Protokoll der Sitzung vom 20.01.2011

(Beifall GRÜNE/B90)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es liegt ein Konzept vor. Es ist ein Anfang, der gemacht worden ist, über sechs Monate Arbeit, der im Innenausschuss der ausführlichen weiteren Erörterung bedarf, um uns zukunftsfähig zu machen, letztlich auch über das Jahr 2020 hinaus; denn wir müssen davon ausgehen, dass Brandschutz eine dauerhafte Aufgabe bleiben wird und die Feuerwehrleute, die Kameraden des Jahres 2025, 2030 eigentlich theoretisch heute schon geboren sein sollten und heute schon an die Feuerwehr herangeführt werden müssten, um den Brandschutz in unserem Land zu gewährleisten.

Ich freue mich auf die Diskussion im Innenausschuss und danke zunächst für das vorliegende Konzept. - Vielen Dank.

(Beifall FDP, GRÜNE/B90 und vereinzelt CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Goetz. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Der Abgeordnete Dr. Scharfenberg hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will jetzt nicht über das unterschiedliche Verständnis von kommunaler Selbstverwaltung sprechen, sondern mich dem Thema widmen. Im Juni vergangenen Jahres hat dieser Landtag inhaltliche Vorgaben für die Landesregierung zum Brand- und Katastrophenschutz beschlossen. Uns liegt jetzt ein Konzept zur Zukunft des Brandund Katastrophenschutzes vor, das die Landesregierung pflichtund termingemäß im Dezember vorgelegt hat. Dafür vielen Dank!

Unser Anspruch dabei war es, dass nicht nur über Einzelfragen wie den Feuerwehrführerschein diskutiert wird, sondern dass die Probleme des Brand- und Katastrophenschutzes komplex und langfristig angegangen werden. Das ist mit dieser Vorlage zum großen Teil gelungen. Einige Themen sind nicht abschließend erfasst - das haben meine Vorredner hier zum Ausdruck gebracht -, sondern eher eine Problembeschreibung. Das ist aber angesichts der knappen Fristsetzung nachvollziehbar, und es unterstreicht, dass der Brand- und Katastrophenschutz auch in Zukunft ein Thema sein wird, mit dem sich dieser Landtag intensiv zu beschäftigen hat.

Zweifellos hat sich in den zehn Jahren seit der Veröffentlichung des vom Landesfeuerwehrverband erarbeiteten Strategiepapiers „Feuerwehr 2000“ viel getan. Das gilt für die vielfältigen Bemühungen des Landesfeuerwehrverbandes und der Träger des Brand- und Katastrophenschutzes zur Sicherung des personellen Nachwuchses der freiwilligen Feuerwehren, und es gilt insbesondere für die deutliche Verbesserung der technischen Ausstattung. Zugleich haben sich die Fragestellungen verändert. Die gewachsene Verantwortung für den Katastrophenschutz ist eine große Herausforderung, gerade unter den spezifischen Bedingungen unseres Landes, wie wir beim Hochwasserschutz sehen können. So wird im Konzept ganz eindeutig festgestellt, dass naturbedingte Schadensereignisse auch in den kommenden Jahren zu erwarten sind und die Einsatzhäufigkeit und die damit verbundenen Anforderungen an Einsatzkräfte und Helfer nicht proportional zur Bevölkerungsentwicklung zurückgehen werden.

Zu Schwerpunkten im Einzelnen: Unstrittig ist mittlerweile, dass sich die Bündelung der Kräfte in den Stützpunktfeuerwehren bewährt hat. Die geforderten Aussagen zur Weiterentwicklung dieses Systems sind jedoch sehr spärlich. Es bleibt beim Verweis auf die bis 2012 durchzuführende Evaluation der Konzeption und Förderrichtlinie, die wir dann aber auch erwarten.

Der Erwerb von Führerscheinen ist von der CDU zu einem existenziellen Thema hochstilisiert worden. Ich sage es einmal so deutlich, Herr Petke, Sie haben den Gaul Feuerwehrführerschein so lange geritten, bis er tot war. Der zweifellos vorhandene Druck zur Fahrausbildung, insbesondere für das Führen von Hochtonnage-Fahrzeugen, kann im Rahmen der normalen Anstrengungen in Zusammenarbeit der Kommunen und durch den Einsatz von Ausbildungsfahrzeugen bewältigt werden. Dazu gibt es einen Vorschlag, ich finde ihn gut. Um zu verhindern, dass es

künftig zu wenig Fahrzeugführer gibt - es ist kein aktuelles Problem -, muss dieses Thema weiter begleitet werden.

Eng verbunden damit ist die Personalsicherung für die freiwillige Feuerwehr zweifellos das Hauptproblem; sie hat immer auch etwas von Sisyphusarbeit an sich. Hier werden vielfältige Anstrengungen unternommen, die nicht immer zum Erfolg führen. Es ist gut, wenn man sich von realistischen Prognosen leiten lässt, und die gehen nun einmal von einem deutlichen Rückgang der Angehörigen der freiwilligen Feuerwehren aus; die Zahlen sind hier genannt worden.

Die aufgezeigten Felder für die Nachwuchsgewinnung, von der Erhöhung des Frauenanteils über die Gewinnung von Migranten bis zur Beschäftigung von Feuerwehrangehörigen in Kommunalverwaltungen, werden nur dann erschlossen, wenn das tatsächlich als Führungsaufgabe auf allen Verwaltungsebenen wahrgenommen wird. Ansonsten reden wir in Jahren noch darüber, ohne dass etwas passiert. Da ist noch vieles zu tun. Dass es nach vorn gehen kann, zeigt die steigende Tendenz bei den Mitgliedern der Jugendfeuerwehren. Es ist ein zaghafter Anstieg, aber immerhin eine Entwicklung in die richtige Richtung.

Bei den Darstellungen zur Anerkennung des Ehrenamtes lässt sich die Landesregierung meiner Ansicht nach zu sehr von Wunschdenken leiten. So habe ich insbesondere mehr dazu erwartet, wie man Arbeitgeber stärker motivieren will, die Tätigkeit im Rahmen der freiwilligen Feuerwehr zu akzeptieren oder sogar zu unterstützen. Das wird allerdings auch etwas kosten.

Das Konzept enthält klare Aussagen zum Umgang mit den umfangreichen technischen Hilfeleistungen durch die Feuerwehr. Hier müssen wir dranbleiben, um eine konsequente Umsetzung zu erreichen und von dem gegenwärtigen Missstand wegzukommen.

Herr Abgeordneter Scharfenberg, kommen Sie bitte zum Ende.

Auch zum Digitalfunk gibt es klare Ansagen, die eine unmittelbare Einbeziehung der Kommunen zum Ziel haben. Ich stimme hierbei nicht mit der harschen Kritik des Landkreistages überein, der den gefundenen Kompromiss wieder infrage stellt. Lassen Sie uns darüber und über die anderen Probleme ausführlich im Innenausschuss diskutieren! - Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Scharfenberg. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN fort. Die Abgeordnete Nonnemacher hat das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Das vorliegende Konzept liest sich - unterlegt mit viel Zahlenmaterial - wie ein Lehrstück in Demografie.

„Die demografische Entwicklung im Land Brandenburg ist von einer Reduzierung der Gesamtbevölkerung, Geburtenrückgang und der Abwanderung gut ausgebildeter Männer und Frauen aus Gründen der Ausbildungs- bzw. Arbeitsplatzsuche gekennzeichnet. Die wohnortnahe Tätigkeit stellt immer häufiger eine Ausnahme dar.“

Die Zahl der verfügbaren und einsatzfähigen Kräfte wird insbesondere im äußeren Metropolenraum deutlich sinken. Demgegenüber wird sich durch die höhere Eintrittswahrscheinlichkeit von Wetteranomalien aufgrund des Klimawandels die Einsatzhäufigkeit vermutlich erhöhen. Gesteigerte Anforderungen an den Katastrophenschutz verlaufen umgekehrt proportional zur Bevölkerungsentwicklung. Das Fehlen von einschlägig einsetzbaren Wehrdienst- und Zivildienstleistenden durch Aussetzen der Wehrpflicht - Herr Minister Woidke hat es angesprochen - wird in dem Konzept nicht reflektiert.

Bis 2014 werden die demografischen Effekte als beherrschbar, schon mittelfristig im Ausblick bis 2020, besonders aber längerfristig wird die Einsatzfähigkeit im Brand- und Katastrophenschutz als gefährdet angesehen. Das Zauberwort und das Allheilmittel des Konzepts ist die interkommunale Zusammenarbeit. Beim Lesen des Konzepts drängt sich über weite Strecken der Eindruck auf, es eher mit dem Antragstext für die Enquetekommission zur Gebiets- und Funktionalreform zu tun zu haben denn mit konzeptionellen Aussagen zur Gestaltung des Brand- und Katastrophenschutzes.

Explizit wird ausgeführt, dass bei der sich abzeichnenden Entwicklung von Bevölkerung und Ressourcen nicht mehr jeder Landkreis und jede kreisfreie Stadt alle Einheiten wird vorhalten können, sondern die Zusammenarbeit der Aufgabenträger in größeren territorialen Bereichen, zum Beispiel analog den Versorgungsbereichen der Regionalleitstellen, erfolgen muss. Kooperationen benachbarter Gebietskörperschaften, Funktionalreform und Verwaltungsstrukturreform werden hier immer wieder angesprochen, auf die Benennung und Festlegung von Strukturen für den Katastrophenschutz wird aber verzichtet.

Schon bei der Behandlung des dem Konzept zugrundeliegenden Antrags im Juni 2010 hatte meine Fraktion den Eindruck, dass es sich um einen Auftrag zur nahezu kostenfreien Bearbeitung aller Problemlagen im Brand- und Katastrophenschutz handelt. Der Verdacht hat sich bestätigt. Neben dem Loblied auf die interkommunale Zusammenarbeit und Förderung kooperativer Ansätze wird der Bericht nicht müde, die finanzielle Zuständigkeit der Kommunen in den Vordergrund zu stellen. Eine scheinbar unbegrenzt sprudelnde Finanzierungsquelle - der Landkreistag spricht von einem Steinbruch - scheint der § 16 FAG zu sein. Die aus dem kommunalen Finanzausgleich zu finanzierenden Aufgaben werden noch einmal deutlich ausgeweitet. Von der Beseitigung von Unwetterschäden über den Anschluss der Regionalleitstellen an den BOS-Digitalfunk bis zur Fortführung der Förderung der Stützpunktfeuerwehren - der kommunale Finanzausgleich ist immer dabei. Die Errichtung von Stützpunktfeuerwehren wird jetzt gänzlich zur freiwilligen Aufgabe deklariert. Der Landkreistag erklärt in seiner Stellungnahme zum Konzept denn auch süffisant:

„Wir dürfen daher sehr herzlich um eine Überprüfung der im Konzept enthaltenen Finanzierungsaussagen bitten.“

Das werden wir dann im Innenausschuss weiter vertiefen; ich bin sehr gespannt auf die Stellungnahme des Städte- und Gemeindebundes, die noch nicht vorliegt.

In Details enthält das Konzept einige interessante Ideen und Anregungen, so insbesondere bei den Unterpunkten zur Nachwuchsgewinnung und zur Stärkung des Ehrenamtes. Insgesamt bleiben aber mehr offene Fragen, als dass belastbare Antworten gegeben werden. Während die organisatorische als auch finanzielle Verantwortung der Kommunen ausgiebig reflektiert wird, bleiben die Aufgaben des Landes konzeptionell sehr unscharf. Der Hinweis auf die Notwendigkeit von Verwaltungs- und Gebietsreformen ist zwar prinzipiell richtig, kann aber keine Generalentschuldigung für die planerischen Defizite sein.

Richtig gut findet meine Fraktion das im Bericht formulierte Leitbild. Wir können den Anforderungen von heute nicht mit den Argumenten von gestern begegnen, um die Herausforderung von morgen zu beherrschen. Das ist ein guter Auftakt für die Enquetekommission, die sich im März konstituieren wird. - Vielen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Nonnemacher. - Herr Minister Dr. Woidke hat noch einmal das Wort für die Landesregierung.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich bei den Fraktionen für die konstruktive Debatte zu diesem grundlegenden Thema zu bedanken. Das ist für mich ein guter Auftakt für das Jahr 2011, in dem wir weitere Schritte unternehmen müssen, um weiterhin einen funktionierenden Brand- und Katastrophenschutz in Brandenburg zu organisieren. Es wird notwendig sein - die Ereignisse der letzen Tage zeigen es, ich habe mir eben die Hochwasserstände an der Elbe berichten lassen, wir haben in Lenzen und Wittenberge derzeit die Stufe 4 -, dass wir auf funktionierende Strukturen setzen. Die Rahmenbedingungen erfordern es, hier gemeinsam mit allen, die helfen können, zu arbeiten. Ich bin dankbar für die große Geschlossenheit des Landtages. - Danke sehr.

(Beifall SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Woidke. - Wir sind damit am Ende der Aussprache angelangt und kommen zur Abstimmung.

Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Konzepts der Landesregierung, Drucksache 5/2616, „Zukunft des Brand- und Katastrophenschutzes im Land Brandenburg absichern!“, an den Ausschuss für Inneres. Wer diesem Überweisungsantrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag einstimmig an den Innenausschuss überwiesen worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 6 und eröffne Tagesordnungspunkt 7:

Bericht „Familienfreundliche Verwaltung“ als Bestandteil des Programms Familienfreundliches Brandenburg

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 5/2661

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der einbringenden Fraktion. Die Abgeordnete Schulz-Höpfner von der CDU hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie werden sich erinnern: Wir hatten im Juni einen Antrag von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf der Tagesordnung, dessen Thema „Vereinbarung von Familie und Beruf“ war. Dann gab es einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen, und im November wurde der Bericht „Familienfreundliche Verwaltung“ vorgelegt. Dazu wurde eine ausführliche Diskussion geführt, die sehr interessant war, denke ich. Im Ergebnis der Überlegungen zu diesem Bericht sind wir zu der Auffassung gelangt: Man sollte diesen Bericht fortschreiben und als Bestandteil des Familienpolitischen Programms weiterführen.

Sie alle wissen: Wir stehen vor großen Herausforderungen, vor den großen Herausforderungen der demografischen Entwicklung auch hier in Brandenburg; sie wirkt ja bekanntermaßen in allen Bereichen. Diese zu meistern wird unsere Aufgabe sein. Das heißt natürlich auch, dass wir junge Menschen mit attraktiven Angeboten im Land halten, Familien und auch Älteren Perspektiven bieten - ich erinnere an das Thema Pflege -, und zwar auch in einer modernen Landesverwaltung, die familiengerecht gestaltet ist. Es ist klar, dass dies unser Ziel sein muss. Dass die Landesverwaltung dabei Vorbild und Impulsgeber sein sollte, sollte Selbstverständlichkeit werden.

Der Bericht hat uns Einblicke in Entwicklungen eröffnet, Maßnahmen empfohlen, aber auch Defizite aufgezeigt. Daher sollte das Parlament weiterhin die Möglichkeit nutzen, diese notwendigen Veränderungen und Entwicklungen in der Verwaltung des Landes zu begleiten. Deshalb schlagen wir Ihnen heute vor, den Bericht in jeder Wahlperiode einmalig fortzuschreiben. Dieser Zeitraum ist angemessen, zumal der vorliegende Bericht bereits eine sehr gute Grundlage darstellt. Wir wollen selbstredend nicht das Berichtswesen unseres Landes weiter aufblasen, sondern denken, dass es vernünftig ist, den Bericht in einem solchen Rahmen fortzuschreiben.

Ich möchte erinnern: Das 8. Leitziel des Programms „Familienfreundliches Brandenburg“ lautet: „Familie und Erwerbsarbeit unter einen Hut!“ Ich glaube, dazu passt der Antrag. In dem dazugehörigen Maßnahmenpaket ist die Maßnahme 60 die Verankerung einer familienfreundlichen Personalpolitik in allen Bereichen der Landespolitik. Meine Damen und Herren, Sie werden mir nicht widersprechen, wenn ich sage, dass die geforderte Berichterstattung bzw. die Fortschreibung nach unserem Verständnis hier goldrichtig eingeordnet werden kann.

Wenn Brandenburg tatsächlich ein immer familienfreundlicheres Land werden soll, haben Sie jetzt die Gelegenheit, einen weiteren Baustein dazu in dieses Programm einzufügen.

(Beifall CDU und GRÜNE/B90)

Deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung und möchte daran erinnern, dass Frau Abgeordnete Böhnisch im Juni 2010 bei der Einbringung des Antrags so richtig sagte:

„Wir möchten, dass das Parlament informiert und eingebunden wird.“

Meine Damen und Herren, das ist genau das, was wir auch wollen. Von daher bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, FDP und GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schulz-Höpfner. - Die Aussprache wird mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fortgesetzt. Die Abgeordnete Prof. Dr. Heppener hat das Wort.