Protokoll der Sitzung vom 19.05.2011

Dann können Sie nachvollziehen, warum wir diesen Antrag so stellen.

Frau Abgeordnete Wöllert, lassen Sie eine Frage der Abgeordneten Blechinger zu?

Ja, aber selbstverständlich, wenn es denn zur Aufklärung und Erhellung beiträgt, gerne.

Bitte, Frau Abgeordnete Blechinger.

Habe ich Sie richtig verstanden, Frau Abgeordnete, dass Sie einen Prüfauftrag an die Landesregierung als sinnlose Zeitverschwendung ansehen?

Ich habe nicht gesagt, dass es sinnlose Zeitverschwendung sei, einen Prüfauftrag an die Landesregierung zu geben. Es kommt vielmehr immer darauf an, was sie prüfen soll. Es bemisst sich nach dem, ob so etwas sinnvoll ist oder nicht.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Man kann natürlich auch Unsinniges prüfen lassen und dadurch vom Wesentlichen abgelenken.

Eigentlich brauche ich dem nicht mehr viel hinzuzufügen. Sie haben nachgefragt, ich habe Ihnen die Antworten gegeben und Sie wissen jetzt, warum unser Antrag so und nicht anders gestellt worden ist. Ich bitte Sie: Stimmen Sie diesem Antrag zu!

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Wöllert. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Büttner, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Schade, dass wir jetzt doch nur über die Alten- und Pflegeumlage diskutieren.

(Frau Lehmann [SPD]: Der Antrag geht weiter! - Weitere Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

- Herr Görke, bleiben Sie doch ganz ruhig, ich habe ja noch nicht einmal angefangen.

Frau Wöllert, es gab durchaus...

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Das war überflüssig!)

- Mensch, was Sie sich immer so aufregen. Frau Wöllert, es gibt durchaus einige andere Gründe, die Sie in Ihrer Novemberrede angeführt haben. Wir hatten damals die Anhörung zur Situation in der Altenpflege. Dort wurde gesagt, dass es zurzeit mehr Ausbildungsplätze gäbe, als dafür Nachfrage bestünde. Das war Ihr Zitat. Insofern ist das auch nach § 25 des Bundesaltenpflegegesetzes gar nicht möglich.

Ich will hier auch noch einmal aus der Debatte - Frau Prof. Dr. Heppener, ich hoffe, dass Sie das gestatten - zitieren. Sie haben damals gesagt: Gegen die Einführung des Umlageverfahrens würden zum jetzigen Zeitpunkt leider rechtliche Gründe sprechen, und es seien Ihrer Meinung nach auch sachliche Gründe zu überdenken. Zu den sachlichen Gründen sagten Sie, die Umlage betreffe nur die Ausbildungsvergütung. Sie führe nicht automatisch zu mehr Ausbildung. Die Schwierigkeiten der Einrichtungen und der ambulanten Dienste, die gesetzlichen An

forderungen an die praktische Ausbildung zu erfüllen, würden durch die Umlage nicht behoben.

Das unterstütze ich ausdrücklich. Ich habe in der damaligen Debatte auch gesagt, dass wir eine Umlage ablehnen.

Frau Kollegin Lehmann, Sie haben soeben gesagt, wir vermischten das alles. Ich glaube, man kann es nicht wirklich voneinander trennen; denn das ist ein Bereich, den man in seiner Gesamtheit sehen muss. Lassen Sie mich deshalb auf drei Kernfragen eingehen: Erstens: Welche Anforderungen werden an die pflegerische Versorgungsstruktur in Brandenburg in Zukunft gestellt? Zweitens: Wie gelingt es uns, die Pflege qualitativ hochwertig und bezahlbar zu halten? Drittens: Welche Maßnahmen müssen wir ergreifen, um den bereits bestehenden Fachkräftebedarf zu decken?

Ich habe Ihren Antrag mehrfach gelesen, sowohl vor als auch nach der Anhörung zum Pflegegesetz. Ich finde, wenn die Berichterstattung bis zum Ende des ersten Halbjahres 2013 erfolgen soll, dann ist das eine zu lange Frist. Diese Zeit haben wir nicht mehr. Den Fachkräftemangel in den Einrichtungen sehen wir schon heute. Wir müssen also deutlich schneller sein.

Ich will noch einmal auf die Anhörung zum Landespflegegesetz eingehen. Sie hat deutlich gemacht, dass der gegenwärtig vorliegende Gesetzentwurf - ich vermische es jetzt bewusst eine Reihe von Regelungen enthält, die entweder nicht zwingend notwendig sind oder an der Realität vorbeigehen. Wir sind zum Beispiel dagegen, die Verantwortung des Landes hinsichtlich der Sicherstellung der Versorgungsstruktur und der Zusammenarbeit auf die Kommunen zu übertragen, ohne dabei die Frage der Finanzierung auch nur anzutasten. Ich glaube auch, dass das Land seiner Rolle als Schiedsrichter, der über die qualitative und quantitative Sicherstellung der pflegerischen Versorgungsstruktur im Land wacht und nur bei Bedarf einschreitet, künftig tatsächlich gerecht werden muss.

Zur Sicherung der Pflege in Brandenburg müssen wir uns deutlich intensiver mit der Frage beschäftigen, wie wir neben der stationären und der ambulanten Pflege auch die familiäre Pflege gestärkt und gesichert bekommen. Damit einhergehen müssen natürlich auch Überlegungen, wie wir die Quartiere als Garanten einer menschenorientierten Pflege stärken und die Pflegestruktur im Land auf eine immer größer werdende Anzahl von Menschen mit Demenzerkrankungen ausrichten können. Leider werden diese Fragen ausgeblendet. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie von der Koalition in Ihrem Antrag darauf eingegangen wären.

Ganz grundlegend fehlt mir in Ihrem Antrag der Anspruch, den großen Wurf für einen Aufbruch in der Pflegepolitik zu wagen. Ich wünsche mir, dass wir in Brandenburg etwa dem Beispiel der Universität Bielefeld folgen, die gemeinsam mit verschiedenen Bildungseinrichtungen, Krankenhäusern und Krankenkassen einen Initialpflegekurs für pflegende Angehörige aufgebaut hat, mit dem Angehörige auf die Übernahme der Pflege vorbereitet werden sollen. Ich finde, das ist ein Projekt, das den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen in Brandenburg gleichermaßen zugute käme; man muss es nur wollen.

(Frau Lehmann [SPD]: Das fließt dort ein!)

Die Ausbildungsumlage wurde vor einem halben Jahr leider aus unserer Sicht natürlich nicht „leider“ - abgelehnt. Es passt

aber nicht zu den Argumenten, die von der Koalition hier in der Diskussion vorgetragen werden, wenn man vor einem halben Jahr etwas abgelehnt hat, was man jetzt doch prüfen und einführen will. Da hat Kollegin Schier völlig Recht; die Zeit ist uns leider jetzt verronnen.

Eine Ausbildungsumlage, die Sie prüfen lassen wollen, bekämpft die Symptome, aber nicht die Ursachen des Fehlens von Fachkräften im Pflegebereich. Was wir benötigen, sind deshalb deutlich früher einsetzende und verbindlichere Maßnahmen zur Berufsorientierung in den Schulen, eine engere Verzahnung von Schule und Wirtschaft, die bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf sowie ein abgestimmtes Management für diejenigen, die aus der Arbeitslosigkeit oder einer festen Anstellung heraus eine Umschulung zur Pflegefachkraft absolvieren möchten. Eine Umlage führt nicht zwangsläufig dazu, dass mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden. Ich jedenfalls halte das für einen Trugschluss.

(Frau Lehmann [SPD]: Da hat er Recht!)

Wer Pflegebedürftigen und deren Angehörigen mit einer wohnortnahen Beratung, Betreuung und Versorgung zur Seite stehen möchte, der kommt eben nicht umhin - das haben wir in unserem Entschließungsantrag auch angesprochen -, die Rolle der Pflegestützpunkte auch mal kritisch zu hinterfragen. Wenn Pflegeeinrichtungen in Beratungs- und Betreuungsfragen genauso kompetent sind wie die Stützpunkte, sollten sie auch - dann über das Landespflegegesetz - in die Lage versetzt werden, diese Aufgaben auszuführen.

Im Übrigen halten wir es grundlegend für fraglich, ob mit der gegenwärtigen räumlichen Stützungsstruktur im Land dem in § 92c SGB XI formulierten Anspruch, eine wohnortnahe Versorgung sicherzustellen, tatsächlich Rechnung getragen wird, solange in einem Flächenland wie Brandenburg nur ein Stützpunkt pro Landkreis existiert.

Ich habe die rote Lampe gesehen, Frau Präsidentin.

Insofern, meine Damen und Herren von der Koalition, glauben wir, dass Ihr Antrag von der Zeitschiene her viel zu weit gefasst ist. Es wird zu viel Zeit ins Land gehen. Deswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen. - Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Büttner. Das Sehen allein reicht nicht. - Es geht weiter mit dem Beitrag der Abgeordnetenkollegin Nonnemacher von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das wird noch spannend heute Nachmittag. - In der 25. Plenarsitzung am 11. November 2010 hatten wir an dieser Stelle schon einmal eine - extrem lebhafte - Debatte zu dem Antrag zur Altenpflegeausbildung, den die Fraktionen der CDU und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebracht hatten. Es handelte sich um einen Prüfauftrag, ob gemäß § 25 Abs. 1 des Bundesaltenpflegegesetzes eine Umlagefinanzierung für die praktische Altenpflegeausbildung eingeführt werden könne, wie

dies in einigen anderen Bundesländern schon seit Jahren der Fall ist.

(Frau Lehmann [SPD]: In zwei Bundesländern!)

Zudem habe ich im Rahmen der Haushaltsdebatte im Dezember schon dargelegt, dass die Zahl der Ausbildungsplätze in der Altenpflege in Brandenburg in den letzten Jahren kontinuierlich abgenommen hat.

Ebenfalls Gegenstand der Diskussion war das prognostizierte starke Ansteigen der Zahl der Pflegebedürftigen in Brandenburg von aktuell 90 000 Personen auf 131 000 Personen im Jahr 2030. Ich erinnere mich noch sehr gut an meine damalige Irritation, dass die Diskussion konträr zu den sonst üblichen ideologischen Sollbruchstellen verlief. Umso erfreuter stellen wir fest, dass der seinerzeit abgelehnte Prüfauftrag zu einem Umlageverfahren in der Altenpflegeausbildung jetzt - mit halbjährlicher Verspätung - von den Koalitionsfraktionen erteilt wird. Da sage noch einer, Oppositionsarbeit lohne sich nicht.

Die in dem Antrag, den Sie jetzt einbringen, getroffenen Feststellungen sind alle richtig und unstrittig, aber auch lange bekannt. Natürlich müssen wir bedarfsgerecht Fachpflegekräfte und auch Hilfskräfte ausbilden und weiter qualifizieren. Natürlich muss durch gute Bezahlung und gute Arbeitsbedingungen versucht werden, die Attraktivität des Berufes zu steigern und die Verweildauer in der Pflege zu verlängern. Natürlich müssen wir vornehmlich die häusliche Pflege stärken, weil dies der Wunsch der Pflegebedürftigen ist und anderes überhaupt nicht zu finanzieren ist. Und natürlich müssen wir alle Akteure - da fehlen mir neben Land, Kommunen und Pflegekassen die Selbsthilfeorganisationen, die gemeinnützigen wie auch die privaten Anbieter, die Vertreterinnen und Vertreter der Pflegewissenschaften und der Berufsverbände - vernetzen und Vorschläge zur Versorgung und Ausbildung entwickeln.

Ich glaube zwar, dass die meisten Daten zur demografischen Entwicklung und zur Entwicklung des Pflegebedarfs durchaus zur Verfügung stehen; aber wer hätte etwas gegen weitere wissenschaftliche Expertise und Vorschläge zur bezahlbaren häuslichen Pflege. Problematisch sehe ich aber den avisierten Zeitrahmen. Es ist doch lächerlich, dass ein Gutachten zum Pflegebedarf in Brandenburg und die Prüfung einer Ausbildungsumlage genauso lange dauern sollen wie der Abschlussbericht der Enquete II. Das ist mir absolut unverständlich.

(Beifall GRÜNE/B90 und CDU)

Diesen Aspekt greift der Entschließungsantrag der CDU-Fraktion völlig zu Recht auf, der eine frühere Auskunft von Teilergebnissen fordert. Ich denke aber, wir müssen daraus gar nicht einen wahnsinnigen Gegensatz konstruieren. Man kann durchaus die geforderten Teilaspekte früher vorlegen und weiteren wissenschaftlichen Sachverstand auf längere Zeit einfordern. Wir haben nichts gegen den Antrag der Koalitionsfraktionen. Wir freuen uns ja, dass der schwerfällige Tanker der Großen Koalition endlich in Fahrt gekommen ist.

(Beifall GRÜNE/B90)

Zum Entschließungsantrag der FDP-Fraktion muss ich leider sagen, dass wir dem so nicht folgen können. Herr Kollege Büttner, Sie umschiffen mal wieder sehr wortreich das Problem

eines Umlageverfahrens, das Sie ablehnen. Wir lehnen es nicht ab, sondern halten es für sinnvoll. Ferner fordern Sie in Ihrem Entschließungsantrag mehr oder weniger ein Wegevaluieren der Pflegestützpunkte. Auch da gehen wir nicht mit.

(Beifall GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Nonnemacher. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Minister Baaske hat das Wort.

Frau Vizepräsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Schier, es ist richtig - wir wissen das auch -, dass es in diesem Plenum eine Fraktion gibt, die Anträge der Opposition grundsätzlich ablehnt. Wir alle wissen, welche Fraktion das ist.