Protokoll der Sitzung vom 07.10.2010

- Frau Melior, Frau Wanka hat dieses System nicht dazu benutzt, die Rücklagen anzugreifen, das wollte ich auch noch einmal sagen.

(Zurufe von der CDU: Genau! Richtig!)

Danke.

(Demonstrativer Beifall CDU und GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Niels. - Nun sind alle wieder munter, und es geht weiter mit dem Beitrag der Landesregierung. Frau Ministerin Münch, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann nur hoffen, dass heute kein Vertreter der Hochschulen im Publikum sitzt, denn ich denke, dieses Niveau haben unsere Hochschulen nicht verdient.

(Demonstrativer Beifall SPD und DIE LINKE - Jürgens [DIE LINKE]: Wir sind doch nicht die Kinder der Minis- terin! - Allgemeine Heiterkeit)

- Sollen wir jetzt zum Thema sprechen oder machen wir weiter Kasperle-Theater, ist die Frage.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Es geht um Planungssicherheit für die Brandenburger Hochschulen, und dies ist in meinen Augen ein sehr wichtiges Ziel, denn natürlich geht es um Planungssicherheit und Kontinuität.

(Zuruf von der CDU: Aufrichtigkeit! Ehrlichkeit!)

Dies gilt für die Hochschulpolitik und ganz besonders für dieses für die Zukunft des Landes so wichtige Politikfeld. Wenn man den Antrag der Oppositionsfraktionen liest - vielleicht sollten wir darauf zurückkommen -, hat man den Eindruck, dass die Haushaltsdebatte, die wir gestern Vormittag begonnen haben, keine Nachhaltigkeit hinterlassen hat. Ich begreife auch überhaupt nicht, wieso sich die Oppositionsfraktionen einerseits darüber beklagen, dass wir zu wenig sparen und zu wenig nachhaltig mit Finanzen umgehen, und andererseits so tun, als gäbe es diese Debatte und diese Forderung überhaupt nicht.

Wissenschaft und Forschung haben im Land Priorität, und die Priorität können Sie in der mittelfristigen Finanzplanung und im Haushaltsgesetz unseres Landes eins zu eins ablesen. Der Ausgabenansatz unseres Hochschulkapitels - dazu werden wir noch detailliert kommen - ist trotz der extrem schwierigen Haushaltslage noch einmal gewachsen. Von 2009 bis 2011 beträgt der Aufwuchs im Hochschulanteil 27 Millionen Euro. Das Globalbudget der Hochschulen hat das Niveau von 240,8 Millionen Euro. Von Bau- und Geräteinvestitionen will ich erst einmal überhaupt nicht sprechen. Das sind die Fakten, und dabei geht es um Planungssicherheit. Sie sind auch herzlich eingeladen, meine Damen und Herren von der Opposition, mit uns gemeinsam diese mittelfristige Finanzplanung zu verabschieden. Aber der richtige Zeitpunkt und der rechte Ort, dies zu tun, sind die Haushaltsdebatte und das Haushaltsgesetz.

Sie sollten nicht so tun, als stünde die Stabilität der Hochschulfinanzen ernsthaft infrage. Die Finanzausstattung unserer Hochschulen ist planbar und stabil. Sie können das gern im Haushaltsgesetz nachlesen. Sie sollten auch nicht so tun, als sei die Rücklagenbildung nicht mehr möglich. Es handelt sich um einen einmaligen Eingriff, denn die Hochschulen können nicht von der dramatischen Haushaltslage des Landes ausgenommen werden.

Dieser Eingriff in die Rücklagen bedeutet eine Reduktion von 25 Millionen auf 15 Millionen Euro. Nach wie vor sind 15 Millionen Euro an Mitteln vorhanden, und ich wüsste gern von einer Institution im Land, die vergleichbar hohe Rücklagen hat, auch nach der Entnahme. Insofern ist dieser Eingriff in die Rücklagen schmerzlich, aber unumgänglich gewesen, weil auch die Hochschulen einen gewissen Beitrag zur Konsolidierung erbringen müssen.

(Frau Dr. Ludwig [CDU]: Einmalig!)

Dramatischer wäre es gewesen, wir hätten in den laufenden Haushalt eingegriffen. Das haben wir nicht getan. Der Haushalt von 2011 wurde überrollt.

Sie fordern völlig zu Recht eine solide Finanzpolitik, und genau diese sehen Sie in den Zahlen zum Haushalt 2010, mit dem wir derzeit leben, sowie in den Zahlen des Haushaltes 2011, der Ihnen vorliegt. Übrigens beobachte ich, dass angesichts der klaren Festlegungen im Haushaltsplan für das nächste Jahr in den Hochschulen mittlerweile auch ein Umdenken stattfindet, denn es geht um die zeitnahe und zweckentsprechende Verwendung knapper Mittel, und niemals stand im Hochschulpakt, dass die Rücklagen über Jahre hinweg angespart werden müssen. Dies ist auch ein grundsätzliches Missverständnis, Frau Niels, das in Ihrem Beitrag zum Vorschein kam.

Kurz einen Satz zum Thema Hochschulsteuerung. Wir haben uns sehr bewusst - dafür bin ich meiner Vorgängerin dankbar dafür entschieden, die Hochschulen nicht über einzelne Verträge zu steuern, denn die Basis ist das Brandenburgische Hochschulgesetz, und Herr Jürgens hat schon sehr gut ausgeführt, es gibt einige Instrumente, mit denen wir unsere Hochschulen sehr effektiv steuern: Das ist das Modell der leistungsbezogenen Mittelvergabe, das sind die Zielvereinbarungen und der Hochschulpakt, der sich in entscheidenden Teilen sehr wohl bewährt hat. Dies insgesamt bildet die Grundlage für eine langfristige Planungssicherheit und Berechenbarkeit für die Hochschulpolitik und die Hochschulfinanzierung.

Diese Instrumente haben nachdrücklich dazu beigetragen, dass sich die Leistungsfähigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Hochschulen deutlich positiv entwickelt haben. Wenn Sie sich allein die Kennzahlen anschauen, die die Hochschulen in den letzten Jahren gekennzeichnet haben, vom Studierendenaufwuchs bis hin zur verstärkten Drittmitteleinnahme und zur Exzellenzinitiative, sehen Sie, dass sich diese Mittel deutlich bewährt haben.

Was ist zu den Hochschulverträgen zu sagen? Das Instrument der Hochschulverträge - dafür wird häufig Berlin angeführt ist ein ganz anderes Instrumentarium. Dabei geht es darum, den Hochschulen jährlich unter Haushaltsvorbehalt eine bestimmte Summe zuzusagen. Dieser Haushaltsvorbehalt existiert selbstverständlich unabhängig davon, was ich in diesem Vertrag vereinbare, denn der Haushaltsgesetzgeber sind Sie. Gleichzeitig steht in diesen Verträgen, dass bei Nichterfüllung der Ziele Sanktionen erfolgen, und das, meine Damen und Herren, ist kein sinnvoller Umgang mit Hochschulen. Ich möchte nicht mit Sanktionen drohen und buchstabengenau abrechnen müssen, sondern ich setze darauf, über diese Leistungssteuerung in einem Globalbudget den Hochschulen die Autonomie zu geben, ihre Ziele innerhalb dieser Grenzen umzusetzen.

(Beifall des Abgeordneten Jürgens [DIE LINKE])

Im Übrigen ging es in Berlin auch darum, Studienplatzabbau mit Hochschulverträgen zu verbinden, und davon ist im Land Brandenburg nicht die Rede. Wenn ich ganz gezielt Strukturen abbauen möchte, ist es sinnvoll, Hochschulverträge zu schließen. Das ist aber in keiner Weise unsere Situation im Land Brandenburg. Anlass für die Hochschulverträge waren die definitiven Vorgaben zum Studienplatzabbau. Wir haben stattdessen Studienplätze aufgebaut und haben eine ganz erfreuliche Nachfrage sowohl national als auch international.

Meine Damen und Herren! Ich hätte nicht gedacht, dass ich so bald in die Verlegenheit kommen würde, die Leistungen meiner Amtsvorgängerin gegenüber ihrer eigenen Fraktion in Schutz nehmen zu müssen.

(Beifall der Abgeordneten Gregor-Ness und Melior [SPD])

Denn wir haben alle stets anerkannt, dass sich das System der Hochschulsteuerung und -finanzierung in Brandenburg seit 2004 deutlich bewährt hat. Mit diesem System ist die Personal-, Finanz- und Organisationsautonomie der Hochschulen deutlich gestärkt worden, und es ist gelungen, in Brandenburg ein bezahlbares und sehr effizientes Hochschulsystem aufzubauen, das auch in Zukunft einen unverzichtbaren Beitrag für die Landesentwicklung bringen wird. Ich hoffe sehr, dass Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, diese Entwicklungen nicht entgangen sind. Deswegen sollten wir bei unserem bewährten Instrument bleiben. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Ministerin Dr. Münch. - Ich erteile der CDU-Fraktion noch einmal das Wort. Herr Abgeordneter Prof. Dr. Schierack, bitte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, ich bin ein bisschen verwundert, weil Sie die Chance nicht genutzt haben, das Vertrauen in die Wissenschaftslandschaft Brandenburgs wiederherzustellen.

(Ministerin Dr. Münch: Das mache ich schon, Herr Schierack!)

Diese Chance haben Sie vertan. Ich bin ein wenig verwirrt; denn Sie hätten die Möglichkeit gehabt, ein positives Signal in die Wissenschaftslandschaft Deutschlands zu senden. So aber bleibt alles im Ungewissen und Beliebigen. Ich frage mich: Warum scheuen Sie sich vor rechtsverbindlichen Verträgen? Was führen Sie im Schilde? Sie haben doch heute in Ihrem Interview mit der „Märkischen Oderzeitung“ gesagt, dass Sie verbindliche Regelungen anstreben. Jetzt allerdings sprechen Sie wieder eine ganz andere Sprache. Das verstehe ich nicht.

Sie haben ständig Frau Wanka als Kronzeugin angeführt. Ich stehe nicht täglich mit ihr in Kontakt, aber was hier in Brandenburg passiert, ist ein Skandal.

(Beifall CDU)

Wir hätten diese Diskussion heute gar nicht zu führen brauchen, wenn Sie die Verträge eingehalten hätten. Das ist für uns eine klare Sache.

(Beifall CDU und GRÜNE/B90 - Bischoff [SPD]: Sagen Sie doch einmal, wo Sie sparen wollen!)

Ich finde, es ist Realitätsverweigerung, wenn Sie sagen, Sie hätten Signale aus den Hochschulen bekommen, dass diese sich angeblich darüber freuen, dass es so gekommen ist.

(Ministerin Dr. Münch: Was?)

Da höre ich etwas ganz anderes. Natürlich wollen die Hochschulen Planungssicherheit, und sie suchen nach einer Insel, wo sie diese tatsächlich bekommen. Da sind Hochschulverträge mit dieser Regierung in unserem Land wahrscheinlich besser als das, was bisher vorgelegt wurde. Das ist leider so. Schauen Sie sich an, wie es in anderen Ländern funktioniert. Dort ist es nicht möglich, auf das Geld der Hochschulen, das zu sparen ihnen zugestanden wurde, zurückzugreifen.

Meine Damen und Herren! Dieser Eingriff in die Rücklagen ist tatsächlich ein Thema in der Wissenschaftslandschaft Deutschlands. Frau Ministerin, Sie haben es heute nicht geschafft, zur Beruhigung beizutragen. Ich verstehe auch nicht Ihre Zeitplanung. Herr Jürgens, Sie und auch die Ministerin sagen, Sie seien ständig in Gesprächen mit den Hochschulen. Wenn dem so ist, hätten Sie längst damit anfangen können, das zu klären. Was soll denn Inhalt des Hochschulgesetzes sein? Das wären doch die Budgetvereinbarungen, die mit den Hochschulen - unter Beachtung ihrer Autonomie - getroffen werden könnten. Deswegen haben wir diesen Punkt offengelassen.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, noch einmal in sich zu gehen. Geben Sie den Hochschulen tatsächlich Sicherheit für ihre Planungen! Sonst verunsichern Sie die Hochschulland

schaft in Brandenburg; auf längere Sicht machen Sie sie sogar kaputt. - Danke.

(Beifall CDU, FDP sowie GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Herr Prof. Dr. Schierack. - Wir sind damit am Ende der Aussprache angelangt und kommen zur Abstimmung. Es geht um den Antrag „Planungssicherheit für Brandenburger Hochschulen“ in der Drucksache 5/2067, eingebracht von der CDU-Fraktion, der FDP-Fraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 13 und eröffne Tagesordnungspunkt 14:

Glücksspielwesen ordnen - für einen neuen Glücksspielstaatsvertrag

Antrag der Fraktion der CDU der Fraktion der FDP

Ihnen liegt des Weiteren der Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/2103 vor. Die Aussprache wird durch die einbringende FDP-Fraktion eröffnet. Der Abgeordnete Büttner hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 8. September dieses Jahres hat es ein wegweisendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs gegeben. In einem in seiner Deutlichkeit überraschenden Urteil stellte das Gericht fest, dass das deutsche Glücksspielmonopol und somit der Glücksspielstaatsvertrag gegen geltendes EU-Recht verstößt und de facto ab sofort ungültig ist.

In welcher Situation befinden wir uns also? Wir haben gegenwärtig einen völlig unregulierten Markt in einem Bereich, der durchaus einer vernünftigen Regulierung unterworfen werden sollte. Im Detail lässt sich das Monopol laut EuGH nicht mit der in der Europäischen Union geltenden Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit vereinbaren. Ausschlaggebend für dieses bahnbrechende Urteil war eine Klage mehrerer Sportwettenanbieter gegen eben dieses deutsche Glücksspielmonopol.

In ihrer Urteilsbegründung erklärten die zuständigen Richter, dass ein EU-Land zwar in manchen Fällen die Niederlassungsund die Dienstleistungsfreiheit einschränken dürfe, zum Beispiel um seine Bürger vor Spielsucht zu schützen; dies sei im Falle Deutschlands aber nicht gegeben. Denn obwohl Deutschland vorgab, durch den Glücksspielstaatsvertrag präventiv gegen Spielsucht vorzugehen, warben staatliche Lotterie- und Wettanbieter massiv für jene Produkte, vor denen die Bürger doch angeblich geschützt werden sollten. Es galt also in Deutschland das Prinzip: Wir wollen alle vor den Suchtgefahren schützen, nur der Staat darf süchtig machen.

Die Länder sind nunmehr gefordert, einen neuen Glücksspielstaatsvertrag zu entwerfen. Insbesondere sind sie gefordert, einen Vertrag zu entwerfen, der von möglichst allen Bundesländern getragen wird.