Protokoll der Sitzung vom 06.06.2012

(Beifall DIE LINKE)

um in diesem Bereich genau diese Entwicklung aufzufangen.

Meine Damen und Herren, wir reden hier mittlerweile nicht mehr nur von stromintensiven Betrieben. Wir reden auch von einer breiten Schicht des Klein- und Mittelstandes, der von Entlastungsregelungen bisher nicht erfasst ist, aber auch an eine Kostenobergrenze in diesem Bereich kommt. Insofern halte ich

nach wie vor an unserer politischen Entscheidung fest. Um die Frage einer bundesweiten Wälzung anzugehen, sind wir in weiteren Gesprächen.

Ich bedanke mich noch einmal bei allen Akteuren, die es ermöglicht haben, dass wir politisch gemeinsam als Land Brandenburg nach außen auftreten konnten. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Herr Bretz hat eine Kurzintervention angemeldet.

Herr Präsident! Herr Minister! Gestatten Sie mir bitte noch eine kurze Bemerkung zu Ihrem Vorwurf, was die Energiepreise betrifft.

Ich denke, es ist redlich, wenn Sie anerkennen, dass es die CDU-Fraktion hier im Landtag war, die auf diesen Aspekt der Entwicklung der Energiepreise in allen Debatten, die wir zu diesem Thema geführt haben, hingewiesen hat.

(Zuruf von der SPD: Wir auch!)

Ich habe Ihnen gesagt: Bei der Kürzung der Photovoltaiksubvention, der EEG-Einspeisevergütung, war es gerade die rotrote Koalition - ausweislich auch Ihrer Presseberichterstattung -, die sich beschwert hat, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung eine Kürzung in diesem Bereich vorgenommen hat. Deshalb ist das, was Sie machen, immer ein Stück Rosinenpickerei,

(Beifall CDU)

nämlich dann, wenn es Ihnen argumentativ passt, werfen Sie es anderen vor. Dort, wo wir Sie messen können, tun Sie genau das Gegenteil.

Ich will Ihnen zweitens sagen: Ich unterstütze Sie - das habe ich Ihnen auch schon gesagt -, wenn Sie über Bundesratsinitiativen bei dem Thema Wälzungsmechanismen - da teile ich übrigens Ihre fachliche Einschätzung, dass das nicht anders geht entsprechende Mehrheiten suchen.

Aber Fakt ist eins: Wir dürfen nicht versäumen, darauf hinzuweisen, dass durch die Energiestrategie 2030 der rot-roten Landesregierung die Energieversorgung im Hinblick auf die Preisentwicklung der Energiepreise gefährdet wird. Aus meiner Sicht haben Sie eine falsche Akzentuierung, weil Sie einen massiven Ausbau der Windkraft, einen massiven Ausbau der Photovoltaik, ohne die Leitungen zu haben, vorantreiben wollen. Das ist ein Widerspruch in sich. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bretz, ich bin immer dankbar für sehr lebhafte Debatten, aber ich muss Sie in drei Punkten korrigieren: Nicht die CDU-Frak

tion hat auf die sozialen und wirtschaftlichen Kosten der Energiewende aufmerksam gemacht,

(Zuruf von der CDU: Das haben wir!)

sondern diese Landesregierung Brandenburg wurde auf Bundesebene angegriffen, als wir die unsittliche Aussage, dass die Energiewende eine Tasse Milchkaffee kostet, zurückgewiesen haben. Wir haben als erste Schätzungen aufgelegt, dass der Durchschnittsverbraucher durch die Energiewende, die gemeinsam gesellschaftlich getragen wird, mit etwa 150 bis 200 Euro belastet wird. Diese Zahlen bestätigen sich immer mehr. Seitdem, sehr geehrter Herr Bretz, ist die Landesregierung unterwegs,

(Bretz [CDU]: Wo denn?)

um auf diesen Punkt nicht nur aufmerksam zu machen, sondern überhaupt die politische Debatte um eine Veränderung von Finanzierungsströmen in der Gesellschaft voranzubringen, um sicherzustellen, dass die Energiewende überhaupt stattfinden kann.

Zweiter Punkt: Herr Bretz, der Ausbau der Windkraft ist nicht nur Brandenburger Zielstellung, der Ausbau der Windkraft ist eine tragende Säule der Energiewende bundesweit. Hören Sie bitte auf, die Energiestrategie 2030 in einen Widerspruch zur Energiewende der Bundesrepublik Deutschland, die wir gemeinsam entschieden und getragen haben, zu bringen. Dabei spielt die Windkraft eine besondere Rolle.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Drittens: Herr Bretz, ich weiß nicht, wie Sie auf die Idee kommen, dass die Landesregierung die Energiestrategie 2030, den Netzausbau und den Ausbau der erneuerbaren Energien, nicht synchronisiert. Das ist ein Kernstück. Lesen Sie bitte nicht nur die Tabelle, sondern lesen Sie bitte auch den 84-seitigen Maßnahmenkatalog, den wir umsetzen,

(Beifall DIE LINKE)

und zwar mit den Energieversorgern und den Akteuren vor Ort. Insofern, Herr Bretz, kann ich meine Worte nur wiederholen. Ich war sehr dankbar dafür, dass wir bei der Erdverkabelung fraktions- und parteiübergreifend agieren können.

Ich bin mir sicher, 2014 haben wir Sie so weit, dass Sie auch die anderen Elemente der Energiestrategie 2030 akzeptieren. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Debatte. Ihnen liegt die Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses Drucksache 5/5373, der die Ablehnung des Gesetzes empfiehlt, vor. Wer dieser Empfehlung folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist dieser Beschlussempfehlung gefolgt worden und das Gesetz in 2. Lesung abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 11 und rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Zweites Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Aufarbeitungsbeauftragtengesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 5/5375

1. Lesung

Einvernehmlich haben wir verabredet, die 2. Lesung morgen durchzuführen.

Wir beginnen mit dem Beitrag der Landesregierung. Frau Ministerin Dr. Münch spricht.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Poppe! Der Bericht der Bundesregierung und der ostdeutschen Länder, den ich gemeinsam mit meinen Kollegen aus den neuen Ländern und Vertretern der Bundesregierung am 25. März der Öffentlichkeit vorgestellt habe, hat deutlich gemacht, dass viele Kinder und Jugendliche in Heimen in der DDR erhebliches Leid und Unrecht erfahren mussten.

In der ehemaligen DDR wurden in den Heimen der Jugendhilfe häufig Zwang und Gewalt ausgeübt, insbesondere in den Spezialheimen der Jugendhilfe war der Alltag von Freiheitsbeschränkung, Menschenrechtsverletzungen, Fremdbestimmung, entwürdigenden Strafen, Verweigerung von Bildungs- und Entwicklungschancen sowie erzwungener Arbeit geprägt. Lebenschancen von Kindern und Jugendlichen wurden zum Teil massiv beeinträchtigt und die Entwicklung ihrer Potenziale wurde verhindert.

Sehr viele dieser ehemaligen Heimkinder leiden bis heute an den Folgen dieser Heimunterbringungen und haben es nicht geschafft, sich im Laufe ihres Lebens davon zu befreien. Wir bedauern zutiefst, dass Kindern und Jugendlichen in zahlreichen Heimen der Jugendhilfe in der DDR Leid und Unrecht zugefügt wurde. Wir müssen diese menschenrechtsverletzende Praxis stärker als bisher zur Kenntnis nehmen, sie ins öffentliche Bewusstsein rücken und uns mit ihr auseinandersetzen.

Ich bin deshalb froh darüber, dass analog zu dem Fonds „Heimerziehung in der Bundesrepublik in den Jahren 1949 bis 1975“ auch ehemaligen Heimkindern aus der DDR nun finanzielle Hilfe zuteil wird. Bund und Länder stellen für den Fonds „Heimerziehung in der DDR in den Jahren 1949 bis 1990“ insgesamt 40 Millionen Euro zur Verfügung. Die Summe mag vielleicht groß klingen, sie ist aber angesichts des Unrechts und des erlittenen Leids natürlich gering. Es muss uns aber auch klar sein, dass das erlittene Unrecht sich niemals durch Geldzahlungen wird aufwiegen lassen und dass es sich nur um die Anerkennung des erlittenen Unrechts und um zusätzliche Hilfen, die zu den Hilfen, die durch die Regelsysteme bereits erfolgen, handeln kann. Die ehemaligen Heimkinder erhalten jetzt die Unterstützung, die sie brauchen.

Mir ist es sehr wichtig, dass den Betroffenen diese Leistungen

in voller Höhe zur Verfügung stehen und nicht auf Sozialleistungen angerechnet werden. Auf der Jugend- und Familienministerkonferenz in der letzten Woche haben wir noch einmal darum gebeten, bei den Sozialministern klarzustellen, dass diese Leistungen nicht angerechnet werden.

Gleichzeitig müssen wir der Stigmatisierung der ehemaligen Heimkinder entgegenwirken und sie dabei unterstützen, ihr Schicksal öffentlich zu thematisieren. Vielen und noch längst nicht allen gelingt es, dieses Schicksal öffentlich anzusprechen. Sie haben sicherlich genauso wie ich in den letzten Tagen in der Presse die erschütternden Lebensberichte dieser ehemaligen Heimkinder lesen können. Es ist häufig das erste Mal, dass sie in der Lage sind, das auszudrücken, das zu thematisieren, was ihnen geschehen ist. Über dieses Leid zu sprechen weckt zwar den alten Schmerz neu, es hilft aber auch den Betroffenen, Traumatisierungen zu überwinden und ein Stück weit aufzuarbeiten. Beides, die Hilfe durch die Öffentlichkeit für die Betroffenen und die finanzielle Unterstützung, die Hilfe zur Linderung von Folgeschäden, sind ein ganz wichtiges Anliegen.

Bei der Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur, Frau Poppe, ist die regionale Anlauf- und Beratungsstelle für ehemalige Heimkinder in der DDR sehr gut aufgehoben, sei es bei der Aufarbeitung der Lebensgeschichte, bei der biografischen Arbeit, bei der Suche nach den Akten und beim Zugang zu Hilfeleistungen und Rentenersatzleistungen aus dem Fonds Heimerziehung - es gibt vielfältigen Gesprächs- und Beratungsbedarf. Der erste Tätigkeitsbericht der Aufarbeitungsbeauftragten, über den wir morgen debattieren werden, zeigt auch, dass Frau Poppe bereits seit Längerem, ohne dass sie speziell beauftragt wurde, von ehemaligen Heimkindern hilfesuchend angesprochen wurde und diese tatkräftig unterstützt. Ich bin mir sicher, dass die ehemaligen Heimkinder bei Frau Poppe die notwendige Beratung und Unterstützung finden werden, und bitte Sie daher, diese notwendige Gesetzesänderung gemeinsam mit der Landesregierung auf den Weg zu bringen. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD, DIE LINKE und GRÜNE/B90)

Als Adressat dieser neuen Aufgabe spricht jetzt unsere Aufarbeitungsbeauftragte Frau Poppe.

Frau Poppe (Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der Fol- gen der kommunistischen Diktatur):

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Frau Dr. Münch! Heute wird in diesem Hohen Haus die Zweite Änderung des Aufarbeitungsbeauftragtengesetzes eingebracht. Meinem Amt soll eine neue Aufgabe übertragen werden, die Errichtung einer Anlauf- und Beratungsstelle für ehemalige Heimkinder in der DDR. Ich übernehme diese Aufgabe sehr gern und danke für das Vertrauen.

Die Anlaufstelle soll Menschen, denen in Kinder- und Jugendheimen zu DDR-Zeiten Unrecht zugefügt wurde, bei der Bearbeitung der anhaltenden Belastungen zur Seite stehen und ihnen Hilfen zukommen lassen, um die Folgen des Leids zu mindern. In unseren Beratungen haben wir die Erfahrung gemacht, dass, je geringer das Lebensalter ist, in welchem Menschen

traumatische Erfahrungen machen, desto folgenschwerer die Auswirkungen sein können. Es ist allgemein bekannt, dass frühe Prägungen in der Kindheit, Erfahrungen von Zwang und Ohnmacht und Gewalt verhindern, dass so etwas wie ein Weltvertrauen, ein Vertrauen in sich selbst und in die Mitmenschen aufgebaut wird. Die Folgen eines solchen Vertrauensverlustes sind oft Integrations- und Beziehungsprobleme.