Protokoll der Sitzung vom 20.01.2011

Nachdem wir heute den Bürokratieabbau thematisieren, so gibt es wohl keinen besseren Beweis als dieses als merkwürdig zu bezeichnende Büroversehen, wie dringend notwendig Bürokratieabbau und Verwaltungsmodernisierung in diesem Land sind.

Herr Abgeordneter Lakenmacher, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Holzschuher zu?

Sehr geehrter Herr Kollege, Sie haben gerade ausgeführt, es fände sich in diesem Bericht kein Hinweis darauf, dass beabsichtigt sei, das Gesetz zu novellieren. Der vorletzte Satz, vor

den Anlagen, lautet aber: „Es ist beabsichtigt, das Standarderprobungsgesetz zu novellieren.“ Zuvor wird ausgeführt, dass es positive Erfahrungen gebe. Wie kommen Sie zu Ihrer Einschätzung, dass aus dem Bericht hervorgehe, die Landesregierung wolle das Gesetz nicht fortführen?

Herr Kollege Holzschuher, ich habe gesagt, es befinden sich keine konkreten Hinweise zur beabsichtigten Fortführung der Standarderprobung in dem Bericht. Dabei bleibt es leider.

(Widerspruch und Lachen bei der Fraktion DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion will die Fortführung der Standarderprobung. Gerade durch die veränderten demografischen und strukturellen Rahmenbedingungen in Brandenburg sind flexible Lösungen vor Ort wichtig und nötig. Diese können durch das Abweichen von Standards und durch individuelle Lösungen ermöglicht und umgesetzt werden.

Dabei ist es sicher wichtig, die bisherigen Erfahrungen zu berücksichtigen und das Instrument weiterzuentwickeln. Mit unserem Antrag fordern wir die Landesregierung daher auf, rechtzeitig einen Gesetzentwurf mit ihren Vorstellungen vorzulegen. Die Ergebnisse der Technischen Hochschule Wildau können dann ebenso in das Verfahren einfließen wie die Hinweise der kommunalen Spitzenverbände und der Wirtschaftskammern, die ja ausdrücklich zu beteiligen sind.

(Beifall CDU)

Das Standarderprobungsgesetz muss künftig noch stärker darauf ausgerichtet sein, Aufgaben so weit wie möglich dort zu erledigen, wo sie anfallen. Wenn die Landesregierung ohnehin einen Gesetzentwurf in Arbeit hat, Herr Minister, dann können Sie unserem Antrag heute mit gutem Gewissen zustimmen. Wir als Opposition werden einen ordnungsgemäß eingebrachten Gesetzentwurf dann gerne konstruktiv begleiten. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lakenmacher. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Der Abgeordnete Richter hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden hier über ein gutes Gesetz. Das ist schon ausführlich gelobt und beschrieben worden. Deshalb kann man auch den Stadtverordneten, nein, Entschuldigung, den Landtagsabgeordneten der letzten Legislaturperiode danke schön sagen. Sie haben damals ein gutes Gesetz beschlossen. Das wird von Fachleuten und Wissenschaftlern, die das begleiten, aber auch von der kommunalen Ebene gelobt und gut angenommen. 120 Anträge - so steht es in dem Bericht der Landesregierung - sind gestellt worden. Die allermeisten werden weiterverfolgt. Ich glaube, nur 31 Anträge sind abgelehnt worden.

Ich finde es außerordentlich richtig und wichtig, dass wir die Sach- und Fachkunde sowie die Kreativität der kommunalen Ebene einbeziehen.

Der Innenminister hat deutlich gesagt: Auf kommunaler Ebene können solche Versuche gemacht werden. Wenn denn die personelle und fachliche Kompetenz vorhanden ist - das muss man immer wieder dazu sagen -, dann kann das die kommunale Ebene auch selbst machen.

Über den Erfolg ist schon gesprochen worden. Daher will ich mich nur noch auf Letzteres beziehen. Ihre Ausführungen, Herr Kollege Lakenmacher, habe ich nicht so recht verstanden. Es ist bedauerlich, dass dieser zeitliche Unterschied jetzt plötzlich in der Welt ist. Alles, was Sie mit Ihrem Antrag fordern bis auf die Beteiligung des einen oder des anderen -, liegt bereits vor. Jetzt, da wir den Entwurf in der Hand haben, ist Ihre Forderung, die Landesregierung solle einen Gesetzentwurf vorlegen, etwas schwierig nachzuvollziehen. Der Antrag ist richtig, wir wollen das gemeinsam fortführen, es heißt darin, bis 2016. Insofern ist ganz unbenommen, dass wir hier eine große Einigkeit erzielen werden. Aber etwas zu fordern, was wir schon in der Hand haben, halte ich doch für entbehrlich. - Danke schön.

(Beifall SPD)

Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort. Der Abgeordnete Goetz hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Gäste aus Eberswalde! Herr Richter, ich danke durchaus den Stadtverordneten und Gemeindevertretern, weil sie es nämlich sind, die das Gesetz, über das wir jetzt reden, mit Leben erfüllt haben. Wir können hier viel über Standarderprobungen beschließen. Wenn die Kommunen sagen: „Wir machen es nicht“, dann läuft dieser Beschluss ins Leere. Insofern sind die vielen Beispiele, die gut gelaufen sind, eben Verdienst derjenigen, die sich in den Kommunen Gedanken darüber gemacht haben, die viele Ideen hatten, die die Landesverwaltung nicht hatte, und die aus ihrer eigenen örtlichen Erfahrung heraus verfügt haben, für ihre Kommunen das Beste aus diesem Gesetz zu machen.

Ich bin ein Stück weit Rechtspopulist...

(Zurufe von der SPD)

Rechtspositivist.

(Zuruf von der SPD: Rechtspopulist!)

- Das auch. Ich meine, man muss Recht auch populär gestalten, damit es verstanden wird. Das gehört zusammen, und insofern bin ich „Rechtspopulist“ und Rechtspositivist. Jede gesetzte Norm, jeder Standard hat es an sich, erfüllt werden zu müssen. Das ist genau der Punkt, um den es hier geht: Es ist sinnlos, irgendwelche Normen zu setzen, die vom Staat letztlich nicht realisiert werden können. Dazu haben wir eine Vielzahl von Beispielen. Es ist richtig, dass Standard, unabhängig davon, ob er dem Standarderprobungsgesetz unterfällt oder nicht, in ständiger Kontrolle begriffen ist. Die Praxis ist der Prüfstein, auf dem wir jeden Standard zu stellen und zu hinterfragen haben. Das läuft auf allen Ebenen so, nicht nur auf kommunaler Ebene. Das gibt es in gleicher Weise auch im Land. Gegenwärtig

wird geprüft, wie viel Polizei das Land denn abbauen kann, ohne dass offensichtlich wird, dass die gegenwärtigen Standards nicht mehr gehalten werden.

Das ist auch eine Frage der Standarderprobung, die hier im Lande läuft. Es gibt unsinnige Pflanzpläne bei Bebauungsplänen, wo vorgeschrieben wird, welche Sorte Flieder denn in einem Baugebiet gepflanzt werden soll. Das muss nicht sein, denn kontrollieren kann das sowieso niemand.

Natürlich werden wir das Gesetz auch weiter brauchen, es wird uns weiter beschäftigen. Wir sind uns in der Opposition einig geworden, dass wir demnächst eine Enquetekommission zur Kommunalreform einrichten wollen. Diese Enquetekommission wird sich wesentlich damit befassen müssen, welche Normen und Standards in den Kommunen noch gelten, wie diese Standards erfüllt werden sollen. Auch dafür brauchen wir dann dieses Standardserprobungsgesetz, um auf fundierten Ergebnissen zu guten Erkenntnissen, auch zu guten Gesetzesvorlagen zu kommen, wie Kommunalreformen gestaltet werden können, wie sich Kommunen künftig organisieren sollen.

Dabei geht es um Handlungsspielräume auf kommunaler Ebene. Es gibt eine Anzahl von Beispielen dafür. Die Verkehrsbehörden sind genannt worden. Die Stadt Teltow, aus der ich komme, ist neuerdings Verkehrsbehörde. Das läuft gut. Es ist vieles unbürokratischer und einfacher geworden, weil nicht erst aus der Stadt heraus der Antrag an den Kreis gerichtet wird, sondern direkt in der Stadt entschieden wird. Damit fallen Entscheidungen schneller, sie sind bürgernäher. Die Leute verstehen auch besser, was mit ihnen geschieht, weil sie nicht zu irgendeiner Verkehrsbehörde, sondern zu ihrer Stadtverwaltung fahren müssen, wenn es darum geht, eine Entscheidung nachzuvollziehen oder, wenn das nicht möglich ist, Kritik zu äußern. Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie es laufen kann. Es bedarf aber entsprechender Ergänzungen.

Wir hatten eine Standarderprobung durch eine Straßenverkehrszulassung in Beelitz; es ist einige Jahre her. Diese Erprobung ist erfolgreich gelaufen und wurde dann eingestellt, was niemand so richtig verstanden hat. Ich glaube, auch da werden wir nachlegen müssen, wenn es zu Gebietsreformen kommen soll, Funktionalreformen vorzuschalten, um zum Beispiel Straßenverkehrszulassungen nicht beim fernen Landkreis abzuwickeln, sondern in der eigenen Stadt, in der eigenen Gemeinde. Das verstehen die Leute dann auch, wenn der Führerschein im eigenen Rathaus abgeholt werden kann und man dazu nicht eine ferne Kreisverwaltung aufsuchen muss.

In Potsdam-Mittelmark gibt es inzwischen elektronische Bauanträge. Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie man vieles verknüpfen kann. Das heißt, man kann online seinen Bauantrag stellen, kann online zeichnen und hat nicht mehr die Notwendigkeit, eine entfernte Bauverwaltung aufzusuchen. Das vereinfacht vieles. Es beschleunigt im Übrigen auch das Verfahren, weil die Beteiligung der anderen Behörden sehr viel einfacher möglicher ist, wenn sämtliche Unterlagen online stehen. Das heißt, die Leute kriegen schneller ihre Baugenehmigung, haben kürzere, einfachere Wege, es wird Papier gespart - ein gutes Beispiel, wie uns Standarderprobungen zu besseren Ideen verhelfen und uns voranbringen können. Wir brauchen Öffnungsklauseln in allen Bereichen. Wir müssen dazu kommen, dass Verantwortung nach unten abgegeben wird. Das wird wesentlicher Bestandteil der Untersuchungen der Enquetekommission sein, mit denen wir uns dann zu befassen haben.

Der Antrag der CDU liegt vor, dass die Landesregierung einen Gesetzentwurf vorlegen möge. Herr Lakenmacher, ich bin da ganz bei Ihnen: In diesem Bericht gibt es keinen konkreten Hinweis darauf, dass der Gesetzentwurf schon vorliegt. Klar, dass gesagt wurde: Wir machen mal irgendwas, wir brauchen das weiter. - Aber wenn am 30. Dezember ein Bericht geschrieben wird und am 17. Dezember schon die Kabinettsvorlage existiert, würde ich doch erwarten, dass im Bericht vom 30. Dezember steht: Wir haben am 17. Dezember einen Gesetzentwurf erstellt, er kommt in den nächsten Tagen in den Landtag, dann wisst ihr, woran ihr seid. - Schade, dass das nicht passiert ist.

Insofern ist der Antrag durchaus berechtigt. Wir werden uns dann im Innenausschuss sowohl mit der Vorlage der Landesregierung als auch mit dem Bericht sowie mit dem Antrag der CDU befassen, unabhängig davon, ob heute eine Überweisung beschlossen wird, weil dies dann ohnehin Gegenstand der Beratungen im Ausschuss ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist viel Gutes erreicht worden. Wir brauchen dieses Gesetz auch weiterhin. Ich gehe davon aus, dass wir gerade im Zuge der Arbeit der Enquetekommission zur Kommunalreform erfolgreich auf diesem Wege weiterarbeiten werden. Die Unterstützung der FDP-Fraktion bei diesem Thema ist Ihnen gewiss. - Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP und CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abgeordnete Mächtig.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! Ich bin völlig überrascht, dass die Opposition so viele Lorbeeren für ein Gesetz übrig hat, das sich aus ihrer Sicht bewährt hat. Ich sehe das - ich gebe es ehrlich zu - etwas kritischer. Bei 420 Kommunen, 14 Landkreisen und vier kreisfreien Städten empfinde ich 120 Anträge im Verhältnis nicht wirklich als den Erfolg, den wir uns damals im Sonderausschuss für Bürokratieabbau erhofft hatten im Suchen und Finden von Aufgaben, die bürgernäher tatsächlich schneller erledigt werden können. Insofern plädiere ich wie bei fast allen Reden, die ich halten darf, nach wie vor für eine rasche und gut funktionierende Funktionalreform.

Ich gestehe, ich habe ein Problem mit der Aussage vonseiten der Kollegen der CDU und der FDP. Erklären Sie mir bitte, wo denn nun etwas nicht steht. Der letzte Satz im Bericht lautet: „Es wird fortgeführt.“ Im Koalitionsvertrag, den Sie gründlich lesen sollten, steht auf Seite 55:

„Das Standarderprobungsgesetz wird verlängert.“

Nun meinen Sie doch nicht ernsthaft - bei aller Unterstützung, über die sich ja die Koalition immer freut -, dass es des Antrags der CDU bedarf, damit die Koalition die Aufgaben erledigt, die sie sich selbst gestellt hat. Nein, meine Damen und Herren, wirklich nicht. Ich kann Ihnen versichern: Wir werden dieses Standarderprobungsgesetz fortsetzen.

Ich glaube, wir werden über das eine oder andere streiten müssen. Nach wie vor bleibe ich der Auffassung, dass auch zu über

prüfen ist, ob die Ansiedlung der Leitstelle für Bürokratieabbau im Innenministerium tatsächlich den Aufgaben der Leitstelle selbst entspricht oder ob die Ansiedlung in der Staatskanzlei, womit ein Zugriff auf alle Ministerien möglich war, nicht doch sachgerechter und vor allem auch unabhängiger ist.

Frau Abgeordnete Mächtig, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Goetz zu?

Wenn ich den Satz zu Ende gesprochen habe, ja.

Insofern haben wir natürlich Streitbedarf, aber ich meine, diesen kann man konstruktiv im zuständigen Ausschuss erledigen.

Bitte, Herr Goetz.

Frau Kollegin, Sie wollten von Kollegen Lakemacher und mir wissen, wo es denn nicht steht. Es ist naturgemäß schwierig, etwas in einem Bericht zu zeigen, was nicht darin steht. Aber ich lese Ihnen einmal einen Satz vor:

„Es ist beabsichtigt, das Standarderprobungsgesetz zu novellieren.“

Möglicherweise haben Sie einen anderen Bericht als wir. Das wäre meine Frage, denn ich habe kein Datum gefunden, mit dem ein solcher Bericht bereits vorläge, wie es schön gewesen wäre. Deswegen meine Frage an Sie: Haben Sie einen anderen Bericht, haben Sie Herrschaftswissen, das uns möglicherweise vorenthalten war, mit dem wir dann weiterarbeiten können?

(Beifall CDU)

Frau Abgeordnete Mächtig, teilen Sie ihm das mit.