Kein Mensch erwartet, dass dieses Problem mit den Mitteln Brandenburger Haushaltspolitik zu lösen ist. So begrüßenswert es ist, 60 000 Euro für die ehrenamtliche Entwicklungszusammenarbeit im Haushalt einzustellen, so ist es nicht mehr als ein symbolischer Akt. Mehr und mehr setzt sich die Erkenntnis durch, dass unser Reichtum wesentlich auf der Ausbeutung der Bodenschätze und Arbeitsleistungen der so genannten Dritten Welt beruht. Das Gefühl vieler Menschen außerhalb Europas und Nordamerikas, jetzt endlich auch einmal dran zu sein, ist verständlich. Dennoch wissen wir, dass ein Auto für jeden Erwachsenen, eine jährliche Urlaubsreise mit dem Flugzeug und ein täglicher Braten für jeden Menschen die Ressourcen unserer Erde überfordern.
Wir müssen runter mit unserem Energieverbrauch und unserem Fleischkonsum. Wir müssen raus aus unserer Wegwerfgesellschaft, wenn wir es mit der Idee einer solidarischen Weltgemeinschaft ernst meinen. Wir müssen uns auf eine Welt einrichten, in der wir dauerhaft ohne Wachstum des Ressourcenverbrauchs auskommen werden. Wir müssen herausfinden, wie Václav Havels Vision einer Welt, in der Fortschritt an verringertem Konsum gemessen wird, verwirklicht werden kann.
Wir müssen letztendlich eine Gesellschaft schaffen, die ohne permanentes Wirtschaftswachstum und das heißt auch in Ihrem Staatshaushalt ohne ständig wachsende Staatsausgaben zurechtkommen kann und dennoch ein lebenswertes Leben für alle Bewohner eines Landes gewährleistet.
Wir wissen: Der Wohlstand ist nicht nur zwischen Nord und Süd ungerecht verteilt, sondern auch innerhalb der Industrienationen. Auch innerhalb unseres Landes wachsen die sozialen Ungleichgewichte. Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich weiter. Wir wissen auch, dass die Einflussmöglichkeiten auf die Einkommens- und Vermögensverteilung in unserem Bundesland über den Landeshaushalt nur begrenzt sind.
Die entscheidenden Weichenstellungen trifft der Bund. Alles, was wir, verglichen mit den bundesgesetzlich geregelten Sozialausgaben und den Leistungen der Sozialversicherungsträger bewegen können, bleibt marginal. Es gibt allerdings eine große Ausnahme. Das ist die Alleinzuständigkeit der Länder für die Ausgestaltung und Finanzierung des Bildungssystems. Der
vorhin zitierte schwedische Ministerpräsident Göran Persson, der ob seiner radikalen Reformen der schwedischen Staatsfinanzen von Mitgliedern seiner sozialdemokratischen Partei auf das Unflätigste beschimpft wurde, rührte einen Posten nie an: den Bildungsetat.
Inzwischen ist es Allgemeingut, dass die Grundlagen für den sozialen Aufstieg, für die Verteilung von Zukunftschancen auf die Mitglieder der Gesellschaft in der schulischen und vorschulischen Bildung gelegt werden. Die Landesregierung hat mit dem BAföG für Schüler zwar den Versuch unternommen, hier für mehr Chancen für Kinder aus benachteiligten Familien zu sorgen. Aber das BAföG greift deutlich zu spät, nämlich ab Klassenstufe 11. Jugendliche, die die Klasse 11 erreicht haben, haben den Sprung zumeist schon geschafft. Die Debatte haben wir heute Vormittag bereits in aller Ausführlichkeit geführt. Unsere Kritik ist, dass die Mittel, die in das viel zu spät greifende Instrument Schüler-BAföG - übrigens auch ein verwaltungsintensives Instrument - fließen, deutlich sinnvoller dafür geeignet wären, um die individuelle Förderung im schulischen und frühkindlichen Bildungsbereich zu verbessern. Unsere Änderungsanträge zeigten im Ansatz, wie es hätte besser gehen können.
So haben wir - übrigens gemeinsam mit der FDP - beantragt, dass sowohl der Schulpool als auch die Vertretungsreserve von 3 auf 5 % aufgestockt wird. Die knapp 7 Millionen Euro keine hohe Summe in Anbetracht des Gesamtvolumens des Haushalts, die hierfür von uns veranschlagt waren - wären direkt den Lernenden zugutegekommen, da mehr Lehrerinnen und Lehrer zur Verfügung gestanden hätten, um sich um die individuellen Bedürfnisse der Kinder zu kümmern. Zugleich hätte die Lehre verbessert werden können, da die Lehrerinnen und Lehrer bei weniger zeitlicher Arbeitsbelastung mehr Energie in die Qualität der Lehre hätten stecken können.
7 Millionen Euro für die Qualität der Bildung in Brandenburg wären für uns ein erster Schritt in die richtige Richtung - Bildung statt Beton - gewesen, aber obwohl Sie in der Debatte im Plenum alle unsere Anträge für sinnvoll erklärten, haben die Abgeordneten der Koalition alle unsere Anträge abgelehnt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Haushalt ist aus unserer Sicht weder geeignet, das Problem der Schuldenkrise noch das Problem der sozialen Gerechtigkeit im Bildungssektor anzupacken.
Er ist nicht geeignet, Antworten auf die anderen entscheidenden Herausforderungen wie Klimawandel und Verlust der biologischen Vielfalt zu geben. Deshalb müssen wir den Haushaltsentwurf dieses Jahr ablehnen. Wir wollen aber die Hoffnung nicht aufgeben, dass unsere Kritik am Haushalt des Jahres 2010 im Haushalt 2011 aufgegriffen wird und Sie uns im nächsten Jahr die Kritik nicht allzu leicht machen. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Vogel. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Minister Markov erhält das Wort.
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen, nochmals einen recht schönen guten Nachmittag! Während der Einbringung des Haushalts und in den Ausschusssitzungen haben wir sehr ausführlich über den Haushalt debattiert. Heute ist der dritte Tag der Debatte darüber. Dies alles würde ich gern in folgendem kurzen Satz zusammenfassen: Dieser Haushalt ist die in Geld gemeißelte Umsetzung der politischen Zielstellung dieser Koalition.
Die einen - das ist die Koalition - werden diese Ansicht teilen, die anderen dagegen nicht, weil ihnen dieser politische Ansatz nicht gefällt.
Worin dieser politische Ansatz besteht, wurde bereits von meinen Kollegen der SPD und der Linken sehr ausführlich analysiert und beschrieben. Ich kann mir insofern Äußerungen diesbezüglich sparen und möchte lediglich kurz zu einigen Aussagen, die in der heutigen 3. Lesung gefallen sind, Stellung nehmen.
Offensichtlich haben Sie aber in den Parteilehrjahren der Partei, der wir beide einmal angehört haben, nicht richtig aufgepasst,
Zweitens: Herr Vogel, Sie haben ein enormes Problem angeschnitten, dieses als selbstverständlich hingenommen und einfach locker weggewischt.
Darüber bin ich schon ziemlich erstaunt gewesen. Sie haben den Satz geprägt: Geldgeber entscheiden über die Länder. - Es ist genau das Problem,
dass Geldgeber mittlerweile über die Politik bestimmen und nicht mehr die Politik über die Finanztechnik bestimmt. Insofern war es richtig, dass wir - sowohl die SPD als auch die Linke - im Bundestag gesagt haben: Wir müssen Griechenland bzw. die Währung stützen. Zugleich haben wir per Entschließungsantrag aber auch sehr wichtige Positionen gefordert, und zwar die Rückgewinnung der politischen Macht über die Finanzakteure,
indem wir eine Finanztransaktionssteuer organisieren, indem wir die Ratingagenturen begrenzen, indem wir den Handel mit Leerbriefen verbieten und indem wir den Wertpapierhandel nicht so gestalten, wie er gestaltet ist. Sie nehmen das aber einfach so hin
und verkaufen es dann auch noch als absolut tolle Politik. Diese Aussage fand ich sehr schwach, auch wenn der Rest Ihres Vortrages nicht schlecht war.
Ich habe natürlich verstanden - das ist immer ein wenig schwer -: Wir verteidigen unsere Politik, Schwarz-Gelb kritisiert sie. Als ich dort gesessen und mir das zum vierten oder fünften Mal angehört habe, dachte ich mir: Na ja, vielleicht sollte man sich einfach die Umfragen anschauen. Wir wollen nicht vergleichen, aber die Umfragen sollte man sich anschauen. Zudem dachte ich mir: Das kann man in einem Vierzeiler zusammenfassen:
Rot-Rot in Potsdam regiert engagiert, dies wird vom Wähler sehr wohl honoriert. Schwarz-Gelb in Berlin, ein zerstrittener Haufen, dem scharenweise die Wähler weglaufen.
(Jürgens [DIE LINKE]: Das ist Lyrik! - Beifall SPD und DIE LINKE - Bischoff [SPD]: Jetzt wird es intellektuell!)
Ich bin mir sehr sicher, dass die Brandenburgerinnen und Brandenburger, die seit 20 Jahren strukturell immer links gewählt haben - selbst wenn die politischen Konstellationen der Regierung andere gewesen sind -,
Ich habe aber auch Verständnis dafür, schließlich sind wir als Partei PDS in Brandenburg mit 13 % gestartet. Anschließend ging die Rallye aber aufwärts. Sie hüpfen permanent um die 20 % herum,