Protokoll der Sitzung vom 02.06.2010

Ja, wir stimmen mit Ihnen überein, dass die Arbeit des Verfassungsschutzes wichtig für die innere Sicherheit ist und dass es Anliegen aller Demokraten sein muss, jede Form von Extremismus und Intoleranz zu bekämpfen. Ja, wir stimmen mit Ihnen überein, dass auch Deutschland zum Zielspektrum islamistischer Terroristen gehört, dass dies sorgfältig beobachtet werden muss und eine klare Differenzierung zwischen Islam und Islamismus nötig ist. Ja, auch wir sind besorgt über die Zunahme linksextremistisch motivierter Straftaten und über die zunehmenden Übergriffe auf Polizeibeamte und andere Sicherheitskräfte. Insbesondere aber stimmen wir mit Ihnen überein, dass extremistisches Gedankengut nur nachhaltig mit gesellschaftlichem Engagement für Freiheit und Demokratie bekämpft werden kann. Die Mitgliederzahlen extremistischer Organisationen sind als größenordnungsmäßig stabil zu betrachten, die politisch motivierten Gewaltdelikte leicht gesunken.

Wohin geht nun aber die Reise in diesem Antrag? - Unter Punkt 3 finden wir den eigentlichen Beschluss, der besagt, dass die Präventionsmaßnahmen des Verfassungsschutzes auf gleichem Niveau beizubehalten sind. Auch dem können wir allgemein nur zustimmen, ist doch schließlich nicht definiert, ob die Präventionsmaßnahmen auf gleichem qualitativen oder quantitativen Niveau verbleiben sollen.

In Ihrem Antrag wird ausdrücklich nichts zur Personalausstattung des Verfassungsschutzes gesagt. Eine Erfüllung der präventiven und operativen Aufgaben des Verfassungsschutzes auf bisher hohem Niveau muss nicht unbedingt mit der Zahl der Beschäftigten korrelieren. Wir gehen aber wohl nicht fehl in der Annahme - Ihre Redebeiträge haben dies auch verdeutlicht -, dass Sie auf die beabsichtigte Stellenreduktion des Verfassungsschutzes von 115 Stellen im Jahr 2010 auf 90 Stellen im Haushaltsjahr 2014 reflektieren und mit diesem Beschluss die Beibehaltung der Stellen erwirken wollen. Damit hätten wir ein Problem. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern als Oppositionspartei zwar nicht gerade Stellenreduktion beim Verfassungsschutz, sollten sich aber die Diskussionen um die Zielzahlen der Polizeistruktur 2020 bewahrheiten, so ist es aus unserer Sicht nicht zu vermitteln, den Verfassungsschutz von Stellenstreichungen auszunehmen.

Abschließend möchte ich noch eine Bemerkung zum Titel des Antrags machen, Herr Petke. „Bekämpfung des Rechts- und Linksextremismus auf gleichem Niveau beibehalten“ - das transportiert subtil und gekonnt wieder die Gleichsetzung von Links- und Rechtsextremismus, die in zahlreichen Anträgen hier schon Anlass zu Kontroversen war. Wir lehnen diese aus einigen Totalitarismustheorien abgeleitete Gleichsetzung ab. Wir wollen den Rechtsextremismus und den Linksextremismus jeweils in seinen historischen Wurzeln, ideologischen Ausrichtungen und Auswirkungen analysieren und daraus gezielt Strategien zu deren Bekämpfung ableiten.

Insgesamt spricht der Antrag der CDU-Kollegen viele wichtige Punkte an, die unsere Zustimmung finden. Wir würden es begrüßen, wenn die Arbeit des Verfassungsschutzes insbesondere im präventiven Bereich auf unverändert hohem Niveau fortge

führt werden kann. Einen isolierten Personalbestandsschutz für den Verfassungsschutz bei umfangreich geplanten Stellenstreichungen im Polizeibereich lehnen wir aber ab. Deshalb werden wir uns zu Ihrem Antrag enthalten. - Danke.

(Beifall GRÜNE/B90)

Innenminister Speer spricht für die Landesregierung.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Zurückdrängung nationalsozialistischen Gedankenguts und rechtsextremistischer Umtriebe im Land Brandenburg ist das Ergebnis einer gesamtgesellschaftlichen Anstrengung. Das hat auch dazu geführt, dass keine rechtsextreme Partei im Landtag ist. Gleichwohl ist das eine Momentaufnahme, und beabsichtigte Aktionen im Land belegen, dass die Gesellschaft in diesem Engagement nicht nachlassen darf.

Der Verfassungsschutz hat dabei seine Aufgabe. Er klärt auf, und er gibt Hinweise zur Prävention. Dies wird auch so bleiben. Alle Formen von Gewalt, besonders ideologischer Natur, gehören gleich geahndet. Das betrifft das Werfen von Hakenkrallen über Oberleitungen von Schnellzügen, das betrifft Aktionen, wenn es darum geht, seine Sorge vor Atomkraft militant in diesem Fall auch verbrecherisch - zum Ausdruck zu bringen, das betrifft das Zertreten von Genfeldern, das betrifft auch das Anzünden von Autos, auf denen DHL steht, was manche mit „Deutsche Heereslogistik“ übersetzen. All dies sind Straftaten, die in diesem Land gleich verfolgt und geahndet werden. Auch das wird so bleiben.

Wir haben aber sicherlich Unterschiede in der Bewertung, und je nach Standort gibt es immer wieder Reflexe. Deshalb betone ich noch einmal, dass für die Landesregierung die Ausrichtung und der Kampf gegen rechtsextremistische, fremdenfeindliche, ausländerfeindliche, in diesem Fall auch verfassungsfeindliche Aktivitäten den Schwerpunkt bilden und in dieser Legislaturperiode bilden werden. Der Verfassungsschutz hat dabei seine Aufgabe, die wird er auch behalten. Dazu brauche ich keine Hinweise. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung über den vorliegenden Antrag.

(Zuruf von der CDU)

Wollte Herr Petke noch einmal reden? - Bitte.

Herr Präsident! Ich danke für das Entgegenkommen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um es klar und deutlich auf den Punkt zu bringen: Mit 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird der Verfassungsschutz des Landes seinen Aufgaben, die er gesetzlich hat, nicht mehr gerecht werden. Er wird der Extremismusbekämpfung nicht mehr gerecht werden. Er wird

seine Präventionsarbeit deutlich zurückschrauben müssen. Und er wird keine Vorsorge betreiben.

(Zuruf des Abgeordneten Görke [DIE LINKE])

Kollege Görke, das ist in den anderen Ländern eben nicht der Fall, das können Sie ja behaupten. Wenn hier eine Kollegin fragt, woher der Extremismus kommt, dann merke ich bei dem Beitrag Ihrer Fraktion - da können Sie lächeln -: Ob Honecker, Mielke, Kaiser, Hoffmann oder Sie selbst sprechen: Da ist in Ihrer Partei immer noch dieses Freiheitsfeindliche, die Ablehnung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.

(Görke [DIE LINKE]: Sie reden einen Stuss!)

Wenn Sie einmal in den Verfassungsschutzbericht des Bundes schauen, dann werden Sie feststellen, dass Ihre Partei auch ein Problem mit dem Linksextremismus hat. Ich glaube, wirkliche Demokraten brauchen von einer Partei, die ein ungeklärtes Verhältnis zum Linksextremismus hat, keine Hinweise, wie man den Rechtsextremismus bekämpfen muss.

(Beifall CDU und FDP)

Die Gemeinsamkeit ist da, wo sie glaubwürdig ist. Aber es gibt auch Punkte, wo Gemeinsamkeit Grenzen darin findet, wie es tatsächlich ist.

In dem Antrag finden wir einen weiteren Punkt, nämlich die Frage, wie wir mit der Gewalt gerade von Linken gegenüber Polizisten umgehen. Wir haben hier vor ein paar Monaten einen entsprechenden Antrag eingebracht. Der Innenminister und die Redner der regierungstragenden Fraktionen haben gesagt: Brauchen wir nicht, kein Problem. - Jetzt höre ich von der Innenministerkonferenz in Hamburg und vom SPD-Innensenator Körting aus Berlin, dass das aber notwendig sei. Körting sagt nicht nur, dass es notwendig ist, er schlägt gleich einen eigenen Paragrafen im Strafgesetzbuch vor. Sie sollten genau hinschauen, ob das Ihr neuer Stil ist, ob Sie etwas hier im Landtag nur deswegen ablehnen, weil es von uns kommt,

(Oh! bei SPD und DIE LINKE)

oder ob Sie es möglicherweise deswegen ablehnen, weil es nicht notwendig ist. Genossinnen und Genossen der SPD sehen das in Deutschland jedenfalls anders.

Ich finde es auch gut, dass Körting den Mut beweist und zugibt, dass wir ein Problem mit Übergriffen auf Polizeibeamte und andere im Land haben und dass es da gesetzlicher Änderungen bedarf.

Herr Speer sprach an, dass Straftäter, die Autos anzünden, verfolgt und bestraft werden. Verfolgt will ich ja noch glauben, aber bestraft? Herr Minister, da ist mir kein Fall bekannt. Dazu kann ich etwas aus dem Innenausschuss wiedergeben. Wir haben wiederholt nachgefragt, ob es Ermittlungserfolge gibt, was die brennenden Autos in Potsdam betrifft. Der Innenminister hat zugeben müssen: Die Ermittlungen sind abgeschlossen, aber es ist niemand festgestellt worden. Es konnte niemand dieser Straftaten überführt werden. Das musste er sagen. Damit hätte man es bewenden lassen können. Es ist zum Beispiel im linksextremen Bereich sehr oft der Fall, dass wir eine Straftat haben, aber die Täter nicht finden, zum Beispiel in Berlin, aber auch

in Hamburg. Aber unser Innenminister des Landes Brandenburg wusste gleichzeitig: Wir haben keinen Täter, aber Linksextremisten waren es nicht. So, meine Damen und Herren, kann man Extremismus nicht bekämpfen. Man kann den Verfassungsschutz nicht auf 90 Stellen reduzieren und die Bevölkerung Glauben machen, alles gehe so weiter wie bisher. Man kann nicht die Täter laufen lassen, aber gleichzeitig sagen, wer es nicht war. So kann man nicht glaubwürdig Extremismus bekämpfen. - Danke schön.

(Beifall CDU und FDP)

Wer dem Antrag der CDU-Fraktion in Drucksache 5/1241 zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dem Antrag nicht gefolgt worden, er ist abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 9 und rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Prüfbericht zur Wasserentgeltregelung im Tagebau vorlegen

Antrag der Fraktion der CDU der Fraktion der FDP

Drucksache 5/1243

Der Abgeordnete Bretz beginnt die Debatte für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einige kurze Vorbemerkungen: Auf Seite 47 des Koalitionsvertrags der rot-roten Regierungskoalition steht:

„Die Landesregierung wird prüfen, inwieweit für die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser zum Zwecke der Freihaltung und Freimachung von Lagerstätten, Erdgaslagerstätten zur Wasserhaltung die Erhebung eines Nutzungsentgelts erforderlich ist.“

Dabei sollen die Prüferfahrungen und die Ergebnisse anderer Bundesländer berücksichtigt werden.

Punkt 2 meiner Vorbemerkungen: Wir erleben, dass auf europäischer Ebene auf die Bedeutung der Ressource Wasser vermehrt Aufmerksamkeit gelegt wird. Das ergibt sich nicht zuletzt aus den Dingen, die bereits in Kraft sind, aber auch aus den Dingen, die noch überlegt werden, um den Umgang mit der Ressource Wasser verstärkt in den Fokus zu nehmen.

Punkt 3 meiner Vorbemerkungen: In § 40 Abs. 4 Nr. 7 des Brandenburgischen Wassergesetzes gibt es eine Ausnahme, nämlich die Erhebung von Nutzungsentgelten für genau die Bereiche, die in dem Prüfauftrag, der im Koalitionsvertrag zwischen Ihnen hinterlegt worden ist, ausgenommen sind.

Um auf den Punkt 4 zu kommen, was heißt das für Brandenburg? In Brandenburg haben wir es im Braunkohletagebau jähr

lich mit einem Volumen von 230 Millionen m3 Wasser zu tun; davon werden 90 % dem Wasserkreislauf wieder zugeführt, 10 % werden im Rahmen des Verbrauchs genutzt, und dafür wird ein Nutzungsentgelt erhoben.

Nun ergab sich folgende Situation: Frau Tack hat am 3. März 2010 im Umweltausschuss und am 7. Mai 2010 in ihrer Antwort auf die Anfrage eines Abgeordneten hier im Plenum erklärt, dass derzeit an einem Gesetzentwurf gearbeitet werde und ein Prüfbericht kurz vor der Fertigstellung stehe. Um uns in der Diskussion eine Meinung bilden bzw. diesen Diskussionsprozess voranbringen zu können, bitten wir Sie, uns bis zum 18. Juni das Ergebnis des Prüfberichts vorzulegen, damit wir nachvollziehen können, anhand welcher Kriterien geprüft wurde und zu welchem Ergebnis man gekommen ist.

Wir möchten zweitens eine Darstellung darüber haben, wie in der Bundesrepublik Deutschland mit diesem Thema umgegangen wird. Wir wollen wissen, welche Erfahrungen vorliegen. Wir wollen für den Fall, dass Sie ein Nutzungsentgelt erheben wollen, wissen, welche Auswirkungen das auf die Bereiche Sozialpolitik, Ökologie und Ökonomie haben wird. Unser Antrag ist, wie ich finde, klar umrissen. Wir bitten deshalb um Zustimmung und würden uns freuen, wenn Sie der Bitte nachkämen. Vielen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bretz. - Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der Abgeordneten Hackenschmidt von der SPD-Fraktion fort.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wie in Ihrem Antrag zu lesen, haben sich die SPD-Fraktion und die Fraktion DIE LINKE darauf verständigt, dass die Landesregierung prüfen wird, inwieweit für die Entnahme von Oberflächen- und Grundwasser zum Zwecke der Freimachung und Freihaltung von Lagerstätten, Erdgasspeichern sowie zur Wasserhaltung von Tagebaulöchern ein Nutzungsentgelt erhoben werden soll. In diesem Zusammenhang soll auch die Erfahrung anderer Bundesländer berücksichtigt werden. So viel zu Ihrer Frage unter Nr. 3.

Zur Frage, wie damit in anderen Bundesländern umgegangen wird: Schauen Sie auf die entsprechenden Internetseiten - ich weiß nicht, warum Sie dazu die Landesregierung brauchen -, dann werden Sie nach wenigen Mausklicks feststellen, dass 11 von 16 Bundesländern ein Wassernutzungsentgelt erheben, 5 Länder erheben kein Wassernutzungsentgelt im Zusammenhang mit Lagerstätten bzw. der Gewinnung von Bodenschätzen; darunter sind neben Brandenburg auch Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Die Regelungen in den Bundesländern sind schwer vergleichbar, da nach Herkunft, Verwendungszweck und Nutzungsmenge des Wassers unterschieden wird.

Mit der von Ministerin Tack zum Jahresende 2010 angekündigten Novelle des Wassergesetzes werden wir auch einen Bericht zu den Erfahrungen in diesen anderen Bundesländern erhalten. In die Prüfung werden die Energiestrategie, die Auswirkungen des Tagebaus auf den Wasserhaushalt, die Vorgaben von Artikel 9

Wasserrahmenrichtlinie, Kostendeckung für Wasserdienstleistungen - hier ist ja ein EU-Vertragsverletzungsverfahren anhängig - und der Umstand, dass ein großer Teil des verwendeten Grundwassers verkauft wird, einbezogen.