielen Dank. - Das Wort erhält nun der Abgeordnete Bischoff.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch wenn es zu fortgeschrittener Stunde ist: Der Gesetzentwurf, der jetzt beraten wird, ist ein wirklich sehr wichtiger - ich staune, es hört doch noch eine Menge Kolleginnen und Kollegen zu - Gesetzentwurf, auf den auch die Koalitionsfraktionen seit Jahren hingearbeitet haben. Ich gehe davon aus, dass damit eine Grundlage gelegt wird, denn im Moment funktioniert das Beamtenpensionssystem ständig aus dem laufenden Haushalt.

Das eigentliche Kernproblem, das mit dem Gesetzentwurf bearbeitet und dem entgegengewirkt werden soll, ist, dass man im Kern im laufenden Haushalt natürlich bedeutend mehr Pensionsverpflichtungen eingeht und damit künftig höhere Pensionslasten zu tragen hat. Die Zahlen sind genannt worden. Wir haben im laufenden Haushalt bei den Pensionsausgaben eine Steigerungsrate von jährlich durchschnittlich plus 35 %. Meine Damen und Herren, ich frage, wer einen anderen so stark steigenden Kostenfaktor im Haushalt benennen kann, wie jährlich plus 35 %, und zwar sehr zuverlässig die nächsten 15, 20, 25 Jahre.

Summiert liegen bei den Pensionslasten grob geschätzt insgesamt etwa 8 Milliarden Euro auf unseren Schultern. Ich denke, das ist zumindest der erste und richtige Weg für die sogenannte Säule 1 - also alle neuen Verbeamtungen ab dem 01.01.2010. Über den Zeitpunkt, eine Vollkostenvorsorge zu schaffen und in einem Anlagefonds ein Sondervermögen aufzulegen - und das unter den Kriterien Sicherheit, Liquidität, aber schlicht und ergreifend bei einer Rendite, bei der es uns nicht um Bäume, die in den Himmel wachsen, sondern um einen schlichten Vermögenserhalt geht -, muss man sich auch im Ausschuss inhaltlich konstruktiv verständigen.

Was mir und uns bedeutend mehr Sorgen macht - das ist in vielen Landtagsreden in den letzten Jahren hier immer wieder Thema gewesen -, ist die zweite Säule. Wir haben im Landesdienst mehrere Tausend Beamtinnen und Beamte - die Zahl ist genannt worden -, für die bislang überhaupt keine Vorsorge betrieben worden ist. Um die Spitze abzufangen, müssten wir jährlich über 250 Millionen Euro zur Seite legen. Dies macht mir in gewisser Form sehr große Sorgen. Ich denke, es ist der richtige Schritt des Parlaments, den wir ja auch schon gemeinsam miteinander im Haushalt beschlossen haben, die Überschüsse, die im Gesetzgebungsverfahren eingebaut wurden,

aus dem Jahr 2007 in Höhe von 400 Millionen Euro - vielleicht wird es im Jahr 2008 noch einmal einen kleinen, bescheidenen Überschuss geben - sofort eins zu eins in den Pensionssicherungsfonds als Vorsorge für die nächsten Jahre zu geben.

Ich bin der Auffassung, wir hätten uns eigentlich in der Diskussion dazu durchringen müssen, eine jährliche Vorsorge zu betreiben. Ich denke aber, wir müssen uns als Parlamentarier auch an die eigene Nase fassen, denn wir selbst haben es ja in der Hand, Jahr für Jahr oder alle zwei Jahre beim Doppelhaushalt dafür zu sorgen, dass der Fonds gespeist wird - und dies nicht nur in guten Zeiten, sondern auch in ganz normalen Haushaltszeiten.

Wenn wir das nicht tun, dann werden wir in den nächsten Generationen ganz schwierige Debatten führen und auch Kritik aushalten müssen, wenn viele von uns dann auch nicht mehr hier sein werden. Die Kolleginnen und Kollegen, die in 15 bis 20 Jahren hier sein werden, werden harte soziale Kürzungen vornehmen müssen, um die Pensionslasten für die Menschen, die das verdient haben, wenn sie dann auch selbst keine Leistungen mehr erbringen, aufzubringen. Diese Lasten werden in der Spitze mehr als 700 Millionen Euro betragen; Rainer Speer prognostiziert eine Summe von knapp 1 Milliarde Euro. Ich bleibe einmal bei 750 Millionen Euro pro Jahr. Das ist das Fünffache dessen, was das Land Brandenburg derzeit für die Sicherung seines Kita-Systems - 80 % der Personalkosten ausgibt. Letzteres macht derzeit etwa 140 Millionen Euro aus. Da die Zahlen ziemlich eindeutig in Richtung 1 Milliarde Euro gehen, werden die Pensionslasten wahrscheinlich sogar das Fünf- bis Siebenfache dessen ausmachen, was wir für das KitaSystem ausgeben, wobei wir bekanntlich unglücklich darüber sind, dass wir an der Stelle nicht mehr Geld investieren können.

Diese Aufgabe liegt also vor uns. Bei den kommenden Beratungen im Ausschuss für Haushalt und Finanzen und insbesondere bei der Beratung der nächsten Haushalte für das Land Brandenburg sollten wir uns immer wieder in Erinnerung rufen, dass der Fonds nicht dazu da ist, dass wir „Still ruht der See“ mit ihm spielen, sondern dazu, dass wir ihn mit allen finanzpolitischen Bemühungen - also mit Einsparmaßnahmen, vorsichtiger Haushaltsführung, auch jährlich, Haushaltsführung möglichst nach Haushaltslage - vernünftig speisen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält die Abgeordnete Hesselbarth.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch wir sagen: Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Auf den Landeshaushalt rollt in den kommenden Jahren und Jahrzehnten eine gewaltige Pensionslawine zu, die das Land, wie auch in der Begründung zum vorliegenden Gesetzentwurf festgestellt wird, im Jahr 2020 mit 450 Millionen Euro und im Jahre 2035 sogar mit 750 Millionen Euro belasten wird. Dass solche astronomischen Summen allein aus Haushaltsmitteln da nicht mehr aufgebracht werden können oder, was genauso schlimm wäre, dazu führten, dass das Land selbst seine elementarsten Pflichtauf

gaben nicht mehr erfüllen könnte, dürfte jedem hier im Plenarsaal klar sein. Daher ist es grundsätzlich sinnvoll, die Finanzierung der Beamten- und Richterversorgung für Neueinstellungen ab 2010 auf vollständige Kapitaldeckung umzustellen.

Mit den im vorliegenden Gesetzentwurf beschlossenen jährlich nach versicherungsmathematischen Gutachten zu ermittelnden Rückstellungen werden die Versorgungskosten der jeweiligen Zeitperiode zugeordnet, in der die Versorgungsansprüche tatsächlich begründet werden. Das schafft Transparenz und Vergleichbarkeit in den Personalausgaben. Somit werden finanzielle Lasten nicht mehr nachfolgenden Generationen aufgebürdet.

Der von der Landesregierung geplante Versorgungsfonds entspricht in seiner Ausgestaltung dem Versorgungsfonds des Bundes. Versorgungsfonds für Beamte und Richter gibt es in unterschiedlichen Ausgestaltungen bereits in Rheinland-Pfalz, Sachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Hamburg, Bremen und auch Bayern.

Doch nun noch ein paar Worte zu den kritikwürdigen Punkten. Zwar war angesichts der sich wieder verschlechternden Haushaltslage in der Zukunft sowie der Zahl der Versorgungsempfänger die Einführung einer kapitaldeckenden Altersversorgung für Beamte und Richter längst überfällig. Doch muss auch in Zukunft sichergestellt sein, dass der Fonds nicht sofort wieder per Gesetz aufgelöst werden wird, sobald bei Ihnen, Herr Minister, oder Ihren Nachfolgern neue Begehrlichkeiten entstehen. Zweitens muss sichergestellt sein, dass die dem Fonds zufließenden Mittel einschließlich der Erträge wirklich sicher angelegt sind. Uns als DVU-Fraktion ist zumindest nicht klar, was Sie, Herr Minister, unter einer „ertragsorientierten Anlage zu marktüblichen Bedingungen in handelbaren Wertpapieren und sonstigen Anlagen“ verstehen. Angesichts der internationalen Finanzkrise, vor der mittlerweile nicht einmal vorgeblich mündelsichere Wertpapiere wie Pfandbriefe sicher sind, kann es nicht angehen, dass hier seitens der Landesregierung oder - noch schlimmer - durch einen mit der Verwaltung beauftragten privaten Dritten Personalmittel in Milliardenhöhe buchstäblich verzockt werden sollen.

Schließlich: Warum sollen nicht auch die Beamten der Brandenburger Kommunen in den Versorgungsfonds einbezogen werden? Die Scheinbegründung Ihres Hauses, Herr Minister, hinsichtlich der wirtschaftlichen Selbstständigkeit der Kommunen überzeugt hier wenig.

Einer Ausschussüberweisung des vorliegenden Gesetzentwurfs wird unsere DVU-Fraktion trotz der aufgezeigten Mängel zustimmen.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhält jetzt Frau Dr. Funck.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kollegen! Das Gesetz zur Errichtung eines Versorgungsfonds ist heute eine positive Nachricht. Unbeeindruckt von der Diskussion, die wir heute Vormittag geführt haben, sollten wir uns dem vorliegenden Gesetzentwurf auch positiv nähern.

Wir haben gehört, dass in verschiedenen Bereichen sehr wohl noch Bedarf an intensiver Diskussion besteht. Dass wir es endlich geschafft haben, einen Versorgungsfonds für die Pensionslasten, die bereits vorhanden sind und die sich noch drastisch nach oben entwickeln werden, einzurichten, ist wirklich begrüßenswert, und ich bedanke mich dafür ausdrücklich.

Schuldenaufnahme war für die Politik in den letzten Jahren etwas Selbstverständliches. Die Frage ist aber, ob so weitergemacht werden kann. Was wir in unseren Haushalten in allen Bereichen an Schulden sehen, ist ja nur ein Bruchteil dessen, was an Schulden bis jetzt tatsächlich angefallen ist.

Wir reden von expliziten Schulden - die jährliche Nettokreditaufnahme zeigt diese -, aber es gibt auch die impliziten Schulden und die Kosten. Dazu gehören die Pensionslasten, die sich bis jetzt schon ziemlich aufgetürmt haben.

Die Beamtenpensionen, die aufgrund kurzfristiger Politik nicht mit eingestellt wurden, sind nicht realisiert worden, weil man sie einfach nicht gesehen hat. Ich finde es gut, dass in dem Gesetzentwurf ganz klar geschrieben steht, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen der Kameralistik, die wir nach wie vor haben, und den impliziten Schulden. Es heißt da:

„Im gegenwärtigen System der Umlagefinanzierung werden die Versorgungsausgaben... nicht ausgewiesen. Dies entspricht zwar dem kameralen Fälligkeitsprinzip, steht jedoch in Konflikt mit den Grundsätzen der Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit... Im Ergebnis kommt es zu einer Fehlsteuerung, da Beamte und Richter in der Gegenwart wegen fehlender Beiträge zur Alterssicherung kostengünstiger erscheinen als sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer.“

Mir war es wichtig, das noch einmal deutlich zu machen, weil gerade wir Finanzpolitiker, Mike Bischoff und ich, immer argumentiert haben: Überlegt euch sehr wohl, ob ihr verbeamtet, ja oder nein. Das wird nämlich wegen finanzieller Aspekte getan. - Genau dieses Argument wird durch das Gesetz ein Stück weit entkräftet, weil Transparenz hergestellt wird.

Es ist gesagt worden, dass wir bis zum Jahr 2020 550 Millionen Euro an Lasten haben werden und dass die Lasten bis zum Jahre 2030 auf 650 bis 850 Millionen Euro ansteigen werden. Wegen der von uns nicht getätigten Rückstellungen haben wir jetzt bereits implizite Schulden von 8 Milliarden Euro. Das sind 8 Milliarden Euro zusätzlich zu den tatsächlich ausgewiesenen Schulden. Vor diesem Hintergrund bitte ich wirklich zu überlegen, ob es, egal, ob wir in einer Krisensituation stecken oder nicht, überhaupt erlaubt sein kann, darüber nachzudenken, weitere Schulden zu machen; denn das sind wirkliche Lasten, Herr Christoffers. Es hat nichts mehr mit verantwortlicher Politik zu tun, wenn man sagt, wir müssten weiterhin Schulden machen. Wir müssen genau hier sehr wohl überlegen, was wir uns noch leisten können und was nicht. Die Pensionszusagen an die Beamten sind vorhanden, und diese haben selbstverständlich ein Anrecht darauf, ihre Pension zu erhalten, während wir dies sicherzustellen haben.

Der Handlungsspielraum für die Politik verengt sich in dieser Zeit so oder so. Mittlerweile haben wir ein Zehntel unseres Landeshaushalts für Zinsen zu zahlen. Hinzu kommt dann

noch ein Zehntel für die Pensionslasten. Wenn das so weitergeht und wir nicht aufpassen, dann kann es dazu kommen, dass sich die Menschen fragen, wozu das Parlament überhaupt noch da ist, wenn wirklich nur noch ganz starr über solche Bausteine verhandelt wird.

(Zuruf des Abgeordneten Bischoff [SPD])

- Ja, darüber haben wir sehr oft gesprochen, dass auch die Einnahmen noch zurückgehen werden.

Natürlich wurde auch das Thema „Säule 1 und 2“ besprochen. Das ist auch im Haushaltsausschuss strittig. Sehr wohl muss man hier neue Aspekte wie den der Finanzkrise mit einfließen lassen. Ich warne aber ausdrücklich davor, dass wir dann, wenn wir uns nicht darauf einigen können, zumindest einen Teilbetrag - der Kollege Bischoff hat es schon angesprochen; 250 bis 280 Millionen Euro müssten wir jährlich hineingeben - festzuschreiben - es ist ja absehbar, dass die Haushalte keine Überschüsse mehr produzieren werden -, wieder in die implizite Verschuldung gehen, und zwar in der genannten Größenordnung. Deswegen plädiere ich ausdrücklich dafür, dass wir uns für diese Säule 2 fest verabreden, was wir auch tun werden.

Zu den Finanzen: Der Finanzminister hat hinsichtlich der Finanzmarktkrise und des Handlings des Fonds einiges gesagt. Ich vertraue dem Finanzministerium, dass wir dort in Zukunft keine Ausfälle haben werden; denn wir werden da auch nicht Monopoly spielen. Das Geld wird gut angelegt werden. Dazu ist der Beirat auch vorgesehen.

Ich sehe auch der Diskussion im Haushalts- und Finanzausschuss mit Freude entgegen, weil es da noch einige Punkte zu besprechen geben wird. Das, was jetzt hier vorgelegt wurde, ist eine gute Diskussionsgrundlage. Natürlich werden wir der Überweisung zustimmen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Herzlichen Dank, Frau Dr. Funck. - Wir sind somit bei der Abstimmung, da die Aussprache beendet ist. Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs der Landesregierung, der Ihnen in der Drucksache 4/6788 vorliegt, an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Wer dieser Überweisung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Somit ist dieser Überweisung einstimmig gefolgt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 12 und rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Hochschulausbildung von Erzieherinnen und Erziehern

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 4/6778

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE. Frau Abgeordnete Große erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Puppenecke, Bastelteppich, Sandkasten - dieses Bild vom Kindergarten ist nicht nur überholt, es trifft selbst auf die Anfänge dieser Einrichtung kaum zu. Schon als Friedrich Fröbel im Jahr 1840 den ersten „Allgemeinen Deutschen Kindergarten“ in Blankenburg gründete, wollte er Kindern zu selbstgefundenen Wahrheiten verhelfen und ließ deswegen auch die Kindergärtnerinnen speziell schulen.

Mehr als 160 Jahre später, im Jahre 2004, mahnte die OECD in ihrer Studie „Starting Strong II“ an, ausgerechnet in dem Land, in dem der Kindergarten erfunden wurde, dringend eine bessere Ausbildung für Erzieherinnen zu organisieren.

„Obwohl die Ausstattung der Gebäude, der Innen- und Außenräumlichkeiten und Materialien im Allgemeinen gut ist,“

- so heißt es in dieser Studie

„müssen die Investitionen in die Erstausbildung der Beschäftigten und die Gehälter gründlich überdacht werden, wenn die Kindergärten an Qualität gewinnen und als Grundlage für lebenslanges Lernen gelten sollen.“

So heißt es in dem OECD-Bericht „Die Politik der frühkindlichen Betreuung und Erziehung in der Bundesrepublik Deutschland“ vom November 2004.