Wie dem auch sei, beim ersten Lesen des Antrags der Kolleginnen und Kollegen von der CDU muss ich durchaus sagen: Manche aufgeworfene Fragestellung klingt durchaus vernünftig.
- Ja, ich sage das ausdrücklich. Es ist durchaus auch das Recht der Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, zu fragen, wie wir mit dem Wachstum umgehen sollen. Das ist ja auch der Grund - das unterstelle ich einmal dem Minister -, warum das zuständige Ministerium solche Gutachten in Auftrag gibt; das würde ich zumindest vermuten. Es ist auch für die Bürgerinnen und Bürger - da gebe ich Frau Kollegin Ludwig durchaus auch Recht - wichtig, diese Fragen zu erörtern, damit hier Sicherheit besteht und damit die Informationen in größtmöglicher Transparenz auf den Tisch kommen.
Wenn man dann jedoch weiterliest und vor allem auch die Begründung des Antrags sehr deutlich analysiert, kommt man zu dem Problem, dass der Antrag verlangt, bis eine solche Konzeption feststeht, auf allen potenziellen Ergänzungsstandorten das ist nämlich der Haken an der ganzen Sache - jegliche eventuelle Nachnutzung aufzugeben. Das große Problem ist, dass in diesem Antrag nicht benannt wird, welche Standorte das denn sind. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man die Forderung stellt, auf all diesen Standorten - ich unterstelle mal, es könnten 40 sein, ich will zum Beispiel Eberswalde dazunehmen, es gibt viele mögliche Standorte - die Nutzung einzustellen, bis wir denn Sicherheit haben, dann möchte ich schon fest
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte also festhalten: „Über das Ziel hinausgeschossen“, ich glaube, darauf könnten wir uns einigen. Die Intention ist gut, ein Konzept zu fordern ist richtig, aber der Ausführung, die in diesem Antrag deutlich wird, können wir nicht zustimmen und werden diesen Antrag daher ablehnen. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann meinem Kollegen Beyer nur beipflichten: Die Rede, die er heute gehalten hat, ist möglicherweise die Rede von morgen, in der das Pro zum Gutachten des Umweltbundesamtes beschrieben wird. Aber Sie haben bis heute nicht gemerkt - aber wir haben ja noch zwei Tage Zeit -, dass Ihr Antrag morgen völlig im Gegensatz zu dem heutigen Antrag ist.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Ihr heute vorliegender Antrag hat schon die Fachdebatte im Ausschuss für Infrastruktur und Landwirtschaft am 24. November 2011 bewegt. Und es war schon im November bezeichnend, Frau Ludwig, Herr Genilke, dass Sie Ihre Wachstums- und Expansionsvorstellungen für den Luftverkehr in Berlin-Brandenburg im Zusammenhang mit den Anträgen für ein konsequentes Nachtflugverbot und mehr Lärmschutz unbedingt debattieren wollten. Das zeigt, in welch einem wirklich tiefen inhaltlichen Gegensatz Sie sich befinden, der spätestens heute aus der Sicht der von Fluglärm betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner offen zutage tritt und all Ihr Gerede von Lärmschutz- und Schallschutzprogramm nicht wirklich ernst nehmen lässt.
Denn was sind die Kernbotschaften Ihres Antrages, Frau Ludwig? Ich hätte mir gewünscht, dass Sie dazu einmal Stellung nehmen. Sie sind, erstens, ein Ausbau des Flughafens ist notwendig, zweitens, zusätzliches Verkehrsaufkommen ist gewollt, drittens, der Flughafen muss als internationales Drehkreuz wirtschaftlich und leistungsfähig sein, und, viertens, die Kapazitätsentwicklung und international wettbewerbsfähige Betriebszeiten sind sicherzustellen; Sperenberg ist dafür vorzuhalten.
Das alles findet sich übrigens auch sinngemäß im Wortlaut der Berliner Koalitionsvereinbarung und im Koalitionsvertrag auf Bundesebene wieder. Und hier schließt sich der Kreis: Die CDU im Bund, in Berlin und Brandenburg stellt die Gesundheit und den Klimaschutz nachrangig zu den wirtschaftlichen Interessen. Warum das so ist, haben Sie uns, Herr Genilke, freundlicherweise in der Ausschusssitzung erläutert:
„Ein Unternehmer muss den Markt wahrnehmen und Prognosen anstellen für das, was er an wirtschaftlichen Dingen vornehmen muss, wie er handeln muss, was er investieren muss. Dann macht er ein Benchmarking.“
So weit, so gut. Aber wo bleibt in Ihren Betrachtungen der Staat, das Land, die öffentliche Hand? Meinen Sie nicht, dass der Staat die Aufgabe hat, Rahmen zu setzen? Nach Ihren Worten sollte dem Luftverkehrswachstum freier Lauf gelassen werden. Warum aber hat dann der Flugverkehr unter den motorisierten Verkehrsarten die höchsten Wachstumsraten? Weil er in Form von staatlich getragenen Verlusten vieler Airports, der staatlich finanzierten Infrastruktur, der Steuerfreiheit von Kerosin und der hohen staatlichen Zuschüsse für die Flugzeugbauer umfassend subventioniert wird.
Die Ticketpreise sind im Verlauf der letzten zwei Jahrzehnte deutlich gesunken. Ihre im Ausschuss geäußerte Erfahrung, Herr Jungclaus, mit einer 40 Euro teureren Bahnfahrt nach Krefeld gegenüber einem Flugticket hat mich da schon sehr berührt.
Wenn man dann noch sieht, dass insbesondere der Inlandsflugbetrieb hohe Wachstumsraten aufweist, dann wird das eigentliche Problem Ihrer Denke deutlich, Frau Ludwig: Alles für den Luftverkehr, koste es, was es wolle, egal, dass der Flugverkehr erhebliche negative Folgen für das Wohlbefinden und die Gesundheit vieler Menschen hat.
Während der Flugverkehr weiter wächst und zunehmend zu einem Faktor wird, der die gesetzten Klimaziele torpediert, stagniert der Schienenpersonenfernverkehr seit 1993. Dabei konnten die Treibhausgasemissionen des Schienenverkehrs im EUZeitraum innerhalb des Transportsektors von 1990 bis 2008 um 50 % - das geht im Übrigen aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Frage der Linken im Bundestag hervor - reduziert werden. Dagegen stiegen die dem Flugverkehr zugeschriebenen Transportemissionen um 80 %.
Wir haben einen anderen inhaltlichen Ausgangspunkt: Inlandsverkehre bis 600 km gehören auf die Schiene. Deshalb unser Nein bei der damaligen Diskussion um einen Großflughafen im Metropolenraum Berlin-Brandenburg, egal, ob in Schönefeld, Sperenberg oder Jüterbog-Süd. Die Linke steht nicht für einen überdimensionierten und mit zusätzlichen Anreizen geförderten Luftverkehr zulasten von Klima und Gesundheit und auch nicht dafür, dass wie bisher für Sperenberg nun schon über 20 Jahre dann für noch weitere Standorte Entwicklungsmöglichkeiten durch Planungsstopp dauerhaft beschnitten und eingeschränkt werden.
Herr Eichelbaum, ich würde Sie wirklich darum bitten, sich Ihren Antrag noch einmal durchzulesen und auch an die Region zu denken, die davon betroffen ist. Ihr Bürgermeister in Mellensee wird sicherlich von diesem Schriftstück nicht sonderlich berauscht sein.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wieder kann ich nahtlos anschließen. Der Flughafen Berlin bindet 2,5 Milliarden Euro. 2,4 Milliarden Euro der Investitionen sind per Kredit bei Banken aufgenommen. Sie werden in Höhe von 888 Millionen Euro vom Land Brandenburg mit verbürgt, und das Land Brandenburg ist mit 158 Millionen Euro Eigenkapital an der Flughafengesellschaft beteiligt. Ab dem 4. Juni dieses Jahres wird der tägliche Betrieb des Flughafens neben den laufenden Kosten auch für die Abschreibungen aufkommen müssen, und vor allen Dingen: Er wird auch Zins und Tilgung finanzieren müssen.
Frau Ludwigs Aussagen zu der dilettantischen Begleitung des Flughafenprojekts teile ich ausdrücklich. Aber dazu muss man nur einmal in den Landesrechnungshofbericht 2011 hineinsehen, wo man das auch unmittelbar ablesen kann.
Anscheinend hat keiner der Abgeordneten außer mir den Businessplan und den Prüfbericht der Betriebsprüfungsgesellschaft gelesen, ansonsten wüssten Sie, dass wir bis 2030 Jahresverluste schreiben werden
- trotz der sehr optimistischen Prognosen über die Flugverkehrsentwicklung - und dass wir eine Akkumulation von Verlusten haben werden, die dazu führt, dass das Eigenkapital möglicherweise aufgezehrt wird und wir in eine Situation kommen, in der wir, um eine Insolvenz durch Überschuldung abzuwenden, diesen Flughafen kontinuierlich aus dem Landeshaushalt mitsubventionieren müssen. Deswegen müssen wir diskutieren, wie wir den Flughafen in einer kleineren Dimension wirtschaftlich betreiben können. Wir brauchen keine Scheindebatte über einen Ergänzungsflughafen zu führen, weil wir letztendlich kein Geld haben werden, um neben der Erhaltung des Flughafens Schönefeld, der uns noch teuer genug kommen wird, auch noch einen zweiten Flughafen oder eine dritte Startbahn an irgendeinem anderen Ort zu finanzieren.
Es ist bedauerlicherweise so - man kann das wahrhaben wollen oder nicht -, dass uns bei der Entscheidung über den Standort des Flughafens allein die Höhe der Investitionen an den Standort Schönefeld bindet und keine Möglichkeit besteht, einen Flughafen Berlin II zu bauen, der entweder parallel zu Berlin I geführt wird oder eventuell sogar Berlin I ablösen soll. Das ist die schlichte Wahrheit. Die Diskussion über potenzielle Ergänzungsstandorte führt in die Irre; das hat Gregor Beyer sehr gut und ausführlich dargestellt.
Ich möchte nur auf eines hinweisen: Wir haben eine Kleine Anfrage an die Landesregierung gerichtet. Danach gibt es 43 Fluglandeplätze in Brandenburg, wobei Sperenberg darin schon gar nicht mehr enthalten ist. Wenn man über „potenzielle“ redet, frage ich: Wo ist da die Grenze? Ist es am Ende das ganze Land Brandenburg, das einem vollständigen Entwicklungsstopp unterzogen werden soll? - Deswegen sage ich: Frau Ludwig, Sie meinen gar nicht alle potenziellen Ergänzungsstandorte, Sie meinen eigentlich nur Sperenberg, und so könnten Sie es dann auch einfach formulieren.
Die Wachstumsträume werden nicht aufgehen. Das hat nicht nur etwas mit der Schieflage von airberlin oder der Abhängigkeit
vom Non-Aviation-Bereich zu tun, sondern es hat auch mit Emissionshandel im Flugverkehr, Kerosinsteuer und Luftverkehrssteuer zu tun. Das wurde gerade von der Kollegin Kircheis angesprochen, wobei - nur ein Hinweis - allein diese Miniluftverkehrssteuer von 8 Euro pro Passagier im innereuropäischen Raum schon dazu geführt hat, dass Ryanair 1 Million Passagiere weniger vom Flughafen Frankfurt-Hahn aus transportiert. Insofern, denke ich, brauchen wir uns keine großen Gedanken darüber zu machen, wie wir zügig 360 000 Flugbewegungen das ist die Obergrenze - mit 45 bis 48 Millionen Passagieren erreichen; darauf hat Frau Kircheis schon hingewiesen.
Worauf es uns ankommt, ist, dass das Betriebskonzept auf das urban geprägte und bevölkerungsreiche Umfeld des Flughafens ausgerichtet wird, dass sich auch die Entwicklungsziele daran ausrichten, dass hier Menschen unmittelbar betroffen sind. Deshalb ist für uns klar, dass wir dafür sorgen müssen, dass der Flughafenbetrieb auf die Maximalzahlen beschränkt wird. Das bedeutet, dass die bestehenden Steuerungsmöglichkeiten, zum Beispiel über Landegebühren - das ist das eine -, aber eben auch die Zurverfügungstellung von Slots genutzt werden. Von daher ist ganz klar: Wir brauchen keine dritte Startbahn. Wir können das ausschließen. Dazu steht morgen auch ein Antrag auf der Tagesordnung. Wir werden dazu eine namentlich Abstimmung beantragen, um zu sehen, wer sich hier im Landtag generell und ausdrücklich gegen eine dritte Startbahn an dem Flughafen positioniert.
Natürlich sind wir für einen konsequenten Lärmschutz. Frau Ludwig hat es auch angesprochen: Das Gutachten des Umweltbundesamtes legt ein konsequentes Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr nahe. Daher wäre es eigentlich an der Zeit, dass auch die CDU mit uns gemeinsam einstimmig für ein konsequentes Nachtflugverbot stimmt. - Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Kollege Vogel, weil Sie sich so sicher sind, dass Sie eine dritte Startbahn ausschließen können, gehe ich davon aus, dass Sie das Gutachten zur Allgemeinen Luftfahrt der TU Dresden nicht gelesen haben. Sie sind offensichtlich schlauer als die dortigen Wissenschaftler, die in den Gutachten festgestellt haben - im Übrigen unterliegen wir einem Denkfehler, wenn wir meinen, dass die Flugbewegungen und die Passagierzahlen planfestgestellt sind, das sind sie nämlich nicht -, dass es in Spitzenzeiten - zwischen 8 und 10 Uhr - 72 Flugbewegungen pro Stunde geben wird.
Auch wurde in diesem Gutachten festgestellt, dass es in diesen Spitzenzeiten 55 Flugbewegungen sind. Sie bekommen an einem Flughafen mit zwei Start- und Landebahnen keine 120 Flugbewegungen pro Stunde abgewickelt, was den Professor der TU Dresden dazu bewogen hat zu sagen, dass wir einen anderen Standort brauchen.
Der Minister hat dieses Gutachten, bevor wir es kannten, noch einmal begutachten lassen, wo die Zahlen dann „schöngemacht“ worden sind. Jetzt ging er darauf ein und sagte:
Und genau da sind wir bei BER II, denn diese drei Standorte, die dort genannt worden sind, gehören nicht der Flughafengesellschaft. Von daher stellt sich für mich die Frage, was Sie hier gerade treiben. Das Single-Konzept wird nicht funktionieren.
Sie können auch nicht vorschlagen - deshalb noch einmal meine Kollegin -, dass wir in Zukunft mit dem Zug nach Delhi fahren. - Vielen Dank.
Herr Genilke, ich denke, der Minister wird auf dieses Gutachten eingehen und ausführlich begründen, inwieweit das zutreffend ist oder nicht, und welche Konsequenzen aus Sicht der Landesregierung daraus gezogen werden sollen. Aus meiner Sicht ist die Konsequenz klar: Man muss sich an den zur Verfügung stehenden Kapazitäten ausrichten, und das sind zwei Landebahnen. Dementsprechend wird die Zahl der Flugbewegungen begrenzt werden. Alles andere führt in die Irre. Alles andere würde dazu führen, sofort eine Diskussion über eine dritte Start- und Landebahn aufzumachen. Das wollen wir nicht. Das wollen wir nicht in dieser Legislaturperiode und auch nicht in den folgenden. - Danke.