Protokoll der Sitzung vom 26.02.2009

(Heiterkeit)

Wir wissen beide, dass die Lehrer-Schüler-Relation - Herr Minister Speer hat in der letzten Debatte, die wir hierzu geführt haben, gesagt, er fürchte diese Lehrer-Schüler-Relation genauso wie ich - etwas ist, womit die Kultusministerkonferenz umgeht. Wir beide wissen auch, was sich dahinter versteckt und dass sie sich im Land Brandenburg nicht so positiv entwickelt hat wie von Ihnen in der Schulressourcenkonzeption 2002 angenommen.

Im Übrigen sind im Schuljahr 2008/09 nur 115 neue Lehrerinnen und Lehrer eingestellt worden. Wir haben es schon nicht geschafft, diesen Einstellungskorridor von 200 Lehrerinnen und Lehrern einzuhalten. So lautet zumindest die Antwort der Landesregierung auf meine diesbezügliche Anfrage. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Ich beende die Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt und stelle den Antrag in der Drucksache 4/7259 zur Abstimmung. Wer dem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist ohne Stimmenthaltungen mit Mehrheit abgelehnt worden. - Ich schließe Tagesordnungspunkt 9.

Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, begrüße ich unsere Gäste von der Maxim-Gorki-Gesamtschule Kleinmachnow und wünsche euch einen angenehmen Nachmittag hier.

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Sicherung des Studienganges Kunst an der Universität Potsdam

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 4/7260

Wir beginnen die Debatte mit dem Beitrag des Abgeordneten Jürgens.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Tagesordnungspunkt schließt quasi nahtlos an den vorherigen an; es geht nämlich auch um Lehrerinnen und Lehrer.

Der große Maler Pablo Picasso hat einmal gesagt:

„Kunst wäscht den Staub des Alltags von der Seele.“

Nimmt man das ernst, so wird es nach den Ereignissen der letzten Wochen auf den Seelen in Brandenburg wohl sehr staubig werden.

An der Universität Potsdam wurden über Jahre hinweg Kunsterzieherinnen und Kunsterzieher ausgebildet. Der Studiengang Kunst genoss eine hohe Anerkennung. Hier wurden neue Wege der Kunstrezeption und der Kunstproduktion beschritten. Der Studiengang war in der Stadt Potsdam sehr gut verankert.

Trotz allem ist dieser Studiengang letzte Woche de facto abgeschafft worden. Im Sinne Picassos werden es die Seelen vor allem der Brandenburger Schülerinnen und Schüler in den nächsten Jahren schwerer haben, vom Staub befreit zu werden.

Die Gemengelage rund um den Beschluss ist einerseits klar und deutlich, andererseits recht kompliziert. Kunst ist ein Teil der schulischen Ausbildung. Der Anteil an den Wochenstunden beträgt laut Stundentafel rund 6,5 %. Bereits heute kann der Bedarf an Kunstunterricht nicht von fachlichen Personal gedeckt werden. Bei derzeit rund 200 - oder 115 - Neueinstellungen von Lehrkräften pro Jahr liegt der Anteil an Kunstlehrerinnen und Kunstlehrern bei zwölf Menschen. Noch - noch! kann die Universität Potsdam diese Anzahl aus eigener Kraft ausbilden. Aber der Bedarf an Lehrkräften steigt in den kommenden Jahren rasant an, sodass bis 2015 deutlich mehr Absolventinnen und Absolventen als heute gebraucht werden. In der gesamten Region Berlin-Brandenburg werden in den kommenden fünf Jahren deutlich mehr als 100 Kunstlehrerinnen und Kunstlehrer pro Jahr benötigt.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Anstatt für diesen Bedarf zu planen, wird genau das Gegenteil gemacht. Der Fakultätsrat der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam hat die zum Sommersemester auslaufende Professur Kunst denominiert, und das, obwohl gerade mit viel Geld die Ateliers für die Fakultät Kunst ausgebaut worden waren. Faktisch bedeutet das die Schließung des Studienganges, weil es die einzige Professur im Studiengang Kunst war. Was bitte ist ein Studiengang ohne Professur?

Aber hier wird es nun kompliziert. Natürlich liegt es uns als Linke fern - es sollte auch dem Parlament im Gesamten fernliegen -, aufgrund dieses Beschlusses an der Autonomie der Hochschulen zu zweifeln. Natürlich kann ich die Universität Potsdam verstehen, wenn sie im Rahmen des bundesweiten Wettbewerbs der Hochschulen und vor dem Hintergrund der Exzellenzinitiative versucht, ihre Stärken weiter auszubauen. Die Professur Kunst fiel dem Cluster Empirische Bildungsfor

schung zum Opfer; dort wurde sozusagen ein ganzes Paket aus fünf Professuren geschnürt.

Sosehr zu verstehen ist, dass die Uni-Leitung angesichts der Unterfinanzierung zu einem solchen Schritt gezwungen war, so wenig kann allerdings die uniinterne Herangehensweise akzeptiert werden. In einem fast zwei Jahre währenden Prozess wurden ständig neue, nicht immer demokratische Wege gesucht, eine Schließung des Studiengangs zu erreichen. Es ist engagierten Wissenschaftlern und Studierenden - einige sitzen heute im Publikum - des Studiengangs, aber auch dem Fachschaftsrat und dem AStA der Uni Potsdam zu verdanken, dass die Niederlage wenigstens hinausgezögert und immer wieder Öffentlichkeit hergestellt wurde. Alle Abgeordneten haben ja in dieser Woche noch einmal ein Schreiben von Verantwortlichen des Studiengangs und der BDK bekommen.

Die Argumente für eine Schließung wurden mehrfach widerlegt. Der Bedarf für die Ausbildung ist gegeben; das gibt die Landesregierung auch zu. Die Universität der Künste in Berlin hat weder die Kapazitäten für eine gemeinsame Ausbildung, noch sind die Studienordnung oder die Ausbildung an sich miteinander kompatibel. Die angestrebte Kooperation beider Hochschulen ist jedenfalls immer noch nicht geklärt. Die angeblich mangelnden Forschungsanteile des Studiengangs Kunst können durch eine bestehende Zusammenarbeit mit dem Institut für Künste und Medien gewährleistet werden.

Auch gibt es schon akkreditierte Kunststudiengänge mit nur einer einzigen Professur, nämlich in Hildesheim und in Hannover.

Alles spricht gegen diesen Beschluss. Aber er ist nun so gefallen, könnte man sagen. Aus unserer Sicht, aus Sicht der Fraktion DIE LINKE, gibt es zwei entscheidende Punkte, welche das Ergebnis der Fakultätsratssitzung bedenklich machen.

Erstens ist diese Ausbildung von Kunstlehrerinnen und Kunstlehrern von erheblichem Landesinteresse. Herr Rupprecht selbst hat die Entscheidung der Universität sehr bedauert. Allerdings muss ich Sie fragen, Herr Rupprecht: Warum konnte Ihr Ministerium nicht zusammen mit dem Wissenschaftsministerium den Bedarf an Mitteln wegen der hohen Bedeutung der Ausbildung weiterhin sicherstellen?

Zweitens - das ist der zweite entscheidende Grund - obliegt laut Hochschulgesetz die endgültige Entscheidung über die Schließung eines Studiengangs der Ministerin für Wissenschaft. Da die Universität Potsdam eine De-facto-Schließung des Studiengangs beschlossen hat, wäre hier ihr letztes Wort gefragt.

Kurzum: Der Bedarf für Absolventen des Studienganges Kunst ist da. Die geplante gemeinsame Ausbildung mit der UdK ist nicht möglich. Das Land muss aufgrund seines eigenen Interesses Mittel für die Professur Kunst zur Verfügung stellen, und - was viel wichtiger ist - es muss das Signal ausgehen, dass wieder immatrikuliert werden kann. Darum meine Bitte um Zustimmung zu unserem Antrag im Sinne der Kunst und der verstaubten Seelen. - Danke schön.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Wir setzen mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Es spricht die Abgeordnete Geywitz.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Jürgens, herzlichen Dank für diesen Antrag. Er gibt uns die Gelegenheit, über die Zukunft des Studienfachs Kunst an der Universität Potsdam zu sprechen. Es ist angesichts der Debatte der letzten Wochen und auch der Informationen im Wissenschaftsausschuss zu diesem Thema durchaus hilfreich, das noch einmal in der Öffentlichkeit zu diskutieren.

Richtig ist: Wir brauchen Kunstlehrer. Wir brauchen ausgebildete Fachlehrer auch in diesem Fach. Das wird häufig unterschätzt. Aber es ist wichtig, dass das Fach professionell unterrichtet wird, um Zugang zu Kunst zu haben.

Da stellt sich natürlich die Frage: Wie kann das erfolgen? Im Land Brandenburg hieß es bis jetzt immer, dass diese Aufgabe von der Universität Potsdam übernommen wird. Es ist unstrittig, dass es Aufgabe des Landes ist, sich darüber einen Kopf zu machen, wie auch in Zukunft garantiert ist, dass Fachlehrer in Kunst zur Verfügung stehen.

Ich habe gerade im Bereich der meiner Meinung nach notwendigen Schulressourcenplanung angesprochen, dass wir uns nicht nur um die Frage der VZE im Haushalt des Bildungsministeriums einen Kopf machen müssen, sondern die Lehrerausbildung noch stärker ins Visier nehmen.

Es ist nicht so, dass wir hier die Stellen der Universität Potsdam diskutieren und Professorenstellen vergeben. Herr Jürgens, ich vermute, das ist auch nicht Ihre Erwartungshaltung. Es kann aus meiner Sicht auch nicht so sein, dass die Universität Potsdam nach einer internen Diskussion einfach sagt: Okay, wir schließen den Studiengang Kunst. Wenn der Landtag oder die Landesregierung dringend Kunstlehrer brauchen, müssen sie uns einfach eine Stelle mehr geben. Dann geht das auch wieder. - Das ist sicherlich keine Art und Weise des Umgangs. So können wir auch nicht miteinander arbeiten, sondern wir haben eine, wie ich denke, auch fraktionsübergreifende Verständigung erzielt, wonach wir autonome Hochschulen wollen, die sich strukturieren, die aber durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur mit Zielvereinbarungen geführt werden. Es wird eine wesentliche Aufgabe des Wissenschaftsministeriums in der nächsten Zukunft sein, im Rahmen der Kooperation mit der Universität Potsdam zu sprechen, wie wir zu den Fachlehrern kommen, die das Land benötigt. Wir haben Diskussionen im Bereich der Sonderpädagogen.

Das Ministerium hat gesagt, durch Kooperation mit der UdK ist es möglich, die Fachlehrerversorgung abzusichern. Dazu habe ich mittlerweile gegenteilige Informationen. Man kann es nicht so machen, wie Sie es hier vorschlagen, nämlich einfach zu sagen: Okay, komme was wolle, egal welchen Haushalt sie beschlossen haben, wir holen jetzt einfach aus dem Nichts eine neue Professur und geben das Geld, das nicht im Haushalt vorgesehen ist, der Universität.

Was aber passieren muss, ist Folgendes: Wir benötigen eine ganz klare Antwort der Landesregierung, wie sichergestellt werden soll, dass in Zukunft die benötigten Fachlehrer im Studiengang Kunst für das Land zur Verfügung stehen. Dieses wichtige Unterrichtsfach darf nicht dauerhaft strukturell fachfremd unterrichtet werden. Das wäre der Qualität des Bildungssystems auf jeden Fall abträglich.

Ich freue mich, dass wir heute aufgrund Ihres Antrags die Gelegenheit haben, dazu noch einmal ein paar deutliche Worte der Landesregierung zu hören. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Sie lehnen also ab?)

Für die DVU-Fraktion spricht der Abgeordnete Norbert Schulze.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! DIE LINKE sollte sich einmal entscheiden, was sie eigentlich will. Möchte sie nun die Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen stärken sowie die Autonomie der Hochschulen erweitern, oder möchte sie starre staatliche Reglementierungen? Das Ausscheiden einer Professorin an einer Universität ist eine natürliche Angelegenheit. Es obliegt unserer Meinung nach der Autonomie der Hochschule, wie sie die Studiengänge organisiert. Nicht umsonst haben wir ein wirksames, leistungsorientiertes Mittelverteilungsmodell, zu dem sich unsere Hochschulen grundsätzlich positiv äußern.

Wir wollen und können den Hochschulen keine neuen Vorschriften erteilen. Wir vertreten die Auffassung, dass Entscheidungen des Fakultätsrats zu akzeptieren sind. Selbstverständlich ist es für uns, dass alle Studierenden an einer Universität auch eine fachgerechte Betreuung finden müssen. Eine Kooperation mit der UdK Berlin wäre ein mögliche Option. Wie gesagt, die Verhandlungen dazu sind noch nicht abgeschlossen. Wir halten einen Eingriff der Politik im vorliegenden Fall nicht für notwendig.

(Beifall bei der DVU)

Der Abgeordnete Dr. Niekisch spricht für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Otto von Bismarck war sicherlich kein ausgewiesener Bildungspolitiker, sondern ein Außenpolitiker. Aber die Bismarck'sche Weisheit: Politik ist die Kunst, das Wünschbare mit dem Machbaren in Einklang zu bringen, ist ein guter, seriöser und vernünftiger Grundsatz, den wir auch in dieser Debatte als Grundlage oder als Maßstab anlegen sollten.

Aus Sicht der CDU-Fraktion ist es durchaus verständlich, dass sich Fachschaftsinitiativen und Studenten gegen die mögliche Schließung eines Fachbereichs wenden oder demonstrieren. Dass der künstlerische Studiengang zur Disposition steht oder stehen könnte, ist sicherlich aus deren Sicht betrüblich. Dem muss man durchaus nachgehen. Wenn Menschen sich nicht um künstlerische Bildung bemühen und in Kunst nicht ausgebildet wird und wenn es vor allen Dingen keine ordentlichen Grundlage gibt, ist das etwas, was wir weder im Land Brandenburg noch an anderen Universitäten so hinnehmen können.

Das Gutachten der Expertenkommission für die Lehrerbildung an der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam, das sogenannte Lemmermöhle-Gutachten, attestiert dem Stu

diengang, dass dieser ressourcenmäßig unterausgestattet sei. Die Empfehlung ist, den bisherigen Lernbereich Musisch-Ästethische Erziehung entweder zu einer forschungsmäßigen Einheit auszubauen oder an die Universität der Künste in Berlin zu verlagern. Das Problem wird also gesehen, ist erkannt, und jetzt muss geprüft und entschieden werden.

Um den anerkannten Bedarf an Kunstlehrern in Brandenburg auch künftig decken zu können, hat die Universität Potsdam schon vor über einem Jahr oder im Frühsommer des vergangenen Jahres mit der Universität der Künste in Berlin Gespräche über eine Kooperation in der Kunstlehrerausbildung aufgenommen. Ziel dieser Gespräche ist eine mögliche Kooperationsvereinbarung, in der vorgesehen werden kann, dass die Studenten im Studiengang Kunst, Lehramt, an der Universität der Künste ausgebildet werden können. In Potsdam dagegen soll parallel die Ausbildung im zweiten Fach sowie in den erziehungswissenschaftlichen Fächern erfolgen.