Protokoll der Sitzung vom 22.01.2009

Ich greife die Anregungen gern auf und kündige Ihnen an, dass sich Brandenburg in der Konferenz der Kultusminister dafür aussprechen wird, den Abschluss an Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt „Lernen“ bei der Erarbeitung des deutschen Qualifikationsrahmens zu berücksichtigen und einzustufen. Ich bin zuversichtlich, dass daraus eine gemeinsa

me Haltung der KMK werden kann. Die Länder bereiten derzeit vor, die landeseigenen Abschlüsse der Schulen mit dem Förderschwerpunkt „Lernen“ in den KMK-Statistiken gesondert zu erfassen und entsprechend zu dokumentieren. Brandenburg hat an der Erarbeitung dieser Position entscheidend mitgearbeitet.

Eines ist dabei wichtig: Was keinesfalls passieren darf, ist eine Beschönigung von irgendwelchen Statistiken, indem man bestimmte Menschen, die nicht in diese Statistik passen, einfach weglässt.

Der Bildungsgang mit dem Förderschwerpunkt „Lernen“ orientiert sich an individuellen Förderplänen. Darin werden für jede Schülerin und jeden Schüler erreichbare Ziele, Kompetenzen, Fähigkeiten und Fertigkeiten beschrieben. Diese individuellen Standards der Lernentwicklung begründen den entsprechenden Abschluss und würdigen auch die Leistungen dieser Schülerinnen und Schüler.

Ich möchte das Anliegen des Antrags auch gern in diesem Sinne aufgreifen. Wir werden prüfen, ob wir am Ende der Schulzeit noch klarer beschreiben und den Schülern auch bescheinigen, was sie können und welche Stärken sie haben. Ich würde es begrüßen, wenn wir dafür mit anderen Ländern oder vielleicht sogar mit allen Ländern in Deutschland eine gemeinsame Form und einen gemeinsamen Weg finden.

In der Forderung, allen geeigneten Schülerinnen und Schülern der Förderschulen den Erwerb des Hauptschulabschlusses zu ermöglichen, sehe ich eine ausdrückliche Unterstützung unserer Bemühungen, Absolventen der Schulen mit dem Förderschwerpunkt „Lernen“ gezielt zur Berufsbildungsreife bzw. zu einem gleichgestellten Abschluss zu führen. Wir wollen darüber hinaus erproben, die Jahrgangsstufen 10 dieser Förderschulen mit dem berufsorientierenden Bildungsgang im OSZ zu einer pädagogischen Einheit zusammenzufassen und dabei die Schüler gemeinsam durch Lehrkräfte der Förderschulen und des OSZ zu unterrichten. Diese Lerngruppen des berufsorientierenden Bildungsgangs können auch von einer begrenzten Zahl von Quereinsteigern genutzt werden, die eine Oberschule oder Gesamtschule ohne Abschluss verlassen haben.

(Unruhe)

Natürlich halten wir gemeinsam mit den antragstellenden Fraktionen am Ziel fest, die Zahl der Schülerinnen und Schüler zu reduzieren, die die Schule ohne Berufsbildungsreife verlassen. Mehr als 50 % dieser Schülerinnen und Schüler sind Absolventen der Förderschulen. Ich halte es daher auch im Sinne des Antrags für notwendig, im Primarbereich noch stärker präventiv zu arbeiten, sicherlich schon früher im Elementarbereich, um möglichst zu verhindern, dass Schülerinnen und Schüler in die Förderschule wechseln müssen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Herzlichen Dank, Herr Minister. Ich gehe davon aus, Sie als Pädagoge empfinden es auch so wie ich hier oben, dass die Unruhe stetig wächst.

(Minister Rupprecht: Genau!)

Vielleicht schaffen wir es gemeinsam, wenigstens noch diesen Tagesordnungspunkt und den letzten dann in etwas mehr Ruhe über die Bühne zu bringen. - Danke schön.

(Vereinzelt Beifall)

Ich beende damit die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung. Ihnen liegt der Antrag in der Drucksache 4/7135, eingebracht von der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU, vor. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen und einigen Stimmenthaltungen ist diesem Antrag mehrheitlich zugestimmt. Er ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag in der Drucksache 4/7159, eingebracht von der Fraktion DIE LINKE. Wer diesem Entschließungsantrag zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Mehrheitlich ist gegen diesen Entschließungsantrag gestimmt. Er ist somit abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 12 und rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Zukunft der Brandenburgischen Amts- und Arbeitsgerichte sichern!

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Ich eröffne die Aussprache. Herr Abgeordneter Loehr erhält das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Linke hat sich über den Stopp der Justizreform gefreut. Ja, wir haben es begrüßt, dass der Ministerpräsident persönlich hier ein Ende der Debatte gesetzt und die Justizreform vom Tisch gefegt hat.

Doch allein schon das Wort Justizreform ist vielleicht etwas weit gegriffen. Aus meiner Sicht war es eher ein punktuelles Schließungskonzept. Dieses dreijährige Verfahren hat - das wissen Sie alle - viel Verunsicherung hervorgerufen bei Justiz, bei Bürgern, bei Kommunen. Dem Landtag - daran möchte ich an dieser Stelle erinnern - lagen 13 Petitionen vor, in denen aus verschiedener Sicht von Rechtsanwälten, von der Deutschen Justiz-Gewerkschaft, von kommunalen Wohnungsunternehmen - ich könnte das fortführen - Gründe genannt worden sind, warum die Gerichte nicht geschlossen werden sollen.

Wozu diese ganze Aufregung? Für eine einmalige Einsparung in Höhe von 13 Millionen Euro - weniger als 0,13 % eines Landeshaushalts. Tatsächlich zweifeln wir diese Höhe an. 13 Millionen Euro - ist das die Wertschätzung, die wir der Justiz entgegenbringen, der dritten Gewalt? Die erste Gewalt baut sich gerade eben einen neuen Landtag, ein Schloss, für 120 Millionen Euro.

(Frau Alter [SPD]: Na, na!)

Ich bin hier ein Parlamentsneuling. Ich kann an dieser Stelle sagen: Die Ausstattung in diesem Haus ist sicherlich verbesserungswürdig. Bloß, wenn es auf der einen Seite gleich ein Schloss sein muss - und das für 120 Millionen Euro - und wir auf der anderen Seite über 13 Millionen Euro reden, dann finde ich, dass man schon die Kirche im Dorf lassen muss.

(Widerspruch bei der SPD - Dr. Klocksin [SPD]: Das können Sie jetzt vergessen! Sie haben sich jetzt disquali- fiziert!)

Zum Antrag selbst: Die Linke sperrt sich nicht gegen sinnvolle Reformen der Gerichte im Land. Doch bevor diese stattfinden, bedarf es aus unserer Sicht einer Analyse: Nicht so wie in Hessen, wo man vor vier Jahren Gerichte geschlossen hat und jetzt wieder 14-tägliche mobile Gerichtstage einführt, um die Lücke zu schließen.

Wir wollen auch in Zukunft eine bürgernahe Justiz. Für uns ist das Primat einer Reform die Bürgernähe. Die Justiz ausschließlich unter dem Blickwinkel der Finanzen oder durch die Brille des Finanzministers zu betrachten halten wir für den falschen Ansatz.

Wir haben hier heute, liebe Kolleginnen und Kollegen, eine sehr lebhafte Debatte über die Frage der friedlichen Revolution 1989 geführt. Ich möchte mit einer rhetorischen Frage schließen: Können wir es uns eigentlich leisten - einmal nicht wirtschaftlich betrachtet -, dass sich der Rechtsstaat, und sei es nur symbolisch, sichtbar und deutlich dort wieder zurückzieht, wo es 40 Jahre keinen Rechtsstaat gab? - Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE - Frau Alter [SPD]: Oh, oh! Das war eine sehr kritische Einschätzung!)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält der Abgeordnete Holzschuher.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag enthält drei Punkte: Einer davon ist falsch, einer ist überflüssig und einer ist jedenfalls für mich rätselhaft.

(Heiterkeit des Abgeordneten Schulze [SPD])

Sie begrüßen in einem Punkt, was die Landesregierung tut. Das finden wir natürlich nicht falsch. Auch wir unterstützen die Landesregierung bekanntlich. Das ist ein wesentlicher Schwerpunkt unserer Tätigkeit, und ich freue mich, dass wir in dieser Hinsicht eine Gemeinsamkeit haben. Aber ein Beschluss, wie es in Ziffer 1 des Antrags formuliert ist, ist durch die Landesregierung bei genauerer Betrachtung aus meiner Kenntnis jedenfalls überhaupt nicht gefasst worden, sodass eine entsprechende Unterstützung insofern eher Verwirrung schafft, als das Thema zu erledigen.

Der zweite Teil Ihres Antrags ist überflüssig. Darin steht, dass die Justizstruktur berücksichtigen müsse, was Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz vorgibt: die Rechtsweggarantie. Das ist klar. Das wollen wir auch. Wir wollen das Grundgesetz im Land beachten. Das tun wir. Das wissen Sie. Auch die Amtsgerichtsstruk

tur im Land dürfte mit dem Grundgesetz in jeder Hinsicht im Einklang sein. Etwaige Überlegungen dazu haben diese auch nicht infrage gestellt. Dies ist demnach ein überflüssiger Teil.

Interessant ist für mich der dritte Teil; denn dieser verursacht bei mir einige Fragen. Er ist für mich, wie ich bereits sagte, rätselhaft. Danach soll kurz vor Ende der Legislaturperiode ein Gutachten zur Struktur der Amtsgerichte im Land in Auftrag gegeben werden, und zwar mit dem Ziel, zu klären, ob die derzeitige Struktur die richtige sei, ob es Veränderungen in der Zuständigkeit und in der Zahl der Amtsgerichte geben könne so verstehe ich zumindest den Antrag -, welche Erfahrungen man in anderen Ländern damit gemacht habe, welche Konzentrationen möglich seien und wie weit die Wege zu den Gerichten sein könnten. Dies alles ist durchaus interessant. Jedoch verstehe ich nicht, warum die Linke diesen Antrag stellt; denn bisher hatte ich die Linke immer so verstanden, dass sie sagt: Die derzeitige Struktur ist die einzig richtige,

(Zuruf der Abgeordneten Mächtig [DIE LINKE])

wir wollen keine Schließung der Amtsgerichte und keine Veränderung. - Wenn man dies so sieht, dann braucht man kein Gutachten. Wenn man es - ich beginne, es zu verstehen - nicht so sieht, so ist es aber der falsche Zeitpunkt.

Lassen Sie uns doch bitte kurz vor Ende der Legislaturperiode kein Thema beginnen, das wir für diese Legislaturperiode bereits beendet haben. Eventuell gibt es in der nächsten Legislaturperiode Ansätze zu neuen Überlegungen, aber heute und für die nächsten Monate

(Zuruf der Abgeordneten Mächtig [DIE LINKE])

sollten wir uns mit zentralen Themen im Land befassen. Diesen Antrag können wir aus den dargelegten Gründen leider nur ablehnen. - Danke.

(Beifall bei der SPD - Schulze [SPD]: Kollege Woidke hätte gesagt: Der Fisch ist geputzt!)

Für die DVU-Fraktion erhält der Abgeordnete Claus das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Die jahrelange Wackeltour der Landesregierung bei der Umbildung der Gerichtsorganisation ist ebenso ein Narrenstück wie das Herumgeeiere in diesem Haus, über den vorliegenden Antrag der Linken zu debattieren.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der vorliegende Antrag ist ein Paradebeispiel für Populismus. Ich erinnere dabei nur an das Verhalten der Linken zu unserem Antrag mit der Drucksache 4/4232 im März 2007, mit dem wir die Landesregierung aufgefordert haben, die wirtschaftliche Möglichkeit zur Einrichtung eines gemeinsamen Amtsgerichtsstandortes sowie zur Errichtung eines zentralen Grundbuchamtes für das Land Brandenburg zumindest prüfen zu lassen. Die Linke hatte sich sogar geweigert, eine notwendige Bedarfsanalyse im Sinne der optimalen Versorgung der Bevölkerung mit Amts- und Arbeitsgerichtsstandorten zu prüfen. Feige, wie die Linke nun einmal

ist, hat sie sich damals auf weitere Diskussionen im Rechtsausschuss zurückgezogen. Herr Sarrach, der diesem Haus mittlerweile den Rücken gekehrt hat, sagte damals wörtlich:

„Es muss das Gesamtkonzept des Ministeriums auf den Tisch und darunter ein Schlussstrich gezogen werden. Die geforderten Überlegungen müssten schon längst vom Ministerium aufgegriffen worden sein. Es wird im Rechtsausschuss wieder Gelegenheit sein, über den Stand der Reduzierung von Gerichten zu reden. Den Antrag der DVU lehnen wir ab. - Danke.“

Dies waren die Aussagen des Herrn Sarrach.

Eine wirtschaftliche, bürgerfreundliche und effektive Justiz ist ein wichtiger Wirtschaftsstandortfaktor und deshalb seit jeher Programm unserer Fraktion. Die Sparpolitik dieser Landesregierung ist hier der falsche Weg, meine Damen und Herren. Eine Schwächung der Justiz schwächt den gesamten Wirtschaftsstandort Brandenburg. Sie führt letztlich zu weniger Unternehmensgründungen, zu weniger Ansiedlungen sowie zu weniger Steuereinnahmen. Genau das wollten wir mit unserem damaligen Antrag verhindern. Zumindest ist erfreulich, dass das Justizministerium nun doch von der Schließung dreier Amtsgerichte absehen will.

Der Umgang der Linken mit diesem Thema ist jedoch entlarvend. Wir als Fraktion haben eine andere parlamentarische Kultur, nämlich eine demokratische.

(Dr. Klocksin [SPD]: Natürlich, ne!)