Protokoll der Sitzung vom 01.04.2009

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nun haben wir heute einen Gesetzentwurf der Landesregierung auf dem Tisch, der die Untersuchungshaft in Brandenburg erstmals regelt und folglich ein Novum in diesem Lande ist. Es ist zunächst ausdrücklich zu begrüßen, dass die Landesregierung etwas anderes zu Papier gebracht hat als ein Kultur- und Erholungsgesetz für Strafverdächtige, das womöglich noch die Mindesttemperatur für Warmduscher festlegt.

Zentraler Punkt ist die Aufgabe des Gesetzes, durch eine solche Unterbringung der Untersuchungsgefangenen die Durchführung eines geordneten Strafverfahrens zu gewährleisten und der Gefahr weiterer Straftaten zu begegnen. Dementsprechend dient der Vollzug der Untersuchungshaft weder der Sanktionierung noch der Resozialisierung der Häftlinge. Diese Intention muss sich selbstverständlich in der Art und Weise des Vollzugs niederschlagen. Das ist die eine Sache.

Auf der anderen Seite möge man bedenken, dass die Hürde für die Anordnung der Untersuchungshaft durch das Gericht nach dem derzeitigen § 112 der Strafprozessordnung durchaus sehr hoch ist; denn es braucht sowohl einen dringenden Tatverdacht als auch einen Haftgrund, etwa wenn Flucht- und Verdunklungsgefahr besteht. Mit anderen Worten: Die Untersuchungshaft findet ihre Rechtfertigung darin, dass mit großer Wahrscheinlichkeit der Häftling nicht nur der Täter war, sondern durch sein Verhalten oder seine Lebensumstände die Gefahr begründet, das Strafverfahren zu erschweren. Daher sind auch für die Untersuchungshaft Bedingungen zu fordern, die in allererster Linie nicht das Wohl und die Lebensfreude der Häftlinge, sondern die Sicherung der Allgemeinheit im Blickfeld haben.

Die DVU-Fraktion wird der Ausschussüberweisung selbstverständlich zustimmen und sich dafür einsetzen, dass die vorge

nannten Maßnahmen im weiteren Verfahren umgesetzt werden. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Der Abgeordnete Werner setzt für die CDU-Fraktion fort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich stimme Kollegen Holzschuher insofern zu, als hier in der Tat ein guter Gesetzentwurf vorliegt. Ich sehe nicht allzu viel Diskussionsbedarf, gleichwohl kann man sich natürlich über Details noch im Ausschuss verständigen.

Die Ergebnisse der Föderalismuskommission sind nun einmal so, wie sie sind. Über die Sinnhaftigkeit der Ergebnisse kann man sicherlich an der einen oder anderen Stelle geteilter Meinung sein. Wir wissen, dass die Landesregierung Brandenburgs dafür gekämpft hat, dass gerade für den Strafvollzug die Zuständigkeit weiterhin beim Bund liegt und nicht auf die Länder aufgesplittet wird. Das hätte möglicherweise zur Folge gehabt - Kollege Holzschuher hat es dargelegt -, dass wir auf ein Jugendstrafvollzugsgesetz noch lange Zeit hätten warten müssen. Insofern kann man an dieser Stelle der Föderalismusreform und auch der Fristsetzung zum 01.01.2010 vielleicht doch etwas Gutes abgewinnen.

Es ist gut, dass elf Bundesländer sich verständigt haben, identische Gesetzentwürfe zu erarbeiten. Dass die anderen fünf Länder nicht dabei sind, ist schlichtweg der Tatsache geschuldet, dass sie alle Strafvollzugsarten in einem Gesetz regeln, also keine getrennten Gesetze nach Jugendstrafvollzug, allgemeinem Strafvollzug und Untersuchungshaft erlassen, sondern jeweils ein kompaktes Gesetzeswerk vorlegen wollen bzw. schon erarbeitet haben.

(Schulze [SPD]: Alle in den gleichen Steinbruch!)

Man kann, wie gesagt, über Details noch reden. Es ist sicherlich das gute Recht der Opposition, eine Anhörung zu verlangen. Ob diese zu fundamental neuen Erkenntnissen führen wird, will ich dahingestellt sein lassen. Aber es dürfte doch ein interessanter Vormittag werden, wenn wir noch einmal einige Fachleute dazu hören.

Insofern darf ich Sie um die Überweisung dieses Gesetzentwurfs bitten. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Holzschuher [SPD])

Vielen Dank! - Meine Damen und Herren! Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs in der Drucksache 4/7334 an den Rechtsausschuss. Wer dem Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Beides ist nicht der Fall. Dem Überweisungsvorschlag ist einstimmig gefolgt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 10 und rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Gesetz zur Einführung des Einheitlichen Ansprechpartners für das Land Brandenburg und zur Änderung weiterer Vorschriften

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 4/7370

1. Lesung

Minister Junghanns eröffnet die Debatte für die Landesregierung.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt, kurz „Europäische Dienstleistungsrichtlinie“ genannt, ist bis zum 28. Dezember 2009 umzusetzen.

Die Europäische Dienstleistungsrichtlinie - sehen wir sie als Chance oder als notwendiges Übel? Die Diskussion im Rahmen der Entstehung, dann über die Ausprägung und schließlich über die Beschlussfassung war sehr intensiv. Ich möchte sie kurz in Erinnerung rufen, um die Grundlagen der Regelung zu verdeutlichen.

Welcher Zweck wurde verfolgt? Die Kommission hatte zur damaligen Zeit in ihrem Bericht über den Stand des Binnenmarktes für Dienstleistungen festgestellt, dass es zahlreiche Hindernisse gibt, die die grenzüberschreitende Dienstleistungstätigkeit behindern oder gar bremsen. Die Dienstleistungsbranche besteht europaweit überwiegend aus kleinen und mittleren Unternehmen. Weiterhin stellte die EU-Kommission fest, dass gerade der Dienstleistungsmarkt in den Mitgliedsstaaten mit 70 % zum Bruttoinlandsprodukt beiträgt. Die Europäische Dienstleistungsrichtlinie soll daher insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen eine Hilfe darstellen, um über nationale Grenzen hinauszuwachsen und uneingeschränkt den Nutzen aus dem Binnenmarkt der EU der 27 zu ziehen. Davon verspricht sich die Europäische Gemeinschaft eine nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftslebens - das versprechen wir uns auch - und, damit verbunden, ein hohes Beschäftigungsniveau. Dazu soll eine höhere Transparenz und eine bessere Information der Verbraucher erreicht werden. Das sind Fragen, mit denen auch wir tagtäglich konfrontiert werden.

Die EU-Dienstleistungsrichtlinie ist also praktizierte KMUFörderung. So ist sie angelegt, mit ganz konkreten Angeboten und Erleichterungen für die Dienstleister im Binnenmarkt. Ein kundiger Scout, der Einheitliche Ansprechpartner, soll auf Wunsch des Dienstleisters durch den Zuständigkeitsdschungel führen. Die notwendigen Verfahren zur Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit sollen auch elektronisch und aus der Ferne, also per Internet, abzuwickeln sein. Hier sind der Einheitliche Ansprechpartner wie auch die zuständigen Behörden gleichermaßen gefordert, weil die Dienstleister den Weg über den Einheitlichen Ansprechpartner wählen können,

aber nicht müssen. Der Dienstleister kann sich auch direkt an die zuständigen Behörden wenden, die ihre Genehmigungsverfahren auch über das Internet anzubieten haben. Diese Verfahren - das soll im Grundsatz immer wieder festgestellt sein sollen innerhalb einer festgelegten angemessenen Frist bearbeitet werden. Nach deren Ablauf soll die Genehmigung grundsätzlich als erteilt gelten. Genehmigungen sollen grundsätzlich bundesweit und unbefristet gelten. Gebühren für die Verfahren dürfen nur kostendeckend sein. Wir haben im Land verbreitet die Praxis der Opportunitätskostenkalkulation. Die Genehmigungsregelungen sollen erforderlich und nicht diskriminierend sein.

Das alles sind Konditionen, die in diesem Verfahren zu berücksichtigen sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung sieht die Europäische Dienstleistungsrichtlinie als Chance an, den Wirtschaftsstandort Brandenburg - konkret: den Dienstleistungssektor - zu stärken und auf seinen nationalen und internationalen Wegen zu unterstützen. Der Dienstleistungssektor ist auch für unser Land Brandenburg bedeutsam. Nach Angaben des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg aus dem Jahr 2007 sind über 73 % der Erwerbstätigen im Dienstleistungsgewerbe tätig. Damit liegen wir über dem Bundesdurchschnitt.

Ich möchte an dieser Stelle mit Blick auf die mittelständischen Strukturen auch feststellen: Dieser Bereich ist ein, wenn nicht sogar der Jobmotor in unserem Land. Im Jahr 2008 hatten wir rund 17 300 Gewerbeanmeldungen von deutschen Einzelunternehmerinnen und -unternehmern. Daneben gab es aber auch knapp 1 200 Gewerbeanmeldungen von Unternehmerinnen und Unternehmern mit ausländischer Staatsangehörigkeit; die Hälfte von ihnen kam aus unserem Nachbarland Polen.

Ich will nicht behaupten, dass durch die Umsetzung der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie die Zahl der Gewerbeanmeldungen nach oben geht. Das wäre, auch angesichts der wirtschaftlichen Lage, eher eine vermessene Bewertung. Wir haben aber Grund zu der Hoffnung, dass wir europaweit, nicht nur für Brandenburg, in der Dienstleistungsbranche durch die Verfahrenserleichterungen neue Impulse setzen können, sodass die Dienstleister ihre Hauptenergie auf ihr eigentliches Geschäft konzentrieren können. Deshalb wollen wir die Verfahrenserleichterungen der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie nicht nur auf ausländische Dienstleister anwenden, sondern diese Verfahrensvereinfachungen gelten auch für inländische Unternehmerinnen und Unternehmer. Auf diese Linie der Inländerberücksichtigung haben sich die Wirtschaftsminister aller Bundesländer geeinigt.

Im Übrigen gilt, dass Brandenburger Dienstleister diese Verfahrenserleichterungen auch auf anderen Märkten der Europäischen Union spüren werden, in die sie mit ihren Angeboten expandieren wollen. An dieser Stelle sei betont, dass es immer um ein Verfahren geht, das auf Zweiseitigkeit beruht, das heißt, wir erwarten natürlich, dass das, was wir anbieten, auch in den baltischen Staaten und in den Staaten West- und Südosteuropas zur Wirkung kommt.

Das Ihnen vorliegende Artikelgesetz dient dazu, die Vorgaben der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie im Land Brandenburg umzusetzen. Mithilfe der auf Landesebene abgeschlossenen Normenprüfung wurden die landesrechtlichen Vorschriften daraufhin untersucht, ob sie dem Anwendungsbereich der

Europäischen Dienstleistungsrichtlinie unterliegen. Dabei wurde selbstverständlich berücksichtigt, dass die Richtlinie - erstens auf bestimmte Tätigkeiten, zum Beispiel Finanzdienstleistungen, keine Anwendung findet, dass - zweitens - bestimmte Rechtsgebiete, zum Beispiel das Arbeitsrecht, nicht berührt werden und dass sie - drittens - auf sogenannte Jedermannanforderungen keine Anwendung findet, das heißt, auf Anforderungen, die vom Dienstleistungserbringer im Zuge der Ausübung seiner Wirtschaftstätigkeit genauso beachtet werden müssen wie von Privatpersonen.

Die identifizierten Fachgesetze wurden nun angepasst, indem das Verfahren über den Einheitlichen Ansprechpartner für das Land angeordnet wurde, Genehmigungsfristen und gegebenenfalls die Genehmigungsfiktion eingeführt wurden, die Geltung von Genehmigungen eines anderen Landes angeordnet wurde und nicht mehr notwendige Vorschriften gestrichen wurden. Diese zu ändernden Fachvorschriften liegen nun mit dem Artikelgesetz vor. Einzelne Gesetze - unter anderem das Brandenburger Dolmetschergesetz und das Gebührengesetz für das Land Brandenburg - werden bzw. wurden eigenständig eingebracht und unterliegen damit natürlich auch noch der Befassung dieses Hauses.

Ich möchte nun auf einige Gesetze näher eingehen. In Artikel 1 finden Sie das Gesetz über den Einheitlichen Ansprechpartner für das Land Brandenburg, durch das ihm die in der europäischen Dienstleistungsrichtlinie aufgeführten Aufgaben übertragen werden. Ferner wird der Geltungsbereich festgelegt. Beim Einheitlichen Ansprechpartner handelt es sich um eine Institution, die gemäß Artikel 13 des Landesorganisationsgesetzes beim Minister für Wirtschaft angesiedelt wird. Zudem wird die Landesregierung ermächtigt, die Zusammenarbeit zwischen dem Einheitlichen Ansprechpartner für das Land Brandenburg und den zuständigen Behörden durch Rechtsverordnung zu regeln. Zunächst soll jedoch versucht werden, die Zusammenarbeit mit den betroffenen Behörden einvernehmlich zu gestalten.

Außerdem wurde für den Fall, dass der Bund die Ausgestaltung der Anordnung des Verfahrens über den Einheitlichen Ansprechpartner auf die Länder - ich drücke es einmal flapsig aus - „abwälzt“, eine Regelung durch Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes getroffen. Wesentlich für uns: Aufgrund der Einführung des Verfahrens über die einheitliche Stelle musste auch das Brandenburgische Verwaltungsverfahrensgesetz angepasst werden. Bereits jetzt ist absehbar - das möchte ich auch für den Verlauf der parlamentarischen Beratungen erwähnen -, dass es zu weiteren Änderungen kommen kann, weil die nationale und internationale Abstimmung durchaus ein dynamischer Prozess ist. Dieser Anpassungsbedarf kann - je nach Arbeitsstand der verschiedenen Länder - dann auch bundesstaatlich umgesetzt werden und eventuell unsere Regelungen betreffen. Das gehört zur Richtigkeit und Aufrichtigkeit im Umgang mit dem sehr dynamischen Verfahren.

Die Landesregierung hat Artikel 2 zum Anlass genommen, das Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Brandenburg auf ein dynamisches Verweisungsgesetz umzustellen. Damit wird auch eines unserer wichtigsten Anliegen erreicht, nämlich die Angleichung der Normen an die des Landes Berlin. § 1 verweist künftig auf die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes. Ansonsten werden in diesem Gesetz die brandenburgischen Besonderheiten geregelt. Auch das brandenburgische Markscheidergesetz soll in Artikel 5 neu gefasst

werden. Damit soll neben der Umsetzung der europäischen Dienstleistungsrichtlinie ein Beitrag zum Abbau nicht mehr erforderlicher Regulierung geleistet werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Gesetzentwurf wurde ein wichtiger Meilenstein im Hinblick auf die rechtzeitige Umsetzung zum 28. Dezember dieses Jahres gesetzt. Weitere nicht minder wichtige Schritte müssen und werden folgen. So nutzte ich anlässlich meines Besuchs bei der CeBIT die Gelegenheit, das von uns bereits als Pilotprojekt entwickelte elektronische Verfahren selbst auszuprobieren, und zwar von der Anmeldung eines Dienstleistungserbringers über die Bearbeitung durch den Einheitlichen Ansprechpartner für das Land Brandenburg bis zu den zuständigen Behörden, die im Rahmen der Genehmigungen einbezogen sind.

An diesem Verfahren muss weitergearbeitet werden. Es sind insbesondere noch alle Prozessschritte abzubilden. Zudem sind Gespräche mit den zuständigen Behörden über die künftige Zusammenarbeit mit dem Einheitlichen Ansprechpartner im Land zu führen. Um eine Faustzahl zu nennen: Mehr als 50 Musterverfahren werden für die einzelnen Dienstleistungsbranchen gestaltet und dann in dieses System eingepflegt. Jedes Verfahren hat einen unterschiedlichen Beteiligtenkreis. Zudem bedarf es der Klärung von Rechtsfragen, zum Beispiel der Gültigkeit der elektronischen Signatur aus dem Ausland oder der Authentifizierung des Antragstellers. Für einige sind wir selbst zuständig. Die angesprochenen Rechtsfragen können wir jedoch nur in Zusammenarbeit mit dem Bund und der Europäischen Kommission klären.

Ein nächster Schwerpunkt für alle Betroffenen wird die Neuberechnung der Gebühren unter dem Gesichtspunkt der Kostendeckung sein. Wir versprechen uns im Gebührendschungel diesbezüglich eine Erleichterung bzw. eine Verbesserung im Sinne der Antragsteller.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die im Rahmen der Dienstleistungsrichtlinie erforderliche Normenprüfung wird uns als Daueraufgabe erhalten bleiben. Der Gesetzgeber bzw. ich möchte das an dieser Stelle noch abstrakter formulieren jede normgebende Stelle, also auch die Kammern und die Kommunen, sind künftig dafür verantwortlich, dass beschlossene Rechtsvorschriften mit der europäischen Dienstleistungsrichtlinie übereinstimmen.

Ich komme noch einmal auf meine Eingangsfrage „Die europäische Dienstleistungsrichtlinie - Chance oder Übel?“ zurück. Ich denke, dass wir sie mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung als Chance begriffen und gestaltet haben, als Chance für mehr Service und Kundenorientierung der öffentlichen Verwaltung im nationalen und internationalen Geschäftsverkehr, als Chance für den Abbau diskriminierender Regeln, als Chance und Katalysator für mehr Verwaltungsmodernisierung und Verwaltungsvereinheitlichung von Standards, als einen ganz großen Schritt hin zu mehr Europa, und zwar dort, wo wir es brauchen: im Geschäftsverkehr.

Am 7. Juni - dieser Exkurs sei mir gestattet - wird ein neues Europaparlament gewählt. Gegenwärtig erleben wir erneut und sehen klarer als zuvor, welcher Anstrengungen es bedarf, für den Finanzmarkt und das Wirtschaftsgefüge Europas aktiv tätig zu sein, die Herausforderung zu nutzen und Chancen für die Stärkung des Wirtschaftsraumes - auch im Wettbewerb mit an

deren globalen Wirtschaftsräumen - zu nutzen. Für mich kommt es nicht darauf an, dass in Brüssel der Krümmungsgrad einer Gurke bestimmt wird. Für mich kommt es vielmehr darauf an, dass im Verkehr der Dienstleistungen Europas für alle Beteiligten die Chancen vergrößert werden, mit guten Dienstleistungen und guten Produkten langfristig wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen. Wenn wir das in Form dieses Gesetzentwurfs beraten und zu beschließen haben, ist das ein Stück zukunftsweisende Arbeit an und für Europa, aber vor allem auch ein Stück zukunftsweisende Arbeit für die Stabilisierung der wirtschaftlichen Strukturen im Land Brandenburg. Meine Devise ist: Wir werden in dem Maße wirtschaftlich stärker, wie wir internationaler werden. - Danke, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei SPD und CDU)

Die Abgeordnete Stobrawa erhält für die Linksfraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dienstleistungsstube und Scout - das sind Begriffe im Zusammenhang mit diesem Gesetz, das zunächst einmal wirken muss, und zwar unter dem Blickwinkel, dass ich noch nicht so recht weiß, ob wir, Herr Minister, eher von Chancen oder eher von Risiken sprechen sollten; denn ich hatte, als ich Ihren Gesetzentwurf las, den Eindruck, dass Sie damit jungfräulich und unschuldig daherkommen. Unter anderem wird im Titel nicht einmal erwähnt, dass es um die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie geht. Ich weiß nicht recht, ob das Absicht oder ein Versehen war, ob Sie uns und der Öffentlichkeit damit möglicherweise vorgaukeln wollen, dass hier nur ein Gesetz zur technischen Umsetzung von irgendetwas, was in Brüssel ohnehin bereits beschlossen ist, lediglich der Beschlussfassung bedarf.

Ich erinnere mich noch sehr gut an den tausendfachen Protest gegen die Bolkestein-Richtlinie - also die EU-Dienstleistungsrichtlinie -, den vor allem Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, aber auch Nichtorganisierte vor Jahr und Tag lautstark vor und in das Europäische Parlament trugen.

Ich habe auch den Widerstand aus den Reihen des Europaparlaments - parteiübergreifend wohlgemerkt - und die Mahnung zahlreicher Abgeordneter nicht vergessen, die damals vor den Gefahren des ursprünglichen Ansatzes des Herrn Bolkestein und insbesondere vor dem Herkunftslandprinzip warnten. Ich habe die Warnung vor der neoliberalen Grundrichtung dieser Richtlinie nicht vergessen und auch nicht die Warnung vor den Gefahren, die von der beschlossenen Fassung der Dienstleistungsrichtlinie für die öffentliche Daseinsvorsorge in Deutschland und anderen Mitgliedsstaaten ausgehen werden.

Das alles haben wir nicht vergessen; denn wir haben den Prozess in Brüssel, im Bundestag und im Landtag Brandenburg kritisch begleitet. Wir wurden dafür nicht nur von der CDU-Fraktion, sondern auch von den Sozialdemokraten hart gescholten. Als der erste Antrag meiner Fraktion zu diesem Thema im Jahr 2005 hier zur Diskussion stand - er trug den Titel „Sozial statt marktradikal - Diese EU-Richtlinie muss verhindert werden!“ - hieß es, die PDS habe in ihrem Antrag nur fundamentale Positionen aneinandergereiht. Der damalige Europaausschussvorsitzende erklärte: