Protokoll der Sitzung vom 19.01.2011

Ich glaube, Herr Lakenmacher, dass dies ein Baustein in der gesamten Fachkräftediskussion ist und dass wir nichts unversucht lassen sollten, um diese Problematik zu lösen. Insofern ist der Antrag der CDU-Fraktion ein Aspekt dieser Diskussion, der auch weiter diskutiert werden sollte.

Zuvor sollten wir uns jedoch die Frage stellen: Unter welchem Aspekt könnten die Menschen nach Brandenburg zurückkehren? - Zum einen gibt es den sozialräumlichen Aspekt. Den werden wir als Politik nicht lösen können. Diejenigen, die ihre Heimat verlassen haben, haben sich in ihrer neuen Heimat neue Sozialkontakte aufgebaut, sie sind in ihrer neuen Umgebung vielfach voll integriert und haben wenig Anreize, diese wieder zu verlassen.

Es gibt aber noch mindestens zwei weitere Aspekte. Der eine ist, dass man natürlich nur nach Brandenburg zurückkommt, wenn man hier Sicherheit findet, also einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Herr Baer, diesbezüglich bin ich sehr nah bei Ihnen.

(Krause [DIE LINKE]: Und gute Bezahlung!)

Der zweite Aspekt ist: Nur mit einem Lohn, mit dem man seine Familie ernähren kann, wird man in Erwägung ziehen, wieder nach Brandenburg zurückzukommen.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Sie haben zu früh geklatscht; denn - verstehen Sie mich nicht falsch, aber jetzt kommt es - das ist kein Plädoyer für einen Mindestlohn.

(Oh! bei der Fraktion DIE LINKE und bei der SPD - Zu- ruf des Abgeordneten Görke [DIE LINKE])

Das wollen wir nicht, und das werden wir auch in Zukunft nicht wollen. Das ist nämlich nicht Aufgabe der Politik. Es würde schon ausreichen, wenn sich die Politik einmal darüber Gedanken machen würde, das zu lösen, was ihre Aufgabe ist. Insofern brauchen wir uns nicht über Dinge zu unterhalten, die außerhalb des politischen Auftrags liegen.

(Zuruf des Abgeordneten Schippel [SPD])

Aufgabe der Politik ist es, die Unternehmen so zu stärken, dass sie wettbewerbsfähige Löhne zahlen können.

(Zuruf der Abgeordneten Alter [SPD])

Es ist aber eben auch ein Aufruf an die Unternehmen im Land, diese Situation vollumfänglich zu erkennen. Solange es zu viele befristete Arbeitsplätze gibt, solange keine ausreichenden Löhne in einzelnen Fällen gezahlt werden, solange es zu wenig Aufstiegsperspektiven gibt, werden die Menschen nicht nach Brandenburg zurückkommen.

(Frau Alter [SPD]: Richtig!)

Dann bleibt eine Kommunikationsstrategie mit Hotline und Internetplattform, Herr Lakenmacher, letztlich doch nur eine nette Sache, die uns aber am Ende nicht das Ergebnis liefert, was sie liefern sollte.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Der Gedanke ist richtig. Der Antrag der CDU-Fraktion ist auch richtig. Wir sollten auch den Versuch unternehmen, in diese Richtung weiterzudenken, und die Erfahrungen - wie Sie auch in Ihrem Antrag schreiben - aus den Ländern Sachsen-Anhalt, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern mit einbeziehen. Insofern stimmen wir dem Antrag natürlich zu - dem Antrag auf Überweisung ohnehin - und freuen uns auf die Diskussion in den Fachausschüssen. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Büttner. - Wir setzen die Debatte mit der Fraktion DIE LINKE fort. Der Abgeordnete Büchel erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute gibt es in Brandenburg weniger Gründe, das Land zu verlassen, als noch vor zehn oder elf Jahren.

(Zuruf des Abgeordneten Genilke [CDU])

- Warten Sie ab, Herr Genilke.

Diesen Vergleich stelle ich deshalb an, weil damals in diesem Haus auch schon debattiert wurde, und zwar genau darüber, ob es richtig ist, den Menschen durch das Arbeitsamt finanzielle Anreize zu geben, damit sie das Land verlassen, um anderswo Arbeit aufzunehmen.

(Krause [DIE LINKE]: Hört, hört!)

Ich möchte Sie, liebe Kollegen von der CDU-Fraktion, an Folgendes erinnern: Sie waren damals in Regierungsverantwortung und haben insbesondere diese Praxis sehr stark befürwortet.

(Zuruf der Abgeordneten Dr. Ludwig [CDU])

Jetzt fordern Sie von der Landesregierung, einen Anreiz für Rückkehrwillige zu schaffen - einen finanziellen Anreiz?

Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie mein Jahrgang vor zehn Jahren die Schulzeit beendete: Zu wenige sind im Land geblieben. Ich habe den Kontakt zu diesen Menschen noch und weiß, wer gern zurückkehren möchte. Aber sie knüpfen es natürlich an bestimmte Bedingungen.

(Zuruf von der CDU: Mindestlohn!)

Die heutige Situation in Brandenburg ist eine bessere als damals. Wir haben glücklicherweise eine verbesserte Situation im Ausbildungsbereich sowie einen Bedarf an Fach- und Führungskräften. Mir ist bewusst, dass nicht nur die Quantität entscheidend ist, sondern auch die Qualität.

Ich will nicht abstreiten, dass es eine hohe Anzahl von Rückkehrwilligen gibt und wir diese auch benötigen. Jedoch gibt es wissenschaftliche Erhebungen - Herr Büttner ist schon kurz darauf eingegangen -, unter anderem vom Institut für Wirtschaftsförderung in Halle. Dort sind zwei Faktoren explizit benannt, die die Rückwanderung beeinflussen. Erstens beeinflussen die sozialen Bindungen - sowohl in der Herkunftsregion als auch in der Zielregion - und zweitens die Arbeitsmarkt- und Einkommenssituation die Rückwanderung. Insbesondere am zweiten Punkt müssen wir als Landesregierung ansetzen. Die rotrote Landesregierung arbeitet daran, das Image von Brandenburg als Niedriglohnland endlich abzuschütteln.

(Zuruf von der CDU - Beifall DIE LINKE und SPD)

Sehr geehrte Kollegen der CDU-Fraktion, ich möchte Sie daran erinnern, dass es ein CDU-Wirtschaftsminister war, der damit geworben hat, Brandenburg sei ein Niedriglohnland. Damit, meine sehr verehrten Damen und Herren, erreichen wir sicher nicht, dass die Rückkehrwilligen wieder zurückkommen.

(Beifall DIE LINKE und des Abgeordneten Holzschuher [SPD])

Um Rückkehrwilligen einen wirklichen Anreiz zu liefern, brauchen wir in erster Linie nicht eine Kommunikationsstrategie, sondern eine verbesserte Einkommenssituation in diesem Land. Wenn Sie es wirklich ernst meinen, dann kämpfen Sie gemeinsam mit uns dafür, dass man für die gleiche Arbeit nach 20 Jahren auch endlich gleich entlohnt wird - so wie in den alten Bundesländern

(Frau Lehmann [SPD]: Jawohl! - Beifall DIE LINKE)

und dass wir endlich das gleiche Rentenniveau haben! Wenn Sie es wirklich ernst meinen, dann kämpfen Sie mit uns für einen gesetzlichen Mindestlohn! Das ist der Anreiz, den die Menschen brauchen, um nach Brandenburg zu kommen.

(Frau Alter [SPD]: Genau! - Beifall DIE LINKE - Zuruf der Abgeordneten Dr. Ludwig [CDU])

Ich komme noch einmal auf die Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle, also eine Studie von Wissenschaftlern, zurück.

(Frau Dr. Ludwig [CDU]: Wir sind bei der Rente, die Sie angleichen wollen! Erzählen Sie das einmal den Branden- burgern!)

Darin steht, um der Attraktivität des ostdeutschen Arbeitsmarktes auf die Sprünge zu helfen, müssten die Niedriglohnstrategien verdrängt werden.

(Petke [CDU]: Warum sagt das Ihr Wirtschaftsminister nicht? - Weitere Zurufe von der CDU)

Lassen Sie uns daher einerseits über die Attraktivität und über die Arbeitsangebote im Land sprechen, dann können wir uns andererseits auch darüber unterhalten, welche Konzepte vielleicht notwendig sind, um dies entsprechend kommunikativ zu vermitteln.

Wir beantragen die Überweisung in den zuständigen Fachausschuss, um dies dort - verbunden mit einer fachlichen Anhörung und mit Erfahrungen aus anderen Bundesländern - noch einmal genau zu prüfen.

Das unterscheidet uns eben von Ihnen, werte Kollegen von der CDU-Fraktion; denn wir wollen nicht nur leere Kommunikationskonzepte, sondern konkrete Angebote für die Menschen im Land schaffen.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Die Abgeordnete Nonnemacher setzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort.

Ich begrüße inzwischen unsere Gäste von der Handwerkskammer Potsdam. Herzlich willkommen und einen spannenden Nachmittag bei uns!

(Allgemeiner Beifall)

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Nach der Wende haben zusammenbrechende Wirtschaftszweige, bessere Aussichten auf einen Arbeitsplatz und deutlich höhere Löhne und Gehälter viele Brandenburger nach Westen in die alten Bundesländer getrieben. Abwanderungswilligen wurden teilweise sogar Prämien gezahlt. Heute händeringend gesuchte Erzieherinnen mussten in den 90er Jahren massenweise entlassen werden, da der starke Geburtenknick des Transformationsschocks Krippen und Kitas entvölkerte. Andere junge Menschen haben in ihrer Heimat keinen geeigneten Ausbildungsplatz gefunden, oder sie wollten sich während Lehre und Studium ein wenig in der Welt umsehen.

All diese Abgewanderten haben eine Beziehung zu ihrer alten Heimat. Sie sind hier geboren, aufgewachsen oder haben lange hier gelebt. Sie haben hier noch Familie und Freunde, haben vielleicht Kontakt zu alten Schulkameraden gehalten. Diese so