Meine Damen und Herren, machen wir uns doch nichts vor, wir werden die nächsten 10 bis 15 Jahre damit beschäftigt sein, die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren, die infolge der Krisenentwicklung und der bereitgestellten Milliardensummen dermaßen aufgebläht sein werden, dass wir keine andere Chance haben, wenn wir nicht einen Vertrauensverlust in gesellschaftliche Handlungsfähigkeit erreichen und auch kredit
finanziert weitere Entwicklungen sicherstellen. Oder wie wollen Sie, meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund ernsthaft die Zukunft der sozialen Sicherungssysteme sichern?
Sie haben doch gelesen, dass die Bundesanstalt für Arbeit wieder mehrere Milliarden brauchen wird. Wir haben eine Debatte über die Rentensysteme. Das sind nur zwei Grundzüge von sozialen Sicherungssystemen in der Bundesrepublik Deutschland.
Meine Damen und Herren! Natürlich kann man politisch beschließen, was man will. Ich sage Ihnen: Wir werden in der Praxis erleben, dass diese Regelung so nicht eingehalten werden kann. Ich plädiere noch einmal für Folgendes: Wir haben im Grundgesetz zureichende Regelungen. Wir müssen uns nur zwingen, sie anzuwenden und tatsächlich ernst zu nehmen. Ich gehe nicht davon aus, dass die bis jetzt bekannt gewordenen Änderungsvorschläge des Grundgesetzes im Sinne einer Entwicklungsbremse tatsächlich greifen werden, um eine Schuldenbegrenzung bis zum Jahr 2020 überhaupt zu ermöglichen. Wir alle, glaube ich, werden von der Entwicklung überrollt werden und diese Debatte möglicherweise wiederholen. - Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Linksfraktion, der Ihnen in der Drucksache 4/7508 - Schuldenbremse - vorliegt. Wer diesem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Bei einer Enthaltung ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als am 4. Juli 2007 das brandenburgische Gesetz zur Ausführung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes in diesem Hohen Hause verabschiedet wurde, war bereits klar, dass die Beratungsstellen mit nun 10 % weniger Mitteln nicht auskommen werden. Das hat sich auch in der Anhörung so angedeutet. Deshalb beantragte die Linksfraktion sowohl mit einem Änderungsantrag zum Gesetzentwurf als auch mit einem Antrag zur Haushaltsdiskussion zum Doppelhaushalt 2008/2009 eine Fortführung
der Finanzierung auf dem Niveau von 90 % der Personal- und Sachkosten der Beratungsstellen. In beiden Fällen hat die Koalition unsere Anträge abgelehnt.
Ihre großzügige Alternative dazu war: Wir führen die Kürzung in zwei Schritten durch - 260 000 im Jahr 2008 und noch einmal die gleiche Summe im Jahr 2009. Aber bereits im Jahr 2008 wurde von den Beratungsstellen signalisiert, dass der bisherige Beratungsstandard - besonders die Beratungen vor Ort, in den Schulen und auch Hausbesuche - nicht mehr im bisherigen Umfang gewährleistet werden können. Ein wesentlicher Grund - so die Bearbeiterinnen und die Beraterinnen selbst sei der Papierkram, der nun von den Beraterinnen zu erledigen sei. So äußerten sie sich.
Am 27. Februar des vergangenen Jahres zeigte sich Frau Ministerin Ziegler noch überzeugt, dass die gute Qualität der Beratungsleistungen erhalten bleiben wird. In der Antwort auf meine Mündliche Anfrage 1626 heißt es wörtlich:
„Wir werden das natürlich auch ganz genau beobachten. Wir sind uns, glaube ich, im Parlament einig, dass der wesentliche Schwerpunkt darin liegen muss, junge Frauen, auch Schülerinnen in der Schule, ganz intensiv zu beraten, welche Möglichkeiten der Verhütung, des Umgangs mit der Schwangerschaft und auch der Entbindung es gibt.“
Wehrte Frau Ministerin, wenn Sie die Situation genau beobachtet haben, können Sie die Signale der Beratungsstellen doch nicht übersehen und überhört haben. Diese zeigen: Es geht so nicht. Wie ernst, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion, meinen Sie eigentlich das, was im Entwurf des Wahlprogramms Ihrer Partei zur Landtagswahl 2009 steht? In den Zeilen 115 bis 118 steht:
„Der vorsorgende Sozialstaat ist für die Entwicklung unserer Heimat das zentrale Leitbild. Sein Ziel ist es, früher und wirkungsvoller zu fördern, um später Probleme zu vermeiden oder zu reduzieren. Mit dem vorsorgenden Sozialstaat wollen wir mehr Lebenschancen für alle eröffnen. Deshalb wollen wir Probleme so früh wie möglich erkennen und lösen.“
Wo Sie Recht haben, haben Sie Recht. Diesem Ansatz entspricht genau die Schwangerschaftsberatung in ihrer gesamten Vielfältigkeit. Wir brauchen mit diesem Ansatz der Vorsorge nicht weniger, sondern mehr Beratung.
Das ist im Sinne von Nachhaltigkeit allemal besser. Auch hier trifft das Motto der Kita-Initiative zu, das bekanntlich heißt: Jetzt investieren, statt später reparieren.
Es ist immer schlecht, wenn man mit seinen eigenen Aussagen konfrontiert wird und sich dann anders entscheiden muss. Ich weiß es, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist ein Problem.
Mir begegnet seit einiger Zeit ein Plakat der SPD, auf dem steht: „Wer Dumpinglöhne will, wählt CDU!“ Es ist so auffallend, weil es eigentlich dazu auffordert, jemand anderen zu wählen. Sie sollten im Sinne Ihres Wahlprogramms unserem Antrag zustimmen, sonst könnte wirklich jemand auf die Idee kommen: Pinocchio wird Ihr Wahlmaskottchen.
Auf der einen Seite feiern Sie es als Erfolg, 14 Netzwerke Gesunde Kinder mit 22 Standorten ins Leben gerufen zu haben und bei den Netzwerken künftig einheitliche Qualitätsstandards einzuführen. Doch das reicht nicht, wenn Sie auf der anderen Seite der Professionalität in der Beratung finanziell den Hahn abdrehen.
Die Schwangerenberatungsstellen sind ein wichtiger Teil der Netzwerke. Pro Familia mit seiner Schwangerenberatung in Lauchhammer war einer der ersten Partner des dortigen Bündnisses. Ohne diese Beratungsstelle wäre es nicht denkbar. Gerade deshalb muss die Finanzierung der Personalkosten auch im Interesse der Netzwerke für die Schwangerenberatungsstelle wieder auf sichere Füße gestellt werden. Deshalb sollten Sie unserem Antrag ruhig zustimmen.
Herzlichen Dank. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe die Bitte, den Lärmpegel auch in den letzten Minuten noch etwas zu minimieren. - Das Wort erhält Frau Abgeordnete Lehmann.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich gebe zu: Nachdem ich den Antrag der Linksfraktion gelesen hatte, dachte ich darüber nach, was wir 2007, als wir das Ausführungsgesetz zum Schwangerschaftskonfliktgesetz hier in diesem Hause beschlossen haben, hätten anders machen können, möglicherweise anders machen müssen. Aber, Frau Wöllert, nach Ihrer Rede hier ist mir klar, dass unsere Beschlussfassung 2007 genau die richtige war. Ich will das kurz begründen.
Die Diskussion liegt noch nicht so lange zurück. Wir wissen ganz genau, worum wir damals intensiv gerungen haben. Das eine war die weltanschauliche Sicht und das andere war die Finanzierung. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linksfraktion, wissen auch, dass wir unter anderem zwei Dinge zu berücksichtigen hatten. Das eine war der Jahresbericht des Landesrechnungshofs aus dem Jahre 2007.
- Sie sagen: Richtig. - Genau. Nur, ich kann das auch belegen. Wir wissen ganz genau, dass der Jahresbericht des Landesrechnungshofs zum Beispiel herausgearbeitet hatte - ich nenne nicht alle Punkte, die kann man gar nicht alle aufzählen -, dass die Nachweisführung in den vergangenen Jahren nicht korrekt war. Man hatte zwar die Fallzahlen und Beratungsfälle, nicht jedoch die Dauer der Beratungen erfasst. Insofern war es schwierig festzustellen, wie der tatsächliche Bedarf ist, und daraus zu schlussfolgern, wie der tatsächliche Personalbedarf ist.
Es ist in diesem Bericht deutlich geworden - auch damit mussten wir uns auseinandersetzen -, dass die Abrechnungen bislang nicht korrekt waren. Da sind Dinge und Positionen abgerechnet worden - ich will sie hier nicht nennen, weil ich einige in der Tat sehr peinlich finde -, die schlicht und einfach aus öffentlichen Mitteln nicht gefördert werden können. Der Landesrechnungshof hat uns auch ins Stammbuch geschrieben, dass die Höhe des Eigenanteils sehr kritisch zu überprüfen und dabei das Eigeninteresse des Trägers zu berücksichtigen ist.
Wir haben mit der Finanzierungsverordnung, die jetzt Grundlage des Ausführungsgesetzes ist, zum einen einen guten Kompromiss und zum anderen eine gute Finanzierungsstruktur gefunden.
Frau Lehmann, diskutieren Sie manchmal in der Fraktion solche Einzelheiten? Die finanziellen Schwierigkeiten und alles, was mit Abrechnungen, aber auch mit Mittelknappheit zu tun hat, haben wir in Märkisch-Oderland mit dem entsprechenden Träger diskutiert. Der Geschäftsführer des DRK MärkischOderland heißt Langisch und ist Mitglied der SPD. Der Vorsitzende des DRK Märkisch-Oderland ist Mitglied Ihrer Fraktion, Herr Dr. Guijula. Er ist jetzt leider nicht da und kann den Beitrag wohl nicht leisten. Gerade dort wird eindeutig klar gemacht: Das Problem sind nicht die Abrechnungen - hier ist man sehr korrekt vorgegangen, das wäre ein pauschaler Vorwurf -, sondern das Problem ist die Mittelknappheit. Der Träger DRK kann die Leistungen nicht mehr erbringen. Diskutieren Sie manchmal über solche Dinge, ehe Sie uns vorwerfen, wir würden hier Forderungen aufmachen, die offenbar nicht der Realität entsprechen?
Liebe Frau Kaiser, wir diskutieren in unserer Fraktion wirklich über viele Dinge. Ich habe Ihnen nichts vorgeworfen. Ich habe Ihnen lediglich die Schlussfolgerung vorgetragen, die der Landesrechnungshof der Landesregierung und dem Landesgesetzgeber ins Stammbuch geschrieben hatte. Diese Schlussfolgerung hatten wir bei der Gesetzgebung des Ausführungsgesetzes mit zu beachten.
Hinzu kam, dass es auch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 2003 gab. Auch das hatten wir zu berücksichtigen, denn das Schwangerschaftskonfliktgesetz regelt in § 4, dass die Beratungsstellen einen Anspruch auf eine angemessene Finanzierung der Personal- und Sachkosten haben. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sagt aus, dass mindestens 80 % der Personal- und Sachkosten dem Rechtsanspruch entsprechen würden. All diese Dinge hatten wir in der Gesetzgebung zu beachten und haben sie im Gesetzgebungsverfahren auch mit den Trägern besprochen.
Ich denke, dass wir in der Förderrichtlinie einen guten Kompromiss gefunden haben. Wir haben bei der Festsetzung des Pauschalbetrages 20 % Entgeltgruppe Psychologe berücksichtigt, 80 % Entgeltgruppe Sozialarbeiter und 20 % Verwaltungsarbeiter, dazu noch 20 % Sachkosten. Ich halte das für einen guten Kompromiss. Wir räumen ein, dass die Umstellung für die Träger nicht einfach war; das steht außer Frage. Dennoch will ich deutlich sagen, dass die freien Träger einen jährlichen pauschalen Festbetrag in Höhe von 51 150 Euro bekommen. Nur ganz nebenbei: Wir haben auch kommunale Träger. Die kommunalen Träger bekommen einen pauschalen Festbetrag in Höhe von 41 300 Euro. Das ist ja komisch, wie das so funktioniert und wie da die Finanzierung klargeht.
Unsere Bitte ist, dass die Wohlfahrtsverbände ihre Organisationen und ihre Strukturen so gestalten - denn auch das ist ein Grund für die finanziellen Schwierigkeiten -, dass die Schwangerschaftskonfliktberatungen so umgesetzt werden, wie wir das im Gesetz gern hätten.
Ich möchte hier ganz deutlich sagen - das habe ich auf mehreren Beratungen schon getan -, dass wir uns bei den Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen sehr dafür bedanken wollen, dass sie sich trotz der schwierigen Situation sehr engagiert, sehr professionell in unsere Netzwerke Gesunde Kinder einbringen. Hier sind sie mittlerweile ein unerlässlicher Partner geworden. Das zeigt, dass es geht. Wir sind und bleiben überzeugt, dass wir die Schwangerschaftskonfliktberatung so wie bisher wohnortnah, plural weiterführen können. - Herzlichen Dank.