Ich stimme allerdings in einem Punkt mit Ihnen überein: Die Föderalismusreform II ist keine große Reform, sondern im wahrsten Sinne des Wortes ein Reförmchen geworden. Wir hätten uns eine Bundessteuerverwaltung gewünscht. Wir hätten uns auch gewünscht, dass die grundsätzlichen Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern auf neue Füße gestellt worden wären. Aber das Ergebnis halte ich persönlich durchaus für vorzeigbar.
Auch weil wir als Politiker deutlich darauf Acht geben müssen, in dem laufenden Haushalt nicht permanent auf dem Buckel der nächsten Generation Geld auszugeben oder Wahlgeschenke zu verteilen, halte ich eine solche Schuldenregel für richtig.
Zum Abschluss will ich noch etwas Wasser in den Wein gießen. Es hat im Grundgesetz der Bundesrepublik immer schon ein klares Verschuldungsverbot gegeben. Im Klartext: Man darf nur so viel Kredite aufnehmen, wie man in dem betreffenden Jahr investiert. Diese Regel hat offenbar nicht funktioniert. Vielleicht haben Sie gestern Abend - ich glaube, es lief im ZDF einen Beitrag gesehen, in dem dargestellt wurde, wie in der Bundesrepublik Deutschland die Schuldenspirale nach oben gegangen ist, und zwar unabhängig davon, wer Kanzler war. Es ist erschütternd! Wenn zum Schluss das Parlament, der Deutsche Bundestag, ein „gesamtwirtschaftliches Ungleichgewicht“ festgestellt hat und daraufhin alle die Hand gehoben haben, um 80 Milliarden neue Schulden aufzunehmen, dann ist es halt so gewesen. Ich sage Ihnen voraus: Der Weg, den Brandenburg, bundesweit stark beachtet, seit Mitte/Ende der 90er Jahre eingeschlagen hat - weg von der grassierenden Neuverschuldung, hin zu einem Abbau der strukturellen Verschuldung; im letzten und im vorletzten Jahr gab es sogar Überschüsse -, ist der richtige.
Die Schuldenregel, die jetzt diskutiert wird, ist sicherlich noch auf ihre Tauglichkeit hin zu überprüfen. Aber das ist der richtige Einstieg, das richtige Signal an uns selbst, mit diesem Thema in Zukunft verantwortlicher umzugehen. Ich freue mich auf die Diskussion.
Ich bin, ehrlich gesagt, ziemlich enttäuscht von Ihrem Beitrag, Herr Christoffers. Anscheinend sind Sie der Auffassung, Schulden müsse es weiterhin geben, und von den Zinsen könnten wir große Banken bevorzugen, obwohl wir allein aus der Zinslast, die Brandenburg jeden Tag zu tragen hat, eine neue Sporthalle bauen könnten. Ich finde es sehr bedauerlich, dass Sie eine solche Auffassung hier vertreten haben, Herr Christoffers. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine generelle Schuldenbremse ist ökonomischer Wahnsinn. Die genauen Details der sogenannten Schuldenbremse stehen zwar noch nicht fest; aber es ist klar, dass nach den neuen Regeln ab 2020 die Länder überhaupt keine Schulden mehr machen dürfen. Die Verschuldung des Bundes wird auf 0,35 % des Bruttoinlandsproduktes begrenzt. Ausnahmen gibt es lediglich für schwere Rezessionen und Naturkatastrophen. All das will die schwarzrote Koalition in Berlin im Grundgesetz festschreiben.
Erschreckend ist dabei, wie wenig ökonomischer Sachverstand in die Debatte oder die Kommentierung eingeflossen ist. Tatsächlich ist die Schuldenbremse nicht nur gesamtwirtschaftlich fragwürdig, sondern selbst aus einzelwirtschaftlicher Sicht ist nicht nachzuvollziehen, wie man solche Regeln festschreiben kann. Schulden sind zwar grundsätzlich schlecht, doch wer war es, der uns Deutschen selbst in wirtschaftlich guten Zeiten die derzeitige von niemandem mehr rückzahlbare Schuldenlast in Bund und Ländern aufgebürdet hat? Es waren dieselben Politiker von SPD und CDU, flankiert von FDP und Grünen, die uns heute die sogenannte Schuldenbremse als der Weisheit letzten Schluss verkaufen wollen.
Jeder, der schon einmal ein mittelständisches Unternehmen geführt hat, weiß, dass kaum ein erfolgreiches Unternehmen ohne Kredite bestehen und expandieren kann. Tatsächlich ist es für Firmen sinnvoll und im Sinne der Eigentümer, dass ein Betrieb für neue Investitionen Kredite aufnimmt, und zwar dann, wenn er mit der Neuanschaffung mehr Geld erwirtschaften kann, als er für den Zinsdienst aufwenden muss. Auch für Privathaushalte sind Schulden nicht unbedingt gefährlich, zumindest dann, wenn beispielsweise eine Familie feststellt, dass sie sich mit einer monatlichen Hypothekenrate von 1 000 Euro ein Haus leisten kann, für das sie sonst 1 500 Euro Miete zahlen müsste.
Geradezu kriminell wird die Verschuldungsspirale nur dann, wenn sie wie bei der derzeitigen Finanzkrise dazu führt, dass neue Kredite nur dazu aufgenommen werden, um bisherige Verbindlichkeiten zu tilgen oder sogar nur die Zinsen dafür zu zahlen. Doch genau dieses System haben dieselben Politiker, die uns heute eine Schuldenbremse verordnen wollen, nicht nur jahrelang geduldet, sondern gefördert. Damit sind sie mitschuldig an der derzeitigen Finanzkrise. In Zeiten der heutigen Krise hat eine generelle Schuldenbremse nichts mit Generationengerechtigkeit zu tun. Wir erweisen unseren Kindern und Enkeln einen Bärendienst, wenn wir öffentliche Investitionen unterlassen, die mehr Nutzen bringen, mittelständische Firmen retten und Arbeitsplätze erhalten.
Besonders unverständlich ist es, dass SPD und CDU die Schuldenbremse auch noch in das Grundgesetz schreiben wollen. Dadurch wird der finanzpolitische Spielraum von Bund und Ländern per Verfassung in unzumutbarer Weise eingeschränkt. Die schwarz-rote Koalition in Berlin hat nicht nur die bisher größte Neuverschuldung der Bundesrepublik Deutschland zu verantworten. Wenn die Schuldenbremse tatsächlich wie ge
plant verabschiedet wird, hat sie es auch noch geschafft, dass Deutschland unter den großen OECD-Ländern die kurioseste Schuldenregel in der Verfassung stehen hat, mit dem Ergebnis, dass in Zukunft jegliche Konjunktur in Deutschland für immer abgewürgt wird, und das in Zeiten der Krise. Dem vorliegenden Antrag wird die DVU-Fraktion daher die Zustimmung nicht verweigern.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute über einen Antrag der Fraktion DIE LINKE, der sich mit den Ergebnissen der Föderalismuskommission II beschäftigt. Der Kollege Christoffers hat in seinem Redebeitrag - wenn ich ihn recht verstanden habe - verdeutlicht, dass Schulden seiner Meinung nach nichts Schlechtes seien, dass es eigentlich nur eine Frage der ökonomischen Betrachtung sei, wie man diese einzustufen hat, und dass man sich als Land bei der Frage, wie man die Schulden abbauen kann, durchaus Spielräume schaffen sollte.
Bevor ich darauf eingehe, möchte ich kurz das Ergebnis der Föderalismuskommission darstellen. Es ist beschlossen worden, eine Schuldenbremse in das Grundgesetz aufzunehmen, auf deren Grundlage sich der Bund ab 2016 nur noch bis höchstens 0,35 % des Bruttoinlandsproduktes verschulden darf. Das macht ungefähr 8 Milliarden Euro aus. Die Länder verpflichten sich, ab 2020 jeweils ein totales Verschuldungsverbot in ihre Verfassung aufzunehmen. Im Gegenzug hat der Bund sich verpflichtet, Tilgungshilfen für schwache Bundesländer zu leisten. Das ist der Kompromiss, um den es geht.
Herr Christoffers, wenn ich Sie recht verstanden habe, sind Sie der Auffassung, dass die Verschuldung des Landes Brandenburg noch nicht als ein besonderes Risiko anzusehen ist
- ich habe Sie so verstanden, und es hat mich gewundert, aber Sie können das gleich noch einmal reflektieren -, dass wir in Brandenburg so weitermachen könnten wie bisher und dass die haushaltspolitischen Eckdaten mit ca. 18 Milliarden Euro Schulden und einer Zinsleistung von ca. 900 Millionen Euro im Jahr kein Problem seien. Es sei eigentlich nur die Frage, wie ein Land diese Schulden abtragen könne. Wenn ich Ihren Gedanken fortführe, bedeutet das, dass wir eine wirtschaftliche Entwicklung haben müssen, bei der die Steuereinnahmen so steigen werden, dass wir in der Lage sein werden, einen Schuldenstand von 18 Milliarden Euro aus eigener Kraft abzutragen. Herr Christoffers, das glauben Sie doch selbst nicht.
Die Wahrheit ist eine ganz andere: Sie wollen dieses Verschuldungsverbot nicht in der Verfassung haben, um der Fraktion DIE LINKE und auch der Partei die Möglichkeit offen zu halten, weitere Schulden zu machen. So einfach ist das.
Sie sagen, dass mit den aufgenommenen Schulden in Brandenburg gute Dinge gemacht worden seien. Das wissen wir selbst. Das ist so. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass wir jedes Jahr unsere Zinsen zu zahlen haben, ohne dass wir einen müden Euro tilgen. Dann müssen Sie bitte auch die Frage beantworten, wann das Land Brandenburg anfangen will, die Schulden zu tilgen.
Der Bund wird sich diese Frage bei 1 500 Milliarden Euro Verschuldung auch stellen müssen, Herr Vietze. Das ist eine Schuldenlast von 20 000 Euro pro Kopf. Sie ist seit 1970 rasant von 17 % des Bruttoinlandsprodukts auf mittlerweile 65 % angewachsen. Das sind die Tatsachen. Deswegen finde ich es richtig und fast schon revolutionär, dass sich Bundespolitiker und Landespolitiker einigen, eine Verschuldungsbremse in die Verfassung aufzunehmen, wohl wissend, welche Konsequenzen das für den Bundeshaushalt und auch für die Länderhaushalte hat.
- Herr Kollege, wir können nicht so weitermachen wie bisher; da teile ich absolut die Auffassung des Kollegen Bischoff. Gerade in der jetzigen Lage, in der wir weitere Schulden aufgenommen haben, um die Krise zu bewältigen, müssen wir unseren Bürgern und Bürgerinnen signalisieren, dass wir ernsthaft daran interessiert sind, die Schulden, die wir aufnehmen, nicht auf die nächsten Generationen zu übertragen. Wir müssen ein deutliches Zeichen setzen. Da ist es mit Reden nicht getan, Herr Kollege, da muss man Fakten schaffen,
Ich bin der Meinung, das ist der richtige Weg. Es wird ein anstrengender Weg werden. Wir müssen schon jetzt darüber nachzudenken beginnen, wie wir das erfüllen wollen. Es wird ein schwieriger Prozess werden. Wir werden sparen müssen, und es wird sicherlich weh tun, aber ich sehe dazu keine Alternative. Wenn Sie eine Alternative kennen, Herr Klocksin, dann sagen Sie sie uns.
Niemand will das Haushaltsrecht der Parlamente beschränken, Herr Klocksin. Es geht nur darum, dass wir uns selbst auferlegen, dass wir nicht bereit sind, nächste Generationen weiter zu verschulden. - Danke schön.
Herr Homeyer, wenn Sie hier Zwiegespräche führen, dann sind Sie jetzt auch nicht mehr dran. - Es spricht jetzt die Weisheit der Landesregierung in Form des Finanzminsters Speer zu uns.
Vielen Dank für diese Ankündigung, Herr Präsident. - Erinnern wir uns daran, woher die Föderalismuskommission II kommt: Sie kam aus der Föderalismuskommission I, und zwar weil am Schluss nicht genug Stimmen zusammenkamen und man die FDP brauchte. Daher gab es ein Versprechen, dass man im Anschluss eine Föderalismuskommission II einsetzt, um die Finanzbeziehungen zu betrachten, und zwar mit der Absicht der FDP, CSU und CDU, mehr Wettbewerbsföderalismus zu erreichen, als es ihn im Rahmen der Steuergesetzgebung gibt, und in Sachen Steuerrecht in Deutschland Kleinstaaterei zu betreiben oder einen Flickenteppich zu erzeugen, sodass jedes Land seine Einkommenssteuer, seine Umsatzsteuer - all das nach Belieben selbst festsetzen kann - das war die Absicht derjenigen, die etwas abgeben müssen - bzw. die Steuersätze so weit heruntergesetzt werden können, dass genau diejenigen nichts mehr abgeben müssen bzw. unter dem Motto „der Teufel macht immer auf den größten Haufen“ sagen: Wir haben hinsichtlich dieser Steuersätze wunderbare Lebensbedingungen. Das war die Absicht, die im Ergebnis jedoch nicht gefruchtet hat. Im Ergebnis ist das abgewehrt worden. Das war unser erstes Ziel, und das ist erreicht worden.
In den Artikeln 104a bis 115 des Grundgesetzes - ich denke, Sie kennen es - werden die Finanzbeziehungen im Bund und die Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Ländern geregelt. Im Grundgesetz gibt es eine Ermächtigung, nach der per Gesetz festgelegt wird, wie die Schuldengrenzen der Länder auszusehen haben. Wenn dies weiter ausformuliert wird, ist es lediglich eine quantitative Frage und keine qualitative. Die Frage, ob die Einschränkungen hinsichtlich des Budgetrechts der Länder über die Maßen strapaziert werden, sehe ich anders als Sie. Ich halte dies für vertretbar.
Zu der Frage, ob es eine Null sein muss oder nicht und ob man diese Regel braucht, gab es unterschiedliche Sichtweisen. Ich habe immer gesagt: Schulden kommen nicht aus dem Grundgesetz, sondern Schulden kommen vom Schuldenmachen, und es sind Politiker, die das beschließen. Im Grundgesetz gibt es Regelungen, die in den letzten Jahren immer sehr beliebig - um es vorsichtig auszudrücken; nein, das war bereits unvorsichtig ausgelegt wurden hinsichtlich der Frage: Was ist eine Investition etc.? - Dies betrifft vor allem auch die Frage des wirtschaftlichen Gleichgewichts. Einige Länder haben dies über fünf oder sechs Jahre hintereinander getan, insbesondere diejenigen, die immer brutalst möglich sparen wollen, zum Beispiel Hessen.
Es ist festzustellen, dass eine neue Regelung lediglich etwas mehr den Spiegel bei der Aufstellung und bei der Exekution von Haushalten vorhält, ob nun im Bund oder im Land. Klar ist, das Limit der Schuldenhöhe bzw. die Kredithöhe, die Bran
denburg zu bewältigen hat - dies wurde mehrfach genannt und volkswirtschaftlich verkraften kann, ist schon längst überschritten. 18 Milliarden Euro sind für diese Volkswirtschaft und angesichts des Bevölkerungsrückgangs bzw. des Anteils der Arbeitenden an der Bevölkerung - wenn man sich dies bis zum Jahr 2020 ansieht - zu viel. Deswegen ist die Frage, ob das im Grundgesetz steht oder nicht, relativ, denn wir müssen sowieso abbauen. Daran führt meiner Einschätzung nach kein Weg vorbei. In den 5 Minuten meiner Redezeit zahlen wir 100 000 Euro Zinsen.
Hinter dem vorherrschenden Investitionsbegriff steckt die volkswirtschaftliche Vermutung, dass sich Investitionen über Einnahmen refinanzieren lassen. Das ist jedoch ein Irrglaube. Sieht man sich zum Beispiel die Brücke über die Havel bei Strodehne an, dann bekommt man ungefähr eine Vorstellung davon, welchen Beitrag diese Brücke zur Refinanzierung dieser Investition in Zukunft leisten wird. Deswegen halte ich die Frage, ob man an der Stelle nun zu weit geht oder nicht, eher für akademisch relevant; denn in Brandenburg muss meiner Einschätzung nach alles getan werden, um die Neuverschuldung für die nächsten Jahre immer bei Null zu halten. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bischoff, es tut mir leid, Erwartungen kann man manchmal auch enttäuschen, manchmal bleibt einem nichts anderes übrig.
Meine Damen und Herren, ich möchte erstens feststellen: Die 18 Milliarden Euro Schulden, die das Land Brandenburg hat, wurden nicht von der Fraktion DIE LINKE beschlossen. Das möchte ich zumindest einmal sagen.
Zweitens habe ich ausdrücklich gesagt: Sie haben uns immer auf Ihrer Seite, wenn wir darüber sprechen müssen, wofür wir das zur Verfügung stehende Geld ausgeben. Dass diese Debatte geführt werden muss, ist doch völlig klar.
Herr Minister, ich bin gespannt, wie im Wahlprogramm der SPD nach der Entscheidung, die jetzt möglicherweise durch das Land Brandenburg getroffen wird, der Prozess für die kommende Landtagswahl beschrieben wird, wie wir unseren Haushalt ab dem Jahr 2012 auf diese Situation einstellen wollen; das gehört zur Ehrlichkeit dazu.