(Beifall DIE LINKE und SPD - Abgeordneter Büchel [DIE LINKE] führt ein kurzes Gespräch mit Vizepräsi- dentin Große - Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Ent- schuldige dich! - Heiterkeit)
Meine Damen und Herren, es geht weiter mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Abgeordneter Jungclaus hat das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste! Wie schon in den Vorjahren befassen wir uns auch heute wieder mit den Zuständen im Oderbruch. Es sind jeweils keine neuen Probleme, welche die Menschen vor Ort - und damit auch uns hier - bewegen; es sind jedes Jahr die gleichen.
Die großflächige Bewirtschaftung des Oderbruchs begann nach der Trockenlegung des Oderdeltas durch Friedrich II. Wir blicken also auf etwa 260 Jahre Geschichte der Kultivierung des Oderbruchs zurück. Davor war das gesamte Gebiet - bis auf höherliegende Siedlungen - zweimal jährlich von der Oder überflutet worden.
Heute ist das Oderbruch in erster Linie Heimat von Menschen. Das soll auch so bleiben! Deshalb befürworten wir den Erhalt des Oderbruchs als Siedlungs-, Kultur- und Wirtschaftsraum. Es gab hierzu unsererseits bereits in den Vorjahren entsprechende Anträge.
Für uns ist ganz klar, dass Maßnahmen ergriffen werden müssen, damit alle Häuser geschützt werden. Man muss sich an der einen oder anderen Stelle aber durchaus Gedanken machen, ob nicht auch neue Bewirtschaftungsformen für die Landwirtschaft sinnvoll sind und ob Aufwand und Nutzen der Entwässerung in allen Teilen des Oderbruchs noch im richtigen Verhältnis zueinander stehen.
Es ist ein Irrglaube - und von einigen Protagonisten unredlich -, wenn den Menschen erzählt wird, dass sich das Oderbruch zu jeder Zeit und zu 100 % in einem bewirtschaftbaren Zustand halten lasse. Neue Lösungen können jedoch nur zusammen mit den Betroffenen gefunden werden.
Wer an den Physikunterricht der 9. Klasse zurückdenkt, erinnert sich bestimmt an das Prinzip der kommunizierenden Röhren. Im Oderbruch haben wir zum einen die eingedeichte Oder und zum anderen das Binnenland, das unter diesem Niveau liegt. Steigt der Wasserpegel der Oder, so drückt das Wasser auch unter den Deichen hindurch auf das Oderbruch. Dazu kommt, dass überwiegend lehmige Böden sowie die Verdichtung durch Bewirtschaftung den Abfluss besonders bei starken Niederschlägen erschweren. Wir haben hier ein grundsätzliches Problem vorliegen, welches zu nassen Kellern sowie überfluteten Acker- und Grünlandflächen führt. Vergleicht man das Oderbruch mit einer Badewanne, so liegt hier der Abfluss leider nicht am niedrigsten Punkt, sondern irgendwo auf halber Höhe. Es ist also nicht so, dass nur irgendjemand den Stöpsel ziehen müsste. Man kommt nicht darum herum, das Wasser unter hohem Aufwand aus den Flächen zu pumpen.
Dabei ist es in erster Linie Aufgabe der Gewässerunterhaltungsverbände, eine funktionierende Entwässerung von Flächen über Grabensysteme im Oderbruch sicherzustellen. Insoweit stimme ich mit Kollegen Beyer nicht überein; er hat mehr oder weniger alles in einen Topf geworfen. Wir haben ca. 30 000 km Gräben I. und II. Ordnung; nur 2 000 km davon sind Gewässer I. Ordnung und damit in Landesverantwortung.
Die Unterhaltungsverbände müssen auskömmliche Beiträge erheben, um ihren Aufgaben gerecht werden zu können. Es wäre nur gerecht, wenn sich diese Beiträge danach richteten, welchen Vorteil die jeweiligen Nutzer aus der Unterhaltung ziehen. Daher haben wir bereits bei der Novellierung des Landeswassergesetzes gefordert, die Gebühren nach dem Vorteilsprinzip zu erheben. Wir begrüßen aber auch die vorgeschlagenen Maßnahmen der Landesregierung für ein nachhaltiges Wassermanagement im Oderbruch, jedenfalls soweit diese dem Erhalt von hochwertigen Feuchtbiotopen nicht diametral entgegenstehen. Es müssen letztlich immer Kompromisslösungen gefunden werden.
Den Antrag der FDP-Fraktion lehnen wir ab, da in ihm dieser Ansatz völlig fehlt. Die FDP will die Landwirtschaft auf jeden Fall in Niederungsgebieten zementieren.
Zum Antrag der CDU-Fraktion werden wir uns der Stimme enthalten. Eine Prüfung halten wir zwar für sinnvoll; Sie greifen aber in Ihrem Antrag dem Ergebnis leider schon vor.
Den Antrag der Regierungskoalition unterstützen wir, da darin deutlich wird, welche Anstrengungen bereits unternommen wurden und dass Möglichkeiten einer weiteren Unterstützung aufgezeigt werden.
Ich warne aber davor, das Augenmerk auf das Oderbruch zu begrenzen, weil dort momentan die Stimmung am lautesten ist. Ich spreche mich ausdrücklich dafür aus, alle Brandenburger Niederungssysteme in den Fokus unseres Handelns zu nehmen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jungclaus. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Frau Ministerin Tack, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mein Dank geht an die Regierungsfraktionen für den Entschließungsantrag. Darin steht alles klar und deutlich. Frau Lieske, Herr Büchel und Herr Jungclaus haben dazu schon gesprochen.
Noch eine kurze Bemerkung zur FDP-Fraktion: Ich verstehe Ihre parteipolitische Not, Herr Beyer. Auch ich habe hier viele Jahre in der Opposition gesessen; aber so eine billige Polemik und so eine grundlose Beschimpfung, wie Sie sie hier abgelassen haben, sahen wir nie als Aufgabe der Opposition an.
Zu Ihren Ausführungen, Herr Dombrowski, will ich nur sagen: Verwirrung haben möglicherweise Sie gestiftet. Ich erinnere daran, dass Frau Blechinger - genauso wie Frau Lieske und andere - von Beginn an in die Arbeitsgruppe Oderbruch einbezogen war und alle Prozesse verfolgt hat. Verwirrung ist möglicherweise durch ganz andere entstanden.
Frau Ministerin, ist Ihnen bekannt, dass bei den Demonstrationen in Manschnow eine Abgeordnete der Regierungsfraktionen vor den dort versammelten Menschen gesagt hat, man sei sich im Landtag parteiübergreifend einig, das Oderbruch als Kulturlandschaft zu erhalten, und auch das Kabinett vertrete diese Position, während das böse Umweltamt „freidrehen“ würde, weshalb man gegen dieses Amt vorgehen müsse? Ist Ihnen das bekannt? Wenn ja, teilen Sie diese Einschätzung?
Frau Blechinger, es ist nicht meine Art, über Anwesende zu sprechen. Sie können sich doch darüber unterhalten, wer was gesagt hat. Ich weiß auch, dass Ihre Polemik im Oderbruch zur Demo nicht gut angekommen ist. Das haben mir die Kollegen übermittelt. Also machen Sie das unter sich aus!
Wir haben eine Beschlusslage zur Zukunft des Oderbruchs, und die ist eindeutig. Ich möchte auf Folgendes verweisen: Wir haben gestern die Mündliche Anfrage beantwortet, und wir haben heute in der Aktuellen Stunde über das Wassermanagement in Brandenburg gesprochen. Ich finde, das, was die Kollegen der Opposition gesagt haben, hat schon deutlich gemacht, dass sie das, was am Vormittag eine Rolle gespielt hat, zuweilen schon wieder vergessen haben, zum Beispiel mit den Äußerungen,
Ich möchte noch einmal darauf verweisen, dass ausgiebige Niederschläge - denn das war der Ausgangspunkt - das Hoch
wasser, das wir Binnenhochwasser genannt haben, und auch großflächige Vernässungen im Oderbruch verursacht haben. Insbesondere durch die regenreiche Großwetterlage ist das im Sommer 2010 zustande gekommen. Viele Äcker und Wiesen stehen seitdem unter Wasser. Die Keller vieler Häuser des Oderbruchs - das ist das persönliche Ärgernis vieler, was ich verstehe - stehen unter Wasser, und das hält lange an.
Ich möchte an dieser Stelle auf das verweisen - ich wünsche mir, dass die Kollegen der Oppositionsfraktionen dies zur Kenntnis nehmen -, was wir seit vielen Jahren, auch durch die Vorgängerregierung, im Oderbruch an Leistungen erbracht haben. Dabei komme ich zurück zu dem Sonderprogramm, das seit dem Jahr 2008 läuft. Es ist möglicherweise nicht schnell genug gelaufen, aber wir haben es jetzt beschleunigt. Die einzelnen Projekte sind in Arbeit, und sie werden zu großen Teilen bis zum Jahresende 2013 umgesetzt. Dabei geht es um die Leistungsfähigkeit der Hauptvorfluter; aber vorhin hat jemand gesagt, das habe damit nichts zu tun.
Man muss schon, meine Damen und Herren, erstens lernwillig sein und zweitens das Oderbruch verstehen wollen; denn es ist künstlich angelegt. Ein Polder oder ein Bruch entwässert. Dazu braucht man ein System, damit auch das Wassermanagement richtig funktioniert.
Hier möchte ich Frau Blechinger und Herrn Dombrowski noch einen Hinweis geben. Ihr Bundestagskollege Herr von der Marwitz kann sich noch erinnern: Als er 1990 seine Flächen übernommen hat - so hat er gesagt -, war alles noch in Ordnung. Vorher gab es eine Komplexmelioration. Diese kann man gut oder schlecht finden. Ich will gar nicht sagen, dass das alles top war. Aber die Melioration hat dazu beigetragen, dass es einen Wasserausgleich, also eine Wasserregulierung im Oderbruch gab. Danach ging vieles in die Privatisierung, was Schöpfwerke und anderes betrifft. Das eine wurde über den Gewässer- und Deichverband saniert, das andere eben nicht. Die Gräben sind dann von Fall zu Fall in einen relativ schlechten Zustand - Frau Lieske hat darüber gesprochen - gekommen, sodass es in den vergangenen Jahren ernstzunehmende Versäumnisse im Oderbruch gegeben hat. Ich will nur daran erinnern.
- Natürlich, die CDU - aber darüber reden wir doch jetzt gar nicht - hatte dazu eine andere Position.
- Ich verstehe das akustisch nicht. Vielleicht melden Sie sich, dann kann ich auf Ihre Frage eingehen.
Herr Dombrowski, von den 13 Projekten ist eines beispielsweise das für 2,3 Millionen Euro. Die Fördermittel haben wir dem GEDO übergeben, damit er das automatisierte Wassermanagementsystem im Oderbruch aufbauen kann. Das war eines der 13 Projekte. Man kann zur Kenntnis nehmen, dass die Landesregierung das auf den Weg gebracht hat - eine Grundvoraussetzung dafür, dass das Oderbruch als Arbeits- und Lebensraum weiterhin genutzt werden kann.
Das Land überprüft und wartet die Gewässer I. Ordnung - wir haben das beschrieben -, um den Abfluss zu gewährleisten. Das ist eine jährliche, eine gesetzliche Aufgabe, die im Oderbruch anders als an anderen Orten sehr gut ausfinanziert wird, damit dies hier gut instand gesetzt und instand gehalten werden kann.
Wir haben in der Vergangenheit auch die Sanierung zweier Schöpfwerke mit Landesmitteln übernommen. Das möchte ich der Vollständigkeit halber noch sagen. Ich möchte feststellen: Ohne ausreichende Pflege der Gewässer II. Ordnung durch die Landnutzerinnen und Landnutzer sowie die Kommunen - Frau Lieske ist darauf eingegangen - kann das System insgesamt nicht optimal arbeiten.
Es gibt hier Nachholbedarf, und die Zusammenarbeit muss besser funktionieren als bisher. Wir haben die Arbeitsgruppe gegründet, sie hat höchst intensiv gearbeitet. Kollegen aller Fraktionen waren ab und an zugegen. Sie wissen aber, dass man, wenn man ein Wassermanagement vom Kopf wieder auf die Füße stellen muss, dieses System nicht mit einem Hebel umlegen kann, sondern es sind Planungsprozesse und Realisierungen von Investitionen damit verbunden. Sofortwirkungen gibt es hier also leider nicht. Es sind 20 Jahre ins Land gegangen, nach denen das eine oder andere einfach aufzuarbeiten ist.
Es ist mir sehr wichtig, noch einmal zu unterstreichen, dass wir uns mit den Bürgermeistern, den Amtsdirektoren und dem Landrat einig darüber sind, dass wir jetzt konkrete Maßnahmen ergreifen und notwendige Schritte gehen, nachdem das Antragsverfahren negativ beschieden worden ist, und wirklich effiziente und förderfähige planungsrechtliche Grundlagen und Projekte schaffen, damit die hydrologischen Verhältnisse in der Fläche spürbar verbessert werden können. Das ist unsere wichtige Aufgabe, und dazu stehen wir auch.
Alles andere habe ich gestern beschrieben: den Zeitplan, die Planungsmöglichkeiten, die Projekte, die Nachnutzung der geleisteten Planungsaufgaben, soweit das möglich ist. Ich möchte zum Abschluss nochmals sagen, dass die Landesregierung wirklich alles für das Oderbruch tut, damit es zukunftsfähig gestaltet werden kann, damit der Lebens- und Arbeitsraum für die Menschen dort auch in Zukunft lebenswert ist. Dafür werden wir alles tun. - Vielen Dank.