Herr Kollege Holzschuher, es ist keine Nachfrage zu Ihrer Gesetzesinterpretation, sondern zu einer Folge dieses Landesneuordnungsgesetzes: Ist Ihnen bekannt, dass Ministerin Tack ein Schreiben des Wasserverbandstags Brandenburg vorliegt, in dem es heißt, dass das Landesumweltamt mitgeteilt habe, dass es über kein Personal mehr verfügt, um beantragte wasserwirtschaftliche Maßnahmen genehmigungsrechtlich zu bearbeiten?
Kollege Dombrowski, Fragen dieser Art müssen Sie an die Landesregierung richten. Mir als Landtagsabgeordneten steht
eine Beurteilung dessen nicht zu. Die Regelung, welche Struktur die Verwaltung hat, ist absolut unserer Kompetenz entzogen.
Ich sage es noch einmal - ich habe es nicht mit meiner Fraktion abgestimmt, wenn auch mit einzelnen Kollegen, sondern es ist meine Meinung, mit der ich Ihnen etwas zu denken mit auf den Weg geben möchte -: Ich halte Ihre Vorschläge für völlig falsch, sie sind mit der Verfassung nicht in Einklang zu bringen. Schon allein aus diesem Grund lehne ich Ihren Antrag ab. Im Übrigen sprechen sachliche Gründe dafür, beide Ressorts so zuzuschneiden, wie sie nun zugeschnitten sind. Das hatte ich schon in der 1. Lesung ausgeführt. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Holzschuher. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort. Der Abgeordnete Goetz erhält das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Holzschuher, warum debattieren wir hier eigentlich? Warum gibt es überhaupt einen Gesetzentwurf, wenn wir als Abgeordnete des Landtags sowieso nichts zu entscheiden haben?
Sie verweisen auf das Landesorganisationsgesetz - ja, wer hat es denn verabschiedet? Ich vermute stark - auch wenn ich nicht dabei war -, es ist der Landtag gewesen. Insofern liegt es natürlich auch in der Kompetenz des Landtags, über die Organisation des Landes und darüber, wer welche Kompetenz hat, zu entscheiden. Auch wenn der Ministerpräsident natürlich eine gewisse Organisationskompetenz hat, so obliegt die Umsetzung eben teilweise dem Landtag. Deswegen haben Sie den Gesetzentwurf eingebracht. Ohne Gesetz ist eine Umstrukturierung nicht möglich. Sonst könnten wir uns die Debatte sparen bzw. sie absetzen, die Sitzung früher beenden und nach Hause gehen. Das wäre auch schön. So ist es aber nicht. Wir beraten heute in 2. Lesung über das Gesetz. Zuvor war es in den Ausschüssen.
So, wie wir uns mit dem Thema immer wieder befasst haben, war es auch früher schon. Bereits Goethe kannte Ähnliches aus seiner Zeit als Geheimrat und pflegte dann immer zu sagen: Getretener Quark wird breit, nicht stark. Oder: Sie peitschten den Quark, ob nicht etwa Creme daraus werden wolle. - Genau das haben wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf.
Natürlich ist es so, dass nachvollzogen werden soll, welche neuen Organisationsstrukturen gebildet wurden und wie die Ministerien nun zugeschnitten sind. Nur es bringt eben nichts, die Bereiche Umweltschutz und Landwirtschaft zu trennen; dazu hat Kollege Petke sich bereits hinreichend geäußert. Das sehen wir genauso. Weil die neuen Gebilde eben nicht zusammenpassen, werden irgendwelche Phantasienamen erfunden. Da meldet sich plötzlich eine Ministerin und sagt, sie habe ein „Ministerium für Lebensqualität“, und findet das ganz schick. Ein Staatssekretär aus einem anderen Ministerium erklärte, sein Ministerium sei das „Ministerium für Lebensfreude“. Ja,
wo kommen wir denn noch hin? Das Finanzministerium ist dann wahrscheinlich das „Ministerium für Lebensüberdruss“.
Wenn Sie den Ministerien nicht einmal ordentliche Namen geben können, dann brauchen Sie sich doch nicht zu wundern, dass es am Ende zu solchen Diskussionen, wie sie hier geführt werden, kommt. So funktioniert das Ganze eben nicht.
Was wir tatsächlich haben, ist mehr Lebensqualität für einzelne Mitarbeiter. Ich hatte in einer Kleinen Anfrage gefragt, wer wo neu eingestellt worden ist. Es war verblüffend, wie die neue Struktur zu mehr Arbeitsplätzen in der Landesverwaltung, insbesondere in den Ministerien, geführt hat. Das kennen wir schon. Für die Brandenburger ist dabei bisher jedoch überhaupt nichts herausgekommen.
Es handelt sich hier um einen Fall von Koalitionsproporz; das soll nun umgesetzt werden. Man hat sich irgendwie verständigt. Ich habe Verständnis dafür, dass die SPD als führende Kraft in dieser Landesregierung die Bereiche Infrastruktur und Landwirtschaft in einem Hause halten wollte, weil es für sie natürlich schöner ist, wenn die Minister aus den eigenen Reihen mit Förderbescheiden durchs Land reisen und nicht die des Koalitionspartners, also der Konkurrenz. Das finde ich nachvollziehbar, nur wirklich sinnvoll von der Ausgestaltung und von der sachlichen und thematischen Arbeit her ist es eben nicht. Und deswegen gilt, was schon Geheimrat Goethe vor 200 Jahren wusste: Getretener Quark wird breit, nicht stark.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Goetz. - Wir setzen die Rednerliste mit dem Abgeordneten Dr. Scharfenberg von der Fraktion DIE LINKE fort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist keine Überraschung, dass der veränderte Zuschnitt der Landesregierung nicht auf ungeteilte Zustimmung gestoßen ist. Sicher kann man darüber streiten, ob die Neuzuordnung der Landwirtschaft zum Infrastrukturministerium ideal ist. Dieser Streit hat schon ausführlich stattgefunden. Ich meine, man sollte nicht versuchen, geschlagene Schlachten ständig wiederaufleben zu lassen.
Fakt ist erstens, dass die Hoheit zur Organisation der Landesregierung beim Ministerpräsidenten liegt; das ist hier ausführlich dargestellt worden. Das tut der Ex-Regierungspartei CDU offensichtlich weh, aber so ist es nun einmal.
Zweitens kann gegenwärtig niemand mit Sicherheit sagen, dass diese Anbindung nicht funktionieren wird. Das wird erst die Praxis zeigen. Ich habe den Eindruck, dass der Minister sehr wohl bemüht ist, seiner Verantwortung so nachzukommen, dass der Bereich Landwirtschaft keinesfalls zu kurz kommt. Warten Sie erst einmal ab und kritisieren Sie dann, wenn Sie wirklich Beweise dafür haben, dass es nicht funktioniert.
Zum vorliegenden Gesetzentwurf und zum erneut eingebrachten Änderungsantrag der CDU: Sie haben zwei Veränderungen vorgenommen - immerhin -, nun ist von „vordergründiger Beschäftigung“ und von „neun Monate nach den Landtagswahlen“ die Rede. Es ist also nicht derselbe Antrag, den wir in den Ausschüssen behandelt haben. Die Ausdauer der CDU ist einerseits nervend, andererseits fast schon bewundernswert. Das ändert aber nichts daran, dass die eigentliche Entscheidung gefällt wurde. Insofern ist es schlichtweg ein untaugliches Mittel. Es ist auch unglaubwürdig, über die zweifellos notwendige Folgeregelung doch noch eine andere Anbindung des Bereichs Landwirtschaft erreichen zu wollen. Deshalb fällt es uns nicht schwer, diesen CDU-Änderungsantrag abzulehnen und dem vorliegenden Gesetzentwurf zuzustimmen. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Scharfenberg. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag des Abgeordneten Vogel von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir alle wissen, dass die Trennung von Landnutzung und Umwelt genauso wie die Zusammenlegung von Gesundheits- und Umweltbereich keine inhaltlichen Gründe hatte, sondern allein aus Gründen der Koalitionsarithmetik erfolgte. In der bisherigen Diskussion stand immer die Trennung von Landnutzung und Naturschutz im Mittelpunkt. Ich will mich heute auf das Thema der nachteiligen Folgen der Trennung von Gesundheit und Soziales konzentrieren, wobei ich nicht verhehlen möchte, dass die Zusammenfassung von Gesundheit und Umwelt in der Gründungsphase des Landes Brandenburg vielleicht noch ihre Berechtigung hatte. Unbestritten dürfte sein, dass die verkürzte Lebenserwartung der Bürgerinnen und Bürger in der DDR ihre Ursachen auch in der katastrophalen Umweltsituation hatte. Ich nenne beispielsweise die Atemwegserkrankungen aufgrund der hohen Schwefelbelastung durch die allgegenwärtige Braunkohlenutzung.
Verglichen mit den Zuständen vor 1990 können wir aber heute wohl von einer vergleichsweise sauberen Umwelt ausgehen. Ohne Zweifel ist die Luft seit 1989 reiner geworden. Die Flüsse transportieren weniger Schadstofffrachten. Viele in der DDR zugelassene hochgiftige Pestizide sind heute verboten. Die Lebenserwartung der ostdeutschen Frauen ist seit 1989 um sechs Jahre gestiegen und liegt inzwischen bei 82 Jahren, gleichauf mit der westdeutschen Frau. Bei uns Männern - wir werden nur 76 Jahre alt - besteht noch eine Differenz von 15 Monaten.
Heute sind es jedenfalls nicht mehr die gesundheitsgefährdenden Umweltgefahren, heute ist es das Verhältnis von Sozialstatus und Krankheit, das das entscheidende Themenfeld in der Gesundheitspolitik ausmacht.
Dem letzten Lebenslagenbericht des damaligen MASGF vom November 2008 ist eindeutig zu entnehmen, dass die soziale Lage von Familien von entscheidender Bedeutung für ein gesundes Aufwachsen von Kindern ist. So zeigen die Gesundheitsdaten auf, dass Kinder aus Familien mit niedrigem Sozial
status 2,5 Mal häufiger Sprach- und Sprechstörungen haben als Kinder aus Familien mit hohem sozialen Status. Ein Drittel der Kinder dieser Familien ist davon betroffen, insbesondere die Jungen.
Das relative Risiko ausgeprägter emotionaler und sozialer Störungen ist für Kinder aus sozial ungünstiger Lage etwa fünfmal so hoch wie für Kinder aus Familien aus einer hohen sozialen Schicht. Weitere Gesundheitsprobleme für Kinder aus armen Familien resultieren aus einer verbreiteten Fehlernährung, Herr Baaske, die häufig mit starkem Übergewicht einhergeht; nachzulesen in Ihren eigenen Berichten. Verbunden hiermit steigt das Risiko für Bluthochdruck, Diabetes oder Störungen des Fettstoffwechsels im Alter. Familien mit niedrigem Sozialstatus nehmen Früherkennungsuntersuchungen deutlich seltener in Anspruch als andere Familien.
Dass die Kinder Alleinerziehender mehr medizinisch relevante Befunde und einen höheren Frühförderbedarf aufweisen, ist keine Folge der Ein-Eltern-Familie, sondern korreliert nach den Untersuchungsergebnissen eindeutig mit dem niedrigen Sozialstatus vieler Alleinerziehender. Wie Minister Baaske heute früh ausführte, sind in unserem Land von rund 55 000 Alleinerziehenden 28 000 Hartz-IV-Empfänger.
Der Lebenslagenbericht von 2008 zeigt darüber hinaus den engen Zusammenhang zwischen Erwerbs- und Gesundheitsstatus auf. Arbeitslose haben deutlich mehr gesundheitliche Probleme und ein höheres Risiko, früher zu sterben, als Menschen, die arbeiten. In unserer Gesellschaft definieren sich die Bürgerinnen und Bürger sehr stark über ihre Arbeit. Haben sie keinen Arbeitsplatz, folgt daraus oft soziale Isolation, Perspektivlosigkeit und der Verlust des Selbstwertgefühls. Die Folgen sind nicht selten Depression, Suchtmittelkonsum und Konflikte in der Familie. Brandenburgerinnen und Brandenburger ohne Arbeit sind öfter in stationärer Behandlung, ungefähr doppelt so oft wie Erwerbstätige. Der Anteil der Rauchenden ist deutlich höher, und auch Übergewicht ist ein größeres Problem. Erwerbslosigkeit und Krankheit bilden einen Teufelskreis, der schwer zu durchbrechen ist: Wer keine Arbeit hat, neigt zu stärkeren Gesundheitsproblemen, wer krank ist, findet schwerer einen Job, langanhaltende Arbeitslosigkeit verursacht oder verschlimmert wiederum psychische Krankheiten usw. Ich denke, ich muss Ihnen den Zusammenhang zwischen sozialer Lage und Gesundheit nicht weiter ausführen. Gerade Sie als Vertreter von Fraktionen, die nicht müde werden, ihre soziale Kompetenz zu betonen, kann dieser Zusammenhang nicht gleichgültig lassen.
Gesundheits- und Sozialpolitik gehören auf Landesebene im Ministerium wie im nachgeordneten Bereich in eine Hand, genauso wie Umwelt und Landnutzung in einen Geschäftsbereich gehören.
Herr Ministerpräsident, der Rücktritt von Frau Ministerin Lieske wäre ein guter Anlass gewesen, Fehlentscheidungen aus den Anfangsstunden der Koalition zu korrigieren. Leider haben Sie nicht die Kraft dazu gefunden. So bleibt uns keine andere Wahl, als Ihren Gesetzentwurf abzulehnen und dem Antrag der CDU-Fraktion zuzustimmen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Vogel. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Herr Minister Speer, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In dieser Republik gibt es 17 Ministerien für Umwelt, Landwirtschaft, Soziales und Gesundheit, und es gibt die Meinung darüber, wie diese Ressorts richtig gekoppelt werden. Die möglichen Konstellationen können Sie mit einer Formel mathematisch errechnen, die jenseits dessen liegt, was wir heute alles besprechen könnten. Wenn man sich die Konstellationen der Ressorts vom Saarland bis Nordrhein-Westfalen usw., wo die Parteien der Fraktionen hier, die die in Brandenburg gewählte Konstellation beklagen, in der Regierungsverantwortung sind, ansieht, dann wird man aus dem hier Vorgetragenen nicht ganz schlau. Herr Vogel, ich weiß nicht, was das alles mit dem Thema zu tun hat.
Das war der Versuch zu ganz großem Kino. Aber es war mir nicht einleuchtend. Es gibt da die verschiedensten Konstellationen, das wissen Sie alle. Wenn Sie einmal mit einem bisschen weniger Schaum vor dem Mund über die Landesgrenze schauen, werden Sie sehen, dass das überall praktiziert und gelebt wird.
Meine Vermutung ist, dass diejenigen, die Landwirtschaft und Umwelt zum Beispiel zusammengelegt haben wollen, dies aus unterschiedlichen Perspektiven für richtig halten. Der eine, weil er hofft, dass der Umweltbereich das Prä hat, und der andere, weil er hofft, dass der Landwirtschaftsbereich das Prä hat.
Sie treffen sich zwar hier, aber aus unterschiedlicher Intention, Herr Vogel, das weiß ich wohl aus meiner Vergangenheit und auch aus der Mitgliedschaft im NABU, die ich pflege. Lassen wir also die Kirche im Dorf. Ich bedanke mich für die Beratung im Ausschuss. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. - Wir sind damit am Ende der Rednerliste angelangt. Wir kommen zur Abstimmung. Zum Ersten gibt es den Änderungsantrag der CDU-Fraktion, Drucksache 5/1471, Streichung der Artikel 1, 2 und 3 in den Nummern 3 bis 19 sowie Streichung des Satzes 2 in Artikel 20. Wer diesem Änderungsantrag Folge leisten will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dem Antrag ist nicht entsprochen worden.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung, Drucksache 5/1439, Gesetz zur Errichtung und Auflösung von Landesoberbehörden sowie zur Änderung von Rechtsvorschriften. Wer der Beschlussempfehlung Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen ist der Antrag angenommen worden. Damit ist das Gesetz verabschiedet.