Ich würde heute viel lieber hier stehen und sagen: Wir können die Kosten für die Schülerbeförderung übernehmen. - Das können wir leider nicht.
Wir haben es einmal für einige Landkreise hochgerechnet: Mein Landkreis Spree-Neiße stellt in den Haushalt jährlich etwa 2,5 Millionen Euro für die Schülerbeförderung ein. Davon kommen, bezogen auf das Jahr 2010, etwa 230 000 Euro vom Land. Sie merken, das ist kein riesiger Anteil. Wenn wir es hochrechnen, kommen wir auf mehr als 20 Millionen Euro; ich denke jedoch, es sind eher zwischen 30 und 40 Millionen Euro.
Mein Wunsch wäre gewesen, die FDP-Fraktion hätte einen seriösen Vorschlag zur Gegenfinanzierung gemacht. Ein solcher liegt nun leider nicht vor. Deswegen möchte ich Ihnen sagen, warum wir Ihrem Antrag nicht zustimmen können, sondern unseren Entschließungsantrag vorgelegt haben. Unter anderem ist Ihr Antrag handwerklich nicht in Ordnung. Sie wollen nämlich die Verantwortung und die Satzungshoheit durchaus bei den Kreisen belassen - das steht in Ihrem Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen -, aber das Land soll die tatsächlichen Kosten erstatten. Rein theoretisch wäre es jetzt möglich, dass die Landkreise irgendwelche Satzungen festlegen, um damit eventuell ihren ÖPNV - auch diesbezüglich sind die Mittel gesunken besser finanzieren zu können, aber wir, das Land müssen das letztlich finanzieren. Das ist etwas, was so nicht umsetzbar ist. Zudem sind diese 40 Millionen Euro einfach nicht vorhanden. Wir haben sie nicht, weshalb wir unseren Entschließungsantrag vorgelegt haben.
Natürlich haben Sie Recht: Bereits im Jahr 2003 gab es eine Möglichkeit, dass das Land mitfinanziert, aber mit dem ersten Entlastungsgesetz hat man sich herausgezogen. Herr Büttner hat das völlig zu Recht dargestellt. Es war den Kommunen nicht direkt gestattet. Es gab eine Ersatzvornahme bei dem Landkreis Ostprignitz-Ruppin, der das dennoch getan hat. Insofern haben wir diese Initiative durchaus unterstützt. Zudem ist das Anliegen legitim.
Ich würde mich sehr freuen, wenn es uns die Ausstattung mit finanziellen Mitteln auf allen Ebenen erlaubte, diese Kosten für die Schülerbeförderung zu übernehmen - ich glaube, diesbezüglich liegen wir nicht weit auseinander -, dennoch ist das nicht möglich.
Ich denke, wir wagen mit unserem Entschließungsantrag einen ersten Schritt, indem wir zum Ausdruck bringen: Wir möchten, dass das Geld bei den Schwächsten der Gesellschaft landet, damit ihre Chancengleichheit verbessert wird. - Insofern bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Wöllert. - Die Aussprache wird mit dem Beitrag der Kollegin von Halem von der Fraktion GRÜNE/B90 fortgeführt.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der FDP-Fraktion könnte fast von uns sein. Er entwickelt die Forderung der erfolgreichen Volksinitiative „Kein Busgeld“ weiter. GRÜNE/B90 haben diese Volksinitiative im Februar 2007 gemeinsam mit vielen anderen aus der Taufe gehoben. Wir halten Schülerbeförderung für eine originäre Landesaufgabe. Die Kommunen sollten die Kosten dafür erstattet bekommen.
Erst nach dem massiven öffentlichen Druck der Volksinitiative steht es heute Landkreisen und kreisfreien Städten frei, inwieweit sie Eltern an den Kosten der Schülerbeförderung beteiligen. Schülerbeförderung sollte aber - wie der Schulbesuch - in der Verantwortung des Landes liegen. Der Weg zur Schule ist nicht privat, sondern durch die Schulpflicht begründet. Wenn wir Bildungschancen gerecht verteilen wollen, darf es keine Rolle spielen, ob Kinder im ländlichen Raum oder in der Stadt aufwachsen. Zugang zu Schulbildung darf nicht durch finanzielle Hürden beschränkt werden. Aber in den meisten Landkreisen werden Eltern nach wie vor an den Fahrtkosten zur Schule beteiligt. In den Landkreisen Barnim, Prignitz und Teltow-Fläming ist die Beförderung für alle anspruchsberechtigten Schülerinnen und Schüler kostenfrei,
in den Landkreisen Uckermark, Oberhavel und Havelland werden dagegen sogar von ALG-II-Empfängern Beiträge erhoben. Jetzt will die Landesregierung ab September Sozialstandards für die Unterstützung der Kreise bei der Schülerbeförderung einführen.
Es bleibt das Fazit: Es gibt in Brandenburg keine einheitlichen Regelungen, und so werden Kinder in bestimmten ländlichen Regionen gegenüber anderen beim Zugang zu Schulbildung benachteiligt. Wir sprechen uns deshalb für die Übernahme der Kosten durch das Land aus. Diese wurden im Jahr 2002 - das wurde bereits erwähnt -, als die Schülerfahrtkosten noch durch das Land getragen wurden, mit 20,5 Millionen Euro veranschlagt. Angesichts dessen, dass die ÖPNV-Zuschläge nun um 35 Millionen Euro gesunken sind, halten wir diese Forderung nicht für überzogen.
Um die Benachteiligung im ländlichen Raum zu veranschaulichen, möchte ich die Worte einer betroffenen Mutter aus der Anhörung der Volksinitiative im Februar 2008 im Brandenburger Landtag zitieren:
„Die Kostenbeteiligung der Eltern führt dazu, dass manche Eltern sich schon jetzt sehr überlegen, ob sie ihre Kinder in die bestmögliche, aber 30 Kilometer entfernte Schule schicken - zum Beispiel in eine Ganztagsschule, eine Schule mit besonderer Prägung oder ein Gymnasium -, oder ob sie sich das sparen und die Kinder in die 14 Kilometer entfernte Schule gehen müssen.“
Familien auf dem Land haben bereits eine Reihe wirtschaftlicher Nachteile zu verkraften. Die weitere Erhebung von Elternbeiträgen führt auch dazu, dass sich immer mehr Eltern überlegen, ob sie auf das Land ziehen. Für junge Familien wird das Leben auf dem Land immer unattraktiver. Die Folgen sind bekannt: Weitere Schulen werden mangels Schülerinnen und Schülern schließen müssen. Das Schulsterben - auch das wissen wir alle - zieht die andere Infrastruktur nach sich. Der
Schülerverkehr hält doch mittlerweile als einziger Faktor den öffentlichen Nahverkehr in vielen Regionen Brandenburgs aufrecht. Die Fraktion DIE LINKE hatte die Volksinitiative damals als ersten Schritt zum eigentlichen Ziel der elternbeitragsfreien Schülerbeförderung erklärt.
Ich hoffe deshalb, dass Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Linken, diesen Antrag unterstützen.
(Görke [DIE LINKE]: Das können wir leider nicht! Sie müssen die Hausnummer bei den Finanzen hinein- schreiben!)
„Es ist inzwischen so, dass wir Landkreise haben, die finanzstark sind, die die kostenfreie Schülerbeförderung, das kostenfreie letzte Kita-Jahr bzw. kostenloses Mittagessen garantieren. Andere können das nicht, würden es aber gerne tun. Damit ist für meine Begriffe bei der kommunalen Selbstverwaltung die Verfassungsmäßigkeit im Land nicht mehr gegeben;“
„denn es gibt keine Chancengleichheit mehr in diesem Land. Dafür werden Sie verantwortlich gemacht. Sie sind in der Verantwortung.“
Vielen Dank, Frau von Halem. - Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der Landesregierung fort. - Herr Minister Rupprecht, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Aus bildungspolitischer Sicht könnte man dem FDP-Antrag sicher zustimmen, aber - jetzt kommt das übliche Aber - wir müssen auch an die finanzielle Stabilität unseres Landes denken. Wenn man insbesondere daran denkt, was Ihre Partei, Herr Büttner, uns auf Bundesebene an Einnahmeausfällen zumuten will, kann ich an dieser Stelle nur Folgendes sagen: Es gibt keine Chance für Ihren Antrag.
Grob geschätzt - jetzt kommt eine Rechnung aus meinem Haus würde das, was Sie sich wünschen, dem Land aufgrund der strikten Konnexität 8 Millionen Euro pro Jahr kosten. Das ist schlichtweg nicht möglich.
In den Jahren 2003 bis 2008 gab es - Sie erinnern sich - heftige Diskussionen zu dem Thema Schülerbeförderung. Seit April 2008 - das haben einige Vorredner bereits erwähnt - gilt: Die Landkreise können selbst entscheiden, ob und in welcher Höhe sie einen Beitrag von den Schülerinnen und Schülern bzw. von deren Eltern zu den Schülerfahrtkosten erstattet bekommen.
Bei der Beantwortung der Anfrage heute Morgen habe ich bereits über die Reaktion der Kreise gesprochen, die insgesamt durchaus positiv zu sehen ist, obwohl sie unterschiedlich ausgefallen ist. Aufgrund dieser Reaktion kann ich keinen Bedarf für das von der FDP-Fraktion vorgeschlagene Gesetz erkennen.
Ich würde gern - und werde das auch tun - den Antrag der Koalitionsfraktionen unterstützen. Ich glaube, dieser hat auch Ihre Zustimmung verdient. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. - Das Wort erhält noch einmal der Abgeordnete Büttner. Er spricht für die FDP-Fraktion als Einbringerin.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst etwas zu Ihnen sagen, Herr Günther. Wir kennen uns noch nicht lange. Langsam verstehe ich Ihren Ansatz, dass Sie über das, was wir Ihnen vorschlagen, gar nicht mehr reden wollen. So war das auch beim letzten Antrag der FDP-Fraktion und der Fraktion GRÜNE/B90. Da haben Sie hinterher in einem Interview gesagt: Wir haben genug geredet. Warum sollen wir das im Ausschuss fortsetzen? - Vielleicht können wir einfach übereinkommen, dass man Anträge durchaus in einen Ausschuss überweisen und dort darüber sprechen kann.
Im Übrigen machen Sie es sich sehr einfach, wenn Sie sagen, der Geburtenrückgang sei schuld daran. Natürlich haben Sie Recht, dass damit die Schülerzahlen zurückgehen. Aber dann muss man sich auch einmal Gedanken über andere Möglichkeiten machen, zum Beispiel über Einzügigkeit oder Zweizügigkeit an verschiedenen Standorten. Über all das können wir uns doch dann unterhalten.
Herr Büttner, könnten Sie sich vorstellen, im Rahmen der Haushaltsdiskussion Ihren FDP-Antrag mit einer finanziellen Absicherung und Vorschlägen einzubringen? Dann haben Sie die Diskussion dazu im Haushaltausschuss. Würden wir das inhaltlich überweisen, hätten wir nichts anderes zu diskutieren, als wir heute schon getan haben. Das ist natürlich ein Grund, es nicht zu tun.
Frau Wöllert, ich komme jetzt auf die finanzielle Grundlage zu sprechen. Es war klar, dass Sie sagen: Sie haben überhaupt keine Gegenfinanzierung und müssen sich darüber Gedanken machen. - Ich muss zugeben, dass ich ein wenig überrascht war, als Minister Rupprecht sagte, das würde das Land 8 Millionen Euro kosten. Wir rechnen mit etwa 20 Millionen Euro. Die überbetriebliche Ausbildung bietet unserer Meinung nach eine Möglichkeit, etwas zu ändern und das Geld in die Schülerbeförderung zu stecken. Wir könnten auch überlegen, 8 Millionen Euro aus den Personalverstärkungsmitteln zu nehmen. Wir könnten uns im Ausschuss aber auch über ein Angebot des VBB unterhalten, wie die kostenfreie Schülerbeförderung im Land durchaus ermöglicht werden kann.
Es gibt da viele Ansatzpunkte; ich habe Ihnen zwei, drei genannt. Wir sind gerne bereit, der Landesregierung dabei zu helfen, diese Mittel zu finden. Ich glaube, dass unser Gesetzentwurf durchaus diskussionswürdig ist, gerade vor dem Hintergrund, Frau Wöllert, dass Ihre Fraktion genau das immer gefordert hat, und dass Sie, Herr Minister, gesagt haben, bildungspolitisch sei es möglich, finanzpolitisch nicht. - Lassen Sie uns im Haushaltsausschuss einfach darüber sprechen. Wir glauben, dass das richtig ist.
Frau Wöllert, Sie haben gesagt, der Antrag, den wir eingebracht haben, sei handwerklich falsch. Das sehe ich anders, das mögen Sie mir nachsehen. Aber auch das wäre ein Punkt, ihn in den Ausschuss zu überweisen. Insofern denke ich, dass es gute Gründe gibt, im Ausschuss weiter darüber zu diskutieren. - Vielen Dank.
Damit sind wir am Ende der Rednerliste. Wir kommen zu dem etwas schwierigen Abstimmungsverfahren. Es liegt Ihnen zunächst der Antrag der FDP-Fraktion auf Überweisung des Entwurfs eines Fünften Änderungsgesetzes zum Brandenburgischen Schulgesetz, Drucksache 5/355, an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport vor. Wer der Überweisung an den Ausschuss folgen kann, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einer Mehrheit von Gegenstimmen ist diesem Antrag nicht entsprochen worden.
Für den Fall, dass dieser Überweisungsantrag abgelehnt wird, hat die FDP vorsorglich schriftlich eine namentliche Abstimmung in der Sache beantragt. Wir kommen demzufolge zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in der Drucksache 5/355, Fünftes Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Schulgesetzes, eingebracht durch die FDP.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf ist mit 54 Neinstimmen, 11 Jastimmen und 3 Enthaltungen abgelehnt worden.