Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Gäste, schön, dass Sie bei dem Wetter hergefunden haben.
Ich bin sehr geneigt, meine Rede zur Seite zur legen und Ihnen nur noch zu antworten. Herr Eichelbaum, wissen Sie, wie mir das vorkommt? Sie gehen in den Wald, legen einen Brand, hinterlassen nur noch ödes Land und wundern sich, dass ein Jahr später noch kein neuer Wald steht.
Und dann sagen Sie: Sagen Sie mal, wieso haben Sie denn da nur verbranntes Land liegen lassen? - Das geht so nicht.
Das geht so nicht. Herr Eichelbaum, das, was zehn Jahre lang versäumt wurde, insbesondere in der Personalförderungspolitik - das wissen wir beide -, lässt sich in einem Jahr - denn wir wollen qualifizierte Nachwuchsmitarbeiter - eben nicht korrigieren. Das, was im Amtsgerichtskonzept auf Eis lag und immer diskutiert und unter einem CDU-geführten Ministerium nicht entschieden wurde, lässt sich eben nicht in einem Jahr korrigieren, weil: Dazu gehören nämlich auch investive Vorbereitungen, um tatsächlich Arbeitsbedingungen an Amtsgerichten zu schaffen, die Sie mit Ihrer Partei leider nicht geschaffen haben. Ich weiß, dass Sie persönlich dafür nicht zuständig sind, wir greifen einander auch nicht persönlich an, das sage ich ausdrücklich.
Das Gleiche gilt für das Strafvollzugskonzept. Sie wissen, dass wir daran arbeiten, dass wir darüber diskutieren: Wie bekommen wir den Überhang an dieser Stelle frei?Aber es macht sich gut, in so einer Rede einfach mal zu sagen: Darüber haben Sie noch nicht nachgedacht. - Nachgedacht ja, aber Nachdenken reicht nicht, man muss gut denken, und man muss vor allen Dingen auch Konzepte entwickeln. Sie haben bewiesen, dass Sie uns in zehn Jahren viele Hausaufgaben hinterlassen haben. Ich nenne das Reduzierung Ihrer Erblasten, die Sie von uns einfordern, ohne dass Sie überlegt haben, was Sie uns da überhaupt hinterlassen haben. So, das musste raus.
Für unsere Gäste: Jetzt zum Einzelplan 04 - Ministerium der Justiz. Aus unserer Sicht wird der Einzelplan 04 als verantwor
tungsvoller Weg zur Sicherung der verfassungsrechtlichen Aufgaben der Justiz und der Haushaltskonsolidierung fortgesetzt.
Das ist kein einfacher Weg, hier diese Einheit, nämlich Gestaltung von Justiz und notwendige Einsparungen zu gewährleisten. Sie wissen, Kollegen von der CDU, ich habe es eben gerade gesagt: Die Reduzierung von Erblasten ist schwerer als die Schaffung von Erblasten.
Ich nenne die Umsetzung des Amtsgerichtskonzeptes und eines Justizvollzugskonzeptes: Hier steht im nächsten Jahr die Neuordnung der Gerichtsbezirke und Standorte der Justiz an. Das ist dringend erforderlich, unwidersprochen, da durch die jahrelange Prüfung der Amtsgerichtsstandorte ohne eine Entscheidung und einer damit einhergehenden hohen Unsicherheit vor Ort wieder in ihrer Verantwortung nunmehr im nächsten Jahr endlich seit Jahren gestoppte bauliche Maßnahmen wieder aufgegriffen werden können. Hier die sachliche, nicht ganz so emotionale Darlegung: So geht es nicht. Ich kann nicht immer sagen: Haltet den Dieb! Da aber die Standortentscheidungen und nachfolgenden Baumaßnahmen durch Mittelentscheidungen nicht vorgegeben sind, hat es unseres Änderungsantrages bedurft, dem - ich darf Sie daran erinnern - wir alle zugestimmt hatten.
Die Zusammenarbeit mit dem Land Berlin im Bereich der Justiz hat sich bewährt. Sie können davon ausgehen, dass trotz der Erstattungsleistungen das Land Berlin für gemeinsame Justizeinrichtungen wie für das gemeinsame Justizprüfungsamt, das gemeinsame Oberverwaltungsgericht oder das gemeinsame Landesarbeitsgericht im Land Berlin keine Kostenerhöhung geplant werden muss.
Ich komme auf einen mir wichtigen Bereich zu sprechen: Das Justizministerium hat bereits in diesem Jahr verantwortungsvoll auf die sehr lange Verfahrensdauer an den Verwaltungsund Sozialgerichten des Landes Brandenburg reagiert. Hier haben Sie übrigens die gleiche Masche. Es wird jahrelang ein Einstellungsstopp vollzogen, und dann fragen Sie: Herr Minister, warum haben Sie das alles in den paar Monaten, in denen Sie schon im Dienst sind, nicht erledigt? - Ich finde das nicht fair. Ich glaube, so darf man nicht miteinander umgehen, zumal Solidität gerade im Bereich der Justiz ein umso wichtigerer Maßstab ist. Ich erinnere an das Urteil des Brandenburgischen Verfassungsgerichts zur überlangen Verfahrensdauer, die in den vergangenen Jahren nicht abgebaut wurde. Sie haben gesagt, wir sind jetzt bei einer Verfahrensdauer von 24 oder 25 Monaten in der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Herr Kollege, wissen Sie, dass wir, als das Ministerium von Herrn Minister Schöneburg übernommen wurde, bei 30 Monaten lagen?
Immer noch nicht. Ich lasse mich überhaupt nicht ablenken. Insofern sage ich: Reden Sie und versuchen Sie, einen Prozess
darzustellen und nicht immer eine Ist-Ansicht. Dann sieht man nämlich: Wo waren wir? Wo stehen wir? Wohin wollen wir? Dann merken wir auch, wie ich glaube, dass wir in die gleiche gemeinsame Richtung gehen, zumindest in dem Fall.
Sie haben es doch begrüßt, dass wir „Altfallkammern“ eingerichtet haben. Sie haben doch begrüßt, dass wir Verwaltungsrichter eingestellt haben. Sie haben doch unterstützt, dass wir gesagt haben, wir müssen mehr Sozialrichter haben, damit dieser Überhang an Fällen endlich abgebaut werden kann. Nun können Sie sich doch nicht hinstellen und sagen, aber das reicht uns alles nicht, und gleichzeitig fordern, dass wir doch bitte auch einen Beitrag zur globalen Minderausgabe leisten sollen, wenn es geht in einer Größenordnung, die weit über den geplanten Stellen liegt. So ist Haushaltspolitik mit Verantwortung nicht zu machen.
Sie sehen, wir haben lange bestehende Probleme angepackt. Wir sind bereit, die vernachlässigte Ausbildung von Justizvollzugsbediensteten mit all den negativen Folgen zu korrigieren. Wir haben mit der Ausbildung wieder begonnen. Warum sind sie eigentlich noch nicht fertig? - Ach so, elf Monate. Sorry. Wenn Sie hier aber kritisieren, dass zu wenig Personal in der Justiz vorhanden ist, dass das alles nicht ausreicht, stellt sich doch die Frage, warum Sie keinen Antrag gestellt haben oder wie das mit Ihren Forderungen nach einer Senkung der Nettokreditaufnahme zusammengehen soll.
Schlussendlich gehen wir in Brandenburg insbesondere aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte trotz aller Einsparungen - auch das wissen Sie - das Pilotprojekt forensische Ambulanz an.
Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion! Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie sich in diesem Hause seit Monaten recken und strecken, rufen und schreien, um die Entwicklung der vergangenen zehn Jahre der damaligen Opposition anzuheften. Eines möchte ich hier aber klar und deutlich sagen: Um die Fehlentwicklungen der Vergangenheit korrigieren zu können, braucht es nicht nur Zeit, sondern auch solide Haushaltspolitik trotz Sparens. Einen Wunsch gestatten Sie mir in der Vorweihnachtszeit: Kritisieren Sie uns nicht dafür, dass Sie in Ihrer Regierungszeit auf Kontrollen verzichtet haben und wir diese aufarbeiten müssen.
Meinen Sie, dass eine solche Kontrolle, wie sie gegenwärtig stattfindet, auch möglich wäre und durchgeführt würde, wenn Sie das Volk nach der Regierungsverantwortung gewählt hätte?
Eine Bemerkung in Richtung der Kollegen von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Warum haben wir gegen Ihren Antrag gestimmt? Lassen Sie mich das kurz erklären. Sie beantragten, eine globale Minderausgabe in Höhe von 4,6 Millionen Euro über einen nachhaltigen Umgang mit Energieressourcen zu erbringen. Sorry, aber unsere Energiekosten sind in den letzten Jahren gestiegen - trotz sinkender Energieverbräuche in unseren Einrichtungen. Es hat also nichts mit unserem Verbrauch zu tun, sondern hat etwas mit der Kostenexplosion im Energiemarkt zu tun. Das gehört zur Ehrlichkeit dazu. Das hat nicht immer etwas mit immensem Investitionsbedarf zu tun, sondern auch mit Bedingungen, die wir hier im Hause und im Justizministerium nicht beeinflussen können.
Ich bin der Auffassung, dass mit diesem Haushalt die verantwortungsvollen Aufgaben der Justiz wahrgenommen werden können und wir 2011 in der Lage sein werden, unsere Aufgaben zu realisieren, sowie eine kürzere Verfahrensdauer, Herr Kollege, umsetzen werden. Deshalb können Sie ganz beruhigt diesem Haushalt zustimmen. - Danke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unsere zuständige Fachabgeordnete Frau Niels ist krank, sodass ich Sie bitte, mit mir vorlieb zu nehmen. Ich weiß natürlich, dass ich nicht so fundiert in der Sache stehend wie sie hier reden kann, und eher die Sicht des Haushälters einbringe. Ich denke aber, dass das auch einmal interessant ist.
Dies ist insofern eine Wiederholung, als im Mai genau dieselbe Situation war und ich damals auch schon zum Justizhaushalt reden durfte. Ich hatte damals schon beklagt, Herr Minister, dass zunehmend im Unterbau der Staatsanwaltschaften und der Gerichte gekürzt wird, dass die Richter damit zunehmend zur Ressourcenverschwendung gezwungen werden, dass sie Arbeiten übernehmen müssen, die andernorts von Vorzimmerkräften, Schreibkräften oder Sachbearbeiterinnen übernommen werden. Bedauerlicherweise ist festzustellen, dass sich hier nichts geändert hat und auch in diesem Haushalt wieder 56 Stellen für nicht beamtete Mitarbeiter im Unterbau und 52 Stellen für Beamte im mittleren und im gehobenen Dienst gekürzt werden. Ich denke, das ist fatal.
Fatal ist aber auch, dass die Finanzierung des Stellenplans überhaupt nicht gesichert ist. Sie machen einen Kunstgriff, indem Sie versuchen, Ihren Haushalt durch die Entnahme von 9,2 Millionen Euro aus den Rücklagen, die Sie in den letzten Jahren im Personalbudget gebildet haben, abzusichern. Das ginge ja so weit in Ordnung, wenn daraus ausschließlich Mitarbeiter finanziert würden, die sich jetzt im Vorruhestand befinden. Das ist aber, wie eine überschlägige Rechnung zeigt, ausdrücklich nicht der Fall. Sie haben 183 Stellen im Vorruhestand bzw. als kw-Stellen laufen. Nachdem es sich dabei fast ausschließlich um Stellen bis zur Vergütungsgruppe E 5 handelt, die mit deutlich unter 40 000 Euro pro Nase zu veranschlagen sind, deutet es darauf hin, dass Sie ein strukturelles Defizit in Ihrem Personaletat von über 3 Millionen Euro haben. Das lässt sich auf Dauer nicht durchhalten.
Ich habe schon den Anspruch an den Finanzminister, der jetzt gerade nicht da ist, dass er sicherstellt, dass Sie ein auskömmliches Personalbudget haben und die entsprechenden Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Ich selbst bin Mitglied im Richterwahlausschuss und erlebe da, wie die Grundsätze der Haushaltswahrheit und -klarheit beim Stellenplan zumindest für die Gerichte in Brandenburg nicht gelten. Ein Blick allein auf die Stellen ergibt ein viel zu positi
ves Bild. Das, was wir erleben und womit ich in dem Richterwahlausschuss regelmäßig konfrontiert bin, ist, dass Richter zum Teil langjährig mit Referentenaufgaben im Ministerium betraut werden. Nun ist es so, dass sich bedauerlicherweise auch andere Ministerien häufig im nachgeordneten Bereich bedienen und aus Landesämtern Personal hochziehen. In diesem Fall ist es aber besonders problematisch, weil Richter mit Referentenaufgaben betraut werden und damit nicht mehr den Gerichten zur Verfügung stehen, aber weiterhin auf diesen Stellen in diesen Gerichten geführt werden.
Ein Richter, der als Referent für Öffentlichkeitsarbeit im Ministerium arbeitet, richtet eben nicht. Seine Stelle ist zweckentfremdet. Das geht nicht. Genauso wenig geht es an, dass Richter teilweise jahrelang an anderen Gerichten arbeiten als an denen, denen sie zugeordnet sind. Ein besonderes Problem, das in der Natur der Sache liegt, sind Vertretungen für Erziehungsurlaub, die es für Richterinnen nicht gibt. Richter sind auf Lebenszeit berufen. Wenn jemand zeitweise ausscheidet oder teilweise beurlaubt wird, gibt es keine Richter, die Urlaubsvertretungen übernehmen, weil es eben keine befristeten Richterstellen gibt. Das Problem führt dazu, dass häufig über Jahre hinweg Gerichte Richterstellen haben, die zwar besetzt sind, de facto aber keine Ausübung des Richteramtes auf diesen Stellen läuft.
Ich denke, das geht nicht. Hier sollte man sich gemeinsam Gedanken darüber machen, ob man nicht die Möglichkeit von Springerstellen schafft. Es geht darum, dass man mehr Richter einstellt, als erforderlich sind, die dann aber tatsächlich die Erziehungsurlaubsvertretungen oder Abwesenheitsvertretungen übernehmen.
Wenn man künftige Staatsanwälte, die zur Probe eingestellt sind, zu den Verwaltungsgerichten abzieht, dann erhalten sie zwar auch eine Ausbildung, aber das, wofür sie eigentlich ausgebildet werden sollen, nämlich als Staatsanwälte zu arbeiten, lernen sie nicht. Das üben sie nicht ein. Das geht überhaupt nicht.
Kommen wir zu einem zweiten Themenkomplex - den Justizvollzugsanstalten: Auch hier sind 113 Stellen weniger in diesem Haushalt vorgesehen. Richtig ist, dass Brandenburg über zu viele Haftplätze verfügt. 2009 haben wir nur 1 576 von 2 308 Haftplätzen in Anspruch genommen. In diesem Jahr haben wir ebenfalls nur rund 1 500 von 2 123 Plätzen in Anspruch genommen. Es hat also bereits eine Reduzierung stattgefunden. Aber es gibt eben Gott sei Dank nicht so viele kriminelle Brandenburger, wie wir andererseits an Haftplätzen zur Verfügung haben.
Nachdem es mit Berlin nicht möglich war, sich darauf zu verständigen, dass die diese Plätze von uns übernehmen, müssen wir umdenken. Die Berliner bauen unverdrossen an ihrer JVA. Deshalb ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, ernsthaft über eine drastische Reduzierung der Haftplätze in Brandenburg nachzudenken.
Das erspart Betriebs- und Energiekosten. Es wäre aber ein Trugschluss - das sollten wir auch nicht machen -, die Vorstellung zu entwickeln, dass hier massiv beim Vollzugspersonal eingespart werden könne. Denn Vollzug bedeutet nicht nur Bewa
chung, sondern Vollzug bedeutet auch Resozialisierung. Wir brauchen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Resozialisierungsmaßnahmen.
Ich habe in den Unterlagen gelesen, dass zum Beispiel in Frankfurt (Oder) der offene Vollzug nicht mehr gewährleistet ist, weil ausreichendes Personal nicht zur Verfügung steht. Ihre Staatssekretärin, Frau Stachwitz, hat ausgeführt, dass die Personalsituation im Vollzug nicht zufriedenstellend ist. Das macht sich nicht alleine an der Stellenzahl fest, sondern daran, dass der Altersdurchschnitt der Justizvollzugsbediensteten bei 50 Jahren liegt. Wir haben deshalb hohe Personalausfallzahlen. Es gibt hohe Krankheits- und Abwesenheitsraten. Das ist ein Problem. Das lösen wir aber nicht dadurch, dass wir die Stellen streichen, sondern wir müssen zusehen, dass wir auch eine vernünftige Nachwuchspolitik betreiben.