Protokoll der Sitzung vom 23.06.2011

(Hoffmann [CDU]: Aber nicht gestern Nachmittag!)

Es ist hinzugekommen, dass Sie die Revision der Jahreszahl 2019 einfordern. Ich sage Ihnen: Das Konzept wird kommen. Ich bin ganz besonders enttäuscht von Ihnen, Herr Büttner, weil Sie im Ausschuss immer wieder betont haben, wie wichtig es sei, dass wir gemeinsam über die Fraktionsgrenzen hinweg dieses gesamtgesellschaftliche Projekt angehen, und weil Sie auch hier eben am Pult gesagt haben, wie wichtig es sei, diesen Inklusionsprozess zu betreiben. Dass Sie jetzt mit einer Partei, die das offensichtlich ablehnt, sozusagen das Hohelied der Separation singt und die für jeden Schüler, der nicht in die Norm passt, am liebsten eine eigene Schulform gründen möchte, gemeinsam beantragen, dieses Konzept zu erarbeiten, geht nicht in meinen Kopf.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE und SPD)

Wir werden also den Rechtsanspruch im Sinne der Kinder umsetzen; alles andere wäre fahrlässig. Ich glaube, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Besonders verwundert mich an dieser Stelle, Herr Büttner und auch Herr Wichmann, dass Sie hier beide sehr demonstrativ gegen dieses Vorgehen agieren und im Kreistag Uckermark in einer gemeinsamen Kooperation vor nicht allzu langer Zeit sogar die Auflösung der Förderschule beschlossen und das Zusammengehen mit der Oberschule auf den Weg gebracht haben. Dies ist also offensichtlich schon ein ganz anderes Auftreten hier in Potsdam als im Kreistag Uckermark. Mich verwundert das sehr.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE und SPD)

Damit bin ich am Ende meiner Rede. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Das Wort erhält nun wieder die Landesregierung. Anstelle von Frau Dr. Münch spricht der Ministerpräsident.

Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte mich insbesondere nach der Rede von Kollegen Hoffmann gemeldet.

Ich bin dankbar, dass bei diesem eminent wichtigen Thema nicht nur Redner der Koalition, sondern auch Teile der Opposition mit der gebotenen Ernsthaftigkeit, Gründlichkeit und durchaus unterschiedlichen Sichtweisen dieses Thema bearbeitet haben. Das hat es allemal verdient. Ich sage einmal: UNKonvention hin oder her - es geht um eine Aufgabe, die wir alle empfinden müssen. Es ist von manchen Rednern sehr eindrucksvoll dargestellt worden, dass wir alle Kraft darauf verwenden müssen, wirklich alle Kraft - geistige, materielle und finanzielle -, damit jedem einzelnen Kind, mit welchen Voraus

setzungen auch immer es zur Welt gekommen ist, alle Chancen gegeben werden, die menschenmöglich sind, und das möglichst im Verbund mit anderen Kindern, die besser ausgestattet auf die Welt gekommen sind. Das muss unser aller Anliegen sein, meine Damen und Herren. Da darf es überhaupt kein Vertun geben.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Dass es dabei noch eine Menge zu tun gibt, wissen wir; das hat die Bildungsministerin nicht nur einmal deutlich gemacht. Ich habe allerhöchsten Respekt vor den Lehrerinnen und Lehrern dieses Landes. Es sind viele, die sich schon längst auf diesen Weg gemacht haben und diesen Weg schon seit Jahren erfolgreich beschreiten.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Wir haben es hier auch noch einmal aus der Praxis gehört, dass dies längst in aller Stille schon Usus ist. Wir wollen, dass sich jetzt aber für alle Kinder die Möglichkeit öffnet, wo es irgend denkbar ist. Es mit so schlichten Sprüchen zu versehen, Herr Hoffmann, das hat dieses Thema nicht verdient. Unsere Bildungsministerin ist eine kluge und weitsichtige Frau. Sie hier Geisterfahrerin zu nennen ist wirklich eine bodenlose Unterstellung. Da sollten Sie vielleicht noch einmal das Vier-AugenGespräch suchen und den Mut zu einer Entschuldigung finden.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Verehrter Herr Hoffmann, verehrte Frau Dr. Ludwig, ich habe einen Blick in den Leitantrag der CDU-Bundespartei geworfen, und vielleicht sollten Sie bei bildungspolitischen Themen etwas vorsichtiger durch die Welt laufen. Sie haben vor einem halben Jahr in diesem Parlament noch vehement die Wende im AtomAusstieg verteidigt. Ihre Fraktion hat gestern Mühe gehabt, die erneute schnelle Wende irgendwie zu rechtfertigen. Sie haben ein wenig Kritik geübt; es ging Ihnen offenbar zu schnell, Sie kommen da anscheinend nicht mehr hinterher. Ich wäre bei Ihrer Bundespartei sehr vorsichtig. Sie fordert ja jetzt die Einführung der Oberschule. Der Brandenburger Weg wird jetzt also der CDU-Bundesweg. Weise Erkenntnis, kann ich da nur sagen.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

In Ihren Führungsgremien wird diskutiert, ob diese Oberschule nicht bis zum Abitur führen soll. Die CDU fordert die Gesamtschule. Dass wir das noch erleben dürfen, hätte ich nun wahrlich nicht gedacht.

(Heftiger Beifall SPD und DIE LINKE)

Wenn ich sage, Herr Hoffmann und Frau Dr. Ludwig, dass Sie vorsichtig sein sollen, dann tue ich das vor folgendem Hintergrund: Ich ahne, wenn Ihr Parteitag eine Dynamik entwickelt, fordern Sie die Abschaffung des Gymnasiums. Seien Sie vorsichtig auf dem Gebiet!

(Heiterkeit und Beifall SPD und DIE LINKE)

Meine Damen und Herren! Das war ja nun ein dazwischengedrängelter Beitrag, und nach der Geschäftsordnung darf die

Landesregierung so lange reden, wie sie will. Deswegen frage ich Sie, Frau Dr. Münch, möchten Sie Ihre übrigen vier Minuten in Anspruch nehmen? Diese dürften die Abgeordneten dann auch in Anspruch nehmen.

(Ministerin Dr. Münch: Ist das eine Drohung? - Nein, ich möchte nicht mehr sprechen!)

Das Thema ist für heute erschöpft. Es wird uns sicher noch öfter beschäftigen. Ich danke Ihnen für Ihre lebhaften Beiträge und komme zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der CDU- und der FDP-Fraktion in der Drucksache 5/3442. Wer dem Entschließungsantrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Ohne Enthaltungen ist der Entschließungsantrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 1 und rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Fragestunde

Sie sehen am Stand der Uhrzeiger, dass die Fragestunde vermutlich etwas kürzer ausfallen wird, und ich glaube, viel Zeit zum Mittagessen werde ich Ihnen auch nicht lassen. - Wir kommen zunächst zur Dringlichen Anfrage 45 (Äußerungen von Vertretern der Regierungsfraktionen zum Nachtflugverbot am BBI), gestellt vom Abgeordneten Genilke.

Presseberichten ist zu entnehmen, dass Vertreter der Regierungskoalition auf einer Podiumsdiskussion am 16. Juni 2011 in Michendorf zum BBI erklärten, dass sie und große Teile ihrer Fraktionen für ein striktes Nachtflugverbot am BBI von 22 bis 6 Uhr eintreten. Damit widersprechen sie dem von der Landesregierung festgestellten ergänzenden Planfeststellungsbeschluss. Im Hinblick auf den Urteilsspruch des Bundesverwaltungsgerichts, der im September 2011 erwartet wird, besteht offensichtlicher Klärungsbedarf, inwiefern die Landesregierung weiterhin an den Zielen des Planergänzungsbeschlusses festhält.

Ich frage die Landesregierung: Steht sie weiterhin zu den im Planergänzungsbeschluss festgelegten Regelungen zum Nachtflugverbot, oder sieht sie Änderungsbedarf?

Das sagt uns Minister Vogelsänger.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Planfeststellungsbehörde im Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft sieht keinen Änderungsbedarf. Sie hat im Rahmen der Abwägung zum Planergänzungsbeschluss „Lärmschutzkonzept BBI“ vom 20. Oktober 2009 alle Belange einbezogen, insbesondere die Berücksichtigung des vorbeugenden Lärmschutzes für Flughafenanwohner wie auch die Anforde

rungen der Luftverkehrswirtschaft. Die Planfeststellungsbehörde kann dabei nicht einseitig eine betroffene Seite betrachten, sondern muss den Nachtflug auch unter dem Aspekt der Daseinsvorsorge beurteilen.

Der Planfeststellungsbeschluss enthält umfangreiche Auflagen zur Vermeidung und Minderung des Fluglärms, insbesondere umfangreiche Nachtflugbeschränkungen. In diesen Fällen wurde in der Abwägung den Lärmschutzinteressen Vorrang eingeräumt. So erachtet die Planfeststellungsbehörde die Lärmschutzinteressen in der Kernzeit der Nacht als besonders schützenswert.

Nun zu den Abgeordneten des Brandenburger Landtages. Sie sind alle frei gewählt und frei in ihrer Meinungsäußerung.

(Beifall SPD, DIE LINKE und GRÜNE/B90)

Es steht einem Mitglied der Landesregierung nicht zu, dies zu kommentieren. Ich habe 15 Jahre als Abgeordneter im Brandenburger Landtag sowie im Deutschen Bundestag arbeiten dürfen und weiß, wie schwierig Wahlkreisarbeit und die Arbeit von Abgeordneten ist. Man kämpft um jeden Radweg, man kämpft um jede Gebäudesanierung bei der Stadtentwicklung oder um Projekte im Rahmen der Dorferneuerung, um meinen Fachbereich ein Stück zu skizzieren.

Das muss allerdings alles finanziert werden. Wir brauchen Arbeitsplätze, wir brauchen Steuereinnahmen. Der Flughafen „Willy Brandt“ ist das wichtigste Infrastrukturprojekt für Berlin-Brandenburg, für Ostdeutschland insgesamt. So steht es auch im rot-roten Koalitionsvertrag, und die Landesregierung kämpft engagiert, dass dieser Flughafen ein Erfolgsmodell wird. Das hat viele Gründe. Es geht darum, dass Mengen im Land Brandenburg eine Perspektive haben. Ich habe in der Enquetekommission eine sehr engagierte Diskussion erlebt; darin ging es um das Thema Infrastruktur. Zu einem modernen Bundesland gehört ein moderner Straßenverkehr, ein moderner Schienenverkehr, auch die Wasserstraßen, was beim Bund anscheinend in Vergessenheit geraten ist, und selbstverständlich auch ein leistungsfähiger internationaler Flughafen.

In der Debatte spielten auch die Perspektiven von Menschen eine Rolle. Ich habe dort ausgeführt, dass der Flughafen Berlin-Brandenburg International auch der letzte große Schub gegen die demografische Entwicklung ist. Er sorgt dafür, dass junge Menschen in Berlin-Brandenburg eine Perspektive haben, und er sorgt wahrscheinlich auch für Zuzug. Eine Bemerkung nebenbei: Die Grundstückspreise im Flughafenbereich sinken nicht. Die Menschen gehen dorthin, wo sich ihnen Arbeit und eine Perspektive bietet.

Es geht um eine Investition in der Größenordnung von 2,5 Milliarden Euro. Das sichert schon jetzt einige Tausend Arbeitsplätze. Beim Flughafen werden es einige Zehntausend sein. Ich beziffere sie jetzt nicht auf 30 000, 35 000 oder 40 000. Ich kämpfe mit der Landesregierung um jeden mit dem Flughafen in Zusammenhang stehenden Arbeitsplatz, und ich kämpfe darum, dass die Menschen in Berlin und Brandenburg, in unserem Bundesland, eine Perspektive haben. - Herzlichen Dank.

Der Fragesteller hat Nachfragebedarf. Herr Genilke, bitte.

Herr Minister, herzlichen Dank für die Beantwortung der Frage. Sie hatten sie gleich im ersten Satz beantwortet. Sie sagten, die Landesregierung sehe keinen Änderungsbedarf, und Sie bewerteten auch keine Äußerungen von Abgeordneten aufgrund deren Freiheit und Unabhängigkeit. Das ist völlig richtig. Deswegen frage ich Sie noch einmal konkret, ob aus den die Koalition tragenden Fraktionen an Ihr Haus oder an Sie persönlich der Wille herangetragen worden ist, hinsichtlich des Planergänzungsbeschlusses eine Veränderung zu bewirken.

Herr Abgeordneter Genilke, wir sehen keinen Änderungsbedarf. Ich fühle mich darin bzw. bei der Umsetzung dieses wichtigen Vorhabens nicht nur durch die Regierungsfraktionen, sondern auch durch weite Teile der Opposition bestärkt.

Es gibt weitere Nachfragen.

Keine Antwort ist auch eine Antwort; wir nehmen es zur Kenntnis.

Meine Frage ist: Wie viele Personen haben bei der letzten Passagierbefragung Berlin-Brandenburg 2010 angegeben, nach 22 Uhr fliegen zu wollen?

Wir haben im brandenburgischen Landtag einen Fachausschuss für Infrastruktur und Landwirtschaft. Dort kann man sicherlich die Dinge noch einmal ganz genau untersuchen.

Frau Vorsitzende, ich habe in der Debatte um die Flugrouten immer gesagt: Es wird auch bei den Flugrouten Veränderungen geben, und es gibt eine Festlegung der Kernzeit, es gibt Festlegungen zu den Randzeiten, und die sind einzuhalten. Unter diesen Rahmenbedingungen ist dafür zu sorgen, dass dieser Flughafen ein wirtschaftlicher Erfolg wird. Insofern möchte ich hier aus dem Handgelenk keine Zahlen nennen. Ich bin gern bereit, darüber detailliert im Ausschuss zu berichten. Sie sind herzlich eingeladen. Es ist sicherlich das Recht der Parlamentarier, an jedem Ausschuss teilzunehmen.

Der Abgeordnete Baer stellt die Frage 639 (Gemeinsame Erklärung zur Stärkung der Sozialpartnerschaft im Land Bran- denburg).

Am 31. Mai 2011 wurde durch den Arbeitsminister des Landes Brandenburg, die Vorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg und den Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg eine gemeinsame Erklärung zur Stärkung der Sozialpartnerschaft unterzeichnet.