Protokoll der Sitzung vom 26.01.2012

Sollten wir nicht in eine ganz andere Richtung denken? Nicht das Referendariat ausweiten, sondern Referendariatskompetenz LaLeb, der Leute, die Lehrer ausbilden, rein in das Studium,

rein in die Praxisrelevanz, von Studium und Referendariat ganz weg!

(Beifall DIE LINKE)

Das wäre doch toll. Dann hätten wir auch viel Geld gespart.

Fazit: Wir haben das debattiert. Wir wollen es nicht verzögern, wir wollen jetzt das Gesetz, wir brauchen es auch schon wegen der Inklusionspädagogik. Wir sollten nicht noch einmal am Konzept basteln, sondern auch mittels einer schönen Anhörung ein tolles Gesetz machen. Dann können Sie alles, was noch nicht drin ist, einbringen. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Die Abgeordnete von Halem setzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter, lieber Kollege Hoffmann, Sie haben für diesen Antrag ein Bienchen verdient. Das wichtige Thema der Lehrerausbildung hängt so lange in der Schwebe, und es hat fürwahr eine intensivere Diskussion verdient.

Ich steige gleich in die Punkte ein.

Angebotsorientierung: Die liegt im Interesse aller Beteiligten. Wenn man allerdings sieht, wie erschreckend uninformiert sowohl Studierende als auch an der Ausbildung beteiligte Lehrende teilweise sind, dann kann offensichtlich durch bessere Kommunikation noch sehr viel bewegt werden, ohne dass an Druckmittel zu denken ist. Auch den Studierenden ist damit geholfen. Es ist in aller Interesse, wenn die Studierenden besser über ihre Erfolgsaussichten informiert werden.

Eignungsfeststellung: Ja, ein solches Verfahren halten wir auch für angebracht, aber nicht, um Menschen den Zugang zu ihren Berufswünschen zu verwehren, sondern um ihre Selbsteinschätzung durch eine Außenwahrnehmung zu ergänzen und zu spiegeln. Wer will, der sollte im Anschluss daran Möglichkeiten und Unterstützung bekommen, an seinen Fähigkeiten weiterzuarbeiten.

Stärkung der pädagogischen, didaktischen und inklusionspädagogischen Anteile in der Primarstufe: Wunderbar, aber möglichst auch in den Sekundarstufen, wenn wir auch wissen, dass die KMK das nicht anerkennt, im Moment jedenfalls nicht, das mag sich ja vielleicht noch einmal ändern.

Lehramt Sonderpädagogik: Welch amüsante Schleife, dass die CDU hier fordert, was Rot-Rot sich per Koalitionsvertrag vorgenommen hat.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Zusammenarbeit mit Berlin: Ja, das Niveau der Zusammenarbeit mit Berlin bewegt sich in Sandkastennähe. Dabei sind wir nicht der Ansicht, dass jeder Kurs auch im Nachbarland zu belegen sein muss. Es muss nicht jeder Studiengang gleich auf

gebaut sein, solange die Länder ihre Ausbildung gegenseitig anerkennen. Dass es aber nicht gelingt, sich bei den einzelnen und auch kostenintensiven Fachausbildungen abzusprechen, dass nicht zum Beispiel Berlin die Kunstlehrer und die Sonderpädagogen ausbildet und Brandenburg dafür den Schwerpunkt auf die Grundschullehramtsausbildung legt, dass es nicht gelingt, eine gemeinsame Bedarfsplanung zu erstellen, die längst überfällig und in beiderseitigem Interesse wäre, das zeugt von Regionalegoismen, die ich nicht nachvollziehen kann.

(Beifall GRÜNE/B90 und vereinzelt CDU)

Dabei interessiert es mich nicht, immer wieder zu erfahren, warum die anderen schuld sind. Ich würde viel lieber wissen, was wir selbst hätten besser machen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, schön, dass wir darüber geredet haben; das Bienchen haben Sie verdient. Aber in der Politik wie im echten Leben ist nicht immer alles richtig und angebracht, an dem inhaltlich wenig auszusetzen ist.

Sie beantragen, die Landesregierung solle die genannten Punkte in ihr Konzept aufnehmen. Das Konzept ist schon da. Wir haben es bereits in den Ausschüssen diskutiert. Komisch, es ist an Ihnen vorbeigegangen. Es wurden Expertinnen und Experten gehört. Das haben wir hier auch schon alles gehört. Die Ergebnisse dieser und weiterer Runden gehen dann in den Gesetzentwurf ein. Das ist der nächste Schritt und nicht eine Erneuerung des Konzepts. Der Gesetzentwurf geht dann erneut in die parlamentarische Diskussion. Die Details hat meine Vorrednerin schon genauestens erläutert, inklusive der dazugehörigen Daten.

Die bislang angehörten Expertinnen und Experten haben einhellig und, wie ich finde, auch zu Recht die Landesregierung für dieses ausgiebige und offene Konsultationsverfahren gelobt. Da, finde ich, wirkt der heute vorliegende Antrag ein bisschen streberhaft. Sie picken die allseits bekannten Punkte aus der allgemeinen Debatte, würzen sie ein bisschen mit den eigenen Intentionen, bleiben aber hinreichend unkonkret, weil Sie auch keine konkreten Lösungen anbieten können. Das mag alles inhaltlich nicht falsch sein, in der politischen Debatte aber kommt es zur falschen Zeit und an der falschen Stelle.

(Beifall der Abgeordneten Lieske [SPD])

Deshalb: Eine Fleißarbeit, Bienchen ja, aber sonst Enthaltung.

(Beifall GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete von Halem. - Das Wort erhält nun die Landesregierung. Frau Ministerin Münch wird die Debatte fortführen.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau von Halem, wo Sie Recht haben, haben Sie einfach Recht; denn dieses Konzept gibt es tatsächlich.

Ich kann an der Qualität der Debatte, die wir gerade geführt haben, ermessen, dass alle Beteiligten und alle Bildungspoliti

ker quer durch alle Parteien sich sehr intensiv Gedanken machen. Insofern sind wir inhaltlich nicht wirklich weit auseinander. Herr Günther hat auch schon darauf hingewiesen, wo Unterschiede sind. Diese Unterschiede sind allerdings durchaus wichtig. Sie wissen ja, dass wir zusammen mit dem Wissenschaftsministerium am 21. September 2011 das „Gesamtkonzept zur Weiterentwicklung des Lehramtsstudiums und des Vorbereitungsdienstes im Land Brandenburg“ zur Beratung in den Ausschüssen für Schule und Wissenschaft vorgelegt haben.

Zwei Punkte möchte ich ganz besonders erwähnen: Wir bilden an der Universität Potsdam nicht nur für den Landesbedarf aus, sondern wir haben durchaus den Anspruch, gemeinsam in Abstimmung mit den anderen Bundesländern für alle Bundesländer auszubilden. Deswegen können wir auch nicht nur auf den Landesbedarf orientieren.

Außerdem - darauf hat Herr Büttner zu Recht hingewiesen haben wir die Freiheit und Autonomie der Hochschulen. Das, was Sie hier sehr strikt einfordern, ist gar nicht möglich und fällt eigentlich auch weit hinter das zurück, was Sie sonst immer für die Hochschulen fordern.

Sei's drum, der Kernpunkt für die Weiterentwicklung der Lehramtsausbildung ist natürlich die Qualitätssicherung und die Qualitätsentwicklung. Zu den Schwerpunkten gehören die am Bedarf orientierte Ausbildung nicht nur für das Land, sondern auch bundesweit und die Verankerung der Lehramtsausbildung an der Universität Potsdam genauso wie die Anwendung von Verfahren zur Eignungsabklärung. Auch da sind wir nicht die Einzigen, die sich darum bemühen. Es gehören genauso die Stärkung der pädagogischen, didaktischen und inklusionspädagogischen Anteile und die Sicherung eines guten Übergangs vom Lehramtsstudium in den Vorbereitungsdienst dazu. Ich bin da auch für Ihre Vorschläge, liebe Frau Große, sehr offen. Wir werden darüber ja auch weiterhin diskutieren.

Aber in diesen Punkten unterscheidet sich der Antrag der CDU-Fraktion durchaus von unseren Vorstellungen. Die Positionen sind insofern unterschiedlich, als die Eignungsfeststellungen, auf die Sie zu Recht hinweisen, darüber entscheiden, ob ein junger Mensch zum Studium zugelassen wird oder nicht. Damit würden wir das Recht auf Berufswahlfreiheit einschränken. Dieses Recht ist allerdings in der Verfassung verankert, und ich gehe nicht davon aus, dass Sie hinter die Verfassung zurückfallen wollen. Vor allem aber müssen wir berücksichtigen, dass es sich um junge Menschen handelt, die noch mitten in ihrer Entwicklung stehen. Deswegen liefert der Eignungstest nur eine Momentaufnahme der Kompetenzen vor dem Studium.

Frau Ministerin, lassen Sie eine Frage zu?

Ich würde gern erst zu Ende ausführen. Vielleicht ergibt es sich dann auch.

Wenn Sie diese Momentaufnahme als Maßstab für eine Einschätzung, ob ein junger Mensch für den Lehrerberuf geeignet ist, vorschlagen, so denke ich, dass Sie das wirklich überbewerten. Ein Eignungstest ist sinnvoll und vernünftig, um junge

Menschen zu beraten. Der Eignungstest kann Studienbewerber und Studierende dabei unterstützen, sich ein Bild von den Anforderungen zu machen, die der Lehrerberuf stellt. Der Test liefert auch sicher Aussagen über Grundfähigkeiten wie Sozialkompetenz und Fähigkeit zur Empathie. Ob jemand Kinder mag oder nicht, kann man eigentlich auch schlecht objektiv testen. Aber genau die Fähigkeiten Sozialkompetenz, Fähigkeit zur Empathie werden während des Studiums erst maßgeblich weiterentwickelt. Das geschieht in den Praktika an den Schulen und ganz besonders in den Praxissemestern. Deshalb ist es so wichtig, junge Menschen zu beraten. Das wollen wir verankern. Wir wollen junge Menschen auch anhand ihrer Testergebnisse beraten, sie auch in Bezug auf weitere Entwicklung unterstützen und sie auch nicht aus diesen Beratungs- und Unterstützungsangeboten entlassen, wenn sie junge Lehrer geworden sind. Angesichts des hohen Lehrerbedarfs in der Primarstufe und in der Sekundarstufe I werden wir es uns auch gar nicht leisten können, junge Menschen, die sich für den Beruf interessieren, aufgrund eines Eignungstests vorschnell abzuweisen.

Die Vorschläge, die Sie zur inklusionspädagogischen Ausbildung machen, kann ich auch nicht befürworten; denn wir halten es mit Blick auf die Entwicklung einer inklusiven Schule für unerlässlich, allen Lehramtsstudiengängern inklusionspädagogische Grundlagen zu vermitteln, eben nicht nur in der Primarstufe, sondern auch in der Sekundarstufe I und in der Sekundarstufe II. Wir werden aber auch künftig in den stufenbezogenen Lehrämtern inklusionspädagogische Schwerpunktsetzungen ermöglichen. Auch bisher ist ja die berufsbegleitende Weiterbildung in Zusammenarbeit mit der Humboldt-Universität oder dem WiB e. V. sehr wohl möglich. Auch diese Möglichkeiten soll es weiterhin geben.

Auf jeden Fall muss man nach dieser Diskussion zusammenfassend sagen, dass in sehr vielen wichtigen Punkten Konsens besteht. Wir haben zwar in den gerade ausgeführten Fragen und was die Qualitätssicherung betrifft durchaus unterschiedliche Auffassungen, werden aber im Rahmen des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens die Gelegenheit nutzen, auf der Grundlage des Regierungsentwurfs mit Ihnen intensiv im Ausschuss - auch im Rahmen der Anhörung - noch einmal über viele Aspekte, die wir durchaus teilen, zu diskutieren. - Danke schön.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Ministerin Münch. - Das Wort erhält noch einmal die CDU-Fraktion. Herr Abgeordneter Hoffmann wird die Aussprache abrunden.

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal bedanken wir uns für die überaus positiven Rückmeldungen; für das Bienchen bedanke ich mich ganz herzlich. Ich gehe natürlich auf das von den Kollegen Gesagte ein.

Zunächst einmal zum Argument, der Antrag sei überflüssig. Ich verweise auf das Ausschussprotokoll, in dem Sie nachlesen

können. Im Ausschuss wurde uns gesagt, es sei eine tolle Form der Beteiligung, die es so noch nicht gab. Ich finde den Weg, den Sie gewählt haben, klasse. Genau das, was Sie eingefordert haben, nämlich dass wir unsere Position einbringen, tun wir mit unserem Antrag.

Herr Günther, wenn Sie sagen, unsere Forderung nach Einführung eines Studiengangs Sonderpädagogik an der Uni Potsdam sei bereits erfüllt, weil wir dazu im letzten Jahr einen Antrag der Regierungskoalition verabschiedet haben, muss ich Ihnen entgegenhalten: Offensichtlich haben Sie den Antrag damals nicht gelesen, nicht geschrieben oder nicht verstanden.

(Günther [SPD]: Alles drei! - Heiterkeit bei der SPD)

- Vielleicht auch alles drei, das sei Ihnen freigestellt.

Fakt ist eins: Das, was wir mit dem Antrag seinerzeit beschlossen haben, ist etwas völlig anderes als ein normales grundständiges Sonderpädagogik-Studium, Herr Günther. Ich erkläre Ihnen das gern auch noch einmal an anderer Stelle.

Frau Ministerin, Sie sagen, ein Eignungstest würde gegen die Freiheit der Berufswahl verstoßen. Da muss ich Ihnen sagen: Die Aufnahme eines Studiums hat ja erst einmal noch nichts mit der Ausübung eines Berufs zu tun. Wer kein Musikinstrument spielen kann, wer nicht musikalisch ist, kann nicht Musik studieren. Wer nicht sportlich ist, kann nicht Sport studieren. Wer keine Ausbildungsstelle als Heizungsbauer findet, kann nicht Heizungsbauer werden.

(Beifall CDU)

Von daher widerspricht es keinem Grundsatz.

Meine Damen und Herren, zum Abschluss möchte ich Folgendes sagen: Sie haben uns nach Finnland eingeladen, und es ist nicht jedem leichtgefallen, mit dem Bildungsausschuss dahin zu fahren.