Wir fordern die Landesregierung auf, die ackerbauliche Nutzung in diesen Bereichen ausnahmslos zu untersagen, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Seinerzeit hat Brandenburg gemeinsam mit Rheinland-Pfalz diesen Punkt aus den Entwürfen des Hochwassergesetzes gekippt. Nun ist es an der Zeit, dies zu korrigieren, und auch innerhalb überschwemmungsgefährdeter Gebiete soll der Ackerbau in - allerdings genau zu definierenden - Abflussbereichen zukünftig untersagt werden. Da das Wasser in diesen tiefliegenden Abflussbereichen sehr schnell fließt, besteht dort eine erhöhte Erosionsgefahr. Das Risiko einer Erosion sowie die Austräge von Pestiziden und anderen Schadstoffen würden durch eine entsprechende Regelung erheblich minimiert werden.
Etwaige Einkommensverluste für Landnutzer aufgrund von Flächenverlusten müssen selbstverständlich ausgeglichen werden. Hierfür müssen europäische und Bundesmittel zur Verfügung gestellt werden.
Im Sinne eines vorbeugenden Hochwasserschutzes ist auch die Ausweisung von neuen Baugebieten sowie Lückenschlüssen innerhalb von überschwemmungsgefährdeten Gebieten restriktiver als bisher zu handhaben. Nur in unvermeidlichen Fällen sollten hier Ausnahmen durch die zuständigen Behörden zugelassen werden. Um die anstehenden Planungsaufgaben für den vorbeugenden Hochwasserschutz zügig bearbeiten zu können, müssen in der Haushaltsplanung die entsprechenden Mittel zur Verfügung gestellt werden. Das gilt auch für das benötigte Personal. Unschöne Situationen wie in der Vergangenheit, als Fördergelder aufgrund mangelnder Umsetzung der Maßnahmen fehlten, müssen unbedingt vermieden werden. Leider auch hier im Entschließungsantrag: Fehlanzeige.
Auch mit Blick auf die nächsten Haushaltsverhandlungen möchte ich dabei eines klarstellen: Jenseits des menschlichen Leids und der Tragödien für die Betroffenen - die Kosten für die Beseitigung der durch Hochwasserkatastrophen verursachten Schäden übersteigen die Kosten für einen vorbeugenden Hochwasserschutz um ein Vielfaches.
Allein die sieben Hochwasserereignisse zwischen 1995 und 2005 haben in Deutschland Schäden in Höhe von 13 Milliarden Euro verursacht. Die Schaffung von Überschwemmungsflächen ist nicht nur kostengünstiger, sondern sie leistet auch einen Beitrag zur Stabilisierung des Landschaftswasserhaushalts, was vor dem Hintergrund des - Achtung! - Klimawandels für Brandenburg ebenfalls von entscheidender Bedeutung ist.
Weitere dringende Baustellen bei vorbeugendem Hochwasserschutz sind der Masterplan Elbe, die Neuzeller Niederung sowie der Polder 10 im Nationalpark Unteres Odertal und das ökologische Entwicklungskonzept „Schwarze Elster“. Weiter
hin Hunderte Millionen ausschließlich in technische Hochwasserschutzmaßnahmen zu investieren würde von politischer Kurzsichtigkeit zeugen. Die Zukunftslosung muss heißen: Mehr vorbeugender Hochwasserschutz und mehr Raum für Flüsse!
Eine letzte Bemerkung zu dem vorliegenden Entschließungsantrag: Natürlich freut mich, dass Sie auf unsere Initiative hin nun ein Bekenntnis zu mehr Retentionsräumen abliefern. Ich fürchte nur, dass dies ein Lippenbekenntnis bleiben wird. Denn wenn Sie die Herausforderung wirklich angehen wollen, dann hätten Sie vor allem unsere Punkte zu den Landnutzungsfragen, den Entschädigungszahlungen und der regionalplanerischen Festsetzung in Ihren Entschließungsantrag integriert. Stattdessen lesen wir hier nur, dass ohnehin bereits bestehende Vorgaben umgesetzt werden müssen, und das ist nun wirklich nicht besonders innovativ.
Um die Herausforderung des vorbeugenden Hochwasserschutzes in Brandenburg umfassend beraten zu können, bitte ich Sie deshalb, unseren Antrag an den Umweltausschuss sowie beratend an den Ausschuss für Landwirtschaft zu überweisen. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jungclaus. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Es spricht die Abgeordnete Gregor-Ness.
Nach dem Hochwasser ist vor dem Hochwasser - so hieß es in der letzten Aktuellen Stunde, und das ist natürlich richtig. Denn es scheint so, als ob trotz jahrhunderterlanger Erfahrungen mit dem Hochwasser spätestens dann, wenn die Ü-Wagen abgezogen sind und die Schlagzeilen der Tagespresse durch andere Themen bestimmt werden, der Mensch wieder zu seinen üblichen Verdrängungsmechanismen greift und alles, was an Lehren zu ziehen und was an Erfahrung gesammelt worden ist, in Vergessenheit gerät. Das darf uns hier nicht passieren, denn wir tragen Verantwortung. Wir tragen Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger, wir tragen Verantwortung für die Daseinsvorsorge und das Gemeinwohl. Deshalb gilt es, aus den Hochwassergeschehnissen - auch des letzten Hochwassers an der Oder - Entsprechendes abzuleiten.
Die Schäden in den vergangenen Jahren - darauf hat Herr Jungclaus schon hingewiesen - waren immens. Sie haben verdeutlicht, dass vorbeugender und damit nachhaltiger Hochwasserschutz unabdingbar ist. Die Möglichkeiten des technischen Hochwasserschutzes stoßen an Grenzen; auch das ist uns bewusst, Herr Jungclaus. Deshalb gilt es, Maßnahmenpakete zu schnüren.
Das Sommerhochwasser 1997 forderte insgesamt 74 Tote. Das Hochwasser an der Elbe und der Mulde im Jahr 2002 betraf
370 000 Menschen und forderte 21 Tote, von den monetären Schäden ganz abgesehen. Jahrhundertfluten im Abstand weniger Jahre machen deutlich, dass vorbeugender und nachhaltiger Hochwasserschutz ganz unabdingbar für uns oberste Priorität haben muss. Ob diese Aufgabe einfach oder schwierig ist, darf dabei kein Kriterium sein, Herr Jungclaus.
Entsprechend den bundesrechtlichen Regelungen, die nach den Ergebnissen der großen Hochwasser der letzten Jahre getroffen worden sind, haben wir - dazu sind wir verpflichtet - bis zum Jahr 2011 die Hochwasserrisiken für die Hochwasser zu bewerten und danach Gebiete mit signifikantem Hochwasserrisiko zu bestimmen. Darauf aufbauend sind dann entsprechende Gefahren- und Risikokarten zu erstellen, die als Grundlage für die Risikomanagementpläne dienen. Dazu haben wir genau bis Weihnachten 2015 Zeit. Wir in Brandenburg haben bereits 2006 an einem Beispiel, nämlich der Stepenitz, mit entsprechenden wissenschaftlichen Arbeiten für die Hochwassermanagementpläne begonnen und erarbeiten entsprechende Kriterien. Denn welche Maßnahmen zum Schutz vor Hochwasser letztendlich geboten sind, hängt von den jeweiligen Gegebenheiten vor Ort und von den Gegebenheiten im gesamten Flusseinzugsgebiet ab. Deshalb sehen wir es als richtig und wichtig an, dass erstens Wasserwirtschaft, Regionalplanung, Naturschutz, Landund Forstwirtschaft an einem Strang ziehen und andere betroffene Bereiche und Gruppen einbezogen werden. Zweitens umfasst der Hochwasserschutz das gesamte Einzugsgebiet eines Flusses, völlig unabhängig von jeglichen administrativen Grenzen.
Wer den Antrag der Grünen isoliert liest, muss zu dem Eindruck gelangen, wir hätten in Brandenburg noch nichts begriffen und würden bei null anfangen. Dem ist mitnichten so; dagegen möchte ich mich ausdrücklich verwahren. Das Wasserhaushaltsgesetz setzt enge Fristen, und wir werden diese halten. Die Anlieger in den Flusseinzugsgebieten sind natürlich Schicksalsgemeinschaften und insbesondere die Erfahrungen mit dem Hochwasser an Elbe und Oder haben deutlich gemacht, wie wertvoll ein international und national zwischen den Bundesländern abgestimmtes Vorgehen in Bezug auf Hochwasser ist.
Wir haben also keine Zeit zu verlieren. Deshalb wollen wir die Landesregierung mit unserem Entschließungsantrag auffordern, die Maßnahmen unmittelbar umzusetzen - ohne große Überweisung und Diskussion im Ausschuss. Unabhängig davon bitte ich Herrn Jungclaus, dafür zu sorgen, dass dem Ausschuss in der nächsten Ausschusssitzung zu den Erfahrungen mit dem Hochwasser an der Oder Bericht erstattet wird. Daraus können wir eine Stärken- und Schwächenanalyse und erste Fixpunkte für die zu erarbeitenden Wasserrisikomanagementpläne ableiten, um im fachspezifischen Ausschuss und nicht hier im großen Auditorium zu konkreten Verabredungen zu kommen.
Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen wünsche ich einen schönen Sommer und natürlich keine 5B-Wetterlage, denn ansonsten sprechen wir nach dem Sommer schon wieder über Hochwasser.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Gregor-Ness. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Der Abgeordnete Dombrowski wird zu uns sprechen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zuerst einmal herzlichen Dank an die Grünen, die heute diesen Antrag zum Thema „Mehr Raum für Flüsse“ eingebracht haben. Die Aktuelle Stunde von vor vier Wochen hatte bereits gezeigt, dass neben dem wichtigen technischen Hochwasserschutz auch der vorbeugende eine durchaus bedeutende Rolle spielt, in Brandenburg spielen muss.
Kollege Jungclaus hat hier ausgeführt, dass aus der Oderflut eine Antragsflut geworden sei. In der Tat, die Antragslage ist zwar noch übersichtlich, aber sehr vielfältig. Im Grunde wollen alle irgendwie dasselbe, aber am Ende wird dann nur ein Antrag vermutlich der Entschließungsantrag - eine Mehrheit finden. Ich fände es besser, wenn dieses Thema im Fachausschuss behandelt würde und man sich dort austauschte. Wenn Kollegin Gregor-Ness hier gesagt hat, wir sollten nicht den Eindruck erwecken, dass in den letzten Jahren nichts geschehen sei, so ist dies ja richtig - wir sind absolut nicht bei null -, aber wir wissen bei selbstkritischer Betrachtung auch, dass wir unter unseren Möglichkeiten geblieben sind. Daran trägt nicht einer Schuld oder so etwas, sondern es ist eine Aufforderung, dass da mehr zu geschehen hat, denn von den 1997 von Matthias Platzeck angekündigten 6 000 ha Retentionsflächen sind am Ende nur 60 ha umgesetzt worden. Das ist eindeutig zu wenig. Das ist auch kein Vorwurf; daran waren viele beteiligt oder auch nicht beteiligt.
Richtig ist jedoch, Frau Kollegin Gregor-Ness: Nach der Flut ist vor der Flut. Deshalb sollten wir jetzt die Dinge tun, die notwendig sind. Diesbezüglich ist - ich habe es in der Aktuellen Stunde gesagt - die Regierung, sind auch die Regierungsfraktionen sehr gut situiert, weil sie in dieser Frage Unterstützung auch der Opposition haben. Von daher wäre es gut, wenn wir es gemeinsam besprechen würden, damit wir auch die Ziele einvernehmlich bestimmen können und alle tatsächlich von demselben sprechen.
Meine Fraktion wird der beantragten Überweisung des Antrags der Grünen zustimmen, und zwar aus drei Gründen.
Zweitens: Wir brauchen zukünftig mehr Retentionsflächen als die 60 ha, die in den letzten 13 Jahren geschaffen wurden. Dazu bedarf es einer intensiven Abstimmung zwischen den Unterliegern und Oberliegern, zwischen den Bundesländern und unseren europäischen Nachbarn.
Allerdings, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ist es nicht Aufgabe des Landes Brandenburg, in Vertragsverhandlungen mit Polen und Tschechien einzutreten. Wir sind auf Bundesebene unter der Federführung des BMU in einer internationalen Kommission sowohl zum Schutz der Oder als auch der Elbe vertreten. Genau hier muss das Thema auf die Tagesordnung, um länderübergreifende Lösungen und Abstimmungen mit dem Ziel herbeizuführen, perspektivisch auch den vorbeugenden Hochwasserschutz zu verbessern.
Drittens: Um weitere Retentionsflächen in unserem Land schaffen zu können, brauchen wir - dem wird jeder, der mit räumlicher Planung zu tun hat, zustimmen - zunächst eine Analyse der Gefahrenbereiche. Die einzelnen Schritte, die hier bis
2015 notwendig sind, sind benannt worden. Wir dürfen hier durchaus schneller sein. Wir müssen nicht warten, bis der letzte Tag für die Erfüllung der EU-Hochwasserrahmenrichtlinie anbricht. Ich darf an der Stelle wieder - wie in vergangenen Sitzungen in dieser und auch in der letzten Wahlperiode - daran erinnern, dass wir dazu auch der Planungs- und Genehmigungskapazitäten bedürfen.
Ministerin Tack - ich habe es gestern hier gesagt - liegt ein Schreiben des Landeswasserverbandstages vor, in dem ihr mitgeteilt wird, dass das Landesumweltamt den Wasser- und Bodenverbänden mitgeteilt habe, dass wasserrechtliche Anträge für Investitionen aufgrund von Personalmangel nicht bearbeitet werden könnten. Bei allen Zielen, die wir hier haben, die alle wichtig sind: Es müssen auch die Mitarbeiter in den Genehmigungsbehörden da sein, um fachlich qualifiziert und zeitnah reagieren zu können.
Meine Damen und Herren! Ich habe bereits vor vier Wochen in der Aktuellen Stunde zum Oderhochwasser gesagt: Neue Retentionsflächen auszuweisen ist kein einfacher und schon gar kein konfliktfreier Prozess. Es ist der Sache keinesfalls dienlich, nun die Landwirte zu verteufeln und ihnen den Acker- und Marktfruchtbau in Überschwemmungs- oder gar überschwemmungsgefährdeten Gebieten zu verbieten.
Hier sollte das Kind nicht mit dem Bade ausgeschüttet, sondern versucht werden, in einem zielorientierten Prozess möglichst viele Landnutzer mit ins Boot zu holen. Ich sage jedenfalls, dass Landwirte mit Anreizinformationen zu einem Nutzungswandel vom Ackerbau hin zur Grünlandwirtschaft motiviert werden sollten. Wir müssen in diesem Prozess vor allem auf Freiwilligkeit und Einsicht und nicht auf staatliche Verbote setzen.
Meine Damen und Herren, ein letztes Wort zum Entschließungsantrag der Regierungskoalition: Hier ist die Situation im Grunde kurz beschrieben. Darin steht nichts Falsches, aber es steht auch nichts Neues, vor allem nichts Konkretes darin.
Von daher wäre es, wenn wir dieses Ziel erreichen wollen, wirklich besser, die Sache im zuständigen Fachausschuss zu beraten und dazu zu beschließen. Sie würden sich keinen Zacken aus der Krone brechen, wenn Sie an der Stelle einmal einem Antrag der Grünen zustimmen würden.
Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Abgeordneten Steinmetzer-Mann für die Fraktion DIE LINKE fort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In den letzten Wochen und Monaten hatte das Hochwasser viel Raum eingenommen. Die Oder trat über die Ufer, die Polder wurden geflutet. Im Alltäglichen bestimmte das Wasser das Leben vieler Menschen diesseits und jenseits des Flusses. Auch hier, im parlamentarischen Raum, diskutierten wir in einer Aktuellen Stunde - Sie sagten es bereits -, und im Ausschuss für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz stieß die Fraktion DIE LINKE die Diskussion zu einer ersten Analyse an.