Protokoll der Sitzung vom 28.09.2011

Der zweite Aspekt ist leider Gottes etwas komplizierter, denn es geht um eine Pflichtübertragung - insbesondere für den Winterdienst - von der Kommune auf Private. Es ist grundsätzlich löblich - sage ich ausdrücklich -, dass man sich hier bemüht, Klarheit und vor allen Dingen Rechtssicherheit zu schaffen; das ist der richtige Weg. Ich gestehe allerdings auch offen und ehrlich, dass das entsprechende Fachgespräch, das wir dazu hatten, eines der ganz wenigen war, die ich erlebt habe, bei denen es am Schluss mehr Fragen gab, als Antworten geliefert wurden. Normalerweise dienen Fachgespräche der Erhellung; das war diesmal nicht der Fall.

Das Problem ist - eigentlich! - ganz einfach: Es geht nämlich letzten Endes nur um eine Definitionsfrage. Leider Gottes - das muss man immer dazusagen, das ist das eigentlich Interessante auch an der ganzen Debatte - gibt es im Land Brandenburg unbefestigte Anliegerstraßen. Besser wäre es, wenn es nur befestigte gäbe, aber so ist es nun einmal, und das Definitionsproblem, das dahinter steht, ist das Definitionsproblem um den Gehweg. Von daher denken wir, dass die beantragte Gesetzesänderung nicht dazu führen wird, das Problem zu lösen. Wir sehen das auch nicht beim Antrag der Kollegen der CDU-Fraktion. Wir gehen weiter davon aus, dass wir uns mit diesem Thema hier im Hohen Hause noch öfter beschäftigen werden, weil die nächsten Klagen wahrscheinlich nicht auf sich warten lassen werden; das muss man realistischerweise sagen. Von daher sehen wir uns zu genau dem gleichen Thema bestimmt bald wieder an dieser Stelle. - Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Beyer. - Für die Fraktion DIE LINKE wird Frau Abgeordnete Wehlan die Aussprache fortsetzen.

Verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ganz so schwarz wie Herr Beyer sehe ich es nicht, wenngleich natürlich Gesetze immer auch Anlass geben, beklagt zu werden, und ich auch die Notwendigkeit sehe, dass wir zwei Jahre nach der Novellierung des Straßengesetzes diese Thematik im Fachausschuss noch einmal aufrufen.

Die Frage, warum der Landesgesetzgeber im Sinne der heute vorliegenden zweiten Änderung des Brandenburgischen Straßengesetzes tätig wurde, ist von meiner Vorrednerin, Frau Kircheis, ausgiebig beantwortet worden. Kurz gesagt, geht es bei den Regelungen zur Straßenreinigung und zum Winterdienst um rechtliche Klarheit und gesetzgeberische Ausgestaltung einer seit 20 Jahren angewandten Praxis - wohlgemerkt: in den Städten und Gemeinden Brandenburgs.

Mit dem vorliegenden Gesetz wird den Forderungen des Verwaltungsgerichts Genüge getan und den Kommunen ermöglicht, in Satzungen festzulegen, ob und wie der Winterdienst durchzuführen sei. Also anders, Herr Genilke, als von Ihnen verstanden, handelt es sich eben nicht um eine neue Pflicht, die Straßen vom Schnee zu befreien, die Rot-Rot angeblich nunmehr Brandenburgerinnen und Brandenburgern aufbürden will. Ihnen wurde im Ausschuss von Ihrer Kollegin Richstein ja sehr anschaulich geschildert, dass sie bereits heute bis zur Fahrbahnmitte reinigen muss.

Ich erinnere mich auch an die Forderungen des Städte- und Gemeindebundes und seines Präsidenten, des Bürgermeisters von Werder, Werner Große, der eine schnellstmögliche Lösung des Problems mit den Worten einforderte - ich zitiere -:

„Bisher gab es mit der Übertragung der Straßenreinigung und des Winterdienstes auf die Anlieger keine Probleme, was sich mit dem Urteil geändert hat.“

Wenn Sie also von einer von Rot-Rot geplanten Ausweitung der Reinigungspflicht auf die Fahrbahn sprechen, so sind Sie auf dem Holzweg und gut beraten, schnell zum Sachdiskurs zurückzufinden, um nicht unnötigerweise einen Popanz an die Wand zu malen, den es nicht gibt. Ich möchte Ihnen dabei gern helfen; vielleicht ziehen Sie ja auch Ihren Antrag zurück, ich habe da echt noch große Hoffnung.

Ich habe bereits ausgeführt - die Wiederholung ist bekanntlich die Mutter der Weisheit -, dass es - erstens - keine neue Pflicht für Brandenburgerinnen und Brandenburger gibt, die Straßen vom Schnee zu befreien, und dass es sich mit der Gesetzesänderung um die Klarstellung einer 20-jährigen Praxis hier in Brandenburg handelt. Ich verweise aus Zeitgründen auf die ausführlichere Begründung der alten und neuen Gesetzeslage dazu in unserem Antrag.

Zweitens: Wie bisher bleibt die Entscheidung, ob und wenn ja, welche Straße von Schnee geräumt wird, einzig und allein bei den Kommunen. Da ändert sich rein gar nichts. Die Kommunen entscheiden wie bisher selbstständig über jede einzelne Straße. Dort, wo es unter verschiedenen Gesichtspunkten zumutbar ist, kann die Gemeinde die Räumpflicht per Satzung wie gehabt auf die Anwohner übertragen. Wenn sie es nicht übertragen will, Herr Genilke, macht sie es eben nicht. Da sind die Kommunen völlig frei, und daran soll sich gegenüber der alten Gesetzeslage wirklich nichts ändern. Im Gegenteil: Unser Änderungsantrag macht deutlich, dass die Gemeinden für die Beurteilung der Zumutbarkeit neben den Verkehrsverhältnissen weitere Kriterien heranziehen können. Damit ist klar, dass das Kriterium Gefahr für Leib und Leben eine entscheidende Rolle spielt, aber auch, dass Umstände spezieller Fälle, wie extrem lange Grundstücksfronten mit gegenüberliegenden Brachflächen etc. oder auch solche Dinge, die Sie hier in Ihrer Begründung angeführt haben, zu berücksichtigen sind. Die konkrete Situation muss also angemessen berücksichtigt werden. Das kann und muss vor Ort geleistet werden, und das wird auch dort geleistet.

Drittens ist zu betonen, dass mit dieser Gesetzesklarstellung die kommunale Selbstverwaltung geschützt und sogar weiter gestärkt wird. Jede Stadt oder Gemeinde kann nach klaren Kriterien festlegen, wie und auf welchen Straßen der Winterdienst

in ihrem Verantwortungsbereich vollzogen werden soll. Dieser Forderung - auch Ihrer Bürgermeister, Herr Genilke - sind wir nachgekommen; um nicht mehr und nicht weniger geht es.

Viertens: Mit unserem Änderungsantrag haben wir weitere Anregungen aus dem Fachgespräch im Ausschuss für Infrastruktur und Landwirtschaft aufgegriffen. Und, Herr Beyer, natürlich sind auch Fragen offengeblieben, aber die regeln wir ganz forsch mit unserem Änderungsantrag. Insofern sind nach meiner Wahrnehmung nicht mehr Fragen offengeblieben, als Antworten mit dem Gesetz und auch mit dem Antrag der Koalition gegeben werden.

Zur Zumutbarkeit habe ich mich schon geäußert. Die Präzisierung der Räumung parallel zur Grundstücksgrenze oder die Möglichkeit der Gemeinden, den Einsatz von Streumitteln in Satzungen zu regeln und beispielsweise das Streuen von Salz nur bei außergewöhnlichen Wetterlagen zuzulassen, verdeutlichen das.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, kommunale Selbstverwaltung ist ein hohes Gut. Sie wird durch die Klarstellung des Gesetzes geschützt und sogar weiter gestärkt. In diesem Sinne werbe ich für unseren Antrag und die Annahme des Gesetzes.

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Wehlan. - Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Herr Abgeordneter Jungclaus hat das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste! Der Herbst beschert uns einen so schönen Sommertag, und wir reden schon über den Winter. Ich denke aber, das ist notwendig, und es zeigt die Unsicherheit, die das Gerichtsurteil vom Dezember 2010 hervorgerufen hat.

Wenn keiner mehr so recht weiß, wer für die Straßenräumung zuständig ist, bleibt das Allgemeinwohl auf der Strecke. Daher begrüße ich die notwendige Rechtssicherheit, die die geplante Änderung des Brandenburgischen Straßengesetzes schafft. Es wird gerade noch rechtzeitig vor dem Winter dafür sorgen, dass die Menschen auf den betreffenden Straßen bei Schnee und Glätte auch zu Fuß sicher unterwegs sind.

Ich freue mich, dass die Landesregierung in ihrem Änderungsantrag auf unsere Forderung aus der 1. Lesung eingegangen ist und die Einschränkung der Streusalzverwendung thematisiert hat, auch wenn wir uns natürlich eine noch deutlichere Absage gewünscht hätten. Hier bleibt nun, an die Vernunft der Kommunen zu appellieren, die in einigen Fällen ein Verbot der Verwendung von Streusalz in ihre Satzungen aufgenommen haben.

Auch positiv zu bewerten ist die Stärkung der Zumutbarkeitsprüfung vor der Übertragung der Straßenreinigung im Einzelfall. Mit dieser Ergänzung werden die Kommunen dazu aufgefordert, genau hinzuschauen und im Zweifel besondere Lösungen für den Einzelfall zu erarbeiten. Genau das kann eine Gemeindeverwaltung eben besser als eine Landesbehörde, denn dort ist die größtmögliche Nähe zum Bürger gewährleistet. Weil wir das so sehen, können wir uns den Bedenken der CDU-Fraktion nicht anschließen, zumal Sie auch eine Antwort auf die Frage nach der Finanzierung schuldig bleiben. Nach

dem Konnexitätsprinzip bezahlt derjenige, der bestellt, und es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum bei Aufgaben, für die bei befestigten Gehwegen ganz selbstverständlich die Anlieger zuständig sind, auf einmal die Steuerzahler belastet werden sollen.

(Beifall GRÜNE/B90 und vereinzelt SPD)

Sicherlich gibt es wie überall auch hier Extrembeispiele, die berücksichtigt werden müssen. Im Gegensatz zu Ihnen vertraue ich aber auf die demokratischen Mechanismen innerhalb der Kommunen, eine Abwägung zwischen den Belangen des Allgemeinwohls und des Einzelnen vornehmen zu können. Jeder, der in der Kommunalpolitik unterwegs ist, weiß, dass es die Bürgerinnen und Bürger gerade bei diesen Themen sehr gut verstehen, sich Gehör zu verschaffen. Die Kommune ist das beste Gremium, um eine praktikable Lösung vor Ort, im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern, zu finden.

Wir werden der Gesetzesänderung in der vom Ausschuss beschlossenen Endbeschlussvorlage zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall Grüne und vereinzelt SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jungclaus. - Für die Landesregierung wird Minister Vogelsänger das Wort ergreifen.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich will erst einmal eines klarstellen: Es geht hier nicht um ein Problem des ländlichen oder des städtischen Raumes, sondern um ein allgemeines Problem, das wir zu lösen haben. Ich bedanke mich beim Parlament für die zügige Beratung; denn die Wintervorbereitungen laufen überall. Ich habe erreicht, dass mehr Kapazitäten für eine Streusalzbevorratung vorhanden sind; das wird die Grünen vielleicht nicht so freuen, aber Schneeräumen ist nun einmal ein Stück Verkehrssicherheit, ein Stück Lebensqualität, und das muss für übergeordnete Straßen sowie auf der kommunalen Seite geregelt werden. Ich habe Vertrauen zur kommunalen Ebene. Ich bin sicher, dass die Frage der Zumutbarkeit mit sehr viel Fingerspitzengefühl geklärt wird, und bitte um Zustimmung zu dem Gesetz. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Vogelsänger. - Zur rechten Zeit, aber von uns nicht wahrgenommen hat Herr Abgeordneter Genilke eine Kurzintervention angemeldet. Er enthält jetzt die Gelegenheit zu sprechen. Bitte sehr.

Meine Kurzintervention bezieht sich auf die Rede von Herrn Jungclaus, der darauf abgezielt hat, dass es um die Gehwegberäumung geht. Da bin ich völlig bei Ihnen, aber es geht in dem Gesetz, wenn Sie es richtig lesen - da muss ich mit der Brille schauen -, um etwas anderes.

(Heiterkeit bei der SPD)

- Ja, ich werde auch älter.

(Oh! bei der SPD)

Im Absatz 1 stellen Sie fest, dass die Gemeinden alle öffentlichen Straßen innerhalb der geschlossenen Ortslage zu reinigen haben usw. Dann kommen Sie im Absatz 5 - unter dem zweiten Punkt wird die Veränderung vorgenommen - zu Folgendem: „die Reinigungspflichten nach den Absätzen 1 und 2“ Sie beziehen sich auf die eingangs erwähnte öffentliche Reinigungspflicht - „auch hinsichtlich der Fahrbahnen, soweit dies unter Berücksichtigung der Verkehrsverhältnisse zumutbar ist...“. - Das heißt, wir reden hier von Straßenreinigung, davon, die Fahrbahnen von Schnee und Eis zu räumen. Da muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen: Wir haben in der Kommunalverfassung geregelt, dass unsere städtischen Unternehmen mittlerweile die Elbwiesen vom Gras befreien können, aber wir bekommen es nicht hin, zu sagen: Es gehört zur Daseinsvorsorge, dass der Winterdienst in der eigenen Gemeinde vor der eigenen Haustür zu gewährleisten ist. Ich denke, das ist völlig unangebracht.

Insofern werden wir den Antrag nicht zurückziehen, sondern Sie, Frau Wehlan, sollten noch einmal darüber nachdenken, was Sie den Bürgern aufbürden. Das halte ich, gelinde gesagt, für nicht durchsetzbar, für nicht durchführbar.

(Görke [DIE LINKE]: Das ist der Text aus Ihrer Rede!)

Die Unterschiedlichkeit der Menschen vor Ort wird nicht dazu beitragen, dass wir sicherere Straßen bekommen, sondern es wird ein ungeordneter Winterdienst erfolgen, und das kann uns allesamt nicht am Herzen liegen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Genilke. - Herr Jungclaus hat die Möglichkeit, zu reagieren. - Das ist nicht gewünscht. Damit sind wir am Ende der Aussprache angelangt und kommen zur Abstimmung.

Ich stelle zuerst den Änderungsantrag in der Drucksache 5/4083, eingereicht durch die CDU-Fraktion - es geht um die Neufassung des § 49a Abs. 4 Nr. 2“ -, zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist der Antrag abgelehnt worden.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung in der Drucksache 5/4054, eingereicht durch den Ausschuss für Infrastruktur und Landwirtschaft, „Zweites Änderungsgesetz zum Brandenburgischen Straßengesetz“. Wer dieser Beschlussempfehlung Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist die Beschlussempfehlung angenommen worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 3 und rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Gesetz über die Stiftung von Ehrenzeichen im Brandund Katastrophenschutz (Ehrenzeichengesetz - EhrzG)

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 5/3677

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres

Drucksache 5/4043

in Verbindung damit:

Gesetz über die Verleihung einer Medaille für Treue Dienste in der Freiwilligen Feuerwehr (Feuerwehr- medaillengesetz - FMedailG)