In einer Sitzung des Bildungsausschusses im März 2010 war vom Gesundheitsmanagement in den Schulen die Rede. Wir
haben in einer der letzten Sitzungen nachgefragt, was diesbezüglich bislang passiert ist und welche Maßnahmen ergriffen worden sind. Darauf bekamen wir keine Antwort. Das hat uns nicht überrascht, denn auch die Tatsache, dass wir einen hohen Unterrichtsausfall zu beklagen haben, bestreiten Sie konsequent. Im zweiten Schulhalbjahr 2009/10 sind rund 200 000 Unterrichtsstunden wegen Erkrankung von Lehrern ausgefallen, und 1 100 Unterrichtsstunden konnten wegen Lehrermangels nicht planmäßig stattfinden - wohlgemerkt in einem Halbjahr. Falls Sie diese Tatsache anzweifeln, Herr Minister Rupprecht - das tun Sie gern, wenn ich Zahlen nenne -: Die stammen aus Ihrem Haus, aus einer Vorlage, die Sie uns gegeben haben.
So mussten Klassen zusammengelegt werden. In den Grundschulen fällt zuerst der Förder- und Teilungsunterricht aus. Vor allem in Oberstufenklassen wird Stillarbeit angeordnet, da kein Lehrerersatz gefunden werden kann. Die angehenden Abiturienten müssen sich also den Stoff, der in den Prüfungen abgefragt wird, selbst aneignen.
In den Haushaltsberatungen haben wir eine Erhöhung der Vertretungsreserve um 3 Prozentpunkte gefordert, um den Unterrichtsausfall zu mindern. In den Ausschüssen wurden die Änderungsanträge bereits abgelehnt, und wir wissen, dass sie auch heute hier abgelehnt werden und sie das Schicksal der Opposition ereilen wird. Aber, Herr Minister, Schulunterricht kann nur gut sein, wenn er stattfindet.
Ein weiteres Zeichen der verwählten Bildungspolitik ist, dass es im Land keine Begabtenförderung gibt. Die Leistungs- und Begabungsklassen können diese schon aus strukturellen Ursachen nicht leisten. Zum einen erhalten nicht alle Bewerber einen Platz, und zum anderen gibt es sie nicht in allen Landkreisen. Eine Ausweitung der Leistungs- und Begabungsklassen haben Sie vor zwei Monaten strikt abgelehnt, und auch unserem Änderungsantrag zur Verbesserung der Förderung begabter Schüler im regulären Unterricht konnten sie bisher nicht folgen. Dabei hat jedes Kind das Recht, gemäß seinen Neigungen und Fähigkeiten gefördert und gefordert zu werden. Mit den beantragten Mitteln hätten individuelle Lehrpläne für Schüler erarbeitet und für Unterrichtsmaterialien wie Computer oder Fachliteratur gesorgt werden können. Wir sind uns jedoch auch darüber im Klaren, dass das nur ein erster Schritt gewesen wäre. Ziel muss ein langfristig qualitativer und quantitativer Ausbau der Begabtenförderung sein. Stattdessen gibt die Landesregierung gerade einmal 51 200 Euro für die Begabtenförderung aus - für Preise und Schülerwettbewerbe.
Liebe Frau Große, nun spreche ich Sie einmal direkt an: Was Sie hier vorhin gemacht haben, war eine Kampfansage an die freien Schulen im Land Brandenburg.
Im aktuellen Haushaltsentwurf ist für die Schulen in freier Trägerschaft eine Ansatzerhöhung in Höhe von 3,3 Millionen Euro verzeichnet. Als Sie in der Opposition waren, haben Sie im Übrigen kritisiert, dass Schulen in öffentlicher Träger
sehr gut an die Diskussion im Kreistag in der Uckermark erinnern, auch wenn Sie Ihre Meinung inzwischen geändert haben.
Öffentliche Schulen wurden geschlossen, und in diese frei werdende Lücke sind vielfach Schulen in freier Trägerschaft hineingegangen. Natürlich haben die Eltern das Recht, sich die Schulen auszusuchen. Wenn Schulen in freier Trägerschaft im Bewusstsein der Eltern besser sind, können Ihr Argument und Ihre Vorstellung nicht heißen, dass wir die Schulen in freier Trägerschaft knebeln, damit die Schüler in die öffentlichen Schulen gehen. Das muss doch bedeuten, dass Sie die Wettbewerbsfähigkeit der öffentlichen Schulen stärken und mehr Qualität in die öffentlichen Schulen hineinbringen.
Sie planen in Zukunft Kürzungen bei den Schulen in freier Trägerschaft. Ich sage Ihnen, dass das eine Gefahr für die ganze Schullandschaft in Brandenburg darstellt.
- Ja, ja, bleiben Sie doch einmal ruhig. Schulen in freier Trägerschaft machen gute Arbeit. Das beweisen vor allem die steigenden Schülerzahlen. Im Vergleich zum Schuljahr 2009/10 besuchen über 1 400 Schüler mehr Schulen in freier Trägerschaft im Land. Tendenz: weiter steigend.
Wenn Rot-Rot durch eine verfehlte Politik ihnen die Grundlage unter den Füßen entzieht, investieren Sie nicht in die Zukunft dieses Landes. Damit widersprechen Sie Ihrem eigenen Koalitionsvertrag, in dem die Priorität für Bildung verankert ist.
Der Finanzminister ist nicht da. Aber ich als Finanzminister würde mich freuen, wenn ich möglichst viele Schulen in freier Trägerschaft hätte. Was würde es bedeuten, wenn plötzlich alle Schüler, die in einer Schule in freier Trägerschaft sind, ins öffentliche Schulsystem gingen? Welchen neuen Haushaltsansatz brauchen Sie dann? Das wäre doch ein finanzielles Desaster für das Land. Als Bürgermeister würde ich mich übrigens darüber freuen, weil es meinen Haushalt entlasten würde.
Lassen Sie die Finger von der Kürzung bei Schulen in freier Trägerschaft. Ich bin sicher, dass wir hier im Haus in den nächsten Wochen und Monaten die entsprechende Diskussion und Debatte dazu sehr ausführlich führen werden. - Wenn Sie immer lauter schreien: Ich kann es auch! - Mit Kürzungen im Bildungsbereich werden Sie langfristig Ihren Haushalt nicht sichern können.
Auch die Lehrerausbildung muss reformiert werden. Wir brauchen hochqualifizierte Lehrkräfte, um dieses Land voranzubringen. Das kann man nur mit intensiven Fortbildungsmaßnahmen
und einer hervorragenden Ausbildung erreichen. Ich wiederhole: Eine sogenannte School of Education kann dies leisten. Schauen wir einmal nach Bayern. Die School of Education der Technischen Universität München bietet eine ausgezeichnete und praxisorientierte Lehrerausbildung und eine enge Verzahnung mit hochkarätiger Bildungsforschung, übrigens ganz im Gegensatz zu dem, was Vertreter der Universität Potsdam in der gemeinsamen Sitzung des Bildungsausschusses und des Wissenschaftsausschusses behauptet haben.
Wir müssen unseren Lehramtsstudenten eine gute Ausbildung bieten, denn das ist eine Maßnahme, sie aus anderen Bundesländern nach Brandenburg holen zu können. Die zweite Aufgabe ist, sie auch hier im Land zu halten.
Wir haben jetzt schon zahlreiche Mangelfächer, in denen nicht genug Lehrer ausgebildet werden, sodass wir auf die jungen Referendare angewiesen sind. Die Landesregierung muss für gute Arbeitsbedingungen sorgen und Anreize schaffen, um auch die entlegenen Gebiete attraktiv zu machen. Eine Verbeamtungsgarantie reicht da noch lange nicht aus. Wenn die SPD und DIE LINKE meinen, das Problem des Lehrermangels mit dem Versprechen der Verbeamtung lösen zu können, zeigt das nur umso deutlicher, dass Sie die Realität nicht mehr wahrnehmen.
Fazit des Haushaltsplanes für Bildung, Jugend und Sport: Prioritäten wurden wieder einmal falsch gesetzt, genau wie im letzten Haushalt. Die Maßnahmen der Landesregierung haben weder Auswirkungen auf die Schul- und Bildungsqualität noch werden sie das Land voranbringen. Die Priorität für Bildung, wie sie im Koalitionsvertrag manifestiert ist, setzt sich am Ende nur aus Placebos zusammen. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Vorredner von FDP und Grüne haben schon einiges gesagt, an das ich mich nahtlos anschließen kann.
Die Schönfärberei der Landesregierung hinsichtlich der Prioritätensetzung geht an der bildungspolitischen Realität in Brandenburg wirklich kilometerweit vorbei.
Der Bildungsetat ist der wichtigste im Landeshaushalt. Sein Inhalt und seine Ausgestaltung entscheiden maßgeblich über die Zukunft unseres Landes. Es zeigt sich aber, dass die Weichen in der Bildungspolitik von Rot-Rot falsch gestellt werden und die Landesregierung insgesamt die falschen Prioritäten setzt. Mit welcher ungeheueren Weitsicht das Bildungsministerium plant, zeigt sich bei den Schulen in freier Trägerschaft. Sie
wurden von Frau Große und Herrn Büttner angesprochen. Eine jährliche Senkung der Zuschüsse um 2 % ab 2012 wird zunächst die kleinen Schulen in den ländlichen Regionen unseres Landes treffen, die dort mit viel Engagement der Bürger vor Ort dafür Sorge tragen, dass Unterricht auch in entlegenen Landesteilen wohnortnah angeboten werden kann. In relativ kurzer Zeit danach wird es aber auch die größeren Träger erreichen, die Schulen im Land errichtet haben.
Es ist doch ein Trugschluss der rot-roten Landesregierung zu glauben, dass sie mit diesem groß angelegten Plattmachen von Schulen in freier Trägerschaft Geld sparen könnte oder dass dadurch das staatliche Schulsystem an Attraktivität gewinnt.
Beides ist ein großer Irrtum, der nur dazu führen wird, dass die Schülerinnen und Schüler noch weitere Anfahrtswege in Kauf nehmen müssen und wieder ein Stück pädagogische Vielfalt in unserem Land verloren geht.
Deshalb, Herr Rupprecht: Setzen Sie endlich Ihre verwaltungstechnokratische Brille ab und orientieren sich an den bildungspolitischen Realitäten.
Diese zeigen Ihnen ganz klar, dass der Staat nicht zwangsläufig besser im Organisieren von Bildung ist. Sie zeigen auch, dass sich der Staat nur dann qualitativ aufstellen kann, wenn es einen Wettbewerb um die besten pädagogischen Konzepte gibt.
Herr Jürgens, was man sicherlich in jeder guten Schule lernen sollte, ist, dass man redet, wenn man dran ist. Wenn Sie sich melden wollen, stellen Sie eine Zwischenfrage oder bringen Sie eine Kurzintervention ein. Wenn Sie ansonsten ein bisschen Druck abbauen müssen, gehen Sie auf den Hof, schreien Sie da eine Runde herum. Das nervt hier wirklich enorm, nicht nur, wenn ich dran bin.
Da wir gerade bei den Schulen in freier Trägerschaft sind, muss man sagen, dass sie so schlecht nicht sein können. Nicht umsonst ging in diesem Jahr der Deutsche Schulpreis, den auch Herr Günther hier genüsslich abgefeiert hat, an eine Schule in freier Trägerschaft. Das haben Sie, Herr Günther, aber auch Sie, Herr Minister Rupprecht, zur Genüge abgefeiert. Da geht dann der nette Herr Minister Rupprecht hin, gratuliert und freut sich. Dann dreht er sich um und schimpft über die bösen Privatschulen.
Das finden wir wirklich heuchlerisch, weil wir anders als Minister Rupprecht der Meinung sind, dass die freien Schulen in Brandenburg eine Bereicherung der Bildungslandschaft und keine Belastung sind. Es wäre übrigens schön, wenn wir Ähnliches auch in Bezug auf unseren Bildungsminister sagen könnten.