Im Landkreis Ostprignitz-Ruppin unterstützte die Linke die Volksinitiative, in der Uckermark machte sie sich noch vor wenigen Wochen ebenfalls für die kostenlose Beförderung der Schüler stark, und so könnte ich jeden weiteren Brandenburger Landkreis aufzählen. Ich kann mich noch sehr gut an den Redebeitrag des Abgeordneten Krause im Kreistag Uckermark erinnern, in dem er die Übernahme der Kosten durch das Land gefordert hat. Doch hier passiert das Gegenteil. Anstatt sich gemäß der Versprechungen auf kommunaler Ebene auf Landesebene stark zu machen, setzt man nur auf einen Teil der Kinder und stellt sich damit gegen die gleichwertigen Verhältnisse. Lassen Sie Ihren Worten Taten folgen und stimmen Sie dem Antrag - zumindest auf Überweisung an den Ausschuss - zu. Er ist gut für alle Kinder und damit für ganz Brandenburg. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Büttner. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort; der Abgeordnete Günther spricht.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kostenlose Schülerbeförderung für jedermann - egal, ob arm oder reich ist eine feine Sache. Das kann man machen, wenn man finanziell so richtig aus dem Vollen schöpfen kann. Aber ich habe noch gut die heutige Haushaltsdebatte im Ohr, und es gilt, Prioritäten zu setzen. Nicht alles, was gut klingt und wünschenswert sein mag, ist umsetzbar. Da gerade die Partei der antragstellenden Fraktion - das müssen Sie sich, liebe Kollegen von der FDP immer wieder anhören - uns auf anderer Ebene noch weitere Einbußen bescheren wird, gilt es bei jeder Geldausgabe sehr kritisch nach deren Wirkung zu fragen.
Berechtigt wären zusätzliche Ausgaben - das streite ich nicht ab -, wenn dadurch die Bildungsqualität oder die Bildungschancen deutlich verbessert würden. Doch hinterfragen wir einmal, ob denn durch eine komplett kostenfreie Schülerbeförderung tatsächlich die Qualität der Bildung verbessert würde. Hinterfragen wir einmal, ob dadurch die Bildungschancen verbessert würden. Bildungschancen steigen dann, wenn alle Schüler unabhängig vom Einkommen der Eltern die Möglichkeit haben, einen ihren Fähigkeiten entsprechenden Bildungsabschluss zu erreichen. Genau das strebt auch die Koalition an. Eine völlige Freistellung aller wäre wünschenswert, natürlich, aber mit einer gezielten Förderung hat das nichts zu tun. Das sehen im Übrigen auch die allermeisten Landkreise so, die seit Anfang der 90er Jahre für die Schülerbeförderung zuständig sind.
Noch einen Satz an Herrn Büttner: Die Landkreise oder zumindest ihr Spitzenverband, der Landkreistag, haben als einen Baustein zur kommunalen Entlastung seinerzeit gefordert, dass ihnen die Möglichkeit gegeben werde, Fahrtkosten zu erheben. Die meisten Landkreise haben heute, im Jahr 2010, entsprechend dem Elterneinkommen differenzierte Beitragssätze. Alle Land
kreise sehen reduzierte Sätze für Hartz-IV-Empfänger, wenn nicht sogar eine gänzliche Kostenfreiheit für diese Personengruppe vor.
Seit dem vergangenen Jahr stehen neben den Mitteln des MIL für die Schülerbeförderung weitere 4 Millionen Euro zur Verfügung, die unter anderem an eine soziale Staffelung gebunden sind. Das hat gut funktioniert. Alle Landkreise haben eine solche soziale Staffelung eingeführt. Das genügt uns jedoch nicht. Wir wollen entsprechend dem Koalitionsvertrag den Anreiz für eine völlige Freistellung von den Kosten für Empfänger von Leistungen nach SGB II und XII erhöhen; in diesem Sinne haben wir den Entschließungsantrag eingebracht.
Ansonsten sehen wir das Thema bei den Kreisen und kreisfreien Städten sehr gut aufgehoben. Sie haben gemäß ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung eine differenzierte Entscheidung getroffen. Sie unterlag nicht - wie unterstellt ausschließlich finanziellen Erwägungen. Ich möchte ein Beispiel aus meiner unmittelbaren Umgebung anführen: Während der Landkreis Ostprignitz-Ruppin keine Beförderungskosten erhebt, beteiligt das benachbarte Oberhavel die Eltern an den Fahrtkosten. Ginge es nach der Finanzkraft, müsste es exakt umgekehrt sein.
Dem Argument, das Land würde durch die Schulschließungen viel Geld sparen - ich interpretiere Ihren Redebeitrag so - und die Wege ungebührlich verlängern, möchte ich zweierlei entgegenhalten. Ursächlich für die Schulschließungen - das muss man immer wieder betonen - ist der Geburtenrückgang und nicht das Bildungsministerium. Wir haben den Geburtenrückgang genutzt, um die Schüler-Lehrer-Relation zu verbessern. Diese statistische Relation macht sich dadurch bemerkbar, dass wir kleine Grundschulen mit jahrgangsübergreifendem Unterricht und Klassen mit 12 bis 15 Schülern haben. Suchen Sie mal in Bundesländern mit FDP-Regierungsbeteiligung Vergleichbares. Wäre Sparen unser oberstes Ziel gewesen, hätten wir größere Schuleinheiten mit weiteren Wegen geschaffen. Die hätten dann auch eine bessere Leistungs- und Neigungsdifferenzierung organisieren können.
Außerdem hätte man diese Einheiten aufgrund ihrer Größe auch noch mit einer gymnasialen Oberstufe ausstatten können. Dann wäre Ihr Vorwurf berechtigt gewesen. So ist er aber nur heiße Luft, und wir werden den Antrag deshalb ablehnen.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Günther. - Wir führen die Aussprache mit dem Redebeitrag des Abgeordneten Hoffmann von der CDU-Fraktion fort.
Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Werte Kollegen! Die Schülerbeförderung ist in unserem Flächenland Brandenburg ein Thema enormer Bedeutung. Das Thema bewegt Eltern wie Schüler gleichermaßen im Land, und angesichts der teilweise sehr weiten Wege und der vorhergesagten demografischen Entwicklung wird das auch noch eine Weile so bleiben.
Die dazu vor zwei Jahren eingebrachte Volksinitiative hatte gefordert, dass das Land den § 112 des Brandenburgischen Schulgesetzes, also die Erhebung von Elternbeiträgen für die Schülerbeförderung, nicht mehr zwingend vorschreibt. Diese Volksinitiative wurde damals von allen im Landtag vertretenen Parteien, auch von der Linkspartei, so angenommen und das Schulgesetz entsprechend geändert.
Die Intention der Volksinitiative war, dass es den Landkreisen und kreisfreien Städten als Träger der Schülerbeförderung auch freistehen muss, wie sie die Finanzierung der Schülerbeförderung organisieren. Als Träger dieser Aufgabe sollten sie in ihren Schülerbeförderungssatzungen auch entscheiden können, ob und in welcher Höhe Elternbeiträge erhoben werden.
Zusätzlich - auch das haben wir gehört - hat sich die damalige Regierungskoalition unter unserer Beteiligung entschlossen, einen Landeszuschuss von jährlich 4 Millionen Euro zu ermöglichen. Unter Beachtung der bereits genannten Tatsache, dass die Kommunen die Träger der Schulen und damit auch zuständig für die Beförderung sind, hat die im Entschließungsantrag von SPD und LINKE angesprochene Richtlinie zur Schülerbeförderung Anreize geschaffen, dass die Landkreise insbesondere sozial schwächeren Familien die Eigenbeteiligung erlassen.
Fakt ist, dass die Landkreise nur dann in den Genuss des Landeszuschusses kommen, wenn sie die Kostenbeteiligung insbesondere für die Schüler aus einkommensschwachen Familien ermäßigen bzw. ganz abschaffen. Das ist ja auch passiert.
Der von der FDP-Fraktion eingebrachte Gesetzentwurf zur kostenfreien Schülerbeförderung für alle Eltern würde natürlich eine ganze Ecke teurer, weil dieser Entwurf vorsieht, dass das Land die tatsächlich entstandenen Kosten in voller Höhe übernimmt. Herr Baaske hatte damals die Kosten auf ca. 20 Millionen Euro geschätzt, die jetzt existierende Richtlinie mit der „großen Haushaltsnotlage“ begründet und sie auch als richtig und nachvollziehbar bewertet. Die Haushaltslage hat sich verändert, aber nicht zum Besseren. Die Haushaltslage ist weiterhin prekär - das wissen wir seit heute Mittag -, und sie wird sich in den kommenden Jahren wahrscheinlich auch nicht verbessern.
Wir können daher dem Antrag und der Forderung der FDPFraktion nicht folgen. Allerdings wären wir gern bereit, im Ausschuss darüber noch einmal zu diskutieren und auch unsere Position detaillierter darzulegen.
Aber, meine Damen und Herren, wir können auch dem Entschließungsantrag der Regierungskoalition nicht folgen. Wir sind zwar für eine Fortschreibung der Richtlinie und die Gewährung eines Landeszuschusses, aber nicht in der im Entschließungsantrag geforderten Form. Im bisherigen Haushaltsentwurf ist lediglich die Fortführung des Landeszuschusses in Höhe von 4 Millionen Euro vorgesehen. Das bedeutet also, die Landkreise würden gezwungen, entweder einen finanziellen Mehrbedarf zu stemmen oder die Elternbeiträge umzuverteilen. Das beinhaltet natürlich immer auch die Möglichkeit, dass genau die Eltern, die mit ihrem Einkommen knapp über der definierten Grenze des Adressatenkreises liegen, unverhältnismäßig hoch zusätzlich belastet werden. Das wollen wir nicht.
Zum anderen können wir dem Antrag der Regierungskoalition auch nicht zustimmen, weil sie hiermit in die Trägerhoheit der Kreise eingreift und vorschreiben will, wie die Kreise ihre Aufgabe zu erledigen und wie sie die Finanzierung zu gestalten haben. Herr Woidke lässt sich damit zitieren, dass dies ein symbolträchtiges Anliegen sei. Dann sage ich Ihnen: Dieser Antrag steht symbolisch dafür, dass die Regierungskoalition ihren eigenen Leuten vor Ort die notwendige Kompetenz abspricht und ihnen nicht das Vertrauen entgegenbringt, sodass die Leute vor Ort wissen, was sie zu entscheiden haben.
- Es ist doch so. Das steht darin. Genau das zeigen Sie damit. Und wenn es so ist, wenn das Vertrauen in die Leute vor Ort ohnehin nicht vorhanden ist, meine Kollegen, dann kann sich Herr Platzeck - er ist nicht hier, wahrscheinlich ist er im Landratswahlkampf - solche Tingeltouren in Wahlkämpfen auch sparen.
Meine Damen und Herren, es war auch zu lesen, dass die Fraktion DIE LINKE behauptet, die vollständige Freistellung von Elternbeiträgen hänge davon ab, ob man in einem finanzschwachen oder in einem finanzstarken Landkreis wohnt. Dazu sage ich Ihnen: Ganz so einfach ist es nicht, das haben wir auch schon gehört. Es gibt bei uns nur noch drei Landkreise, die auf eine vollständige Befreiung der Elternbeiträge verzichten. Mit Havelland und Oberhavel sind darunter auch Landkreise, die nicht unbedingt zu den finanzschwächsten gehören; das muss man auch einmal sagen. Darüber hinaus ist auch noch interessant: Die drei Landkreise, die das betrifft, sind allesamt von einem SPD-Landrat oder von einem Landrat, der von der SPD aufgestellt wurde, geführt.
Die Linke hat im Wahlkampf große Töne gespuckt. Die großen Töne sind verklungen. Und hiermit verklingen auch meine Töne.
Ja, Herr Hoffmann, Ihr Beitrag verklang erst nach Ende Ihrer Redezeit. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abgeordnete Wöllert.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Wir streben an, Kinder aus SGB-II- und SGB-XII-Haushalten von den Beiträgen zur Schülerbeförderung freizustellen. Das steht auf Seite 42 des Koalitionsvertrages. Ich bin froh, dass wir wenigstens dies gleich am Anfang der Koalition umsetzen können. Und es kostet kein zusätzliches Geld, sondern das Land bestimmt, was
Ich verstehe Ihre Unruhe nicht, auch bei Ihnen, Kollege Hoffmann, nicht. Sie haben begründet, warum Sie unseren Entschließungsantrag ablehnen. Es geht darum, den Anfang für Chancengleichheit zu machen, damit wenigstens die, die am schlechtesten dran sind, diese Gelder in allen Landkreisen und kreisfreien Städten nicht entrichten müssen, und zwar auch nicht in den letzten drei.
Ich habe folgende Nachfrage: Frau Kollegin, Sie haben gerade schon gesagt: Es gibt drei Landkreise, die Kinder aus Bedarfsgemeinschaften nicht bereits freistellen; alle anderen tun dies. Meine Frage ist, wie dann, wenn Sie jetzt die Dinge auf alle Landkreise und kreisfreien Städte ausweiten wollen, die Gegenfinanzierung geplant ist, denn die Landkreise haben automatisch Mehrkosten, bzw. ob Sie an dieser Stelle das Thema Konnexität außen vor lassen wollen, wie es der Finanzminister schon bei anderen Dingen erklärt hat.
Herr Kollege Senftleben, hätten Sie doch diese Frage schon vor zwei Jahren gestellt, als die Richtlinie eingeführt wurde.
Das hätten Sie vor zwei Jahren anbringen sollen. Ihre Kollegin Heinrich hat heute die Frage gestellt, wann die Richtlinie weitergeführt wird. Das heißt, diese Kosten waren auch bisher an Bedingungen der sozialen Staffelung gebunden. Das bedeutet, auch da mussten die Kommunen bereits Geld einsetzen. Wir werden jetzt nur gemäß unserem Koalitionsvertrag die soziale Staffelung bis zu dem Punkt „Freisetzung SGB II und XII“ konkretisieren, nicht mehr und nicht weniger.
- Bleiben Sie einfach ganz ruhig. Ich möchte gern fortsetzen; denn schließlich haben Ihre Kollegen von der FDP einen Antrag gestellt und nicht Sie als CDU-Fraktion.
Ich würde heute viel lieber hier stehen und sagen: Wir können die Kosten für die Schülerbeförderung übernehmen. - Das können wir leider nicht.