Protokoll der Sitzung vom 01.09.2011

(Zuruf)

Es kann ein Anfang sein, dass wir in Diskussionen kommen, auch über den Antrag, und ich würde mich freuen, wenn wir ihn an die zuständigen Ausschüsse überweisen und dort noch einmal diskutieren könnten bzw. - das sage ich noch einmal auch vor Ort die Lausitzer Abgeordneten. - Danke schön.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lipsdorf. - Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Herr Abgeordneter Maresch hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, mit diesem Antrag haben Sie sich ein Armutszeugnis ausgestellt und bestätigen: Man muss sich manchmal nicht mit Ihnen auseinandersetzen, man muss Sie nur zitieren,

(Beifall DIE LINKE)

und das wüste Auf-mich-Einschlagen des Herrn Senftleben zeigte das ja. Herr Senftleben, für Sie, weil Sie mich vielleicht noch nicht so gut kennen: Auch wenn Sie sich noch so bedeutungsvoll zu mir herunterbeugen und sagen: Nicht so dick auftragen, nicht so dick auftragen!, ich habe in meinem Leben Situationen erlebt, von denen ich hoffe, dass Sie davon nicht träumen. Ich kann Ihnen wirklich versichern, dass Menschen wie Sie mich eigentlich nur erheitern und mir keine Angst einjagen.

Irgendwie kommt es mir vor, als wollten Sie mit diesem Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, in seiner ganzen Unverbindlichkeit, in seiner Allgemeinheit Ihrer Sommertour wie früher eine sozialistische Brigade abrechnen. Dabei machen Sie allerdings die gleichen Fehler wie manche Brigaden früher: Sie beschreiben Zustände bzw. fordern Dinge, die mit dem tatsächlichen Leben nichts und häufiger gar nichts zu tun haben.

(Beifall DIE LINKE)

Letzteres trifft voll und ganz auf Ihren Antrag zu. Lassen Sie mich nur einige Worte hierzu finden, in fünf Minuten kann man nicht alles abarbeiten. Ihr Antrag, meine Damen und Herren der CDU, beweist: Sie kennen weder das Konzept noch die Arbeit und offensichtlich auch nicht die Akteure der Energieregion Lausitz. Seit 2009 gibt es das Bündnis „Energieregion“, in denen die Landkreise Dahme-Spreewald, Spree-Neiße, Oberspreewald-Lausitz und Elbe-Elster sowie die Stadt Cottbus in dieser Region zusammenarbeiten. Dies ist ein freiwilliger Zusammenschluss in der Region, um insbesondere all ihre innewohnenden endogenen Potenziale der Region und somit den

Menschen zu erschließen und zu nutzen. Die Energieregion versteht sich dabei nicht nur als Region für und mit der Energie, nein, als politischer Begriff ist sie ein voranschreitender dynamischer und sich immer wieder den verändernden Bedingungen anpassender Prozess. Fünf Foren arbeiten in der Energieregion: Wissenschaft, Wirtschaft, Klimaschutz und ländliche Entwicklung, Tourismus, neue Landschaften,

(Zuruf der Abgeordneten Prof. Dr. Heppener [SPD])

Forum Infrastruktur - dies in Zusammenarbeit mit allen in der Lausitz bekannten Protagonisten, Einrichtungen etc., zum Beispiel BTU, IHK, FH Wildau, Hochschule Lausitz, Vattenfall, BASF, Wirtschaftsinitiative Lausitz und viele, viele andere.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

In all diesen Foren werden die von Ihnen im Antrag benannten Probleme behandelt. Sie sehen: Ihr einmaliger Besuch der Fraktion während des Sommers reicht keineswegs aus, die Lausitz und ihre Menschen mit all ihren Problemen, aber auch vor allem ihren regional initiierten Lösungsansätzen kennenzulernen. Diese Energieregion ist natürlich auf die Zusammenarbeit mit der Landesregierung angewiesen, und ich weiß: Die Landesregierung arbeitet mit der Region eng zusammen und ob Sie es glauben oder nicht - ganz ohne Ihren Auftrag! Nein, dessen bedurfte es nicht.

Derzeit laufen Gespräche der Energieregion Lausitz mit den sächsischen Landkreisen Bautzen und Görlitz. Hier gibt es vom Rat der Energieregion bereits mehrere Abstimmungen zur Gestaltung der Zusammenarbeit. Dabei wird die Lausitz als Ganzes betrachtet. Auch im Rahmen der Oder-Partnerschaft werden wesentliche Elemente der Region Lausitz involviert. Insoweit aber hält sich leider der von der CDU geführte Freistaat Sachsen unerklärlicherweise sehr zurück.

Nun haben wir alle Punkte Ihres Antrags faktisch abgearbeitet. Fehlt nur noch der Hochwasserschutz. Auch hinsichtlich dieses Themas ist Ihr Antrag überflüssig. Die Punkte sind im Wesentlichen bereits durch den Kabinettsbeschluss 179/10 „Hochwasserschutz verbessern durch entschlossenes Hochwasserrisikomanagement“ sowie durch den Entschließungsantrag des Landtages „Hochwasserereignisse analysieren und Konsequenzen ziehen“ abgedeckt.

Schließlich, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, gibt es noch den Artikel 44 der Verfassung des Landes Brandenburg. Unsere Verfassung ist Gesetz für alle. Der genannte Artikel ist überschrieben mit „Strukturförderung“:

„Das Land gewährleistet eine Strukturförderung der Regionen mit dem Ziel, in allen Landesteilen gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen zu schaffen und zu erhalten.“

Mit dieser Beschreibung ist auch die Lausitz gemeint. Ich habe bisher nicht erlebt, dass eine demokratisch legitimierte Regierung dieses Landes nicht zu diesem Artikel gestanden hätte.

(Beifall DIE LINKE)

Was uns linke Abgeordnete aus der Lausitz an Ihrem Antrag sehr ärgert, ist die Tatsache, dass sich darin nur in einem Halb

satz die Minderheit der Sorben und Wenden findet. Dabei ist gerade das ein Alleinstellungsmerkmal der Lausitz.

(Beifall DIE LINKE)

20 000 Sorben und Wenden finden bei Ihnen de facto nicht statt. Damit zeigen Sie eineindeutig, dass Sie Ihren Antrag nicht ansatzweise ernst meinen und dass man ihn auch nicht ansatzweise ernst nehmen kann.

(Beifall DIE LINKE)

Aus den von mir benannten Gründen ist Ihr Antrag schlicht überflüssig. Denn alles, was Sie fordern, wird bereits realisiert bzw. ist schon realisiert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Lausitz arbeiten und verzichten Sie darauf, uns die Strecke zu zeichnen, wenn wir bereits auf dem Marathon sind.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Maresch. - Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Der Abgeordnete Vogel hat das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Die Rettung der Braunkohle kann kein Staatsziel sein“ hat vor drei Tagen der Berater der Landesregierung, Herr Schellnhuber, uns allen ins Stammbuch geschrieben, uns allen deswegen, weil seit Gründung des Landes Brandenburg alle Landesregierungen so ziemlich alles unternommen haben, um die im Gefolge der deutschen Einheit 1991 vor dem Aus stehende Braunkohleförderung in der Lausitz über die Zeit zu retten. Die Versuche reichen von den Braunkohlevorranggesetzen in der 1. Legislaturperiode bis zu den Bundesratsinitiativen unserer Tage.

So, wie mit der politisch bedingten Absicherung der Braunkohlenutzung in der Lausitz der Gestaltungsspielraum der Landesregierung in der Vergangenheit unseres Erachtens falsch genutzt wurde, so muss der politische Handlungsspielraum jetzt genutzt werden, um den fälligen Ausstieg aus der Braunkohle vorzubereiten und politisch zu begleiten. Da kann sich ein Ministerpräsident mit dem Hinweis auf Unternehmensentscheidungen nicht wegducken.

(Beifall GRÜNE/B90)

Vor diesem Hintergrund schien der Antrag der CDU-Fraktion zunächst ein Lichtblick zu sein. Aber nicht nur das zweite Mal Hingucken, sondern auch der heutige Redebeitrag von Herrn Senftleben hat gezeigt: Enttäuschung auf der ganzen Linie!

Unverändert wird in dem Antrag die Absicherung der weiteren Nutzung der Braunkohle an die erste Stelle gerückt. Den von Vattenfall geplanten Aufschluss neuer Tagebaue nimmt die CDU als gegeben hin; lediglich die Aussparung von Ortschaften bei der Abbaggerung soll nun geprüft werden. Das Festhalten an der weiteren jahrzehntelangen Braunkohleverstromung und die Schwerpunktsetzung auf den Energiebereich sind die Kardinalfehler dieses Papiers.

Wir denken dagegen, dass die entscheidenden und auch sehr bald zu beantwortenden Fragen für die Lausitz in der Tat lauten, wie jetzt der Ausstieg aus der Braunkohle organisiert wird und was nach der Braunkohle kommen soll.

(Beifall GRÜNE/B90)

Angesicht des rapiden Ausbaus der erneuerbaren Energien und steigender Preise für CO2-Zertifikate ist die Braunkohle in absehbarer Zeit - allen Durchhalteparolen von Vattenfall zum Trotz - nicht mehr wettbewerbsfähig.

(Beifall GRÜNE/B90)

Auch die CCS-Technologie wird sie - völlig unabhängig von den heutigen Erklärungen des Ministerpräsidenten zum CCSGesetz oder den plötzlich aus dem Nichts aufgetauchten Phantasiepipelines nach Stettin oder Norwegen - nicht retten können. Die Braunkohle ist eben kein Partner für die erneuerbaren Energien. Die schwerfälligen Braunkohlegrundlastkraftwerke sind vielmehr ein großes Hindernis auf dem Weg zur regenerativen Vollversorgung, da zukünftig flexibel regelbare Kraftwerke benötigt werden.

Seit Jahren liegen Cottbus und die Lausitzer Braunkohlelandkreise auf den hintersten Plätzen der Prognos-Zukunftsstudien Anlass genug, hier endlich Konsequenzen zu ziehen. Nur, in Brandenburg will man der Wahrheit nicht ins Auge blicken. Diese Wahrheit lautet: Die Braunkohle ist das Problem der Lausitz, nicht die Lösung ihrer Probleme.

(Beifall GRÜNE/B90)

Wenn wir über die Zukunft reden: Der Diskussionsprozess dazu ist vor Ort bereits in vollem Gange und schon viel weiter fortgeschritten als hier in Potsdam. Angefangen bei den öffentlichen Ringvorlesungen an der BTU über die Meinungsbildungsprozesse in der IHK Cottbus bis hin zu den Diskussionen auf den Seiten der „Lausitzer Rundschau“ - die Region ist dabei, sich auf ihre endogenen Potenziale zu besinnen und Entwicklungskonzepte für die Zeit nach der Braunkohle zu erarbeiten.

Dabei ist die Weiterentwicklung der Lausitz von einer Braunkohleregion zu einer Region für erneuerbare Energien nur ein Element von vielen. Nicht übersehen werden darf, dass Vattenfall mit fast 5 000 Arbeitskräften zwar immer noch der größte Arbeitgeber in der Lausitz ist, aber 97 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten auch in der Lausitz nicht im Braunkohlebereich tätig sind. Eine Konzentration auf den Energiemarkt ginge daher an den realen Problemen der Lausitz vorbei. Die Lausitz ist eben auch ein ländlicher Raum, mit all den auch aus der Uckermark und der Prignitz bekannten...

Herr Abgeordneter Vogel, der Abgeordnete Lipsdorf möchte eine Zwischenfrage stellen.

Bitte.

Herr Lipsdorf, bitte.

Ich kann jetzt leider nicht applaudieren. - Sie sprachen von 5 000 Arbeitsplätzen direkt in der Braunkohle.

Kennen Sie auch die Zahl der indirekt von der Braunkohle abhängigen Arbeitsplätze?

Ich weiß natürlich, dass auch die Mitarbeiter in den Tagebauen Brötchen kaufen.