Protokoll der Sitzung vom 19.01.2011

Deutsch-polnische Zusammenarbeit vertiefen

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion DIE LINKE

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE. Die Abgeordnete Stobrawa erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mitte dieses Jahres jährt sich zum 20. Mal der Tag der Unterzeichnung des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit, mit dem die Beziehung zwischen Polen und der Bundesrepublik auf eine völlig neue vertragliche Basis gestellt wurde. Das Land Brandenburg hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten seinen Beitrag zur Vertiefung dieser Zusammenarbeit geleistet. Wir haben in dieser Zeit die Höhen wie auch - leider - immer wieder einmal die Tiefen dieser Zusammenarbeit erlebt.

Als Bundesland mit der längsten Grenze zu dem östlichen Nachbarn Polen haben wir zweifelsohne eine besondere Verantwortung, die auch mit besonderen Aufgaben verbunden ist. Ich denke hierbei dieser Tage ganz besonders an das Hochwasser der Oder. Manches, was wir zwischenzeitlich durch das Engagement Vieler erreicht haben, ist bundesweit - gemessen an unserer geografischen Lage und den entsprechenden Aufgaben durchaus spitze, aber zuweilen ausbaufähig. Genau aus diesem Grunde spricht der Antrag eben von der Vertiefung der deutsch-polnischen Zusammenarbeit. In welchen Richtungen sich die Koalitionspartner SPD und die Linke diese Vertiefung vorstellen, was sie diesbezüglich von der Landesregierung einerseits, aber auch von den Mitgliedern des Landtags andererseits erwarten, führt der Antrag aus.

Lassen Sie mich in der gebotenen Kürze Folgendes ansprechen: Erstens erwarten wir, dass die Ressorts der Landesregierung nach den drei Spitzentreffen im Rahmen der Oderpartnerschaft ihre Schlussfolgerungen für die Ausrichtung der Landespolitik präzisieren und diese dem Landtag zur Diskussion vorlegen. Das betrifft in erster Linie die Planungen zur Verkehrsinfrastruktur und zur Zusammenarbeit im Bereich der Wissenschafts- und Forschungskooperation, aber auch andere Politikbereiche, zu denen sich seit Längerem eine sich stetig verbreiternde Zusammenarbeit entwickelt.

Zweitens wollen wir - in Auseinandersetzung mit gemachten Erfahrungen -, dass Brandenburg und unsere westpolnischen Partner die neue Förderperiode der EU ab 2014 gemeinsam vorbereiten. Zweifelsohne gibt es unterschiedliche Interessen zwischen den Woiwodschaften und den deutschen Bundesländern, was in meinen Augen völlig normal ist. Die Gemeinsamkeiten zwischen Brandenburg und Westpolen dürften aus unserer Sicht aber überwiegen. Dabei geht es nicht nur - das sage ich ausdrücklich - um die Ausgestaltung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Wenn die Oderpartnerschaft als zentrales Objekt von Deutschen und Polen gelingen soll, bedarf sie einer materiellen, einer finanziellen Basis, für die wir heute auch auf europäischer Ebene unsere Ansätze präsentieren müssen, für die wir heute auch auf europäischer Ebene um Mehrheiten kämpfen müssen.

Drittens müssen nach unserer Auffassung - wie übrigens auch nach der unserer Partner in der Nachbarwoiwodschaft - die Beziehungen zu unserem unmittelbaren Nachbarn in Lubuskie Lebuser Land - gründlich analysiert werden, müssen dort, wo es erforderlich ist, auch Vorschläge zur Vertiefung der Zusammenarbeit unterbreitet werden. Gerade für die Brandenburger Grenzkreise hat die Kooperation mit Lubuskie eine besondere Bedeutung: Sie kann nicht durch die mit Großpolen oder Niederschlesien ersetzt oder kompensiert werden.

Viertens gehören an den Tisch der Oderpartnerschaft die kommunalen Akteure, die seit 15 Jahren oder mehr an einem „Europa im Kleinen“ bauen - unsere drei Euroregionen Pomerania, Pro Europa Viadrina und Spree-Neiße-Bober. In diesem Zusammenhang wäre es sicher hilfreich, wenn der Europaausschuss sich mit den Geschäftsführern der Euroregionen zeitnah zu deren aktuellen Problemen und Erwartungen verständigt.

Fünftens haben auch wir die Erwartung, dass der Landtag und seine Ausschüsse - nicht nur der Europaausschuss - von der Landesregierung konkrete Informationen erhalten, vor allem zu dem, was im Rahmen der Oderpartnerschaft in den Brandenburger Ministerien bereits gelaufen und was an weiteren Schritten geplant ist.

Lassen Sie mich die Erwartung ausdrücken, dass dieser Antrag und der ihm folgende Bericht der Landesregierung dazu beitragen werden, uns alle stärker für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit den westpolnischen Woiwodschaften zu sensibilisieren und uns als Parlament zu befähigen - stärker als bisher -, eigene Ideen einzubringen. Ich will einfach nicht glauben, dass der Satz „Wenn die Ausschüsse bisher wenig oder gar nichts getan haben, wird sich das auch zukünftig nicht ändern“, den ich zuweilen in Vorbereitung des Antrags im Hause hörte, zutifft. Es gab in der letzten Debatte im Parlament eine ganze Zahl von Enthusiasten für die Gründung der regionalen deutschpolnischen Parlamentariergruppe. Aus verschiedenen Gründen sind wir hier noch keinen Schritt weitergekommen. Jetzt soll

ten wir uns jedoch parteiübergreifend - ohne Profilierung einer Partei - daranmachen. Ich gehe davon aus, dass das 20. Jubiläum des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrags dafür ein geeignetes Datum sein könnte. - Ich danke Ihnen.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Stobrawa. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Die Abgeordnete Richstein hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Januar scheint der Monat der guten Vorsätze zu sein, zumindest wenn man sich über die Belebung der Oderpartnerschaft Gedanken macht. Am 24. Januar 2008 hatten wir die Aktuelle Stunde „Die Oderpartnerschaft in Gemeinsamkeit von Polen und Deutschland auf neuem Niveau gestalten“, am 21. Januar 2010 die Aktuelle Stunde „Gemeinsam die Zukunft gestalten Brandenburgs Beitrag zum Gelingen der Oderpartnerschaft“ mit dem Entschließungsantrag „Die Zusammenarbeit zwischen Polen und Deutschen an Oder und Neiße in Partnerschaft und Gleichberechtigung gestalten“. In diesem Jahr hat es leider nicht mehr zu einer Aktuellen Stunde gereicht. Auch was die Worte anbelangt, sind wir sparsamer geworden. Jetzt heißt es nur noch „Deutsch-polnische Zusammenarbeit vertiefen“. Da halte ich es doch gern mit Johann Wolfgang von Goethe, der da sagte:

„Der Worte sind genug gewechselt, lasst mich auch endlich Taten sehn! Indes ihr Komplimente drechselt, kann etwas Nützliches geschehn.“

Mit anderen Worten: Vorsätze sind wie Aale - leicht zu fassen, aber schwer zu halten. So geht es wahrscheinlich auch mit dem Vorsatz der Linken, den sie in ihrem Landtagswahlprogramm postuliert hat, wo es heißt, sie wolle der Oderpartnerschaft einen eigenen brandenburgischen Akzent verleihen. Das habe ich bisher nicht gesehen; das ist für mich nicht erkennbar. Wenn man die Bilanz der rot-roten Landesregierung von 2010 anschaut, die bei den Linken veröffentlicht ist, dann stellt man fest, dass das Wort „Oderpartnerschaft“ noch nicht einmal auftaucht.

Ich habe mich ein wenig gewundert, dass wir heute einen Antrag vorgelegt bekommen, der fast gleichlautend mit dem Antrag ist, den wir vor einem Jahr vorliegen hatten. Ich hätte mir gewünscht, dass eventuell direkt die Evaluierung der Umsetzung des damaligen Berichts gewünscht würde. Das scheint aber nicht der Fall zu sein.

Bevor ich zu Ihrem Antrag selbst komme, möchte ich vorausschicken, dass die CDU-Fraktion immer ein Freund der Oderpartnerschaft war. Immerhin war es auch unser Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns, der die Oderpartnerschaft mit seinen Wirtschaftskollegen in Berlin ins Leben gerufen hat. Wir haben immer gefordert, dass die Oderpartnerschaft inhaltlich weiter aufgefächert wird und mehr Personen einbezogen werden. Da die Vorsitzende der Linksfraktion heute morgen in ihrem Redebeitrag in der Aktuellen Stunde bemängelt hat, dass die CDUFraktion sich nicht an die Menschen wende, dann wundere ich mich bei diesem Antrag doch, dass nur von Repräsentanten ge

sprochen wird: vom Landtag, von der Landesregierung, von Fachausschüssen, von Institutionen und Vereinen, aber nicht von denjenigen, die eine Partnerschaft letztendlich lebendig werden lassen - den Menschen. Die finde ich in Ihrem Antrag leider kein einziges Mal.

(Beifall CDU)

Nun zu Ihrem Antrag! Ich habe es schon gesagt: Unter Punkt 1 bekräftigen Sie das, was wir vor einem Jahr beschlossen haben. Wir hätten lieber schauen sollen, was aus dem damaligen Beschluss geworden ist.

Unter Punkt 2 Ihres Antrags erwarten Sie von der Landesregierung, sie solle ihre Ansätze weiter präzisieren, ausgehend von den Festlegungen auf dem letzten Spitzentreffen. Das ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Es wundert mich, dass Sie einige inhaltliche Punkte, die in dem Beschluss von 2010 noch enthalten waren, nämlich Tourismus und Arbeitsmarkt, aus dem heutigen Antrag herausgenommen haben.

Ferner fordern Sie die Landesregierung auf, gemeinsam mit den Beteiligten über die Vorbereitung auf die Förderung nach 2014 zu sprechen. Ich wundere mich, dass Sie nicht das aktuelle Problem der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in den Euroregionen ansprechen. Das Geld fließt nämlich nicht, weil die Verwaltungsbehörde in Polen ist. Warum fordern Sie die Landesregierung nicht explizit auf, sich in Warschau dafür einzusetzen, dass gerade im Süden des Landes die grenzüberschreitende Zusamenarbeit funktioniert, statt jetzt auf die Förderperiode ab 2014 zu sehen, ohne die aktuellen Probleme gelöst zu haben?

Sie erwarten von der Landesregierung, dass sie analysiert, ob die Zusammenarbeit mit dem Lebuser Land vertieft werden kann. Im vergangenen Jahr haben Sie selbst gesehen, dass es insoweit noch Verbesserungspotenzial gibt. Das holen Sie jetzt auch schon wieder zurück. Ich habe schon vorhin darauf hingewiesen, dass die Euroregionen bereits von uns immer als Partner im Rahmen der Oderpartnerschaft gesehen wurden und dass sie mehr eingebunden werden sollten.

Unter Punkt 3 Ihres Antrags bitten Sie die Fachausschüsse, die Kooperation selbst in die Hand zu nehmen. Ich weise darauf hin, dass wir das schon in die Hand genommen haben. Am 26. Oktober habe ich als Vorsitzende des Europaausschusses alle betroffenen Fachausschüsse angeschrieben. Bisher habe ich nur vom Vorsitzenden des Rechtsausschusses, Sven Petke, eine Antwort erhalten, der - darüber kann man streiten; vielleicht diskutieren wir noch einmal im Ausschuss darüber - im Bereich der Rechtspolitik nur wenige Ansatzpunkte sieht. Von anderen Fachausschüssen habe ich bislang leider noch gar keine Antwort erhalten.

Im vergangenen Jahr hat sich die CDU-Fraktion zu dem Antrag von SPD und Linken der Stimme enthalten. Ich sagte damals wörtlich:

„Ihr Antrag ist nicht gut genug, dass wir zustimmen, enthält aber einige gute Dinge.“

Es mag Sie verwundern, wenn ich Ihnen sage: Der heutige Antrag ist nicht viel besser. Wir stimmen dennoch zu. Mir ist ein halbguter Antrag, der das Plenum passiert, lieber als ein Ent

schließungsantrag von uns, der in meinen Augen natürlich viel besser wäre, von Ihnen aber abgelehnt würde. Deswegen werden wir diesmal zustimmen. Vielleicht klappt es ja dann auch mit der Umsetzung. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Richstein. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Die Abgeordnete Hackenschmidt wird zu uns sprechen.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Frau Richstein, der Punkt Arbeitsmarktpolitik ist nicht explizit enthalten. Ich denke, in diesem Jahr wird sich als Folge der Arbeitnehmerfreizügigkeit sowieso einiges verändern; da muss es nicht noch einmal explizit aufgeführt werden.

Die Grenzregionen haben eine eigene Dynamik; ich denke, das ist allen hier bekannt. Ob wir eine Oderpartnerschaft haben oder nicht - polnische Familien ziehen auf die deutsche Seite, weil es hier preiswerten Wohnraum gibt. Das ist auch für die Kommunen ein Gewinn. Die Betreffenden arbeiten dennoch weiter in Polen. Hier gibt es Ansätze, die ich aber nicht in einen Antrag aufnehmen muss.

Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit betrifft natürlich alle Ausschüsse. Ich habe es schon im vergangenen Jahr deutlich gemacht: Auch wir, die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses, haben uns das vor Ort in Warschau angesehen. Die polnischen Parlamentarier waren damals sehr aufgeschlossen, von unseren Erfahrungen mit dem Umwandeln von Strukturen zu hören.

Auch wenn wir hier schon dreimal darüber debattiert haben die Zeitleiste wurde schon genannt - und die Anträge aus Ihrer Sicht nicht mehr Inhalt bekommen haben, will ich an Folgendes erinnern: Das vergangene Jahr war nicht ganz einfach. Wir haben eine unterschiedliche Struktur im Vergleich zu den polnischen Partnern. Es gab das tragische Unglück, es gab Kommunalwahlen. Aus diesen Wahlen heraus hat sich aber die politische Lage durchaus stabilisiert. Für diejenigen, die sich noch nie damit beschäftigt haben, wiederhole ich: Wir haben ganz andere Zuständigkeiten als auf polnischer Seite. Das ist das eigentliche Problem bei den INTERREG-IV-Projekten. Zwar kann die Landesregierung über die Regierung in Warschau, einer zentralen Regierung, intervenieren; dennoch ist das immer problematisch. Wenn es nicht klappt, ist es doch auch für dieses Parlament notwendig, den Antrag neu zu beschließen, um die Handlungsspielräume zu verdeutlichen.

Was die Projekte zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur angeht, gibt es durchaus einen Fortschritt. Viele wollten eine neue Brücke in Frankfurt (Oder) oder Eisenhüttenstadt. Die Lösung liegt auf dem Tisch: Deutschland und Polen haben sich auf einen Kompromiss - Aurith - geeinigt. Das alles ist so mühsam, weil es Neuwahlen gegeben hat und die Zuständigkeiten sich permanent geändert haben.

Ich glaube schon, dass wir hier noch aktiver sein könnten, und gebe Ihnen Recht: Wir können mit dem, was in der Oderpartnerschaft abrechenbar ist, noch nicht zufrieden sein. Aber ich

bin voller Hoffnung, dass wir die Partnerschaft in Zukunft weiter ausgestalten können. Ich will gern dazu beitragen. Wir haben schon gute Erfahrungen gesammelt, auch wenn der Landkreis Elbe-Elster nicht in der Oderpartnerschaft verwurzelt ist. Seit 1999 gibt es einen Partnerschaftsvertrag, der auch gelebt wird.

Ich gebe Ihnen auch Recht: Mit der Oderpartnerschaft und den Euroregionen haben Vereine und Organisationen die Möglichkeit, mit den Menschen diese Nachbarschaft, diese Freundschaft zu leben. Das können wir nur unterstützen.

Ich glaube schon, dass wir auch mit den Fachausschüssen Handlungsansätze finden. Insoweit bin ich für die Zukunft ganz optimistisch. Ich hoffe, dass Sie alle unserem Antrag zustimmen werden. Es ist durchaus eine neue Qualität, wenn Sie, Frau Richstein, sagen: Es ist nichts Neues drin, aber wir stimmen diesmal zu. - Danke.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Hackenschmidt. - Wir kommen nunmehr zum Beitrag der Fraktion der FDP. Die Abgeordnete Teuteberg, wird sprechen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Welchen Stellenwert das Thema der deutsch-polnischen Zusammenarbeit gerade in diesem Jahr hat, zeigt ein Blick in den Kalender. Es wurde schon gesagt: Am 17. Juni jährt sich die Unterzeichnung des Deutsch-Polnischen Nachbarschaftsvertrages zum 20. Mal. In der zweiten Jahreshälfte, ab 1. Juli, wird Polen den Vorsitz der EU-Ratspräsidentschaft übernehmen. Beide Daten sind ein wichtiger Gradmesser für die Zusammenarbeit unserer beiden Staaten in Europa. Dass das Thema zu Beginn dieses Jahres auf der Tagesordnung des Plenum steht, ist also sinnvoll. Gleichzeitig offenbart der vorliegende Antrag, dass die deutsch-polnische Zusammenarbeit - entgegen vieler Verlautbarungen der Landesregierung - in der Umsetzung eben nicht immer den Stellenwert hat, den man sich wünschen würde.

Sicher, was Brandenburg und seine benachbarten polnischen Grenzregionen angeht, sind wir ein Jahr nach dem letzten Beschluss des Landtags zu diesem Thema weitere Schritte in die richtige Richtung gegangen. Die Ergebnisse des dritten Spitzentreffens der Oderpartnerschaft sowie des Treffens des Europaund Entwicklungsausschusses mit unserem polnischen Pendant des Sejmik Lubuskie sind vielleicht nicht als wirklicher Durchbruch zu bezeichnen; kleinreden darf man die Ergebnisse dennoch nicht.

Eines der wichtigsten, weil für den Alltag unabdingbaren Themen ist der Bereich Verkehrsinfrastruktur. Deutlichster Fortschritt ist hier die beim Spitzentreffen der Oderpartnerschaft vorgelegte, gemeinsam erstellte Karte der Verkehrsinfrastruktur. Damit gibt es erstmals ein Instrument, um den Bedarf auf polnischer wie auf deutscher Seite sowohl regional als auch mit den Vorgaben aus Warschau und Berlin abzugleichen. Gerade weil wir um die Verzögerungen und Hindernisse wissen, die die Verwaltungsstrukturen auf polnischer Seite oftmals mit sich bringen, um diesen Prozess voranzutreiben, ist das schon ein schöner Erfolg.

Brandenburg kann sich im Bereich Infrastruktur allerdings auch von der polnischen Seite etwas abschauen. Beim gemeinsamen Treffen unserer Ausschüsse wurde darüber berichtet, dass drei polnische Woiwodschaften eine Studie zur räumlichen Integration des deutsch-polnischen Grenzgebietes vorlegen werden. Eine solche Studie auch für den deutschen Teil des Grenzgebietes zu erstellen wäre für die gemeinsame grenzüberschreitende Raumplanung sinnvoll und ratsam.

Einen weiteren Punkt des gemeinsamen Ausschusstreffens, der in den vorliegenden Antrag aufgenommen wurde, unterstützen wir. Als wichtige grenzüberschreitende Zusammenschlüsse sollten die Euroregionen rechtzeitig und umfassend über die Planungen und die Ergebnisse im Rahmen der Oderpartnerschaft unterrichtet und in diese einbezogen werden. Obwohl das schon Teil des Landtagsbeschlusses vom 21. Januar 2010 war, ist hier noch einiger Nachholbedarf festzustellen. Gerade in diesem Zusammenhang sollten wir auch darüber nachdenken, wie wir 20 Jahre Nachbarschaftsvertrag gemeinsam mit unseren polnischen Nachbarn feiern können. Wir sollten uns mit allen Akteuren über mögliche Projekte und einen entsprechenden Fahrplan verständigen. Dazu gehören neben unseren direkten polnischen Nachbarn die weiteren Regionen der Oderpartnerschaft und die Euroregionen.

Damit sind wir wieder beim Kalender und - abschließend - bei einem weiteren wichtigen Datum in diesem Jahr.

Die Einführung der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit am 1. Mai und damit die Öffnung des deutschen Arbeitsmarktes nach Osteuropa ist ganz offenbar ein Thema, bei dem die grenzübergreifende Zusammenarbeit dem Kalender noch hinterherhinkt.

Wir müssen die Chancen der Öffnung des Arbeitsmarktes nutzen. Dazu genügt es nicht, wenn in dem entsprechenden Ausschuss aus dem Geschäftsbereich des MASFF berichtet wird, es gebe hierzu eine deutsch-polnische Arbeitsgruppe, die bis zum Beginn des kommenden Jahres eine Analyse erarbeite.