Protokoll der Sitzung vom 19.05.2011

„Die Datenbank, die Werbung und das Marketing, die Verlinkung in der Region sowie eine allgemeine Brandenburger Willkommenskultur für abgewanderte bzw. potenzielle Zuwanderer ,Brandenburg heißt euch als Fachkraft willkommen’ muss zentral organisiert werden.“

(Beifall CDU)

Wir können diese Forderungen nur unterstreichen.

Zu einer derart wichtigen Thematik muss sich das Land bekennen und auf Landesebene entsprechend handeln - das hieße also die Anbindung an ein Ministerium. Das ist die Landesregierung auch denjenigen schuldig, die sich vor Ort bereits engagieren.

Laut Ihrer Beschlussempfehlung übernimmt das Land an keiner Stelle konkrete Verantwortung. Die Umsetzung des Konzeptes soll ausschließlich durch regionale Initiativen und die Wirtschaft realisiert werden. Bei der Realisierung der Vorhaben soll ausgerechnet die LASA einen wichtigen Beitrag leisten,

(Zuruf von der CDU: Hört, hört!)

die LASA, die sich in den letzten Monaten und Jahren mit sich selber beschäftigt hat.

(Zuruf von der SPD)

In der Beschlussempfehlung finden sich auch keine Aussagen zur Finanzierung der notwendigen Maßnahmen. Das Land hat eine Imagekampagne aufgelegt. Darin sind 3,6 Millionen Euro. Das wäre der richtige Topf, aus dem dieses Programm gefördert werden könnte.

(Beifall CDU)

In der gesamten Beschlussempfehlung wird der Eindruck vermittelt - das muss ich Ihnen leider sagen -, dass es eigentlich gar keinen dringenden Handlungsbedarf gibt und die bereits bestehenden Initiativen hier und da mal unterstützt werden sollen. Bitte sagen Sie uns jetzt in der Diskussion ganz konkret: Wie wollen Sie die Rückkehrbereitschaft und die Zuwanderung fördern, und mit welchen Maßnahmen und finanziellen Mitteln werden Sie die regionalen Initiativen unterstützen? - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schier. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Der Abgeordnete Baer hat das Wort.

Im Übrigen wäre es schön, wenn die Minister an dieser Debatte teilnähmen. Ich bitte darum, dass sich vielleicht die Parlamentarischen Geschäftsführer darum kümmern.

(Zuruf von der SPD)

Frau Präsidentin! Verehrte anwesende Abgeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, ich hatte Ihnen bereits in meiner Rede zum ursprünglichen Antrag „Zukunftskonzept für potenzielle Rückkehrer nach Brandenburg“ gesagt, dass er in die richtige Richtung geht, nach meinem Dafürhalten aber die falschen Schlussfolgerungen zieht. Der Antrag wurde in den Ausschuss überwiesen, und es gab eine Anhörung zum Thema, die, wie ich finde, durch die Experten mehrere neue Aspekte zu Tage gefördert hat. Die Anregungen aus dieser Expertenanhörung sind in die Beschlussempfehlung unseres Ausschusses, die Sie gerade zitiert haben, eingeflossen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, ich finde es wirklich schade, dass Sie sich trotz der Brücken, die wir Ihnen gebaut haben, bisher nicht der in einem breiten Konsens im Ausschuss gefundenen Beschlussempfehlung des Ausschusses anschließen konnten. Darum will ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich für die von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der Regierungskoalition gemeinsam im Ausschuss getragene Beschlussempfehlung werben, denn das darin enthaltene Anliegen ist mir besonders wichtig. Schon allein der Titel „Zuwanderung, Rückkehr und Integration als Beitrag zur Fachkräftesicherung in Brandenburg“ macht unser Ansinnen deutlich.

Uns geht es nicht allein darum, Rückkehrer für das Land Brandenburg wiederzugewinnen. Für uns heißt das große Thema Fachkräftegewinnung und Fachkräftesicherung. Rückkehrer sind nur eine Zielgruppe, aber eben auch Zuwanderer. Auch ausländische Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen müssen wir mit im Blick haben, so wie dies die Beschlussempfehlung des Fachausschusses vorsieht. Uns kommt es darauf an, bereits existierende Maßnahmen, Angebote und Strukturen so auszurichten, dass Fernpendler - übrigens auch ein Ergebnis der Anhörung -, ausländische Studienabsolventen und Gastwissenschaftler stärker berücksichtigt werden können. Und es kommt uns darauf an, das Engagement aller Beteiligten zu bündeln. Wir wollen keine Parallelstrukturen schaffen, schon allein um vorhandene Mittel optimal einzusetzen. Auch das Internet soll für ein Portal zur Vernetzung regionaler Angebote und einen weltweiten Informationszugriff genutzt werden. Es muss für potenzielle Rückkehrer einfach sein, sich über regionale Angebote zu informieren, denn Brandenburger ist nicht gleich Brandenburger. Prignitzer kehren wahrscheinlich lieber zu ihren Wurzeln in der Prignitz zurück als in die Lausitz oder nach Potsdam oder umgekehrt.

(Domres [DIE LINKE]: Genau!)

Die Landesregierung wird in dem Antrag gebeten, dem Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie bis Ende dieses Jahres über die geforderten Maßnahmen zu berichten. Dann können wir sie gemeinsam mit anderen Akteuren - zum Beispiel aus dem Wirtschaftsausschuss - diskutieren und eine tragfähige Lösung entwickeln, die im Interesse der Brandenburger Unternehmen und der Arbeitnehmer ist.

Wir wollen und werden unseren Beitrag leisten und die Wirtschaft bei der Fachkräftesicherung unterstützen. Ich bin mir sicher: Wenn Handwerk und Wirtschaft für sichere Arbeitsplätze mit fairen Löhnen und guten Qualifizierungsmaßnahmen sorgen und wir in der Politik unseren Beitrag dazu leisten, indem wir soziale Infrastruktur und Rahmenbedingungen zur Verfü

gung stellen, dann wird es im Land Brandenburg in Zukunft ausreichend Fachkräfte geben.

Wir von der SPD-Fraktion werden der Beschlussempfehlung, die im Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie beschlossen wurde, heute im Parlament zustimmen. Ich bitte Sie noch einmal, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU: Lassen Sie Ihre taktischen Erwägungen außen vor, wenn es Ihnen um die von Ihnen eingebrachte Problematik geht, und stimmen Sie unserem gemeinsamen Antrag ebenfalls zu. - Ich danke Ihnen.

(Beifall SPD und GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Baer. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort. Der Abgeordnete Büttner erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuwanderung, Rückkehr und Integration sind die Schlüsselworte, Herr Kollege Baer, die dafür sprechen, dass man die gemeinsame Beschlussempfehlung in einem breiten Konsens mit Ausnahme der CDU-Fraktion hat tragen können. Wir wollen Zuwanderung. Wir wollen Rückwanderung. Wir wollen Integration in Brandenburg und natürlich auch in die soziale Infrastruktur.

Ich bin der CDU sehr dankbar,...

(Frau Schier [CDU]: Was?)

- Ja, so ist es, Frau Kollegin Schier. -... dass Sie das Thema aufgegriffen hat und dass Sie das Thema als ein wichtiges Thema erkannt hat, sodass wir es beraten und die Anhörung durchführen konnten. Leider - das möchte ich Ihnen auch sagen - haben wir es nicht geschafft, zu einer gemeinsamen Beschlussempfehlung zu kommen.

Ich möchte auf ein, zwei Punkte eingehen. Für mich hat die Anhörung gezeigt, dass wir dieses Thema deutlich stärker beachten müssen, dass wir aber keine zentrale Anlaufstelle brauchen.

(Beifall des Abgeordneten Büchel [DIE LINKE])

Schauen wir uns einmal die Lebensrealität an: Stellen Sie sich vor, ich wäre jetzt in Bayern - manche würden sich das wünschen, manche vielleicht nicht -, und wollte zurück nach Brandenburg. Ich komme aus der Uckermark. Was mache ich dann? Ich werde wahrscheinlich meine Strukturen nutzen und in meinem Bekanntenkreis, den ich vielleicht noch habe, anrufen und nachfragen: Wie schaut es denn aus? - Ich könnte mir auch vorstellen, bei meiner Kreisverwaltung anzurufen. Ich frage vielleicht bei der Bundesagentur für Arbeit nach, welche offenen Jobs vorhanden sind. Aber das Letzte, auf das ich kommen würde, wäre, eine Zentralstelle beim Wirtschaftsministerium oder beim Arbeitsministerium anzurufen.

(Zuruf des Abgeordneten Senftleben [CDU])

Ich glaube nicht, dass wir eine zentralstaatliche Einrichtung brauchen, sondern wir brauchen Eigenverantwortung vor Ort.

Deswegen läuft meiner Ansicht nach eine zentrale Anlaufstelle in die falsche Richtung.

Ein Fachkräfteinformationssystem gibt es bereits bei der LASA. Ich sehe in dem Antrag nichts - dann hätten Sie von mir wahrscheinlich ein deutlich kritischeres Wort gehört -, was besagt, dass die LASA unbedingt alles übernehmen und alles organisieren müsse, sondern in dem Antrag steht, dass man auf das bereits Bewährte zurückgreifen soll. Ich stelle mir schon die Frage: Warum sollen wir nicht auf Bewährtes zurückgreifen, sondern irgendetwas komplett Neues, parallele Strukturen schaffen, obwohl bereits etwas vorhanden ist? Das wäre kein gut eingesetztes Geld.

Die grundsätzliche Aussage, die ich Ihnen schon in meiner damaligen Rede mitgeteilt habe, lautet: Wenn wir wollen, dass Menschen nach Brandenburg zurückkommen, werden sie das nur tun, wenn sie vernünftige Löhne erhalten. Das ist ein Aufruf an die Unternehmen in diesem Land. Wir werden das Fachkräfteproblem in diesem Land nur lösen können, wenn Unternehmen bereit sind, gute und vernünftige Löhne zu zahlen.

(Beifall FDP, SPD, DIE LINKE und GRÜNE/B90)

Sie werden natürlich nur zurückkommen, wenn sie unbefristete Arbeitsverträge bekommen. Es gibt viel zu viele Befristungen in unserem Land. Deswegen ist es richtig, auch darauf ein größeres Augenmerk zu richten.

(Beifall DIE LINKE und GRÜNE/B90)

Die Beschlussempfehlung ist eine gute Empfehlung. Ich sage das auch von der Stelle aus; Frau Kollegin Lehmann, wir hatten uns schon im Ausschuss darüber unterhalten: Ich hätte mir gewünscht, dass die Regierungsfraktionen auch die FDP-Fraktion und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angesprochen hätten. Dann hätten wir das gleich von vornherein hinbekommen können.

(Frau Lehmann [SPD]: Wir haben bei euch angerufen!)

Nichtsdestotrotz: Die Beschlussempfehlung ist eine gute Beschlussempfehlung. Deswegen haben wir dem Antrag der Regierungsfraktionen zugestimmt. Ich glaube, dass wir mit diesem wichtigen Thema in Brandenburg jetzt auf einem guten Weg sind. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Büttner. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Der Abgeordnete Büchel erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Büttner, hätte ich vorher gewusst, dass wir uns bei diesem Thema so nah sind - die FDP-Fraktion und die Fraktion DIE LINKE -, hätten wir es vielleicht hinbekommen. Man lernt immer etwas dazu.

(Beifall DIE LINKE)

Regelmäßig, so auch heute früh in der Aktuellen Stunde, diskutieren wir über die Problematik des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels im Land Brandenburg. Ein Baustein zur Abmilderung des Problems sind die Rückkehrer und die Chance, die darin liegt, Menschen, die das Land vor Jahren verlassen haben, wieder zurück nach Brandenburg zu holen.

Jedoch dürfen wir bei dieser Thematik den Fokus nicht nur auf diese Gruppe legen. Genauso bedeutend sind die Weitpendler, Menschen, die in Brandenburg beheimatet sind und täglich etliche Kilometer und Stunden unterwegs sind, um ihren Arbeitsplatz zu erreichen.

Für mich ganz wichtig sind die jungen Menschen im Land: die Schulabgänger in unserem Land, denen wir hier eine Perspektive geben müssen, denen wir ihre Chance in Brandenburg aufzeigen und - da bin ich bei Herrn Kollegen Büttner - attraktive Arbeitsbedingungen anbieten müssen, damit sie erst gar nicht in die Situation kommen, das Land verlassen zu müssen.

Warum verlassen denn viele Brandenburgerinnen und Brandenburger das Land? Sicherlich nicht, weil im Land nicht genügend Kultur oder Natur zu finden sind. Ein Hauptgrund ist, dass in anderen Bundesländern bessere Karriereperspektiven sowie eine höhere Vergütung für die unterschiedlichen Jobs geboten werden.