Protokoll der Sitzung vom 16.10.2008

Sie haben auch gesagt: Die Regierung spielt auf Zeit. - Es geht hier um Geld, das die Kreise zu Recht einfordern. Das Landesverfassungsgericht hat im Juli entschieden. Wir haben jetzt Anfang Oktober. Ja, das Gericht hat entschieden. Ja, es gibt Abstimmungen zwischen dem MdF und dem MASGF. Ja, es wird Erstattungen geben. Aber: Es wird Einzelfallentscheidungen geben. Deswegen möchte ich zu dem Antrag, unverzüglich auszuzahlen, sagen: Dann müsste es ja wieder Pauschalen geben, und wir müssten wieder zurückrechnen. Ich verstehe, dass die Kreise ihr Geld haben wollen, gestehe aber den beiden Minis

terien einfach zu, dass sie gründlich prüfen und den Kreisen dann das Geld überweisen. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Herzlichen Dank. - Nun erhält Frau Ministerin Ziegler das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Domres, wie man so lange über etwas reden kann, was das Selbstverständlichste der Welt ist, nämlich, dass, nachdem ein Verfassungsgericht ein Urteil gefällt hat, die Regierung auch handelt, ist schon erstaunlich. Die Aussage, dass wir uns zurücklehnen und darauf warten, dass endlich ein Antrag der Opposition kommt - damit wir uns erinnern: Ach, da war ja noch etwas! -, halte ich selbst für eine Opposition schon für ziemlich schwierig; der Regierung so etwas zuzutrauen!

(Frau Tack [DIE LINKE]: Das entspricht der Rolle der Opposition!)

Frau Ministerin, nun hat er auch noch eine Frage. - Bitte schön.

Frau Ministerin, können Sie bestätigen, dass der Staatssekretär im Gespräch mit dem Landkreistag ausgeführt hat, dass er nicht unbedingt eine Erstattungspflicht sieht, die durch das Landesverfassungsgerichtsurteil sozusagen gegeben ist?

Das war aber nicht der Punkt, den ich angesprochen habe, sondern dass Sie uns sozusagen unterstellen, wir würden auf einen Antrag der Opposition warten, damit wir überhaupt darüber nachdenken. Das ist etwas ganz anderes.

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Das ist aber unsere Verant- wortung!)

Wir haben selbstverständlich eine umfangreiche Prüfung eingeleitet, um die Auswirkungen dieser Entscheidung zu klären. Auch die Abstimmungen dazu - das wurde mehrfach gesagt sind im vollen Gange. Natürlich laufen umfangreiche Abstimmungen zwischen dem Finanzministerium und uns. Wir haben bereits eine abgestimmte Vorlage zu den rechtlichen und haushalterischen Auswirkungen des Urteils. Diese Vorlage ist auch bereits der Staatskanzlei, dem Justiz- und dem Innenministerium zugegangen, Herr Domres. Nach der Befassung im Kabinett - falls jetzt jemand fragt: Warum erzähle ich nicht gleich, was in dieser Unterlage steht? - werden von MASGF und MdF die Verhandlungen mit Kommunen über das weitere Verfahren aufgenommen. Das ist ein ganz normales Verfahren.

Ich erinnere in dem Zusammenhang aber auch daran, dass das Gericht die Verfassungsbeschwerden abgewiesen hat. Es vertrat die Auffassung, dass nach einfachgesetzlicher Auslegung

des Bundesrechts die Grundsicherungsleistungen zu den Leistungen der stationären Hilfe gehören. Diese Rechtsauffassung nimmt die Landesregierung natürlich zur Kenntnis und auch ernst, selbst wenn sie nur in den Entscheidungsgründen zum Ausdruck kommt. Allerdings sind in mehreren Fällen die Kostenerstattungsverfahren für 2005 und 2006 bereits bestandskräftig abgeschlossen; Frau Lehmann sagte es bereits. Wir machen uns auch darüber Gedanken, wie wir im Lichte dieser Entscheidung diese Verfahren wieder aufgreifen können.

Ungeachtet des noch laufenden Abstimmungsprozesses wurden die von den Landkreisen und kreisfreien Städten geltend gemachten Aufwendungen auf ihre rechtliche Schlüssigkeit und ihre Erstattungsfähigkeit „der Höhe nach“ geprüft. Das betrifft die Aufwendungen für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für 2005 und 2006. Diese Prüfung ist in den meisten Fällen bis Ende September abgeschlossen gewesen. Das ist der Stand der Dinge. Der letzte Stand der Dinge ist, dass noch Abrechnungen von vier Landkreisen aus dem Jahr 2005 und von zwei Landkreisen aus dem Jahr 2006 fehlen.

Worauf Sie mich in der Diskussion aber gebracht haben, Herr Domres - ich weiß nicht, ob Sie sich darüber wirklich freuen können -, ist, ob wir das, was wir den Kreisen jetzt zugestehen und richtigerweise auch wieder zuwenden wollen, mit den Mitteln verrechnen müssen, die aus dem Ausgleichsfonds gezahlt worden sind. - Vielen Dank.

(Zuruf des Abgeordneten Domres [DIE LINKE] Vizepräsidentin Stobrawa: Herzlichen Dank, Frau Ministerin. - Herr Domres hätte noch eine Minute. - Gut, er winkt ab. Damit schließe ich die Aus- sprache, und wir kommen zur Abstimmung. Ihnen liegt der Antrag in der Drucksache 4/6805 - Neudruck -, eingebracht von der Fraktion DIE LINKE, vor. Wer diesem An- trag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzei- chen. - Wer stimmt gegen diesen Antrag? - Wer enthält sich? - Ist das Ergebnis eindeutig?, muss ich einmal fragen. Ich bitte um kurze Auszählung. (Auszählung)

Wir haben festgestellt: Die Mehrheit hat gegen diesen Antrag gestimmt. Er ist somit abgelehnt. Es ist allerdings eine knappe Mehrheit.

(Domres [DIE LINKE]: Sehr knapp!)

Ich schließe Tagesordnungspunkt 6 und rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Lebenslanges Lernen - Neue Herausforderungen für die Weiterbildung und Qualifizierung vor dem Hintergrund der zukünftigen Fachkräftesituation

Antrag

der Fraktion der SPD der Fraktion der CDU

Drucksache 4/6801

Ich eröffne die Aussprache. Frau Abgeordnete Schulz erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Lebenslanges Lernen - Neue Herausforderungen für die Weiterbildung und Qualifizierung vor dem Hintergrund der zukünftigen Fachkräftesituation“ - unter diesem Titel fordern wir die Landesregierung auf, dem Landtag bis zum 01.05.2009 einen Bericht vorzulegen, in dem über die einzelnen Weiterbildungsprogramme des Bundes und des Landes informiert wird. Laufende Programme sollen daraufhin analysiert werden, welchen Beitrag sie zur Unterstützung der Fachkräftesicherung in der Wirtschaft, insbesondere zur Unterstützung der Fachkräftesicherung für kleine und mittelständische Unternehmen, leisten und auch, welche Resultate erreicht werden.

Es ist darzulegen, inwieweit einzelne Maßnahmen der Weiterbildungsoffensive des Bundes mit Maßnahmen des Landes abgestimmt und Synergieeffekte erzeugt werden können. Dabei soll besonderes Augenmerk auf die Verbesserung der Effizienz der Weiterbildung vor dem Hintergrund eines zunehmenden Fachkräftebedarfs gelegt werden. So weit unser Antrag zur Erinnerung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben einen Befund, der lautet: Wir werden immer älter, und wir werden immer weniger. Das hat natürlich Auswirkungen auf alle Bereiche. Um im Bilde zu bleiben - ich stehe wahrscheinlich noch unter dem Eindruck des gestrigen Treffens mit den Krankenkassen -: Damit die Situation nicht zu einer Operation am offenen Herzen mit ungewissem Ausgang wird, sollten wir rechtzeitig vorbeugen. Das heißt nichts anderes, als dass wir erstens eine solide Schul- und Berufsausbildung unserer Kinder und Jugendlichen als Grundlage eines erfolgreichen Berufslebens und zur Verhinderung von Arbeitslosigkeit garantieren und zweitens eine zielgerichtete und qualitätsgerechte Weiterbildung und Qualifikation zum Erhalt der Arbeitskraft bis ins hohe Alter gewährleisten wollen, denn wir wissen alle: Schon heute klagen Unternehmen über Nachwuchsmangel. Gleichzeitig werden Geringqualifizierte und Arbeitnehmer über 45 Jahre bei Weiterbildung und Qualifikation stiefmütterlich behandelt. Schüler verlassen die Schule ohne Abschluss und bleiben obendrein, wenn es ganz schlimm kommt, auch ohne Berufsabschluss.

Es kann also nur darum gehen, die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei den Arbeitgebern zu schließen und zugleich Arbeitnehmer zu mehr Eigeninitiative zu motivieren sagt übrigens die BA; das kommt nicht von mir. Ich denke, das ist richtig so. Auch den Anspruch, dass für jeden Beruf ein Abiturient zur Verfügung stehen muss, sollte man vor dem Hintergrund der Situation dringend überprüfen.

Die Situation auf dem Arbeitsmarkt wird sich vor dem Hintergrund sinkender Schülerzahlen und rückläufiger Erwerbstätigenzahlen in den nächsten Jahren verschärfen, wenn wir nicht gemeinsam - Politik, Unternehmen und Arbeitnehmer - dieser Entwicklung gegensteuern. Auch in Brandenburg - das ist bekannt; die Schlagzeilen kennen Sie alle - klagen Unternehmer und Kammern bereits über einen Fachkräftemangel.

Dennoch gab es im September 163 261 arbeitslos gemeldete Menschen im Land Brandenburg. Besonders hoch ist die Quo

te der Langzeitarbeitslosen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung - DIW - stellte bereits 2006 in einer Studie fest, dass in den jungen Ländern 50 % der Langzeitarbeitslosen zu gering qualifiziert sind. Insofern ist hier Qualifizierung bzw. Weiterbildung eine echte Herausforderung.

Über einige Maßnahmen muss aber erneut nachgedacht werden. Ich erinnere an die Diskussion über die Sinnhaftigkeit von Bewerbungstrainings, vor allem dann, wenn es mehrere sind. Deshalb begrüße ich den Ansatz der Bundesagentur für Arbeit, die Zahl der Maßnahmen auf wirklich sinnvolle zu reduzieren und eine flexiblere Anpassung an die individuelle Situation zu ermöglichen. Es geht auch um eine Erhöhung der Flexibilität für diejenigen, die Verantwortung tragen. Es ist bestimmt nicht immer sinnvoll, von den Menschen noch mehr Bewerbungen einzufordern. Vielleicht sollte der eigentliche Sinn des Grundsatzes „Fördern und Fordern“ ernster genommen und auch öfter angewendet werden.

Dabei ist natürlich auch Ehrlichkeit gefragt. Für manche Menschen ist sicherlich der Kommunal-Kombi das geeignetere Instrument, um einen Übergang in die Rente zu finden, als die Teilnahme an zusätzlichen Bewerbungs- oder sonstigen Trainingsmaßnahmen. Diese kritische Anmerkung muss ich auch vor dem Hintergrund der Erfahrungen machen, die ich in meinem Wahlkreisbüro ständig sammle.

Zur Ehrlichkeit gehört auch, dass man den Menschen mit aller Deutlichkeit sagt: Wer heute noch glaubt, wenn man einmal etwas gelernt habe, werde das für das ganze Leben reichen, der irrt sich gewaltig und steht in der Gefahr - wenn ich das so ausdrücken darf -, auf der Strecke zu bleiben. Wir müssen ein Bewusstsein dafür schaffen, wie wichtig es für den Einzelnen ist, die Weiterbildungsangebote zu nutzen. Ihr Erfolg setzt aber voraus, dass der Einzelne Eigeninitiative entwickelt und Interesse zeigt. Diese Voraussetzung ist ganz wichtig. Insbesondere die Berufsorientierung ist gefordert, die Zusammenarbeit zwischen Schule und Wirtschaft insoweit zu intensivieren.

Schon heute gibt es eine ganze Reihe von Angeboten, die aber noch viel zu wenig genutzt werden. Möglicherweise sind sie auch noch gar nicht in das Blickfeld derjenigen gerückt, die eigentlich erreicht werden sollen. Auf dem Server der BA findet man zahlreiche Hinweise zur beruflichen Aus- und Weiterbildung. Dort heißt es zum Beispiel: Bleiben Sie durch die passende Weiterbildung auf dem Laufenden! Beruflicher Aufstieg - machen Sie den nächsten Schritt auf der Karriereleiter! Umschulung, Nachholen von Berufsabschlüssen - gehen Sie neue Wege und verbessern Sie Ihre Position auf dem Arbeitsmarkt!

(Schulze [SPD]: Gestern war die CDU noch gegen neue Wege!)

- Das kann ich jetzt nicht nachvollziehen, werter Herr Kollege. - Bei der BA findet man also zahlreiche Angebote. Auch unser Landesprogramm „In Menschen investieren - Regionen stärken“ ist sinnvoll und insbesondere für die Qualifizierung der Mitarbeiter kleiner und mittlerer Unternehmen sehr wichtig. Ich hoffe, dass uns die Richtlinie - sie wird momentan überarbeitet - alsbald vorliegt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, uns allen ist klar: Weiterbildung muss zielorientiert sein. Ineffiziente

Maßnahmen können wir uns schlicht und einfach nicht mehr leisten. Nur die genaue Beobachtung des Marktes sowie die Analyse der Angebote und der Nachfrage erlauben die zielgerichtete und rechtzeitige Qualifizierung. Wir wissen um die Problematik, dass wir, wenn sich neue Betriebe ansiedeln, mit unseren Qualifizierungsmaßnahmen immer noch etwas hinterhertraben, obwohl es schon gute Ansätze gibt.

Ich will nicht verschweigen, dass eine große Verantwortung natürlich auch bei den Weiterbildungsträgern liegt. Man muss deutlich sagen: Weiterbildung ist kein Selbstzweck.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aufbauend auf dem Bericht, den uns die Landesregierung bis zum 1. Mai 2009 vorlegen soll, wollen wir Schlussfolgerungen ableiten, wie Programme effizienter und zielgenauer entwickelt bzw. auf das, was uns erwartet, zugeschnitten werden können. Wir alle müssen daran arbeiten, auch in Bezug auf den Arbeitsmarkt optimal auf die Herausforderungen der demografischen Entwicklung vorbereitet zu sein. Ich hoffe, Sie können unserem Antrag heute Ihre Zustimmung geben, und freue mich auf die Diskussion nach Vorliegen des Berichts. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Herzlichen Dank. - Ich möchte die Gelegenheit nutzen, Gäste aus Israel zu begrüßen. Sie sind Teilnehmer einer Konferenz, die vom Institut Neue Impulse e. V., vom LISUM und der Friedrich-Ebert-Stiftung organisiert ist. In Ihren Beratungen unterhalten Sie sich über Jugend, Demokratie und Demokratieentwicklung in Israel und der Region Berlin-Brandenburg. Wir hier im Landtag beraten zurzeit über das lebenslange Lernen und tauschen die unterschiedlichen Positionen dazu aus. Seien Sie herzlich willkommen bei uns!

(Allgemeiner Beifall)

Ich erteile jetzt dem Abgeordneten Görke das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Datenund Berichtshunger der Koalitionsfraktionen - soeben noch einmal von meiner Kollegin Schulz vorgetragen - ist augenscheinlich nicht mehr zu stillen. Die Zahl der Berichtsabforderungen so kurz vor Ende der so „erfolgreichen“ Legislatur

(Heiterkeit bei der Fraktion DIE LINKE)

steigt wohl von Landtagssitzung zu Landtagssitzung.

In der heutigen Berichtsabforderung heißt es - für die Zuschauer und Zuhörer ein Zitat -:

„Die Landesregierung wird beauftragt, dem Landtag bis zum 01.05.2009 einen Bericht vorzulegen, in dem über die einzelnen Weiterbildungsprogramme des Bundes und des Landes informiert wird.“

Liebe Kollegen, wir glauben, diese Arbeit können Sie in Ihren Fraktionen selbst leisten. Sie haben das wissenschaftliche Personal und sind auch sonst dafür ausgestattet.