Protokoll der Sitzung vom 01.07.2010

Eine letzte Bemerkung; ich wollte es eigentlich nicht tun, Herr Bretz, lese Ihnen nun jedoch vor, was mich vor einer halben Stunde vonseiten einer Markterkundungsfirma erreicht hat, die im Bereich Photovoltaik in Asien unterwegs ist:

„Wir unterhalten auch in Asien langjährige Lieferantenbeziehungen. Die Solarmodule sind dort bei allen nennenswerten Herstellern der ersten und zweiten Liga für die zweite Jahreshälfte 2010 sogar sprunghaft teurer geworden, sodass sie mit einer kurzfristigen und deutlichen Sonderabsenkung im EEG nicht mehr kompatibel sind.“

Im Klartext heißt das, dass die Marktuntersuchungen im asiatischen Raum bestätigt haben, dass uns die unverhältnismäßigen Kürzungen im Bereich des EEG in eine Situation bringen, die für unsere Unternehmen wettbewerbsschädigend ist. Deswegen sage ich Ihnen: Neben den sozialen Aspekten, die wir bei der Gestaltung des Strompreises sehen, sehen wir auch die Frage der Wettbewerbsfähigkeit in diesem Bereich. Deswegen finden wir: Wir haben mit einer maximalen Absenkung bis zu 10 % einen guten Kompromissvorschlag unterbreitet. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Danke schön, Herr Minister. Wir befinden uns immer noch in der regulären Redezeit. Da Sie jedoch am Schluss der Debatte gesprochen haben, ist damit die Aussprache wiedereröffnet; so sind unsere neuen Regeln. Demzufolge könnten jetzt alle noch eine Minute sprechen. - Verzicht? - Verzicht. - Herr Bretz? Verzicht. - Frau Hackenschmidt? - Ebenfalls Verzicht. Von dieser Möglichkeit macht also niemand Gebrauch. Insofern haben wir die Aussprache beendet und kommen zur Abstimmung.

Wir stimmen über den Antrag „Chancen der ,Innovationsallianz Photovoltaik‘ der Bundesregierung nutzen, um die Solarregion Berlin-Brandenburg weiter zu stärken“, Drucksache 5/1473, eingebracht von CDU- und FDP-Fraktion, ab. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Damit ist diesem Antrag ohne Enthaltungen nicht entsprochen worden. Er ist abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 14 und eröffne Tagesordnungspunkt 15:

Potenziale zur Fachkräftesicherung in Brandenburg nutzen

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 5/1480

Dazu liegt ein Entschließungsantrag der FDP-Fraktion in Drucksache 5/1589 vor.

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion. Herr Abgeordneter Baer erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben schon in der Aktuellen Stunde heute Vormittag ausführlich über die Auswirkungen der - ich bleibe dabei - unsozialen Sparpolitik des Bundes auf Brandenburg diskutiert. Nun wissen wir nicht erst seit dieser Debatte, dass sich die geplanten Einsparungen auch auf die Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik im Lande auswirken werden.

Der wirtschaftliche Erfolg Brandenburgs ist und bleibt auch in Zukunft davon abhängig, dass es in unserem Land genügend gut qualifizierte Fachkräfte gibt. Wir sind uns wohl alle einig: Bildung schafft Qualifizierung. Qualifizierung schafft gute Erwerbschancen und diese wiederum ein gesichertes Einkommen. Der Mehrwert für jeden einzelnen Arbeitnehmer wie für die Brandenburger Wirtschaft und auch die dringend notwendige Entlastung der Sozialkassen liegt auf der Hand. Gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels braucht das Land mehr denn je junge gut qualifizierte Fachkräfte genauso wie gut qualifizierte erfahrene ältere Arbeitnehmer.

In der Verantwortung zur Bewältigung dieser Aufgaben stehen viele Akteure. Die Lösung muss ein aktives Miteinander sein. Jeder Auszubildende und jeder Arbeitnehmer kann seinen persönlichen Werdegang gestalten und muss auch dazu aufgerufen sein, sich für das Arbeitsleben in Gegenwart und Zukunft aktiv fit zu machen. Dafür sind aber entsprechende Rahmenbedin

gungen nötig. Wir in der Politik sind aufgerufen, diese Rahmenbedingungen zu setzen. Darüber hinaus ergeht der Appell an die Brandenburger Unternehmen: Um die bestehenden und zukünftigen Bedarfe an gut qualifizierten Arbeitskräften in der Brandenburger Wirtschaft zu decken, ist zum einen eine bessere Passgenauigkeit zwischen Angebot und Nachfrage und zum anderen die verstärkte Aus- und Weiterbildung in den Betrieben notwendig. Nur dann kann der Abwanderung von Arbeitskräften begegnet und zugleich die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften gestillt werden.

Die SPD-Fraktion und die Fraktion DIE LINKE nehmen die genannten Erfordernisse ernst und haben den Blick in die Zukunft gerichtet. Wir wollen den jüngsten Fachkräfteprognosen eine Strategie entgegensetzen, die dem prognostizierten Mangel entgegenwirkt.

Der jüngste IAB-Bericht vom Juni 2010 beschreibt eine wenig verlockende Zukunft. Darin heißt es, der Mangel an gut ausgebildeten Arbeitskräften beeinträchtige die Attraktivität des Standorts. Dadurch bestehe die Gefahr, dass Ostdeutschland in einen Teufelskreis aus geringeren Einnahmen, geringeren Infrastrukturinvestitionen, sinkender Standortattraktivität und damit ständig abnehmender Einwohnerzahl gerät.

Auch die schon zitierte Fachkräftestudie hat die Situation deutlich beschrieben. In den nächsten Jahren wird es danach einen Fachkräftebedarf der Brandenburger Wirtschaft von 100 000 Menschen geben. Dieser Bedarf soll sich bis zum Jahr 2015 sogar verdoppeln.

Wir alle, meine Damen und Herren - Landesregierung, Wirtschaft, Gewerkschaften, und Wissenschaft -, müssen Strategien entwickeln, dem Fachkräftemangel zu begegnen, und gemeinsam an deren Umsetzung arbeiten - daher unser Antrag, denn um geeignete Instrumente zu entwickeln, brauchen wir eine klare Ist-Analyse.

Die Landesregierung soll beauftragt werden, einen Bericht über Wanderungsbewegungen nach und aus Brandenburg und auch über Weiterbildungsbeteiligung der Erwerbsbevölkerung und der Unternehmen in Brandenburg zu geben.

Die Landesregierung soll über die Gründe Auskunft geben, aus denen immer noch nicht alle Ausbildungsmöglichkeiten im Land genutzt werden.

Wir brauchen konkrete Maßnahmen zur Fachkräftesicherung. Darum soll die Landesregierung weiterhin Vorschläge zur Fachkräftesicherung unterbreiten.

Wir können dem geschilderten IAB-Szenario nur mit gut ausgebildeten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern entgegenwirken.

Brandenburg braucht gut ausgebildete Fachkräfte. Wir müssen die vorhandenen Möglichkeiten ausschöpfen und neue Potenziale erarbeiten. Dazu gehört, auch verstärkt auf Weiterbildung zu setzen. Lernen hört auch im Berufsleben niemals auf.

Wenn wir es schaffen, den Bedarf an Fachkräften zu decken, können wir damit auch die Arbeitslosenquote weiter merklich senken. Fachkräftesicherung ist darum nicht nur Bildungs-, sondern auch Arbeits-, Sozial- und Wirtschaftspolitik.

Gut ausgebildete Schülerinnen und Schüler sind eine Grundlage für den Eintritt in das Erwerbsleben und damit Basis einer erfolgreichen Fachkräftesicherung. Die Zahlen der neuesten Bildungsstudie lassen sich nicht beschönigen, doch die Landesregierung hat bereits reagiert und wird dem gegensteuern, wie wir heute morgen von Minister Rupprecht gehört haben.

Auch setzt das arbeitsmarktpolitische Programm des Landes auf diese Qualifizierung.

Meine Damen und Herren, der FDP-Entschließungsantrag, der uns heute vorgelegt worden ist, muss nicht näher kommentiert werden. Ich gebe zu, der Entschließungsantrag ist eine konsequente Fortsetzung Ihrer Klientelpolitik. Sie werden aber nicht ernsthaft erwarten, dass wir Ihrem Antrag, der unter anderem die Ablehnung des Mindestlohnes beinhaltet - der Mindestlohn gehört zu den Kernelementen unserer Politik -, zustimmen können.

Dem Änderungsantrag der CDU-Fraktion ist nur entgegenzusetzen: Er enthält leider auch nicht viel Neues in der Sache, außer der bekannten Kritik an dem Arbeitsmarktprogramm.

Ich bitte Sie daher: Springen Sie heute vielleicht über Ihren Schatten und unterstreichen Sie mit der Zustimmung zu unserem Antrag die Wichtigkeit der Fachkräftesicherung für Brandenburg. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Baer. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Abgeordneten Frau Schulz-Höpfner von der CDU-Fraktion fort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Aufforderung gebe ich gern zurück: Es wäre schön, wenn Sie unserem Antrag zustimmen würden, denn ich denke, wir haben Ihrem Antrag noch einige wichtige Aspekte hinzugefügt.

(Vereinzelt Beifall CDU)

Ich war einigermaßen erstaunt, als ich den Antrag gelesen habe, der die Regierung zum Handeln auffordert. Aber ich sage: Das Thema Fachkräfte ist in der Tat wichtig. Die Fachkräftestudie wurde vor kurzem in unserem Ausschuss für Arbeit und Soziales vorgestellt und heiß diskutiert. Das Arbeitsmarktprogramm muss angepasst werden; das ist bekannt. Daher wundert es nicht, dass man die Landesregierung auffordert.

Es ist ebenso bekannt, dass in der Region Berlin-Brandenburg bis 2015 rund 270 000 Fachkräfte fehlen werden. Das sagt die Fachkräftestudie. Gut ausgebildete Fachkräfte haben gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Das ist schon heute so. Deshalb ist die Herausforderung für die Zukunft, dafür zu sorgen, dass unsere jungen Menschen die Chancen in den Regionen ergreifen und auch ergreifen können und wir die besten Voraussetzungen mit Bildung von Anfang an für sie schaffen. Das kann nur unter Einbeziehung der Eltern und gut ausgebildeter Lehrer gelingen. Das heißt aber auch, dass diese Landesregierung tatsächlich Prioritäten setzt und danach handelt

Es muss eine intensivere Berufsvorbereitung und Kooperation von Schule und Wirtschaft gelingen. Der „Girls‘ Day“ oder der „Zukunftstag“ sind Gelegenheiten dafür, werden aber bei weitem noch nicht so genutzt, wie wir uns das alle vorstellen. Die Unterstützung der Unternehmen muss zielgenau und effektiv sein. Diese stehen natürlich auch in der Pflicht, für ihre eigene Zukunft zu sorgen und sich darauf vorzubereiten. Das lebenslange Lernen wird zur Aufgabe jedes einzelnen Arbeitnehmers und jedes einzelnen Arbeitgebers. Weil die Qualifizierung und die Weiterbildung einen so hohen Stellenwert besitzen, muss dem insbesondere in der Anpassung der Arbeitsmarktprogramme, aber darüber hinaus in allen Bereichen der Politik Rechnung getragen werden. Dies gilt von der Familienpolitik über die Wirtschaftspolitik und die Strukturpolitik für alle Politikfelder. Es ist nämlich nicht nur ein Thema der Arbeitsmarktpolitik.

Die demografische Entwicklung vollzieht sich in allen Bereichen des Landes - der Wirtschaft und des gesellschaftlichen Lebens. Deshalb gilt es umso mehr, die brachliegenden Kompetenzen von Erwerbslosen und älteren Arbeitnehmern zu erhalten und zu nutzen und unsere Landeskinder sehr gut auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten.

Vor diesem Hintergrund haben wir Ihrem Antrag noch einige wichtige Punkte, wie wir denken, hinzugefügt - übrigens alles Punkte, die wir auch in der Vergangenheit schon gemeinsam in unseren Anträgen diskutiert haben. Der Zustimmung des Antrags dürfte nichts entgegenstehen.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schulz-Höpfner. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Herr Büchel hat das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! „Die Abwanderung geht weiter. Osten droht massives Problem mit Fachpersonal!“ - so die Überschrift auf der Titelseite der gestrigen Ausgabe der „Märkischen Oderzeitung“.

Ja, zu viele junge Menschen, insbesondere Mädchen, verlassen jedes Jahr bereits nach dem Abschluss der Schule unser Land. Es sind aber nicht nur, wie es die „Märkische Oderzeitung“ geschrieben hat, Ingenieure und Ärzte, die uns als Fachkräfte in Brandenburg fehlen werden. Brandenburg benötigt ebenso Handwerker, Erzieher und Pflegefachkräfte. Auch diese Menschen sind Fachkräfte.

Gerade Letztere sind für die demografische Entwicklung in unserem Land besonders notwendig. Ich habe kürzlich eine ambulante Pflegestation einen Tag lang aktiv begleitet und möchte Ihnen an diesem Beispiel konkret deutlich machen, was aus der Sicht der regionalen Akteure die Ursachen des Problems sind: Da ist einmal das Unwissen, die Unkenntnis der Schüler über die Berufe, über deren Inhalt und Anforderung. Junge Menschen suchen sich häufig die Berufe aus, die sie kennen, die die sogenannten Rankinglisten anführen, zum Beispiel Verkäuferin oder Automechaniker, haben aber beispielsweise wenig Vorstellung davon, was ein Altenpfleger macht und wie sich dessen Arbeitstag gestaltet.

Was die Schüler nicht wissen, ist für sie auch nicht interessant. Daher, werte Kolleginnen und Kollegen, hat die Schule hier eine besondere Verantwortung zu übernehmen. Wir haben gute Projekte in Brandenburg, beispielsweise das Projekt „Praxislernen“ im Rahmen der Initiative Oberschule. Jedoch: An dem Projekt „Praxislernen“ sind landesweit derzeit nur 65 Schulen beteiligt. Das ist ein richtiger Weg, der aber weiter gefördert und ausgebaut werden muss. Er darf für die Schulen aber nicht noch bürokratischer werden. Mehr Schulen müssen die Chance zur Teilnahme nutzen können. Des Weiteren sollte das Unterrichtsfach WAT berufsorientierter ausgebaut werden.

Das zweite Problem, von dem mir zu Recht kritisch berichtet wurde, ist die Bezahlung der Fachkräfte. Es kann nicht sein, dass eine Pflegefachkraft in Brandenburg fast die gleiche Bezahlung erhält wie eine Pflegehilfskraft in unserem Nachbarland Berlin.

(Beifall DIE LINKE)

Hier sind auch unsere Pflegekassen in der Verantwortung. Es ist nachvollziehbar, dass Brandenburgerinnen und Brandenburger insbesondere aus dem Speckgürtelbereich zum Arbeiten nach Berlin pendeln und uns in Brandenburg als Fachkräfte fehlen. Daher ist es wichtig, dass wir die Landesregierung beauftragen, konkrete Zahlen über diese Wanderbewegungen auf den Tisch zu packen und daraus entsprechende Schlussfolgerungen zu ziehen.

Werte Kolleginnen und Kollegen, wir haben genügend Potenzial an gut ausgebildeten Menschen im Land. Wir müssen ihnen die richtigen Rahmenbedingungen und eine gute Infrastruktur anbieten, um sie hier zu halten. Dazu gehört, dass unsere Regionen attraktiv sein müssen, Schul- und Kitaplätze vor Ort angeboten werden sowie eine ärztliche Versorgung sichergestellt wird.

Genauso müssen Fachkräfte endlich für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn erhalten, egal ob sie im Oderbruch oder in der Pfalz arbeiten. Es darf nicht weiterhin einen 11,3%igen Unterschied zwischen einer Ost- und einer Westrente geben. Das ist soziale Ungerechtigkeit, die in Brandenburg zum Fachkräftemangel beiträgt.