Protokoll der Sitzung vom 07.10.2010

Initiative für einen zukunftsfähigen und modernen Radverkehr in Brandenburg

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 5/1464

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Infrastruktur und Landwirtschaft

Drucksache 5/1998

Wir beginnen die Debatte mit dem Beitrag des Abgeordneten Dellmann. Er spricht für die SPD-Fraktion. Bitte sehr, Herr Dellmann.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Fahrradfahrer sind nicht die langsamsten, sind meistens etwas schneller, deshalb einen kurzen Redebeitrag. Herzlichen Dank an alle Kolleginnen und Kollegen aus den beteiligten Fachausschüssen, dass wir diesen Antrag so auf den Weg haben bringen können. Ich glaube, es gibt ganz klare Signale auch in das Land Brandenburg hinein, dass das Land sich auch zukünftig den Fahrradwegen widmen wird und dass es jetzt primär darum geht, die hohe Qualität, die wir haben, zu halten und dort, wo Lücken sind, diese zu schließen, und vor allen Dingen etwas zu tun: dafür zu sorgen, dass mit der vorhandenen Infrastruktur eine stärkere Wertschöpfung stattfindet; denn Brandenburg ist nicht nur ein Ausflugsziel für Berlinerinnen und Berliner, sondern es ist insgesamt ein Urlaubsziel, ein Fahrradland inzwischen; dieses gilt es zu erhalten.

Ich glaube, dass es auch gut ist, wenn wir in Punkt 10 sehr klar sagen, dass wir hier eine Arbeitsgemeinschaft mit initiieren wollen, wo die Kommunen auch stärker zusammenfinden; denn darauf, dass die Kommunen auch tatsächlich ihrer Verantwortung nachkommen können, muss, glaube ich, das Hauptaugenmerk gelegt werden.

Zum Schluss, lieber Landtagspräsident, eine ganz kleine Bitte bzw. auch an die Kolleginnen und Kollegen, die mit dem Landtagsneubau beschäftigt sind:

Noch sind wir ja hier oben auf dem Berg, und da traut sich nur der eine oder andere, mit dem Fahrrad hochzufahren. Beim Landtagsneubau werden es dann zweifelsohne mehr Fahrräder sein. Ich werde auch dabei sein, lieber Herr Kollege Bischoff. Die Fahrradständer hier oben sind wahrlich suboptimal.

(Vereinzelt Beifall GRÜNE/B90)

Es wäre gut, wenn die Fahrradständer beim Landtagsneubau dem entsprechen, was Fahrradfahrer erwarten, und dort keine Felgenkiller aufgestellt werden. - Vielen herzlichen Dank.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE, SPD sowie GRÜNE/B90 - Frau Kaiser [DIE LINKE]: Ich freue mich schon, wenn Sie mit dem Fahrrad hierherkommen.)

Der Abgeordnete Jungclaus spricht nun für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Der Radverkehr hat für Brandenburg eine hohe Bedeutung, und das in vielfacher Hinsicht; das haben wir gerade schon gehört.

Das Fahrrad verbindet umweltverträgliche Nahmobilität, Ressourcenschonung und touristische Wertschöpfung. Es ist preiswert, umweltfreundlich und gesund. Auch bei Politikerinnen und Politikern erfreut sich der Radverkehr im Allgemeinen großer Beliebtheit, doch wird dies, wenn es konkret wird, leider allzu oft vergessen.

Wir begrüßen es daher außerordentlich, dass sich die Regierungskoalition auf unsere Initiative hin des Themas intensiv annimmt und dem Radverkehr eine höhere Bedeutung als bisher einräumen will. Das ist besonders für den Kollegen Bischoff interessant, der vor 10 Minuten noch gesagt hat, die Opposition bringe hier keine vernünftigen Anträge ein. Das ist jetzt schon der zweite Antrag, über den wir abstimmen, der auf unsere Initiative stattfindet.

(Bischoff [SPD]) : Es ging um Finanzen, Herr Kollege!)

Besonders freuen wir uns darüber, dass nach der Beratung im Wirtschaftsausschuss nun doch noch der ÖPNV in den Antrag aufgenommen wurde. Das ist sicherlich ein Erfolg für den Radverkehr in Brandenburg, denn die Bedeutung des Fahrrads für ein nachhaltiges Verkehrskonzept ist ja gerade deshalb so hoch, weil es sich optimal mit Bus und Bahn verbinden lässt. Hier gibt es noch viel zu tun. So sollten wir beispielsweise neben besseren Abstellplätzen, wie sie eben schon gefordert wurden, auch über Möglichkeiten kostenloser Fahrradmitnahmen reden. In unseren Nachbarländern Sachsen-Anhalt und Thüringen gibt es diese bereits. In diesen Ländern konnten damit neue Kunden für den ÖPNV gewonnen werden. Damit profitiert auch die Freizeit- und Tourismusbranche. Thüringen gibt dafür übrigens jährlich nur 180 000 Euro aus.

Ein kleiner Wermutstropfen ist für uns die Tatsache, dass sich die Koalition weigert, den im ursprünglichen Antrag geforderten Lückenschluss im Mauerradweg zu unterstützen. Dies ist

deshalb bedauerlich, da aufgrund der bald anstehenden Planfeststellung nun vermutlich Tatsachen geschaffen werden, die den geplanten Lückenschluss erheblich teurer machen, sodass er damit noch unrealistischer wird.

Wofür wir ebenfalls weiterhin werden streiten müssen, sind transparentere Planzahlen im Haushalt. Durch die Schaffung eines eigenen Haushaltstitels für den Radverkehr wäre für jeden klar und unmissverständlich deutlich, wie viel die Landesregierung in den Radverkehr investiert. Nach Aussagen des zuständigen Ministeriums beträgt der Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehr 20 %. Dieser Anteil, so der Infrastrukturminister im Ausschuss, würde sich in den Investitionen für den Fahrradverkehr widerspiegeln. Um diese Aussage zu überprüfen, muss man im Moment sämtliche Maßnahmen im Verkehrsbereich durchforsten, um jene zu ermitteln, die auch den Fahrradverkehr betrafen. Das kann so nicht bleiben. Jedoch war dieser Kritikpunkt für uns kein Grund, uns dem ansonsten gelungenen gemeinsamen Antrag zu verweigern.

Um die Finanzierung des Radverkehrs nachvollziehen zu können, werden wir in Zukunft jährlich einen Bericht darüber im zuständigen Ministerium einfordern. Dieses Verfahren stellt zwar Transparenz nur rückwirkend her, wir werden die Ausgaben so aber nachvollziehen können und gegebenenfalls für nachfolgende Haushalte entsprechende Nachbesserungen einfordern. Und wer weiß - vielleicht gibt es ja auch hier bald einen Antrag von der rot-roten Koalition, der lautet: „Alle Daten auf den Tisch!“

(Vereinzelt Lachen bei der SPD - Beifall GRÜNE/B90)

Nach unserer Rechnung, Herr Vogelsänger, kommen dem Radverkehr im Jahr 2010 übrigens lediglich 5 % der Gesamtausgaben im Bereich Verkehr zu. Dies ist eine unterproportionale Finanzierung, gemessen an seinem Anteil am Gesamtverkehr. Wir müssen den Radverkehr endlich aus seiner Rolle des Stiefkindes der Verkehrsplanung befreien. Der vorliegende Antrag ist ein erster Schritt; es werden aber weitere folgen müssen. Vielen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90)

Die Abgeordnete Wehlan spricht für die Linksfraktion.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Was lange währt, wird endlich gut. Diese alte Binsenweisheit findet durchaus ihre Anwendung auf die in den letzten Wochen geführte Debatte für einen zukunftsfähigen und modernen Radverkehr in Brandenburg. Es sei mir an dieser Stelle eine persönliche Anmerkung gestattet: Ich fand es sehr spannend und auch belebend, dass sich Herr Dellmann - sozusagen in alter, jetziger und vielleicht auch in zukünftiger Verantwortung - in diesen Prozess so maßgeblich eingebracht hat.

(Zurufe von der SPD)

- Wir haben ja schon lesen dürfen, was die zukünftige Verantwortung ist, und der Fachingenieurverband hat auch immer etwas damit zu tun, oder? Da sind wir uns doch sicherlich einig.

Es ist sicherlich auch gut und richtig, dass in Anbetracht des hohen Stellenwertes, den der Radverkehr in Brandenburg hat, ein von allen Fraktionen getragener Antrag im federführenden Ausschuss für Infrastruktur und Landwirtschaft, mit Unterstützung des Wirtschaftsausschusses, beschlossen wurde. Das Land Brandenburg hat seit 1993 mit dem Radfernwegekonzept für den Tourismus, das 2001 durch die Handlungsempfehlungen zur Weiterentwicklung des Radtourismus im Land Brandenburg ergänzt wurde, an den notwendigen infrastrukturellen Voraussetzungen für einen erfolgreichen Radtourismus gearbeitet und bis heute ein gut entwickeltes Netz von Radfernwegen und zahlreichen regionalen Routen geschaffen.

Mit dem Antrag wird nun die Grundlage dafür gelegt, die erfolgreiche Entwicklung fortzuschreiben, also nicht, um etwas zu tun, was man bisher noch nicht getan hatte, Herr Jungclaus, sondern um etwas weiter fortzuführen, was man bisher gut getan hat. Deshalb ist es nur folgerichtig, dass sich die rot-rote Landesregierung in ihrem Koalitionsvertrag für die weitere gezielte Förderung des Radverkehrs ausgesprochen hat. Mit dem vorliegenden Antrag wird das auch konsequent umgesetzt. Es ist klar, dass es in den kommenden Jahren vor allem darauf ankommt, das Wegenetz zu erhalten.

Die angespannte Haushaltslage muss beachtet werden und erfordert, dass dem Erhalt des hohen Ausbaustandards der brandenburgischen Radwege zukünftig Vorrang eingeräumt wird. Das zeugt von verantwortungsbewusstem Handeln der Koalitions- wie auch der Oppositionsfraktionen, diese Schwerpunktsetzung zu unterstützen. Hier ordnet sich ein, Neubaumaßnahmen dort zu befördern, wo die Verkehrssicherheit gefährdet ist und wo vor allem überregional vermarktete touristische Wege noch Lücken aufweisen. Stärker als bisher müssen einzelne Qualitätsaspekte weiterentwickelt werden, beispielsweise die Radwegezertifizierung, -beschilderung, Räder im ÖPNV, aber auch infrastrukturergänzende Maßnahmen, zum Beispiel die Öffentlichkeitsarbeit, Service und Dienstleistungen sowie eine bessere Vernetzung und Kampagnen zur Förderung der besseren Vermarktung des Radverkehrs.

Zum Ende des III. Quartals 2011 wird die Landesregierung die Daten auf den Tisch legen, zusammen mit dem Fahrradbericht, den wir in diesem Antrag natürlich auch mit gebunden sehen wollen. Spätestens dann, verehrte Kolleginnen und Kollegen, lieber Herr Jungclaus, haben wir das Thema Radverkehr wieder in der parlamentarischen Begleitung und vielleicht auch schon etwas mehr Sicherheit, inwieweit der Bund in den kommenden Jahren Mittel für den Neubau und die Unterhaltung bzw. Instandsetzung von Radwegen an Bundesstraßen zur Verfügung stellt. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt bei der SPD)

Der Abgeordnete Genilke spricht für die CDU-Fraktion.

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich für das wirklich fruchtbare Zusammenarbeiten nicht nur im Wirtschaftsausschuss, sondern vor allem auch im Infrastrukturausschuss bedanken. Offensichtlich gibt es, was die Betrach

tung der Radwegeplanung angeht, kaum Unterschiede, wenn auch ein paar Feinheiten sicherlich anders zu betrachten sind.

Wir hatten, nachdem das hier etwas zögerlich in Gang kam, gefordert, ein Instandhaltungsmanagement einzuführen - nicht so sehr, um zu beachten, dass das immer irgendwo drinstehen muss, wenn wir uns über Infrastruktur unterhalten, sondern um uns im Grundsatz darüber zu verständigen, dass die Infrastruktur, die wir im Radwegebereich geschaffen haben, schlichtweg erhalten werden muss, und zwar nicht irgendwie, sondern auf dem hohen Level, den wir derzeit durchaus haben.

Das beinhaltet schlichtweg auch eine Bestandsaufnahme, denn wir wissen, was diese Radwege gekostet haben, wir wissen, wann sie erneuert werden müssen. Das heißt, wir haben eine Abschreibungszeit definiert. Schlichtweg müssen wir dafür sorgen, dass diese Abschreibungen im Haushalt auch dargestellt werden können. Nur, was über diese Mittel hinausgeht, dürfen wir getrost dafür verwenden, um die Qualität neuer Radwege, einen Lückenschluss oder auch den Mauerradweg neu zu gestalten. Ein noch sehr wichtiger, nachverhandelter Punkt der CDU-Fraktion war es, einen Ansprechpartner für die Kommunen zu erhalten. Dem wurde auch mehr oder weniger stattgegeben, auch wenn wir es etwas schärfer formuliert hätten.

Ein wirklicher Radwegebeauftragter, wie es ihn übrigens in Berlin schon gibt, wäre sicherlich eine gute Alternative gewesen.

Wir haben ja im Radewegebereich die Trennung, was die Zuständigkeit für Radwege angeht: einerseits im Infrastrukturausschuss, andererseits im touristischen Bereich über den Wirtschaftsausschuss, und was im Umweltausschuss angedacht ist, sind zum Beispiel Radwege auf den Deichen. Daher wäre eine Zusammenfassung dieser Punkte, ein Radwegbeauftragter als Ansprechpartner auch für die Kommunen, sicherlich sinnvoll gewesen. Aber wir haben eine Lösung gefunden: Wir nennen einen solchen Beauftragten jetzt Ansprechpartner. Wir werden das so begleiten und darauf schauen, dass das nicht so ausufert, dass wir es in der Verdunklungsmaschinerie nicht mehr wiederfinden.

Wir haben uns ganz ausdrücklich zum ÖPNV und SPNV geäußert. Das war ein von den Grünen durchaus gewollter Punkt. Ich meine, das ist an dieser Stelle auch sehr wichtig. Durch den Radverkehr, der nicht ausgeblendet werden darf, ist heute eine sehr wichtige Vernetzungsfunktion mit dem öffentlichen Personennahverkehr hinzugekommen.

In Punkt 4 wurde wieder darauf hingewiesen, dass wir uns weiterhin beim Bund dafür einsetzen sollen, dass genügend Mittel für Neubau und Instandhaltung von Radwegen an Bundesfernstraßen zur Verfügung gestellt werden. An dieser Stelle gibt es derzeit keinerlei Probleme. Der Bund wird auch im nächsten Jahr - das gibt ja der Haushalt her - keinerlei Kürzungen in diesem Bereich des Straßenbaus vornehmen.

Wir haben uns wie die Grünen auch dafür eingesetzt, eine höhere Transparenz zu erreichen. Wir haben aber Transparenzprobleme in diesem Haushalt nicht nur in diesem Bereich, sondern das ist eine grundsätzliche Problematik. Es gab immer die Begründung, dass man ja Mittel untereinander verschieben kann, dass man sie also nicht genau zuordnen kann. Aber ich

meine, gerade hier wäre das Transparenzgebot wichtig gewesen, um zu schauen, was mit welchen Mitteln an welcher Stelle passiert. Ich sehe es aber auch so wie Herr Jungclaus: Das kann man erfragen, es kostet etwas mehr Zeit und ist etwas umständlicher. Aber ich habe zumindest die Hoffnung - der Minister wird mir sicher zustimmen -, dass wir hier kein Defizit haben und dass Nachfragen entsprechend beantwortet werden.

Übrigens an dieser Stelle einmal ein Lob, was die Transparenz im Internet angeht: Sie ist sehr gut auf der Seite des Ministeriums. Kaum eine andere Seite ist derart gut installiert. Das geht sicherlich noch auf Herrn Dellmann zurück. Sie ist auch relativ aktuell. Wer sich wirklich schlaumachen will, wird das im Internet tun können, wenngleich es in puncto Transparenz bei der Finanzierung und bei der Kassenlage etwas schwieriger wird.

Insgesamt, meine ich, ist es ein gelungenes Werk, dem die CDU-Fraktion zustimmen wird. Deshalb werbe ich auch bei allen anderen Fraktionen dafür, dies zu tun. - Vielen Dank.

(Beifall CDU und GRÜNE/B90)

Der Abgeordnete Beyer spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Diese Einmütigkeit zu dieser Stunde ist ja kaum zu ertragen. Aber ich freue mich natürlich darüber ganz genauso.