Protokoll der Sitzung vom 20.01.2011

Auf jeden Fall ist das ein Anfang. Auch die GEMA und die Verwertungsgesellschaft Musikedition haben sich positiv zu diesem Ansatz geäußert. Sie sind bereit zu prüfen, ob Lieder beim Kopieren Kosten verursachen, und dann auch grünes Licht zu geben, sodass damit ein Stück Rechtssicherheit geschaffen wird.

Wir werden alle Kitas über den Verteiler des Landesjugendamtes informieren. Das ist doch schon mal ein Anfang.

Die Aufträge, die in dem Antrag stecken, nehme ich mit und werde mich um Rechtssicherheit für alle Kitas bemühen. - Danke.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Bei Bedarf erhält der Abgeordnete Günther noch einmal das Wort. - Er verzichtet darauf.

Wir sind am Ende der Rednerliste angelangt. Ihnen liegt der Antrag der drei Fraktionen SPD, DIE LINKE und CDU in Drucksache 5/2668 - Neudruck - vor. Wer dem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Beides ist nicht der Fall, und dieser Antrag ist damit angenommen.

Wir verlassen Tagesordnungspunkt 9 und ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Bericht zur Entwicklung des Unterhaltsvorschusses vorlegen

Antrag der Fraktion der FDP

Der Abgeordnete Büttner erhält wieder das Wort. Er spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist jetzt auch fast das letzte Mal, dass ich heute etwas sage. Schauen wir einmal!

Das Thema, welches wir als FDP-Fraktion mit unserem Antrag anstoßen möchten, ist insofern von hoher Relevanz für das Land Brandenburg und die hier lebenden Menschen, als es eine Vielzahl von Politikfeldern tangiert und darüber hinaus auch häufig auf emotionaler Ebene diskutiert wird, eben weil es um die Schicksale insbesondere von Kindern geht.

Im Jahr 2008 lag die Zahl der Bezieher von Unterhaltsleistungen in Brandenburg bei etwas weniger als 20 000 Personen. Die Rückgriffquote betrug im gleichen Jahr nur 15,02 %. Damit war Brandenburg zwar besser als Berlin, Bremen, Hamburg und die anderen ostdeutschen Bundesländer. Trotzdem ist und bleibt diese Quote unbefriedigend. Weder der Bund noch die Bundesländer können sich damit zufrieden geben, dass auch in Bayern, dem Bundesland mit der höchsten Rückgriffquote, weniger als ein Drittel der Vorschüsse auch tatsächlich an das Land und den Bund zurückfließen.

Das finanzielle Defizit, das dem Bund, der ein Drittel der Unterhaltsleistungen trägt, und den Ländern, die zwei Drittel dieser Leistungen finanzieren, entsteht, ist ein Aspekt in der Debatte. Der für meine Fraktion weitaus wichtigere Punkt ist der nach den Rechten der Unterhaltsberechtigten auf der einen und der Verantwortung der Unterhaltsverpflichteten auf der anderen Seite. Insbesondere mit Blick auf die Erziehung eines Kindes steht für uns Liberale die Frage im Raum, welchen Eindruck und welche Wirkung es auf Kinder und Jugendliche macht, die miterleben, dass ein Elternteil seiner Verantwortung für sein Kind nicht nachkommt. Genauso steht für uns das Interesse des alleinerziehenden Elternteils im Mittelpunkt, das die Erziehung des Kindes sowohl in pädagogischer als auch in finanzieller Hinsicht alleine trägt.

Experten und Politik verweisen insbesondere mit Blick auf die ostdeutschen Bundesländer und die drei Städte Berlin, Bremen und Hamburg auf die schwierige soziale Situation, in der sich insbesondere viele Männer befinden. Gleichzeitig weisen gerade Interessengruppen von Alleinerziehenden darauf hin, dass auch Personen, die von Hartz IV leben, ihren Beitrag für ihr Kind, ihren Ex-Partner und den Staat zu leisten haben. Für uns Liberale steht fest, dass sich ein gesellschaftlicher Wandel innerhalb der Gesellschaft hin zu mehr Verantwortung für die eigenen Kinder vollziehen muss. Kein Land kann es sich auf Dauer leisten, dass sich ein Teil der Unterhaltspflichtigen vor seiner Verantwortung drückt und diese an das Land und den Bund delegiert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Antrag, den wir Ihnen heute vorlegen, möchte einen Dialog einleiten, einen Dialog zwischen den Fraktionen dieses Hohen Hauses, an dem aber auch ausdrücklich die betroffenen Familien sowie Experten teilnehmen sollen. Wir als FDP-Fraktion möchten einen Prozess in Gang setzen, um die Interessen von Familien und insbesondere die Interessen der Kinder zu vertreten und ihre Situation und Perspektiven zu verbessern. Wir fordern die Landesregierung deshalb auf, einen Bericht zur Entwicklung des Unterhaltsvorschusses in Brandenburg vorzulegen, in dem Zahlen, Fakten und Entwicklungen zu den in unserem Antrag aufgelisteten Punkten dargestellt und erläutert werden. Wir möchten dieses Thema eben nicht verkürzen, weswegen wir neben den kinder- und jugendpolitischen auch rechtliche und finanzielle Aspekte in den Berichtsantrag aufgenommen haben. Deswegen appelliere ich an Sie, dieses gesamtgesellschaftliche Thema gemeinsam und vorbehaltlos nach Vorlage des Berichts in den zuständigen Ausschüssen diskutieren zu lassen und Wege aufzuzeigen, wie

wir die Situation derer verbessern können, die unserer Hilfe bedürfen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Die Abgeordnete Muhß setzt für die SPD-Fraktion fort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Gäste! Die Themen Unterhalt, Unterhaltsvorschuss, Jugendamt usw. haben uns in den vergangenen Monaten - zugegebenermaßen aus einem konkreten Anlass - ausführlich beschäftigt. So manchen haben sie sogar davon abgehalten, sich seiner eigentlichen Aufgabe zu widmen, nämlich Politik für das Land zu machen. Aber das ist ein anderes Thema.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP-Fraktion, Ihrem Antrag entnehme ich, dass Sie sich in Sachen Unterhaltsvorschuss unterinformiert fühlen. Ich kann das, ehrlich gesagt, nicht ganz nachvollziehen. Sie werden sich doch auch die Kleine Anfrage aus dem letzten Jahr zu diesem Thema vorgenommen haben, die Minister Rupprecht vor weniger als einem Dreivierteljahr beantwortet hat. Sie begründen Ihren Antrag nicht zuletzt mit der Verfolgung der Rückerstattungsansprüche. Allerdings habe ich gehört, dass es eine allgemeine Debatte zu dem Thema geben soll. Wenn wir das auch moralisch ausdiskutieren wollen, brauchen wir, glaube ich, ein anderes Gremium als das Plenum.

Wenn Sie sich die eben erwähnte Antwort des Ministers vornehmen, müssen Sie zugeben, dass sich Brandenburg eine respektable Position erarbeitet hat. Die Rückholquote - Sie sagten es ja schon - liegt bei 15 %. Selbst in Bayern, wo man davon ausgehen kann, dass es einen ganz anderen wirtschaftlichen Hintergrund gibt, sind es auch nur 30 %. Da würde sich die moralische Frage sicherlich eher stellen als bei uns, einfach aus der finanziellen Situation heraus.

(Frau Dr. Ludwig [CDU]: Gibt es Unterschiede, wer das Recht brechen darf?)

- Nein, es geht nicht um Rechtbrechung, sondern um die Möglichkeit, das überhaupt zu leisten.

(Frau Dr. Ludwig [CDU]: Ach so ist das!)

Zu den aktuellen Zahlen wird sich der Minister sicherlich gleich äußern. Bevor sich ein falsches Bild festsetzt, möchte ich ein paar Dinge klarstellen.

Erstens: Die Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz sind außerordentlich wichtig. Sie können kaum überschätzt werden, und zwar nicht nur wegen der Zahl der Betroffenen, sondern auch wegen des sozialpolitischen, des familienpolitischen Signals, das davon ausgeht.

Zweitens: Es ist natürlich richtig, dass wir eine höhere Rückholquote anstreben müssen; das ist eine Frage der Gerechtigkeit. Auch hier geht es um ein Signal. Das Signal lautet: Missbrauch hat wenig Aussicht auf Erfolg.

Drittens: Das Bild, wonach sich die Rückholquote mit einer noch höheren Kontrolldichte exorbitant steigern ließe, ist schief. Wenn die Rückholquote bei 15, 20 oder 30 % - wie in Bayern, den Spitzenreitern - liegt und nicht bei 70, 80 oder 90 %, so hat das doch eindeutig sozialpolitische Ursachen; das hat auch Herr Büttner schon angeführt.

Bisher reicht das Einkommen der Betroffenen in vielen Fällen eben nicht aus, um Unterhalt zu zahlen oder Unterhaltsvorschuss zurückzuzahlen. Natürlich ist das nicht schön, aber darunter leiden ja nicht nur die öffentlichen Haushalte, sondern vor allem die Betroffenen selbst. Ich denke, diesen Aspekt sollten wir nicht unbeachtet lassen.

Meine Damen und Herren! Meine Fraktion erachtet die bisherige Information über das Thema Unterhaltsvorschuss sowohl von der Art als auch vom Umfang her für ausreichend. Zudem besitzen wir bereits jetzt ausreichend Möglichkeiten, um diese Informationen durch das Ministerium auf den jeweils verfügbaren Stand bringen zu lassen. Deswegen werden wir diesem Antrag nicht zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und vereinzelt DIE LINKE)

Die Abgeordnete Blechinger spricht für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Unterhaltsvorschuss ist spannend, insbesondere die Frage, ob man die Rückholquote erhöhen kann oder ob sie der Sozialstruktur geschuldet ist. Darüber kann man spekulieren. Dass sie in Bayern doppelt so hoch ist wie bei uns, kann der Wirtschaftskraft geschuldet sein, doch 30 % sind auch nicht befriedigend. Dass 15 % das Ende der Fahnenstange sein sollen, kann ich mir nicht vorstellen.

Wer sich mit der Frage befasst, sieht die Wurzel des Übels woanders, und zwar in der Konstruktion. Die ist in Bayern genauso wie in Brandenburg und anderen Bundesländern. Die Kosten für den Unterhaltsvorschuss teilen sich der Bund und die Länder im Verhältnis ein Drittel zu zwei Drittel. Durchsetzen müssen es die Kreise, die es letztendlich nur durchreichen.

(Frau Muhß [SPD]: Nein, nein, es kostet auch, 150 000 Eu- ro pro Kreis!)

- Ja, natürlich kostet es. Aber von einer hohen Rückholquote haben sie im Prinzip nichts. Wenn es ihnen gelingt, Geld zurückzuholen, geht es an das Land. Nun kann man darüber spekulieren, ob das eine ausreichende Motivation ist, sich intensiv zu bemühen, um die Einnahmen des Landes zu erhöhen,

(Beifall CDU und vereinzelt FDP)

oder ob vielleicht die Konstruktion nicht so günstig gewählt ist. Das ist allerdings Bundesrecht und beschäftigt uns nicht so intensiv.

(Holzschuher [SPD]: Das Land ist immer bemüht, Geld reinzuholen!)

- Das Land ja, aber das Land hat doch mit den Unterhaltspflichtigen keine direkte Beziehung, sondern das wird vor Ort in den Kreisen geregelt.

Es gibt durchaus Fälle, bei denen man erkennen kann, dass die Bemühungen nicht so intensiv erfolgen bzw. dass man die geltende Rechtsprechung nicht angemessen berücksichtigt. Das Urteil des Bundesgerichtshofs, welche Auflagen man einem Unterhaltspflichtigen geben kann und sollte, wird Ihnen, Herr Holzschuher, ja sicherlich vertraut sein. Ich zitiere aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2003. Darin heißt es:

„Zum anderen wird die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichtigen nicht nur durch die tatsächlich vorhandenen, sondern auch durch solche Mittel bestimmt, die er bei gutem Willen durch eine zumutbare Erwerbstätigkeit, unter Umständen auch im Wege eines Orts- oder Berufswechsels, erreichen könnte. Dabei obliegt ihm aufgrund seiner erweiterten Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern nach § 1603 Abs. 2 BGB eine gesteigerte Ausnutzung seiner Arbeitskraft, die es ihm ermöglicht, nicht nur den Mindestbedarf, sondern auch den angemessenen Unterhalt der Kinder sicherzustellen.“

Das heißt, er ist eigentlich verpflichtet, mehr als ein Arbeitsverhältnis einzugehen, wenn er nur auf diese Weise den Unterhalt des Kindes sicherstellen kann.

(Vereinzelt Beifall CDU)

Dass das von den Jugendämtern durchgesetzt wird, daran habe ich meine Zweifel. Ich kenne jedenfalls genügend Fälle, in denen das nicht erfolgte. Die Messlatte wird nicht immer angelegt, denn ein finanzieller Vorteil ist dadurch nicht unbedingt erkennbar und man handelt sich natürlich auch Ärger und Arbeit ein - ohne jemandem zu nahe treten zu wollen. Ich halte diese Konstruktion für überdenkenswert.

Schon allein aus diesen Gründen ist es durchaus interessant, zu erfahren, ob die Rückgriffquote in den Kreisen vergleichbar oder sehr unterschiedlich ist, und zwar in einem Maße, dass man sie nicht unbedingt an der Sozialstruktur des Kreises festmachen kann. Mich würde interessieren, ob es in den Kreisen entsprechende Unterschiede gibt. Insofern unterstützen wir den Antrag.

(Beifall CDU und FDP)

Der Abgeordnete Krause spricht für die Linksfraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir verhandeln hier einen Antrag der FDP-Fraktion zum Bericht zur Entwicklung des Unterhaltsvorschusses. Ich bin froh über die mündlichen Ausführungen von Herrn Büttner, weil durch sie ein etwas anderes Licht auf die Debatte geworfen wurde. Als ich nur den Antrag kannte, habe ich mich gefragt, welche Motivation sich dahinter versteckt; denn der Antrag strotzt ja vor Begriffen wie Geld, Maßnahmen, Kosten, Strafen, Stundung, Rückgriff. Aber die Frage, wie man in eine solche Situation kommt, welche Gründe dabei eine Rolle spielen - das zu prüfen finde ich

sehr interessant -, haben Sie gar nicht aufgeworfen. Es geht Ihnen nicht darum, wie wir die missliche Situation, in der sich die Kinder und alleinerziehende Elternteile befinden, beleuchten. Ich glaube, das wäre ganz interessant.