Und zwar geht aus in der Vergangenheit vom Kläger getätigten Äußerungen vielmehr hervor, dass er das derzeitige System, die bestehende Ordnung in der Bundesrepublik Deutschland ablehne. Natürlich darf ich jemanden, der dieses System, die Demokratie, die parlamentarische Ordnung ablehnt, der sie abschaffen will, nicht zur Wahl zulassen. Wo kommen wir denn da hin?
Ich weiß auch, dass das juristisch schwierig ist. Ich weiß, dass das eine Gratwanderung ist. Wir müssen die Möglichkeiten, die unsere Demokratie uns gibt, sich gegen die Feinde der Demokratie zu wehren, auch ausnutzen. Das muss eine Gratwanderung sein, man muss das auch austesten und ausloten. Es gab auch die Diskussion - ich wurde in diesem Zusammenhang von einer Potsdamer Zeitung verrissen -, ob diese paar Nazis denn so schlimm wären. Dazu möchte ich Ihnen drei Dinge sagen:
Erstens: Es hat immer mit einer Minderheit angefangen. Das war in den dreißiger Jahren auch so. Keiner hat Anfang der dreißiger Jahre geglaubt, dass diese Bande so schlimm werden könnte.
Kein Dorf kann sich hinstellen und sagen: Wir leisten uns drei Antisemiten und zwei Ausländerhetzer. Und beim Sechsten fangen wir an zu reagieren. - So etwas gibt es nicht.
Drittens: Auch eine Minderheit kann hoch gefährlich sein, nicht durch offene Gewalt, aber dadurch, dass sie das Klima vergiftet.
Ich möchte an die Diskussion erinnern, die wir im Land hatten, ausgelöst durch Uwe Heye, bei der es darum ging, ob Ausländer alle Regionen betreten dürfen oder nicht. Natürlich haben wir gesagt, dass sich ein Ausländer überall in Brandenburg bewegen kann. Aber wir wissen auch, dass es bei den Ausländern Angst gibt, dass es Angst gibt bei den Dunkelhäutigen, Angst bei Leuten, die einen anderen Akzent sprechen als wir, Angst, sich in diesem Land oder auch woanders in Deutschland zu bewegen. Na klar gibt es so etwas, dem muss man sich auch stellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, am 27. Januar 1945 wurde Auschwitz befreit. Auschwitz ist für uns Deutsche nicht nur ein böser Traum, sondern ist nach wie vor ein Trauma, und ich glaube nicht, dass die nächsten vier, fünf Generationen dieses Trauma durch Aufarbeitung überwinden können. Daran glaube ich ehrlich gesagt nicht, und ich hoffe es auch nicht.
Anfang der dreißiger Jahre, nur Anfang der dreißiger Jahre, hätte kaum einer, eine Handvoll Leute vielleicht, es in Deutschland für möglich gehalten, dass wir als Deutsche uns jemals aufmachen, Völkerstämme wegen ihrer Farbe, ihrer Sprache, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder weswegen auch immer systematisch auszurotten. Niemand hätte es für möglich gehalten, dass wir nach den Erfahrungen des Ersten Weltkriegs in den nächsten Krieg ziehen. Und es hat, meine Damen und Herren, kein Jahrzehnt gedauert, da lief in Deutschland eine gigantische Vernichtungsmaschinerie, eine gigantische Kriegsmaschinerie an.
Sachsenhausen wurde, glaube ich, 1936 gebaut, 1937 Buchenwald und kurz nach Kriegsbeginn Auschwitz. Es ging verdammt schnell damals. Ich bin mir sicher, wir werden in Deutschland keine KZs kriegen. Das wissen wir alle. Dazu ist Deutschland viel zu sehr in der europäischen- und Weltfriedensordnung verankert. Diese Sicherheit leite ich auch daraus ab, dass wir die Lehren aus der Geschichte ziehen, und zwar nicht, indem wir sie einfach aufschreiben, sondern indem wir sie in unseren Herzen und in den Herzen der kommenden Generationen verankern. - Danke sehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum einen ist es sehr erfreulich, dass dieses Thema nicht wieder vergessen wurde. Dieses Mal steht es sogar ohne das Zutun meiner Fraktion hier auf der Tagesordnung.
Zum anderen bin ich mehr als verwundert darüber, wer sich das Thema für die heutige Aktuelle Stunde ausgesucht hat. Der Antrag kommt ausgerechnet von der Fraktion, deren Mitglieder mehrheitlich noch vor 20 Jahren einer Partei angehörten oder sogar als Schild und Schwert dieser Partei tätig waren, die in der DDR Toleranz, Meinungsvielfalt und Weltoffenheit mit allen Mitteln verhinderte. So schnell kann man sein Segel in den Wind drehen und wird dann von manchen sogar auch noch für einen Demokraten gehalten.
Sehr geehrte Damen und Herren, mit dem Begriff „Toleranz“ verbinde ich immer ganz eng die in unserer Demokratie gewollte und durch unsere Verfassung geschützte Meinungsvielfalt und Meinungsfreiheit.
Ich verbinde damit die Ächtung jeglicher Gewaltanwendung zur Durchsetzung politischer wie auch wirtschaftlicher Ziele in Brandenburg, in Deutschland sowie in der gesamten Welt. Ich wünsche mir, dass Sie im Umgang mit diesem Thema mehr Sensibilität und Augenmaß anlegen.
Wir haben viel zu oft erlebt, wohin das Gegenteil, beispielsweise eine permanente mediale Ausrichtung der Bürger auf die Thematik Rechtsextremismus und fremdenfeindliche Gewalt, führen kann. Nehmen wir den aktuellen Fall Manichl, von dem man nichts mehr hört und wohl auch nichts mehr hören will. Die vielen Vorverurteilungen in Richtung rechtsextreme Täter haben sich bis zum heutigen Tage nicht bestätigt. Und anscheinend rechnet auch niemand mehr mit der Aufklärung dieses Falls.
Meine Damen und Herren, halten Sie es für tolerant, wenn ein unbescholtener Bürger unseres Landes infolge der Initiative zweier linker Parteien, die in diesem Haus vertreten sind, von seinem Landrat, seinem Bürgermeister und seinem Vorgesetzten persönlich bedrängt und durch sofortige Suspendierung von seinen Arbeitsaufgaben mehr oder weniger genötigt wird, seine Kandidatur für das Amt eines Verfassungsrichters in Brandenburg zurückzuziehen, nur weil die DVU diesen Kandidaten aufgestellt hat?
Halten Sie es, meine Damen und Herren, für tolerant, wenn nicht nur der Kandidat selbst in Existenznot gebracht, sondern auch seiner Ehefrau Gleiches angedroht wird? Ich bringe es einmal auf den Punkt: Gewisse Kreise in unserem Land halten es offenbar für wesentlich schlimmer, für die demokratisch gewählte DVU zu kandidieren als ein Unternehmen zu verzocken und 10 000 Arbeitsplätze zu vernichten.
Als wäre all dies nicht genug, meine Damen und Herren, setzt der Kollege Baaske dem Ganzen noch die Krone auf. Diese Krone nennt sich Demokratie-Check und soll dazu genutzt werden, alle Kandidaten für ein öffentliches Amt auf ihre Verfassungstreue hin zu überprüfen,
(Frau Hackenschmidt [SPD]: Ja, genau! - Bischoff [SPD]: Sonntags sprechen Sie immer anders als montags! - Wei- tere Zurufe von der SPD)
Es geht nicht darum, ob die gewählten Amtsträger anders als unsere Landesregierung und die Bundesregierung in unzähligen Fällen die Verfassung achten und einhalten wollen.
denn das, was Sie wollen, hatten wir in Brandenburg bereits. Dies ist gerade einmal 20 Jahre her. Herr Baaske, so tolerant wie Sie waren Erich Honecker und Erich Mielke allemal.
Sie hingegen wollen nur diejenigen diskriminieren und ausgrenzen, die der Macht Ihrer Partei gefährlich werden können. Doch es ist klar, dass Sie und Ihresgleichen zu solchen Mitteln greifen müssen; denn in der politischen Auseinandersetzung haben Sie keine Chance.
(Der Abgeordnete Jürgens [DIE LINKE] lacht. - Beifall bei der DVU - Frau Kaiser [DIE LINKE]: Das ist Ihre Sicht! - Zurufe von der SPD)
Meine Damen und Herren, das Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ krankt an einem Geburtsfehler, nämlich an dem, dass seine Mütter, Väter und Geburtshelfer es von vornherein für ihre eigenen Zwecke missbrauchen wollten und auch missbraucht haben. Diesen Menschen ging es von vornherein nicht darum, die Demokratie zu schützen oder die Toleranz in Brandenburg zu fördern. Der Fall Baaske zeigt über
(Beifall bei der DVU - Bischoff [SPD]: Das war ja bei den Nazis ganz anders, ne! - Görke [DIE LINKE]: Ihre Redezeit ist abgelaufen!)