Protokoll der Sitzung vom 20.01.2011

Frau Abgeordnete Mächtig, teilen Sie ihm das mit.

Nein, es gibt erstens eine Gleichbehandlung aller Abgeordneten, wir haben den gleichen Bericht.

Zweitens: Auch in Ihrem Antrag finde ich kein Datum. Insofern ist die Aussage genauso nebulös.

Drittens: Können wir uns nicht dazu verständigen, dass es uns wichtig ist, dass dieser Punkt der Koalitionsvereinbarung erfüllt wird? Können wir uns dazu verständigen, dass wir uns einmal über die Inhalte unterhalten, darüber, wie es tatsächlich gelingt, dass Kommunen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit in die Lage versetzt werden, Aufgaben zu erfüllen, und in diesem Zusammenhang eine Funktionalreform machen, in diesem Zusammenhang über Strukturen der Gemeinden und Landkreise diskutieren und in diesem Zusammenhang möglicherweise auch wirklich einmal darüber nachdenken, wie die Finanzausstattung der Kommunen im Verhältnis zur Aufgabenerfüllung aussieht?

Das wäre doch ein tatsächlicher Beitrag zu der jetzt von allen gern genannten Gemeindegebietsreform oder Strukturreform.

Ich sage: Erst die Inhalte diskutieren, dann Strukturen diskutieren - dann wären wir auf einem guten Weg. Ich bin sicher, Sie sind dabei. - Danke.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE - Zuruf von der CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Mächtig. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Die Abgeordnete von Halem hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Das Standarderprobungsgesetz ist ein Chamäleon. Je nachdem, auf welchen Untergrund man es legt, hat es eine andere Farbe. Ich weiß nicht genau, ob sich beim Chamäleon die inneren Stoffwechselprozesse auch dem Untergrund anpassen - wahrscheinlich nicht -, aber beim Standarderprobungsgesetz tun sie das. Nicht jeder Bürokratieabbau erzeugt dasselbe Ergebnis. Drei verschiedene Untergründe seien kurz beleuchtet.

Erstens: Anhebung der Wertgrenzen für beschränkte und freihändige Vergabe. Die Wertgrenzen für Vergabeverfahren wurden festgelegt, um Korruption zu erschweren. Natürlich sind beschränkte oder gar freihändige Vergaben mit weniger Aufwand verbunden. Wer das aber will, sollte zumindest bei begründeter Anhebung der Wertgrenzen Instrumente wie einen Vergabebericht fordern. Sonst besteht das Risiko, dass die Kosten für die öffentliche Hand und damit auch für den Steuerzahler eher steigen. Möglicherweise kauft die Kommune zu teuer ein bzw. der laut Gesetzesziel eigentlich gewollte Wettbewerb wird geschwächt, weil möglicherweise immer die gleichen Firmen zum Zuge kommen. Ich brauche Ihnen das alles nicht genauer zu erklären, Sie haben genügend kommunale Erfahrung, denke ich, um zu verstehen, dass man diesen Aspekt auch sehr kritisch sehen kann.

Zweitens: Naturschutz. Hier waren die Wünsche nach Ausnahmegenehmigungen häufig problematisch. Kommunen beantragten, Ausgleichsmaßnahmen für den Wegebau erlassen zu bekommen, von Bauverboten an Gewässern abweichen zu dürfen, das Kahlschlagverbot nach § 2 Waldgesetz befristet aufheben zu dürfen, die Beteiligungspflicht von Naturschutzverbänden und -beiräten einzuschränken usw. Diese Ansinnen von Gemeinden wurden zum Glück entweder zurückgezogen oder abgelehnt. Aber die Begehrlichkeiten werden doch deutlich.

Auch einer der wenigen genehmigten Anträge im Bereich des Naturschutzes ist aus unserer Sicht nicht unproblematisch. Der Landkreis Märkisch-Oderland beantragte die Abschaffung der Genehmigungspflicht für Landschaftsrahmenpläne, hat aber bis heute keinen solchen vorgelegt. Wir, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wollen keine weitere Erosion der Standards im Naturschutz. Hier macht der vermeintliche Bürokratieabbau aus unserer Sicht wenig Sinn, weil wir Gefahr liefen, die gesellschaftlichen Kosten am Ende zu erhöhen, anstatt sie zu minimieren.

Drittens: der Bereich des Bildungsministeriums. Eine der häufigsten erprobten Abweichungen - in diesem Fall vom Schulgesetz - betrifft die stimmberechtigte Mitgliedschaft von Schulträgern in Schulkonferenzen. Das Schulgesetz gewährt dem Schulträger nur Gaststatus. Erfolgreiche Modelle wie die „lo

kalen Bildungslandschaften“ aber zeigen, welche enormen Verbesserungen technisch, organisatorisch und auch pädagogisch durch bessere Einbindung kommunaler Akteure erreicht werden können. Dass Einbindungen und Engagement durch Übertragung von Verantwortung befördert werden, ist eine Binsenweisheit. Die Stimmberechtigung der Schulträger sollte aus unserer Sicht schleunigst in das Schulgesetz übernommen werden. Und - zwischen den Zeilen -: Wir gehören nicht zu denen, die die häufige Änderung des Schulgesetzes beklagen. Wer nichts ändert, der wird auch nichts verbessern.

Was lernen wir daraus? Das Chamäleon wechselt die Farbe. Der Abbau von Beteiligungsrechten wird von der Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN immer sehr viel kritischer gesehen als die Stärkung von Beteiligungsrechten. Wir sollten weiter mit dem Standarderprobungsgesetz experimentieren.

Wir lesen in dem vorgelegten Bericht auch, dass im Frühjahr 2011 die TH Wildau einen Abschlussbericht vorlegen wird, der Empfehlungen für das weitere Vorgehen der Landesregierung enthalten wird. Deshalb - eigentlich wollte ich jetzt sagen „an die Adresse der CDU“, aber ich muss es angesichts der neueren Lage genauso an die Adresse der Landesregierung gerichtet formulieren - sollten wir nach dem Auslaufen des Standarderprobungsgesetzes - oder rechtzeitig vorher - darüber nachdenken, wie wir es fortführen, novellieren und künftig neu regeln. Wir sollten aber der Technischen Hochschule so viel Wertschätzung entgegenbringen, dass wir damit warten, bis diese ihren Abschlussbericht vorgelegt hat.

(Vereinzelt Beifall GRÜNE/B90 und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete von Halem. - Das Wort erhält nochmals die Landesregierung. Herr Minister Woidke? - Die Landesregierung verzichtet auf nochmalige Redezeit. Dann erhält die CDU-Fraktion noch einmal das Wort. Der Abgeordnete Lakenmacher hat die Gelegenheit, die Aussprache zu beenden.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Richter! Frau Mächtig, es ist eben nicht so, dass im Bericht vom 30.12. „wird fortgeführt“ steht. Darin steht: „Es ist beabsichtigt, das Standarderprobungsgesetz zu novellieren“.

(Zuruf von der SPD: Was ist denn an einer Novellierung anders? - Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

- Hätten Sie meine Antwort gehört, die ich auch Herrn Holzschuher gegeben habe, dann wüssten Sie: Es ist nichts Konkretes.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Frau Mächtig, bitte sagen Sie der demokratisch legitimierten Oppositionspartei hier nicht, welche Anträge sie wann zu stellen hat. Das haben wir wirklich nicht nötig.

(Zurufe von der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

Mit unserem Antrag verfolgen wir das Ziel, das Standarderprobungsgesetz, welches von der Landesregierung auch heute als

positiv bewertet wurde, fortzuführen, und zwar nicht irgendwann, sondern unmittelbar im Anschluss an die bestehende Befristung bis zum 1. September dieses Jahres. Es geht also um einen zeitlich verbindlichen Ablauf.

Die Fortführung des Standarderprobungsgesetzes ist gerade für die Landesregierung eine Chance, den Themen Bürokratieabbau und Verwaltungsmodernisierung wieder neue Impulse zu geben. Das ist dringend notwendig, denn seit Ende des Sonderausschusses im Jahre 2007 passiert hier leider nichts mehr. Damals gab es ein Bürokratieabbaugesetz und weitere vielversprechende Ansätze, die heute weitgehend in der Versenkung verschwunden sind. Mit der Bürokratiekostenmessung nach dem Standardkostenmodell sollten die aus Informationspflichten erwachsenen Bürokratiekosten, also Anträge, Genehmigungsverfahren, Berichts- und Nachweispflichten, für Bürger und Unternehmen festgestellt und verringert werden.

Zwar wurde die Bürokratiekostenermittlung im Jahr 2009 in die Geschäftsordnung der Ministerien geschrieben und dort verankert, aber in der Praxis schlägt sich das eben kaum nieder. So findet sich beispielsweise im Gesetzentwurf des Brandenburgischen Ausbildungsförderungsgesetzes kein Hinweis, dass es überhaupt eine Normprüfung und eine Bürokratiekostenmessung gegeben hat. Bei fast allen anderen Gesetzes ist das ebenfalls der Fall: kein Hinweis, dass sich jemand mit den bürokratischen Belastungen in irgendeiner Form auseinandergesetzt hat. Dabei gibt es in der Landesregierung durchaus Stellen, die zumindest dem Namen nach in dieser Richtung aktiv sein müssten. Da ist die Leitstelle Bürokratieabbau - der Minister hat sie hier heute mit angesprochen -, die bis zum Jahr 2010 noch als eigene Einheit in der Staatskanzlei und dort sozusagen Chefsache war. Nun ist sie gemeinsam mit der Zentralen Normenprüfstelle in einem Referat im Innenministerium, und da fristet sie ein Schattendasein, meine Damen und Herren.

Von der Arbeit und Wirksamkeit bekommt man als Abgeordneter dieses Landtags jedenfalls nichts mit, und diese Gremien ich habe das wiederholt gesagt - sind für mich zahnlose Tiger. Dasselbe gilt für das E-Government: Auch hier herrscht Stillstand. Der Masterplan der Landesregierung als Leitfaden stammt aus dem Jahr 2004, also der vorletzten Wahlperiode. Das hat mit moderner Verwaltung wohl nichts zu tun.

Die Themen Bürokratieabbau und Verwaltungsmodernisierung brauchen dringend neue Impulse. Das sind anspruchsvolle Aufgaben. Heute können Sie hier einen ersten Schritt tun und unserem Antrag zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lakenmacher. - Wir sind damit am Ende der Aussprache angelangt. Der Bericht der Landesregierung ist damit zur Kenntnis genommen worden. Ich komme zur Abstimmung. Es geht um den Antrag in Drucksache 5/2660, eingebracht von der CDU-Fraktion.

Wer diesem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei wenigen Enthaltungen und einer deutlichen Mehrheit der ablehnenden Stimmen ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 5 und rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Zukunft des Brand- und Katastrophenschutzes im Land Brandenburg absichern! (gemäß Beschluss des Landtages Brandenburg vom 02.06.2010 - Drs. 5/1244-B)

Konzept der Landesregierung

Drucksache 5/2616

Die Landesregierung eröffnet die Aussprache. Herr Minister Dr. Woidke, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bis zum Jahresende 2010 sollte die Landesregierung ein Konzept zur Zukunft des Brand- und Katastrophenschutzes vorlegen. Dieses Konzept liegt vor, und es blickt auf Strukturen und Ressourcen für die Jahre bis 2014 und bis 2020.

Während das Konzept entstand und intensiv daran gearbeitet wurde, ist in diesem Land einiges passiert. Ich denke hierbei an die Hochwasserlagen an Oder, Spree, Neiße und Schwarzer Elster, bei denen täglich bis zu 1 500 Einsatzkräfte und Helfer zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger in betroffenen Städten und Gemeinden zum Einsatz kamen. Es sind auch in dieser Minute - das möchte ich nicht vergessen - Einsatzkräfte des Katastrophenschutzes an der Elbe, im Oderbruch und auch an der Schwarzen Elster im Einsatz.

Ebenso hat das schwere Busunglück im vergangenen September den öffentlichen Feuerwehren, dem Katastrophenschutz und dem Rettungsdienst in Brandenburg große Leistungen abverlangt. Wir haben aber in den vergangenen Jahren eine klare Tendenz zur Kenntnis zu nehmen: Anders als bei den Hochwasserlagen im Jahre 1997 an der Oder und im Jahr 2002 an der Elbe oder auch bei anderen Großschadensereignissen waren es im Jahre 2010 vorrangig Kräfte aus unserem Land, die diese Einsätze bestreiten mussten. Die Leistungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft derer, die im Brand- und Katastrophenschutz mitwirken, ist hoch. Ganz überwiegend tun sie ihren Dienst ehrenamtlich.

Wie verfügbar diese Strukturen und Ressourcen im Jahre 2014 und 2020 sein werden, dazu soll dieses Konzept einige Antworten geben. Es soll vor allen Dingen auch die Frage beantworten, wie gut wir in den kommenden Jahren auf ähnliche Schadensereignisse vorbereitet sein werden. Wir müssen davon ausgehen, dass es auch in den kommenden Jahren naturbedingte Schadensfälle, Wetteranomalien oder andere schwere Unglücke in Brandenburg geben wird. Es wäre leichtsinnig, das Jahr 2010 als einen statistischen Ausreißer abzutun. Das zeigt schon der Beginn dieses Jahres 2011 mit dem Eishochwasser der Oder, das seit Jahresbeginn die Freiwilligen Feuerwehren und die Einheiten des Katastrophenschutzes beschäftigt hat.

Wir müssen davon ausgehen, dass die Einsatzhäufigkeiten und die daraus resultierenden Anforderungen an die Einsatzkräfte und Helfer im Brand- und Katastrophenschutz bestehen bleiben oder im schlimmsten Falle sogar zunehmen können. Vor die

sem Hintergrund entwirft das Konzept in acht Handlungsfeldern Maßnahmen, Hinweise und Empfehlungen für einen zukunfts- und leistungsfähigen Brand- und Katastrophenschutz in Brandenburg.

Auf zwei Handlungsfelder möchte ich etwas näher eingehen: Der erste ist der Bereich des Katastrophenschutzes. Der Beschluss des Landtages misst dem Land eine besondere Verantwortung für den Katastrophenschutz zu. Das Konzept stellt die Aufgaben des Landes dar, die nicht beim Ministerium des Innern, sondern auch bei anderen Ressorts - insbesondere beim MUGV und beim MIL - liegen. Die gesamte Landesregierung wird diesen Aufgaben auch in Zukunft gerecht werden müssen und in den kommenden Jahren weiter das leisten und weiterentwickeln müssen, was zum Schutz der Bevölkerung notwendig ist. Hierzu zählen unter anderem erstens die Aufgaben und Leistungen der zentralen Ausbildungsstätte für Brand- und Katastrophenschutz an der Landesschule in Eisenhüttenstadt, zweitens das zentrale Katastrophenschutzlager in Beeskow und drittens die Entwicklung des Lagezentrums für Brand- und Katastrophenschutz im Ministerium des Innern zum Koordinierungszentrum Krisenmanagement. Das Koordinierungszentrum Krisenmanagement dient als Führungsinstrument für die Landesregierung und zur Unterstützung der unteren Katastrophenschutzbehörden.

Der zweite Punkt, den ich herausgreifen möchte, ist ein Punkt, der diesen Landtag nicht nur am gestrigen Tag, sondern auch in den vergangenen Jahren immer wieder beschäftigt hat. Es ist der Bereich der Nachwuchsgewinnung. Die demografische Entwicklung wirkt sich unmittelbar auf die integrierte Hilfeleistung in Brandenburg aus. Für die Altersstruktur der Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren wird prognostiziert, dass in den Einsatzabteilungen ein Rückgang von ca. 46 500 Personen im Jahr 2009 auf ca. 35 000 Personen bis zum Jahre 2020 anzunehmen ist.

Welche Konsequenzen müssen wir daraus ziehen? Wir müssen die Mitwirkung im Brand- und Katastrophenschutz stärken. Das Engagement muss Anerkennung erfahren und im Vorhaben der Landesregierung einen festen Platz haben.

Zweitens müssen wir dafür werben, dass sich die Menschen beteiligen, die im System der integrierten Hilfeleistung bislang nicht oder nicht ausreichend vertreten sind, also etwa Personen mit Migrationshintergrund, ältere oder nicht erwerbstätige Bürgerinnen und Bürger. Auch auf diese Gruppen müssen wir zugehen.

Drittens: Dieses Konzept, das Ihnen vorliegt, kann nur ein Zwischenschritt sein. Das Thema Brand- und Katastrophenschutz ist eine andauernde Aufgabe, deren Anforderungen sich dynamisch wandeln.

Das Konzept verweist darauf, dass sämtliche benannten Finanzund Personalbedarfe unter Haushaltsvorbehalt stehen. Dem Landtag muss jedoch bewusst sein, dass die Entwicklung des in unserem Land bewährten, anerkannten und dringend benötigten Systems der freiwilligen Hilfeleistung auch der haushalterischen Absicherung durch den Landtag bedarf.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt einen weiteren Aspekt, den wir mit beachten müssen. Ende vergangenen Jahres hat die Bundesregierung den Gesetzentwurf zur Änderung wehrrechtlicher Vorschriften 2011 und zur Einführung ei