cherweise genügend Ehrgeiz und Willen besitzen, dieses Studium durchzuziehen und erfolgreich zu beenden.
Die Hochschulen stehen ebenso in der Pflicht, weitere berufsbegleitende Studienangebote zu schaffen, damit sich Arbeitnehmer neben ihrem Beruf weiter qualifizieren können. Viele Arbeitnehmer würden dies begrüßen. Die bestehenden Angebote sind zwar gut, jedoch ist das Potenzial noch nicht ausgeschöpft. Für die Verstärkung der Studierneigung sind vor allem auch - das möchte ich zum Schluss meiner Rede hervorheben - sogenannte Schüler-Alumni wichtig. Alumni sind diejenigen, die bereits erfolgreich studiert haben und im Berufsleben stehen, aber noch jung sind. Sie können auf Augenhöhe mit Schülerinnen und Schülern sprechen und somit viel besser als jede Kampagne und jede Werbebroschüre darüber informieren, was mit dem Studium für einen persönlich und natürlich auch für die Volkswirtschaft herausgeholt werden kann.
Drittens: die Schule. Wir haben den Weg der Experimente in Brandenburg bekanntlich verlassen. Wir konzentrieren uns.
Wir fördern die Leistungsfähigkeit und haben vor allem im oberen Bereich viele Möglichkeiten geschaffen, Allgemeinbildung und vor allem mathematische, naturwissenschaftliche und technische Orientierung zu verstärken bzw. dort mit der Förderung weiter anzusetzen;
denn wenn ein Ingenieurmangel zu verzeichnen ist, muss es auch mathematisch-naturwissenschaftliche Fächer bis zum Abitur geben. Wenn diese zwei Jahre vorher abgewählt werden, hat man möglicherweise nicht mehr die Chance, sich darauf zu orientieren.
Aus diesem Grund gilt Folgendes: Wenn wir diesen Weg weiter beschreiten, wenn wir konsequent sind und bis zum Jahr 2015 den Beschluss des berühmten Bildungsgipfels von Dresden einlösen,
10 % unseres Bruttoinlandsprodukts für die Bildung zu investieren, dann braucht uns in Deutschland und in Brandenburg in der Krise - während und auch nach der Krise - nicht bange zu sein. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion im Landtag sorgt sich laut Antrag um den abzusehenden Mangel
an Fachkräften im Land. Deswegen soll heute in der Aktuellen Stunde über Möglichkeiten und Strategien diskutiert werden, wie trotz Wirtschaftskrise einem Akademikermangel entgegenzutreten ist. Viele Möglichkeiten und Strategien habe ich bis jetzt noch nicht dazu gehört.
Das Ganze erinnert mich an eine schöne Fabel von Jean de La Fontaine. Darin geht es um Ameisen, die den ganzen Sommer über hart und fleißig arbeiten, ihr Haus bauen und Vorräte für den Winter anlegen, und um eine Grille. Die sagt sich: „Was für Narren sind doch diese Ameisen“, und sie sang, lachte, tanzte und spielte den ganzen Sommer lang. Es kam der Winter, und die Ameisen hatten es in ihrem Haus behaglich warm und genug zu essen. Die Grille jedoch, die weder für eine Unterkunft noch für Nahrungsvorräte gesorgt hatte, starb elend in der Kälte.
Der Mangel an Akademikerinnen und Akademikern, meine Damen und Herren von der CDU, ist nicht erst heute aktuell. Er ist nicht erst aktuell durch die Krise, er wächst nicht erst heran, sondern ist seit vielen Jahren bekannt.
Seit vielen Jahren tun Sie offensichtlich viel zu wenig, um diesem Mangel entgegenzuwirken. Sie können nicht die ganze Legislaturperiode grillenhaft singen und tanzen und sich dann wundern, wenn das Problem der Fachkräftesicherung plötzlich über Sie kommt.
Erinnern Sie sich: Die Fraktion der PDS hatte im April 2005 einen Antrag in den Landtag eingebracht: Studierendenquote steigern, mehr Abiturientinnen und Abiturienten zum Abitur. Sie von der Koalition haben damals nur gesagt: Was für Narren sind doch diese Linken! - Meine Damen und Herren, DIE LINKE hat sich zu Recht wegen des absehbaren Mangels an Akademikern gesorgt.
Eine zweite grundsätzliche Bemerkung möchte ich zu Ihrem Antrag machen: Ja, es geht um einen sich abzeichnenden Fachkäftemangel, insbesondere in den technischen Berufen. Aber es kann nicht ausschließlich darum gehen, die Rolle der Hochschulen bei der Sicherung der Zukunft von Wachstum und Beschäftigung zu diskutieren. Hochschulen sind eben keine reinen Produktionsstätten für Fachkräfte, aber die Wissenschaftspolitik dieser Landesregierung zielt oft genug genau in diese Richtung.
Das ist eine Vereinfachung, die wir nicht mitmachen. Im Hochschulgesetz lautet der erste Satz bei der Beschreibung der Aufgaben der Hochschulen:
„Die Hochschulen dienen der Pflege und Entwicklung der Wissenschaften und Künste durch Lehre, Forschung, Studium und Weiterbildung.“
Bei aller Verantwortung für die Ausbildung von Fachkräften dürfen wir diese Dimension von Wissenschaft nicht vergessen. Trotzdem ist es angebracht, über die Frage zu diskutieren, wie wir dem beschriebenen Mangel entgegentreten können. Es gibt
dazu eine Menge zu sagen. Wenn man dieses komplexe Thema Fachkräftesicherung sinnvoll angehen möchte, muss man sich die verschiedenen Phasen anschauen, die junge Menschen auf dem Weg zum Studienabschluss durchlaufen. Dabei kommt man ganz schnell zu einer zentralen Erkenntnis: Gute Bildung für alle, und zwar von Anfang an!
Das ist eine Erkenntnis, die hier im Saal manche schon länger haben, andere erst seit wenigen Wochen. Diese Erkenntnis darf man aber nicht nur formulieren, sondern sie muss auch realisiert werden. Will man wirklich mehr Menschen zum Studium bringen, muss man früh ansetzen. Bereits in der Kita und in der Grundschule werden die Grundlagen für Lernfreude, Forscherdrang und Neugier gelegt. Bereits hier braucht es Lehrkräfte, die Spaß am Experimentieren und Lust auf Lernen wecken. Schon in der Grundschule schlägt die soziale Selektivität zu. Nach Aussagen der PISA-Studie 2006 tut sie das in Brandenburg besonders heftig. Das, meine Damen und Herren, ist das Ergebnis der Politik Ihrer Koalition.
Was wir an potenziellen Ingenieuren, Doktoranden und Professoren aufgrund der starken Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft bereits hier verlieren, ist angesichts des drohenden Mangels unverantwortlich. Sie haben die Hürden im Bildungssystem in dieser Legislaturperiode kontinuierlich erhöht und damit einen Teil des Akademikermangels selbst mit organisiert.
Neben der Notwendigkeit, Interesse an Bildung so früh wie möglich zu wecken, heißt darum die wichtigste Maßnahme: Machen Sie unser Bildungssystem sozial gerechter, verbessern Sie deutlich die Durchlässigkeit des Schulsystems, vergeuden Sie nicht schon im Kindesalter das Potenzial dieses Landes mit überflüssigen sozialen Hürden!
Wenn man vom Bedarf an Fachkräften redet und eine gute Ausbildung von jungen Menschen meint, dann muss man auch über die Qualität von Bildung reden. Hier hat sich die Situation verschlechtert. Ich will darauf nicht näher eingehen und sage nur: Schulschließungen und Lehrermangel wirken sich negativ auf die Fachkräftesicherung aus.
Ich möchte noch einen dritten Punkt ansprechen. Es wird besonders in den technischen Berufen ein Mangel erwartet. Vor allem Ingenieure und Naturwissenschaftler werden in den nächsten Jahren gebraucht. Da wäre es doch sinnvoll, insbesondere diese Fächer in der Schule zu stärken. Aber leider gibt es in Brandenburg nicht wie in anderen Bundesländern schon in der Grundschule ein komplexes Fach „Naturwissenschaften und Technik“. Leider werden in Brandenburg viel zu wenig Lehrer besonders in Mathematik und Physik ausgebildet. Eine grundständige Ausbildung von Berufsschullehrerinnen und -lehrern gibt es in Brandenburg überhaupt nicht.
Die zweite Phase ist der Übergang von der Schule zur Hochschule. Nur 45 % eines Jahrgangs in Brandenburg gehen überhaupt zum Abitur. Die Übergangsquote der Abiturienten ist mit unter 60 % bundesweit genauso Schlusslicht wie die Studienanfängerquote mit 26 %. Die zweite große Aufgabe ist es also, die Abiturienten davon zu überzeugen, ein Studium zu beginnen. Da gibt es mittlerweile etliche gute Initiativen der Hochschulen, welche die Kooperation zwischen Schule und Hochschule verbessern: Kinderuniversitäten, Projektwochen, Studienbeauftragte für die Schulen oder die Juniorstudierenden. Auch die Kontaktstellen der Hochschulen etwa in der Prignitz sind ein Beispiel dafür, wie sich Hochschulen darum bemühen, um künftige Studierende zu werben.
Aber auch die Lehrerinnen und Lehrer müssen die Chance haben, das System Hochschule durch Weiterbildung kennenzulernen. Insofern ist eine ordentliche Lehrkräftefortbildung ein Baustein, damit schon in der Schule Lust auf ein Studium vermittelt werden kann.
Doch wir brauchen nicht nur mehr Abiturienten an den Hochschulen. Um den Bedarf an Fachkräften wirklich zu decken, müssen wir den Zugang zum Studium verbreitern und flexibler gestalten. Die Linke hat sich hierfür seit Jahren stark gemacht, und deshalb begrüßen wir die entsprechende Neuregelung im Hochschulgesetz. Es ist richtig, auch Menschen mit Berufsausbildung und Berufserfahrung den Zugang zum Studium zu gewähren. Wirklich gut ist auch die Werbekampagne der Landesregierung, mit der für ein Studium in Brandenburg geworben wird.
- Aber, Frau Lehmann, genau hier wird das eigentliche Problem deutlich. Aus Sicht der Linken gibt es zwei große Hürden zwischen dem Beginn und dem Ende eines Studiums, die auch keine Werbekampagne vergessen machen kann. Zum einen fehlt ein sozial abgesichertes Studium, und zum anderen fehlt ein qualitativ hochwertiges Studium. Laut der Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes ist der Hauptgrund der Abiturienten dafür, kein Studium zu beginnen, die Sorge um die finanzielle Absicherung. Fast zwei Drittel aller Studierenden müssen neben dem Studium arbeiten, um sich den Lebensunterhalt zu verdienen, was angesichts der Bologna-Reform nahezu unmöglich wird.
Es mag eine Verbesserung beim BAföG gegeben haben, aber ausreichend war diese Änderung bei weitem nicht. Nötig wäre ein wirklich existenzsicherndes, elternunabhängiges BAföG. Die Frage der sozialen Selektivität zieht sich in Brandenburg durch die gesamten Phasen der Bildung. Auch für die Hochschulausbildung bedeutet das für uns: Lassen Sie uns das Studium sozial gerechter machen, verbreitern wir den sozialen Trichter - und wir gewinnen junge Menschen!
Auch die zweite Hürde muss dringend beseitigt werden: die mangelnde Qualität der Lehre. Die Linke freut sich über den deutlichen Zuwachs an Studienanfängerinnen und -anfängern. Aber während die Studierendenzahlen seit Jahren steigen, manchmal sogar über 10 %, während wir in Brandenburg mittlerweile 46 800 Studierende haben, bleibt die Zahl der personalbezogenen Studienplätze konstant. Wie können Sie eine hohe
Qualität der Lehre garantieren, wenn Hörsäle voll und Dozentinnen und Dozenten überlastet sind? So hat sich beispielsweise die Fachstudiendauer in Brandenburg in allen Abschlussarten seit dem Jahr 2000 deutlich erhöht. Hier stechen gerade viele technische und naturwissenschaftliche Studiengänge hervor.
Auch hinsichtlich der Abbruchquote liegen ingenieur- und naturwissenschaftliche Studiengänge mit 25 % und mehr an der Spitze. Das Problem der schlechten Betreuung in den Studiengängen lösen Sie nicht durch ein Mentoringprogramm. Was hier gebraucht wird, sind mehr Stellen in der Lehre. Für die Ausbildung von Fachkräften brauchen wir auch mehr Fachkräfte in den Studiengängen.
Schlussendlich müssen wir die ausgebildeten Fachkräfte auch im Land halten. Es gibt keine einfachen Lösungen, um dem Mangel an Akademikern entgegenzuwirken. Aber es gibt einige klare Schritte, die heute nötiger sind denn je. Wir müssen die Begeisterung für Lernen und Bildung wecken. Wir müssen die Qualität der Bildung erhöhen. Wir müssen die soziale Auslese in der Bildung verringern. Zu allen drei Schritten habe ich Ihnen die Vorschläge der Linken benannt. Lassen Sie uns gemeinsam diese Schritte gehen, um das Problem der Fachkräftesicherung zu verringern. Dann wären wir auch wieder bei der am Anfang erwähnten Fabel. In der Originalversion dieser Fabel des Griechen Äsop haben die Ameisen der Grille geholfen. - Vielen Dank.