Also kann man bei einer solchen rot-roten Konstellation natürlich kein Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft erwarten.
Aber irgendetwas zum Staat muss ja drinstehen. Also steht dort etwas über „vorsorgende Sozialstaatlichkeit“. Ich trete mit Ihnen jetzt in keine Diskussion über den vorsorgenden Sozialstaat. Ich zitiere stattdessen den immer schwer zu ertragenden SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach - an dieser Stelle finde ich ihn klasse -:
„Der Begriff 'vorsorgender Sozialstaat' ist eine Floskel. Es ist eine Binsenweisheit, dass jeder Sozialstaat vorsorgen muss.“
Ich habe gelacht und gedacht, dass noch nicht alle kapiert haben, dass sie nun in der Regierung sind. Von ihr müssen in allererster Linie die Ideen kommen. Aber ich merke beim Lesen des Koalitionsvertrages, dass Sie es bitter nötig haben, Ideen von anderen zu nehmen.
Ich sage an dieser Stelle ganz ernsthaft - Sie können uns testen -: Wir machen gerne gute Vorschläge und bringen unsere Ideen ein. Dann werden wir sehen, wie man damit umgeht. Wir nehmen diese Aufforderung also gerne an.
Nun haben wir seit dem 06.11. eine neue Landesregierung, ein rot-rotes Projekt, das nicht berechenbar ist. Es gibt schon jetzt Versuche, den ungeliebten Koalitionsvertrag - Zitat Frau Kaiser „zu unterlaufen“. Herr Gysi gibt auf dem Parteitag öffentlich, vor laufenden Kameras den Ratschlag, den Koalitionsvertrag erst einmal zu unterschreiben und dann aus der Fraktion heraus gegen den Stellenabbau im öffentlichen Dienst zu stimmen. Frau Tack, zwei Tage im Amt, sagt: Bei mir geht das gar nicht. -
Beim Thema Braunkohle war ich auf den Formelkompromiss neugierig, mit dem man aus dieser Sache wieder herauskommt. Dann habe ich den Koalitionsvertrag gelesen und festgestellt, dass er diesbezüglich 100%ig, bis in die letzte Prozentzahl, der Energiestrategie 2020 des Landes entspricht.
Ich will aber nicht auf diesen Punkt hinaus, sondern darauf, dass dort auch gehandelt werden muss. Lesen wir noch einmal in der Gebrauchsanweisung der Linken für ihre Mitglieder.
Dort steht, wie man sich verhält: Zeit schinden. - Es ist ganz klar, wie das dann funktioniert. Mit der einen Hand wird die Genehmigung unterschrieben - das macht wahrscheinlich Frau Tack - und mit der anderen das Protestschild hochgehalten. Das hatten wir schon in der Verhandlungsphase. Ich glaube, meine Damen und Herren, Sie sind wirklich Spitze darin, Regierung und Opposition gleichzeitig zu sein.
Da nützt Ihnen natürlich Ihre Ausbildung. Im dialektischen Materialismus, diesem Halbwissen, sind viele von Ihnen wirklich geschult. Das alles bei einem Koalitionspartner SPD, der kein Disziplinierungspotenzial hat. Deswegen befürchte ich, was den praktischen Verlauf anbetrifft, eine Chaoskoalition.
Ich komme zum Schluss. Es ist das Wesen der Demokratie, dass man ein Amt auf Zeit hat. Das ist völlig in Ordnung und ganz normal. Es ist auch ganz normal, dass die Opposition Regierungsverantwortung anstrebt. Aber was wir nicht als normal empfinden, ist an dieser Stelle die Entscheidung von Herrn Platzeck für dieses Experiment Rot-Rot, um längerfristig die SPD zu stärken. Ob das funktioniert oder nicht, müssen wir hier nicht diskutieren. Aber dieses Experiment zur Stärkung einer Partei geschieht auf dem Rücken und zulasten Brandenburgs, denn die Konsequenzen betreffen das ganze Land. Das geht nicht. Das ist nicht in Ordnung.
Ich habe an einzelnen Stellen deutlich gemacht, was das Besorgniserregende ist an dem, was konzeptionell nicht vorhanden ist, was substanziell fehlt. Diese Partei hat unser Land schon einmal an die Wand gefahren. Man kann sagen, das ist 20 Jahre her, da sind jetzt ganz andere, von denen der eine oder andere ganz klug ist und das ordentlich macht. Wenn Sie sich aber die Philosophie und das Gesellschaftsbild dahinter anschauen, zum Beispiel das hemmungslose Verschulden, dann ist ganz klar, was passiert und dass man seine Existenzberechtigung einem Zerrbild der Gesellschaft entnimmt.
(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Wer hat denn das Land in die Krise geführt? Gehen Sie doch einmal auch mit sich selbst kritisch um!)
Seit Wochen, seit Herr Platzeck entschieden hat, den Vertrag gemeinsam mit ehemaligen Stasispitzeln zu unterschreiben, sind wir bundesweit negativ in den Schlagzeilen. Wir werden auf diese Sache reduziert. Wir haben jahrelang unter dem Image gelitten, ein Land der verkorksten Großprojekte zu sein. Es dauert Jahre, ein solches Image zu beseitigen. Deswegen ist es derzeit schwer zu ertragen - das kann man versuchen wegzulächeln -, dass 42 % der Ostdeutschen mit der Demokratie unzufrieden sind. Wissen Sie, welche Gründe die Untersuchung für die Unzufriedenheit der Ostdeutschen mit der Demokratie angibt? Die fehlende Glaubwürdigkeit der Politiker.
Darum geht es hier und heute. Es geht um die Glaubwürdigkeit und die Integrität von Politik. Das müssen die Grundlagen politischen Handelns sein.
Ich habe vorhin einen Satz gehört, der mir fast die Schuhe ausgezogen hat. Der Satz lautete - ich bekomme ihn jetzt nicht ganz wörtlich zusammen -, dass die Bürgerrechtler 1989 dafür gesorgt hätten, dass die SED eine wirklich demokratische Partei in einer pluralistischen Gesellschaft werden konnte.
Ich kann Ihnen sagen: 1989 haben wir uns engagiert, zum Beispiel gegen Wahlfälschung, für Chancen für unsere Kinder, für Freiheit, für vieles, aber am allerwenigsten dafür, dass die SED eine wirklich demokratische Partei in einer pluralistischen Gesellschaft werden kann.
Ich will Ihnen noch einmal sagen, warum. Versetzen wir uns noch einmal in diese Zeit. Viele hier kennen sie ja und gehörten
nicht zu denen, die Einfluss hatten. Wir waren im Prinzip machtlos. Es war - das ist ja klar - eine Diktatur. Das heißt, wir hatten keinen Einfluss auf die Presse. Wir mussten das lesen, was in der Presse stand. Wir hatten keine Möglichkeit, politisch etwas über Gerichte einzuklagen.
Wir hatten unwürdige Rituale, wenn ich an die Mai-Demonstrationen oder die vielen Fahnenappelle denke. Trotz alledem hatten wir etwas, was Sie uns nicht nehmen konnten, was wichtig war, was entscheidend war: innere Unabhängigkeit, sich nicht verbiegen um des Vorteils willen. Das halte ich für ganz entscheidend. Es geht heute um die Macht, aber es geht nicht um die Macht um jeden Preis. Deshalb möchte ich nicht in der Haut von einigen Leuten stecken. - Danke schön.
Ich begrüße unsere Gäste von der WEQUA Lauchhammer. Sie merken schon, es wird ein interessanter Vormittag werden. Das Wort erhält die SPD-Fraktion. Es spricht der Abgeordnete Dr. Woidke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kollegen! Kurt Schumacher hat einmal gesagt: Opposition ist der ernsthafte Versuch, der Regierung seinen eigenen Handlungswillen und seine Ideen aufzuzwingen. - Frau Wanka, Sie haben nicht nur Kurt Schumacher, Sie haben auch mich mit Ihrer Rede enttäuscht. Es war weder Handlungs- noch Gestaltungswillen aus der CDU zu erkennen. Wir haben eine Schneckenhausrede gehört.
Allerdings hat dieses Schneckenhaus eine biologische Besonderheit. Es hat offensichtlich nur eine Windung und keinen Ausgang.
Sie krabbeln um ihre eigene Achse und meinen, es sei die Mitte der Gesellschaft. Das ist der Irrtum im Land Brandenburg, und das ist der Irrtum in der Bundesrepublik Deutschland.
Sie haben damit gezeigt, dass Sie nicht wissen, wie die Menschen in unserem Land Brandenburg denken. Sie haben damit gezeigt, dass Sie nicht wissen, was die Menschen in diesem Land bewegt. Sie haben gezeigt, dass es Ihnen zuvörderst um politische Konfrontation, Beschimpfung und Belehrung geht, nicht aber um eine konkrete Verbesserung der Lebenschancen der Brandenburgerinnen und Brandenburger. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU, das ist keine Oppositionspolitik. Das ist schlichtweg Realitätsverweigerung.
Wenn Sie hier Leuten Vorträge halten wollen über Geschichten von vor 1989, dann rate ich Ihnen dringend, sich erst einmal mit der Geschichte der Block-CDU zu beschäftigen, die ohne weitere Diskussionen einverleibt worden ist.
Wenn Sie aus Versehen die frühen Werke von Gerald Götting im Jahre 1989/90 geschreddert haben sollten, dann kann ich Ihnen die von meiner Mutter zur Verfügung stellen; die habe ich nämlich aufgehoben. Ich würde Ihnen da aus der Klemme helfen. Ich denke, diese Aufarbeitung ist auch in Ihrem Sinne dringend nötig, um solche Irrungen und Verwirrungen wie die um den sächsischen Ministerpräsidenten in diesem Sommer zu vermeiden. Es ist in Ihrem eigenen Interesse.