Protokoll der Sitzung vom 24.03.2011

Zusammenfassend kann man sagen: Die Landesregierung muss ihre Verkehrspolitik einer grundsätzlichen Prüfung unterziehen. Das Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdienstes, wonach der vorgelegte Gesetzentwurf zum Landesstraßenbedarfsplan nicht gesetzeskonform ist, sollte dazu Anlass genug sein. - Vielen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90)

Minister Vogelsänger fährt für die Landesregierung fort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt eine ganz spannende Umfrage, bei der gefragt wird, wo die Landesregierung nicht sparen soll. Da steht: 7 % der Bürgerinnen und Bürger sagen, die Landesregierung soll nicht bei der Verkehrsinfrastruktur sparen.

Trotzdem gibt es einen sehr hohen Anspruch an die Infrastruktur, und zwar immer dann, wenn es konkret wird, also bei der Infrastruktur vor der Haustür. Deshalb muss ich sagen: All diese Ansprüche können wir mit dem bestehenden Haushalt einfach nicht erfüllen. Da hilft auch keine Aktuelle Stunde.

Ich sage etwas zum bestehenden Haushalt: Der Finanzminister macht einen guten Job,

(Beifall SPD und DIE LINKE)

und er muss diesen Job unter den bestehenden Rahmenbedingungen machen. Auch in der Koalition zwischen SPD und CDU wurden neue Schulden gemacht. Diese neuen Schulden sorgen dafür, dass wir jetzt weniger Handlungsspielraum haben. Das sollte die CDU auch einmal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt bei der SPD)

Uns nützt auch nicht der Verweis auf andere Bundesländer, zum Beispiel auf Sachsen-Anhalt. Das haben Sie ja gemacht.

(Genilke [CDU]: Und Baden-Württemberg?)

Ich wünsche Ihnen, dass Sie einmal eine Fahrt entlang der L 17 machen, von Strodehne in Richtung Havelberg. Da fahren Sie durch Orte mit Kopfsteinpflaster und Sand. Sachsen-Anhalt hat für solche Straßen kein Geld gehabt. Sachsen-Anhalt hat einen Schwerpunkt gesetzt - das kann ich auch verstehen - auf die Planungen für die A 14. Das ist gar keine Kritik an dem Kollegen Dr. Daehre. Mit ihm habe ich eine sehr gute Zusammenarbeit, obwohl er ein CDU-Parteibuch hat; das spielt bei Fragen der Infrastruktur überhaupt keine Rolle.

Nun gibt es aber Unterschiede zwischen Bundesstraßen, Landesstraßen und Kreisstraßen. Darüber müssen wir uns im Parlament auch einmal unterhalten. Ich sage auch noch etwas zu den entsprechenden Straßenzuständen.

(Frau Dr. Ludwig [CDU]: Und Unterschiede zwischen den Landkreisen!)

- Völlig richtig, es gibt Unterschiede zwischen den Landkreisen. Sie, Frau Dr. Ludwig, haben ja eine Doktorarbeit über den

Bereich des Landesbetriebs Straßenwesen geschrieben. Ich habe Ihnen versprochen, dass ich mir diese noch einmal intensiv durchlese.

(Lachen bei der SPD - Zurufe von der Fraktion DIE LIN- KE - Vereinzelt Beifall)

In Zeiten knapper Kassen muss man Schwerpunkte setzen. Ich habe einen Schwerpunkt gesetzt: 2011 gibt es keine Kürzungen bei den Planungsmitteln für Bundesfernstraßen; es bleibt bei den 28 Millionen Euro. Sie, Herr Genilke, haben das in Lübben bei einer Veranstaltung, wo es um die Schwerpunkte ging, auch begrüßt. Wo ich also nicht kürze, wird es begrüßt; wo wir - leider - kürzen müssen, gibt es Ärger.

Meine Aufgabe ist - ich bin ja auch für die Raumordnung zuständig -, die landesweite Erschließung sicherzustellen. Wir haben vier Netzkategorien. Hier wird es interessant: Das Leistungsnetz, das heißt die Bundesautobahnen und die wichtigsten Bundesfernstraßen werden von 57 % der Verkehrsteilnehmer benutzt; darauf liegen 57 % der Last.

(Frau Wehlan [DIE LINKE]: Genau! Hören Sie zu, Herr Homeyer!)

Dann kommen das Grundnetz, die übrigen Bundesstraßen und die Landesstraßen; auf ihnen liegen 35 %. Danach kommt das grüne Netz mit 4 % der Verkehrsnachfrage. Deshalb muss ich den Schwerpunkt setzen, mich auf die anderen beiden Teile zu konzentrieren, und deshalb brauche ich die Planungsmittel, um entsprechend die Bundesmittel abrufen zu können. Das ist nun einmal so.

(Vereinzelt Beifall SPD und DIE LINKE)

Es wurde ein ganz spannendes Thema angesprochen, Herr Genilke: die Frage von Kreisstraßen und Landesstraßen im grünen Netz. Mich sprechen Kommunalpolitiker und sogar Landtagsabgeordnete an.

Frau Stobrawa, ich war bei Ihnen in der Gemeindevertretung. Es gibt dort ein Konzept zur Umstufung von Landes- und Kreisstraßen. Hierfür gibt es in Bad Saarow Zustimmung, es gibt in Wendisch Rietz Zustimmung. Wir müssen uns darüber unterhalten, wann Straßen eine andere Verkehrsbedeutung haben und ob es auch Umstufungsverfahren geben kann. Das ist auch insofern wichtig, als die Kreisstraßen in einem besseren Zustand als ein großer Teil der Landesstraßen sind. Das hängt auch mit der Förderung durch das Ministerium für Infrastruktur zusammen, und deswegen muss man sich darüber unterhalten.

Herr Jungclaus, ein Stück weit enttäuscht bin ich schon: Die SalzFrage sollte man hier nicht thematisieren. Es geht um Verkehrssicherheit, um Menschenleben; also darf man daran nicht sparen. Die Verkehrssicherheit muss entsprechend gewährleistet werden.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Zu den Investitionsmitteln des Bundes: Der Bund wird ja von der CDU immer gelobt. Es ist so, dass der Bund dem Land Brandenburg in den letzten 20 Jahren rund 300 Millionen Euro Investitionsmittel zur Verfügung gestellt hat.

(Bischoff [SPD]: Hört, hört!)

- Hört, hört, auch unter Rot-Grün im Bund. Deshalb braucht man Dr. Ramsauer, den Bundesverkehrsminister, nicht zu sehr zu loben. Es wurde schon angesprochen: Die Mittel, die wir dort für 2012 wahrscheinlich zur Verfügung haben werden, haben Schönheitsfehler. Der eine Schönheitsfehler ist das Herausziehen von 500 Millionen Euro aus der Deutschen Bahn. Das ist ein Herausziehen von Investitionsmitteln, und das ist unverantwortlich.

(Beifall SPD und DIE LINKE - Frau Kaiser [DIE LIN- KE]: Zu wenig!)

Es kommt noch viel schlimmer: 200 Millionen Euro sollen aus der Städtebauförderung herausgezogen werden. Das ist das Ende der Städtebauförderung - nicht nur im Land Brandenburg.

(Frau Wehlan [DIE LINKE]: Ganz schlimm!)

Es ist eine Unverschämtheit gegenüber dem Parlament. Der Deutsche Bundestag hat die Rücknahme der Kürzung von 600 auf 300 Millionen Euro, die für 2011 vorgesehen war, teilweise zurückgenommen. Das ist auch den Abgeordneten von CDU/ CSU und FDP zu danken; das hatte ich hier im Parlament im Rahmen einer entsprechenden Debatte gesagt. Jetzt will Herr Dr. Ramsauer, damit er seine 10 Milliarden Euro Verkehrsinvestitionen erhalten kann, dort noch einmal 200 Millionen Euro kürzen. Das ist unverantwortlich, und dagegen werden wir uns auch zur Wehr setzen.

(Beifall SPD und DIE LINKE - Holzschuher [SPD]: Das ist nicht nur unverantwortlich, das ist skandalös! - Zurufe von der CDU)

Ich komme noch einmal zum Haushalt 2011: Wir haben 2011 weniger Landesmittel für Landesstraßen zur Verfügung. Das ist schmerzlich; das macht keine Freude. Ich habe aber die Notwendigkeiten genannt. Wir haben 2011 allerdings 18 Millionen Euro mehr EFRE-Mittel zur Verfügung. Dafür möchte ich mich beim Wirtschaftsminister, dem Kollegen Christoffers, bedanken. Wir haben in der Förderperiode 2007 bis 2013 insgesamt rund 179 Millionen Euro an EFRE-Mitteln zur Verfügung. Ich bin mir mit dem Finanzminister einig: Wir werden darum kämpfen, dass wir die Infrastruktur auch in der neuen Förderperiode der EU unterstützen können. Es ist entscheidend, dass uns das gelingt.

Meine Damen und Herren, es wird immer mehr Wünsche bezüglich der Infrastruktur geben, als ich realisieren kann. Es ist so, dass wir erreicht haben, beim Leistungsnetz entscheidend und flächendeckend voranzukommen. Das habe ich aus landespolitischen Gründen als Erstes weiterhin abzusichern. Ich habe aber auch in Zeiten knapper Kassen Prioritäten zu setzen. Es ist ein deutliches Zeichen, wenn auf meinen Vorschlag hin der Landesstraßenbedarfsplan von 82 Neubaumaßnahmen auf 18 reduziert wird. Das sollte die CDU auch einmal zur Kenntnis nehmen.

Wir haben hier im Parlament grundsätzliche Fragen zu erörtern. Jetzt wende ich mich noch einmal an die Grünen: Es ist nach meiner festen Überzeugung so, dass wir die Braunkohle länger brauchen werden, als es dem einen oder anderen Grünen lieb sein wird - auch in der aktuellen Diskussion.

(Vereinzelt Beifall FDP)

Hier muss man aber auch sagen, dass die Braunkohle auch mit Belastungen der Menschen verbunden ist. Deshalb stehe ich zur Maßnahme im Landesstraßenbedarfsplan, die Infrastruktur in der Stadt Welzow für die dortigen Bürgerinnen und Bürger zu verbessern. Das ist einfach so; das sollten wir auch nicht beiseitelegen.

Wir müssen trotzdem neue Wege prüfen und neue Wege gehen. Frau Wehlan, Sie sind Mitglied des Kreistages Teltow-Fläming: Dort gibt es den Beschluss, die Baulast für einen straßenbegleitenden Radweg zu übernehmen, weil es nicht mehr möglich ist, den Neubau so weiter zu forcieren.

Ich möchte noch etwas zum Neubau von Radwegen an Bundes- und Landesstraßen sagen. An jeweils 1 000 Kilometern von Bundes- und Landesstraßen haben wir Radwege geschaffen. Man muss aber auch zur Kenntnis nehmen, dass wir dort jetzt Erhaltungsbedarf haben und der Neubau etwas langsamer vorangehen wird; das ist einfach logisch.

Ich habe in meinem Haushalt Schwerpunkte gesetzt. Es wird nicht möglich sein, alle Wünsche zu erfüllen. Dabei hilft uns auch keine Aktuelle Stunde, sondern nur harte Arbeit. Ich danke den Mitarbeitern des Landesbetriebs Straßenwesen und freue mich auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit mit dem Parlament.

Auch in der Opposition gibt es Abgeordnete mit Realismus. Herr Beyer, Sie haben eine gute Rede gehalten und sehr viel Realismus bewiesen. Es gibt kein „Wünsch dir was“, sondern es gibt nur gemeinsame Anstrengungen in Richtung Infrastruktur. Ich bedanke mich auch beim Brandenburger Parlament für die Unterstützung dieser Arbeit. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Das Wort hat die Abgeordnete Kircheis für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen wir doch die Kirche im Dorf! Auch wenn es gerade nach dem Winter genügend Schäden an unseren Landesstraßen gibt, so haben wir deshalb kein marodes Straßennetz. Es gibt Handlungsbedarf, aber es gibt kein Landesstraßendrama.

Die Kolleginnen und Kollegen vom Landesbetrieb Straßenwesen leisten eine gute Arbeit. Das gilt erst recht angesichts der knappen Mittel. Das Straßenerhaltungsmanagementsystem, auch PMS genannt, wurde bereits 2006 eingeführt, um damit die Abgrenzung von Erhaltungs- und Erneuerungsmaßnahmen zu schaffen und den finanziellen Bedarf zu ermitteln. Das hilft auch bei der Steuerung der Maßnahmen nach Dringlichkeit. Der Landesrechnungshof hat schon vor zwei Jahren bescheinigt, dass diese Steuerung jederzeit einen Überblick über den aktuellen Zustand der Straßen gewährt. Das PMS, so konstatiert er, führt zu einer Optimierung der baulichen Erhaltung. Seine Einführung war der richtige Schritt, um die dauerhafte Funktionsfähigkeit des Landesstraßennetzes zu garantieren.

Wir sehen also: Was mit diesem Entschließungsantrag gefordert wird, das gibt es schon. Schon heute sind die Abläufe der Prozesse im Landesstraßenbetrieb so optimiert, dass der best

mögliche Erhaltungszustand der Straßen erreicht werden kann. Es spricht natürlich nichts dagegen, dass Minister Vogelsänger im Ausschuss einen Überblick über die aktuelle Situation der Straßen gibt; aber einen extra Prüfauftrag braucht es hierfür nicht. Viel mehr als solche Prüf- und Inventuraufträge brauchen wir eine verantwortungsvolle Steuer- und Verkehrspolitik der Bundesregierung - der Minister hat dies ebenfalls hier genannt -, denn von dieser würden am Ende auch unsere Landesstraßen profitieren können.

(Beifall SPD)

Zum Abschluss der Debatte erhält das Wort noch einmal die antragstellende Fraktion. Der Abgeordnete Genilke spricht für die CDU-Fraktion.