Diese Ungerechtigkeit muss aus unserer Sicht beendet werden; denn das schafft Leistungsanreize, auf die gute Bildung angewiesen ist.
In Ihrem Antrag, Frau von Halem, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, beschreiben Sie, dass eine Begabtenförderung im regulären Unterricht möglich sei, da Sie dann die 99 Vollzeiteinheiten für mehr individuelle Förderung einsetzen
wollen. Wenn wir einmal die Hauptprobleme der Schulpolitik in diesem Land betrachten, nämlich die zu großen Klassen, die zu niedrig angesetzte Vertretungsreserve, den Lehrermangel und den zu hohen Unterrichtsausfall, wird doch schnell klar, dass selbst 99 Vollzeiteinheiten aus den Leistungs- und Begabungsklassen nicht ausreichen, um flächendeckend eine individuelle Förderung zu gewährleisten.
Da hilft es nur, genügend neue Lehrer einzustellen und neue Stellen zu schaffen. Das haben wir, glaube ich, schon oft genug gemeinsam gefordert. Zudem gäbe es mit der Abschaffung der Leistungs- und Begabungsklassen gar keine Förderungsmöglichkeit mehr für begabte Kinder und für Höchstleister, genauso wenig wie es jetzt eine echte Hochbegabtenförderung im Land gibt; denn das leisten die Leistungs- und Begabungsklassen nicht. Auch die fünf Begabungsstützpunkte pro Schulamtsbezirk können dies nicht auffangen. Sie geben unter anderem Beratung zum Thema individuelle Förderung im Unterricht. Aber das ist nun wirklich irgendwo ein Widerspruch in sich, wenn die Lehrer fehlen und der Unterricht ausfällt. Olympiaden und Schulwettbewerbe sind zwar gut und auch sinnvoll, aber sie ersetzen doch keine Forderung und Förderung von Talenten in der Schule.
Wir stimmen in diesem Punkt auch wieder mit dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN überein, dass es eine qualitative Verbesserung der Begabtenförderung geben muss. Auch mehrfach hochbegabte Kinder und Jugendliche müssen gemäß ihren Fähigkeiten gefordert und gefördert werden. Das ist in Brandenburg bisher von der Bildungspolitik vernachlässigt worden.
Fakt ist auch, dass Schülerinnen und Schüler mit Hochbegabung im regulären Unterricht leicht in Gefahr kommen, sich zu Minderleistern zu entwickeln, da sie oftmals gar nicht erst entdeckt werden. Daher ist die Identifizierung der hochbegabten Kinder ein wichtiger Punkt und steht am Beginn einer Talentförderung in der Schule. Darum ist es auch so wichtig, ihn in der Lehrerausbildung an Bedeutung gewinnen zu lassen. Natürlich muss die Sensibilisierung der Erzieher für Kinder mit Hochbegabung auch schon in den Kindertagesstätten erfolgen.
Meine Damen und Herren, eine qualitative Weiterentwicklung der Begabungsförderung in diesem Land ist unumgänglich. Dies darf jedoch nicht auf Kosten der Leistungs- und Begabungsklassen gehen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wird Sie alle sicherlich nicht wundern, dass ich den Antrag der Fraktionen SPD und DIE LINKE für einen wesentlich vernünftigeren Ansatz halte als den Ursprungsantrag der Grünenfraktion.
Ich habe - das ist heute schon bemerkt worden - dem Fachausschuss im September einen gründlichen und auch umfangreichen Bericht zum Gesamtkonzept der Begabtenförderung im Land vorgelegt. Vielleicht, Frau von Halem, ist es sogar Aner
kennung für die Qualität dieses vorgelegten Berichts, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nur wenige Tage später erneut einen Bericht von der Landesregierung beantragt hat. Ich finde es allerdings bemerkenswert, wie breit Sie in Ihrem Antrag den Bogen spannen. Dabei ist sicher manches richtig, manches schießt aber aus meiner Sicht am Ziel vorbei.
Begabtenförderung, meine Damen und Herren, ist nur erfolgreich - und das ist unumstritten -, wenn sie eine individualisierte Förderung ist. Es gibt kaum eine Fördermaßnahme, die für alle besonders begabten und leistungsstarken Kinder und Jugendlichen gleichermaßen geeignet ist. Richtig ist: Der Ansatz einer inklusiven Schule rückt die Möglichkeiten individueller Förderung in integrativen Angebotsformen auch für die Begabtenförderung noch stärker in den Vordergrund.
Jedoch bitte ich hier auch zu beachten: Spezialklassen und auch Spezialschulen mit besonderem Profil sind nicht unvereinbar mit dem Anspruch auf eine inklusive Entwicklung des Schulsystems. Wenn wir besondere, beispielsweise sportliche oder musische Begabungen auf Exzellenzniveau fördern wollen und das sind wir den besonders begabten Kindern ebenso schuldig wie der Gesellschaft -, dann werden wir das nicht flächendeckend können, und wir müssen das auch nicht tun, jedenfalls nicht auf demselben Niveau wie Spezialklassen und Spezialschulen. Diese Spezialeinrichtungen können die Förderung der vergleichsweise wenigen Ausnahmetalente deutlich besser und auch individueller leisten.
Es ist kein Gegensatz zur Inklusion, wenn wir Exzellenz auch exzellent fördern. Herausragende Begabungen integrativ oder separierend zu fördern ist ein Problem, und diese Polarisierung engt aus meiner Sicht auch die Handlungsoptionen ein. Ich finde, besondere Begabungen angemessen zu fördern und dafür unterschiedliche Angebotsformen zu ermöglichen, das ist die Aufgabe des öffentlichen Schulwesens, und es zeigt dann auch seine Leistungsfähigkeit.
Die Koalitionsfraktionen, meine Damen und Herren, haben in ihrem Entschließungsantrag wichtige Schwerpunkte benannt, an denen sich auch die Landesregierung bei der Weiterentwicklung des Gesamtkonzepts der Begabtenförderung orientiert. Dieser Antrag spannt den Bogen von der Kindertagesstätte bis zu den Eltern und auch zu den Lehrkräften. Er bindet die Begabungsförderung in ein größeres Ganzes ein, und er findet daher auch meine volle Unterstützung.
Der Entschließungsantrag der FPD-Fraktion, Herr Büttner, ist völlig überflüssig. Jeder hier kennt das eigentliche Ziel dieses Antrags, und jeder weiß auch, dass wir die sechsjährige Grundschule nicht infrage stellen werden. So viel dazu. - Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal sollten wir den Begriffswirrwarr „Weiter
entwicklung versus Abschaffung“ klären. Bei der Weiterentwicklung geht es um Begabungsförderung, und bei der Abschaffung - das kann ich gern noch einmal klar sagen - geht es um die Leistungs- und Begabungsklassen. Die Leistungs- und Begabungsklassen - das war von Anfang an und eigentlich immer klar - können immer nur ein Bestandteil von Begabungsförderung sein. Das heißt, man kann sehr wohl parallel von Weiterentwicklung und von Abschaffung reden - das passt sehr gut zusammen -, wenn man nur überlegt: Weiterentwicklung und Abschaffung wovon denn jeweils?
Ich sage noch einmal deutlich: Wir kritisieren die Leistungsund Begabungsklassen, wir halten sie regional und sozial für unausgewogen, sie höhlen die sechsjährige Grundschule aus. Wir haben keine Ahnung, was sie bringen. Sich an der Nachfrage zu orientieren wäre aus unserer Sicht ausgesprochen kurzsichtig, weil wir nicht wissen, inwieweit tatsächlich diejenigen Kinder aufgenommen werden und auch davon profitieren, die einer besonderen Förderung bedürfen, oder ob nicht in erster Linie die Eltern die Nachfrage bestimmen. Deshalb - ich wiederhole es -: Wir halten die Leistungs- und Begabungsklassen für nicht weiterführenswert.
Zum Zweiten: Wir haben in unserem Antrag von „Weiterentwicklung der Begabungsförderung“ geschrieben und dies als Überschrift gewählt, nicht Abschaffung der Leistungs- und Begabungsklassen - mit dem guten Grund, dass wir unseren Antrag nicht darauf fokussieren wollen, was wir am Ist-Stand nicht gut finden, sondern der Fokus soll darauf liegen, was wir weiterentwickeln wollen.
Ich möchte noch einmal deutlich sagen: Herr Günther, es geht nicht nur darum, was wir an Leistungs- und Begabungsklassen nicht gut finden, sondern in unserem Antrag - er hat auch eine Rückseite - steht auch etwas darüber, dass wir die Kompetenzen von Lehrerinnen und Lehrern ausweiten und die Funktion der Beratungsstützpunkte stärken wollen. Das ist darin sehr wohl definiert.
Wenn ich jetzt von den Kollegen Günther und Große höre, die Leistungs- und Begabungsklassen seien ihnen beim Thema Begabungsförderung keine Herzensangelegenheit und es gehe selbstverständlich darum, die sechsjährige Grundschule zu erhalten, dann bin ich schon sehr viel zufriedener, als ich es vorher war. Letztendlich muss ich vielleicht meinen Ehrgeiz etwas herunterschrauben und sagen: Dann bin ich zufrieden mit Ihrem Antrag. Wir sehen uns nicht erst in ein paar Jahren wieder, sondern wir sehen uns schon nach dem 31. März wieder, wenn dieses Konzept vorgelegt wird.
Meine Damen und Herren! Damit ist die Rednerliste abgearbeitet und wir kommen zu den Abstimmungen. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragt die Überweisung des Antrags in der Drucksache 5/2070 an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport. Wer dem folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Bei wenigen Enthaltungen ist der Antrag mit übergroßer Mehrheit abgelehnt worden.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag in der Drucksache 5/2070 in der Sache. Wer ihm Folge leisten möchte, den
bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist bei einigen Enthaltungen und drei Dafürstimmen mit großer Mehrheit abgelehnt worden.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der FDP-Fraktion in der Drucksache 5/2099. Wer ihm folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist bei einigen Stimmenthaltungen mit großer Mehrheit abgelehnt worden.
Wir kommen zum Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen, der in Drucksache 5/2105, Neudruck, vorliegt. Wer ihm Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag ohne Enthaltungen mit etlichen Gegenstimmen angenommen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Lassen Sie mich einige Worte zu unserem gemeinsamen Antrag verlieren, und lassen Sie mich das in den internationalen und nationalen Kontext einordnen: Ich sagte bereits heute Vormittag, dass wir uns in einem Wettbewerb der Wissenschafts- und Forschungslandschaft in Deutschland, Europa und der Welt befinden. Die Zahlen des Stifterverbandes, die vergangene Woche auf einer Konferenz bekannt gegeben wurden, sind sehr beeindruckend. So hat von 1995 bis 2005 weltweit eine Vervierfachung der Publikationen stattgefunden. 1991 bis 2005 gab es eine Verdoppelung der Patentanmeldungen weltweit. Europa erhöht zwar seine Forschungs- und Entwicklungsmittel im Rahmen des 7. Rahmenprogramms auf 35 Milliarden Euro, dennoch ist die Innovationsschwäche der Europäischen Union unverkennbar. Wir liegen zurzeit bei unter 25 % an F- und E-Mitteln. Die USA sind weiterhin stabil; noch China, Indien und Brasilien wachsen stetig. China hat in den letzten zehn Jahren seine Forschungs- und Entwicklungsmittel um das Zehnfache gesteigert. Die Nicht-OECD-Länder liegen bei 18 % aller wissenschaftlichen Leistungen weltweit. Während Deutschland noch mit dem Abarbeiten seines letzten Bildungsgipfels beschäftigt ist, stehen andere Länder schon in den Startlöchern. Wir in Deutschland müssen uns also mehr anstrengen, um mit ihnen mitzuhalten. Das Ziel, 3 % an F- und E-Mitteln durch das Bruttoinlandsprodukt zu meistern, bedarf der Anstrengung aller, auch der Bundesländer.
Brandenburg nahm seit 2000 einen guten, wenn auch bescheidenen Lauf auf. Wir haben entsprechend der Ausgangslage eine relativ gute Forschungslandschaft, sind aber immer noch das Land mit der geringsten finanziellen Ausstattung für die Hoch
Es gibt jedoch gute Anzeichen für die Zukunft und zarte Pflänzchen, die nicht erdrückt werden dürfen. Unterstützt durch den Hochschulpakt I und II sowie den Hochschulpakt 2020 verändern sich die Hochschullandschaft und das Bild der Wissenschaften in Brandenburg deutlich. Beide Hochschulpakte trugen zum vertraulichen Miteinander von Hochschule und Landesregierung bei. Die Hochschulen erhöhten Planungssicherheit trotz bestehender struktureller Unterfinanzierung. Die Autonomie der Hochschulen wurde gestärkt; die Leistungen und Wettbewerbsfähigkeit Brandenburger Hochschulen konnte gesteigert, und die Position innerhalb der Hochschullandschaft in Deutschland konnte gefestigt werden.
Der Zugriff auf die Rücklagen hat jedoch leider das Vertrauen erschüttert. Die Planungssicherheit ist aufgegeben worden. Die von Hochschulen und Universitäten im laufenden und kommenden Jahr geplanten Projekte wurden gestoppt oder deren Etat gekürzt. All das ließ sich in der Presse verfolgen. Die Wissenschaftslandschaft in Deutschland ist aufgeschreckt - auch das können Sie der politischen Presse, aber zunehmend auch der Fachpresse entnehmen. Damit ist ein verheerend schlechtes Signal von Brandenburg als Wissenschaftsland ausgegangen. Diesen Ruf zu reparieren wird schwer, denn die Frage lautet: Wie verlässlich ist die Wissenschaftspolitik zukünftig in Brandenburg?
Da die Landesregierung davon ausgeht, dass dieser Hochschulpakt - die gemeinsame Erklärung - nicht rechtsverbindlich ist, ist es meines Erachtens notwendig, eine neu zu schließende Vereinbarung, die ab dem Jahr 2011 gelten soll, rechtsverbindlich zu gestalten, um die Planungssicherheit und das Vertrauen wiederherzustellen. Deswegen halten wir die Einführung von Hochschulverträgen für ein geeignetes Instrumentarium. So können sowohl aufseiten der Landesregierung als auch aufseiten der Hochschulen verbindliche Rahmen abgestimmt werden, die durchaus weitergehend sind als die bisherigen Hochschulpakte.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere Hochschulen brauchen diese Planungssicherheit, sie sind auf die strategischen und finanziellen Vorgaben unserer Landesregierung angewiesen. Es muss zum Ausdruck kommen, welchen Anforderungen sich die Hochschullandschaft in Zukunft stellen soll. Die Landesregierung muss eine Strategie entwickeln, die über den Tag hinaus wirkt. Diese muss durch einen sicheren finanziellen Rahmen flankiert werden. Nur so kann das Vertrauen wiederaufgebaut werden, nur so können Hochschulen wieder sicher in Forschung und Entwicklung investieren. Hochwertige Forschungskulturen bilden somit den Kern und die Vernetzung für Forschungsprojekte von nationaler, europäischer und internationaler Bedeutung. Nur dort, wo Forschung einen sicheren finanziellen Rahmen erfährt und die nötige politische Begleitung hat, werden auch größere Forschungsprojekte von europäischem und weltweitem Rang gewonnen, Spitzenleistungen vollbracht und schließlich Innovationen geschaffen.
Ich möchte noch einen anderen Aspekt kritisch beleuchten: Während der Studentenproteste wurde die Forderung erhoben,
die Studienqualität nachhaltig zu verbessern; darüber wurde heute bereits diskutiert. Die Studierenden haben sich daher für bessere Lehr- und Lernbedingungen eingesetzt. Wenn die Forderungen der Studenten künftig konsequent umgesetzt werden sollen, sind für die Hochschulen sichere und angemessene Rahmenbedingungen und ein Rücklagensystem unverzichtbar.
Die Verbesserung der Finanzautonomie vergrößert den Handlungsspielraum jeder einzelnen Einrichtung in Brandenburg. Die finanzielle Eigenverantwortung der Hochschulen ist für die Verbesserung der Forschung und Lehre auch aus Sicht der Studenten von zentraler Bedeutung. Hochschulverträge sind unserer Meinung nach die beste Garantie dafür. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Schierack. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Die Abgeordnete Melior wird sprechen.