Protokoll der Sitzung vom 26.09.2012

Frau Schulz-Höpfner, mit Verlaub, Sie haben im Vorwort der Großen Anfrage, in diesen zehn Zeilen, lediglich gesagt, dass Sie ein paar Zahlen haben wollen. Das steht so drin, Entschuldigung. Sie haben nicht gesagt, dass Sie tatsächlich eine umfangreiche Antwort bezüglich eines Konzepts haben wollen.

(Zuruf der Abgeordneten Schulz-Höpfner [CDU])

Frau Schulz-Höpfner, wenn Sie diese Frage gestellt hätten, hätten wir wahrscheinlich in einer Vielzahl der Fragen auf das familienpolitische Programm und das Maßnahmenpaket verweisen können, und zwar vollumfänglich, weil wir dazu viele Fragen schon beantwortet haben.

Vielen Dank, Herr Minister Baaske.

Wir beenden die Aussprache. Damit ist die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 18 zur Kenntnis genommen worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und eröffne Tagesordnungspunkt 5:

Gesundheitstourismusbranche zielgerichtet weiterentwickeln

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 5/5986

Die Aussprache wird mit dem Beitrag der einbringenden Fraktion, der CDU, eröffnet. Der Abgeordnete Prof. Dr. Schierack hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Die Unionsfraktion möchte mit dem vorliegenden Antrag „Gesundheitstourismusbranche zielgerichtet weiterentwickeln“ den Fokus auf eine boomende Branche des Gesundheitsurlaubs in Brandenburg richten.

Die Gesundheitswirtschaft in Deutschland ist ein innovativer Wirtschaftszweig. Über 5,4 Millionen Menschen arbeiten dort. Sie erwirtschaften 10 % des Bruttoinlandsprodukts. Allein in den deutschen Heil- und Kurbädern sind 350 000 Menschen beschäftigt und erwirtschaften 30 Milliarden Euro pro Jahr. Deutschlandweit waren in den Heilbädern und Kurorten im Jahr 2010 20 Millionen Gäste mit ungefähr 100 Millionen Übernachtungen.

Für viele Menschen in Brandenburg, aber auch in ganz Deutschland spielen gerade Gesundheitsaspekte bei der Urlaubswahl eine bedeutende Rolle. Man ist sich in der Branche einig: Nur mit innovativen Produkten und Angeboten, die auch professionell vermarktet werden, kann sich der Gesundheitstourismus national und international dem Wettbewerb stellen.

Meine Damen und Herren, mir ist durchaus bewusst, dass wir eine Landestourismuskonzeption besitzen, in der auch der Gesundheitstourismus eine nicht unwesentliche Rolle spielt, und wir bestreiten den Masterplan „Gesundheitsregion BerlinBrandenburg“ aus dem Jahr 2007. Teilweise sind diese Konzepte mit Leben erfüllt, aber teilweise liegen in ihnen auch noch große Reserven, die es zu erschließen gilt. Deshalb, meine Damen und Herren, brauchen wir eine aktuelle Analyse und zunächst einmal Klarheit darüber, ob die Gesundheitstourismusbranche, so wie sie gerade existiert, die neuen Herausforderungen in ihren Strukturen auch besteht. Welche Stärken und welche Schwächen haben wir? Und genau darum geht es in unserem Antrag.

Meine Damen und Herren, unmittelbar nach der Wende gelang es in Brandenburg nicht, Großprojekte erfolgreich am Markt zu platzieren. Die dennoch gute wirtschaftliche Entwicklung in Brandenburg basiert vor allem auf den mutigen Schritten mittelständischer Unternehmen und auch insbesondere der Tourismusbranche. Wir sind ein Land mit den großen Ressourcen von viel Natur, von viel Wasser, und es gibt viele anerkannte Kurund Heilbäder.

In den 90er-Jahren vereinbarten wir mit Berlin, dass durch die Hochschulmedizin in Berlin und in Brandenburg entsprechende Kureinrichtungen vorzuhalten sind. Dies erweist sich hinsichtlich insbesondere der Rehabilitationseinrichtungen zunehmend

als schwieriger in der Kooperation mit Berlin. Es bedarf deshalb eines stärkeren Engagements für unsere Reha-Einrichtungen in Brandenburg, um sie zu sichern und natürlich auszubauen.

(Beifall CDU)

Ganz aktuell lautet unsere Frage an die Landesregierung: Wie weit ist eigentlich die Umsetzung der „Gesundheitstourismus Marke Brandenburg“? Als Zeitschiene war ja das Jahr 2011/2012 vorgesehen und als hochprioritär vermerkt. Um diese Aktivitäten ist es sehr ruhig geworden, obwohl sich das Jahr 2012 so langsam dem Ende zuneigt. Im Masterplan lesen wir ja, die Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg solle zu dem innovativsten und leistungsstärksten Zentrum der Gesundheitswirtschaft in Deutschland ausgebaut werden. Dabei ist die Gesundheitswirtschaft die eine Seite der Medaille, der Gesundheitstourismus aber sicherlich die wichtige andere. Denn der Gesundheitstourismus findet ja gerade in den ländlich geprägten Regionen statt: in Templin, Bad Wilsnack, Bad Liebenwerda, und ist meistens verbunden mit einem qualifizierten Angebot arbeitskraftintensiver Tätigkeiten. Damit ermöglichen die Arbeitgeber gerade Menschen, eine Beschäftigung vor Ort in den ländlichen Regionen zu finden. Eine gut florierende Kureinrichtung trägt selbstverständlich auch zum Wohlstand der Region bei; denn auch die anderen Unternehmen profitieren von den Gästen.

(Beifall CDU und des Abgeordneten Vogel [GRÜNE/ B90])

So benötigen wir den von uns geforderten Bericht, um fundierte Entscheidungen treffen zu können, um eben die Frage zu beantworten, wie wir einzelne Regionen gezielter unterstützen können. Bereits jetzt zeichnet sich zum Beispiel im Gesundheitsbereich ein Fachkräftemangel ab. Wie reagiert die Landesregierung darauf? Wo und wie können wir unterstützende Angebote bieten?

Wir verweisen in unserem Antrag - Sie haben es gelesen - auf den Freistaat Bayern. Die bayerische Staatssekretärin Hessel hat im Sommer 2011 eine Bädertour organisiert; sie hat Bäder besucht. Ziel ihrer Besuche war, sich ein genaues Bild von den Kompetenzen und der Infrastruktur zu machen. Die Marke „Gesundes Bayern“ wurde als logische Konsequenz von Fordern und Fördern gesehen. Dabei geht es um die aktive Vernetzung von Wirtschaft, Wissenschaft und Medizin. Dies wäre auch ein guter Ansatz hier in Brandenburg, um das Marketing der Bäder in unserem Land zu verstärken. Wir sollten das also sehr intensiv und offensiv tun, um diese boomende Branche auch im Land Brandenburg zu unterstützen.

Die Diskussion, meine Damen und Herren, um eine allgemeine Tourismusabgabe ist hier zum Beispiel völlig kontraproduktiv.

(Domres [DIE LINKE]: Schade eigentlich!)

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns bestimmen: Wo stehen wir? Und welche Schritte sind erforderlich, um den Gesundheitstourismus in Brandenburg zu unterstützen? Dieser Antrag ist ein Angebot, unsere Heil- und Kurbäder weiter auszubauen. Ich danke Ihnen fürs Zuhören und bitte um Unterstützung.

(Beifall CDU und GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Herr Prof. Dr. Schierack. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Frau Abgeordnete Hackenschmidt, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Gesundheitstourismus ist ein Thema, das deutliche Zuwächse verzeichnet. Auch im Gesundheitstourismus ist eine spezialisierte Gesundheitshotellerie im Wettbewerb mit den Kurorten zu verzeichnen. Das gesamte Thema gewinnt stark an Bedeutung und ist auf langfristiges Wachstum ausgerichtet.

Ich glaube dennoch, Herr Prof. Schierack, dass wir Ihren Antrag nicht brauchen, denn wir haben - Sie haben es richtig zitiert - das „Strategie- und Umsetzungskonzept ‚Gesundheitstourismus‘ in der Tourismuskonzeption in der Zeitschiene bis zum Ende dieses Jahres. Dafür gibt es den Wirtschaftsausschuss, der sich regelrecht dafür anbietet, dies dann in Vorbereitung der ITB 2013 zu einem Hauptthema einer Sitzung im Wirtschaftsausschuss zu machen. Ich halte von noch mehr Berichten nicht viel, sondern wir sollten uns konstruktiv in der Diskussion darüber austauschen, welche Erfahrungen und welche Tendenzen es gibt.

Hohe Nachfragepotenziale im Gesundheitstourismus - hier stellen sich die Anbieter auch einem intensiven Wettbewerb. Ich glaube, es gibt auch generell ein Umdenken, den normalen Erholungsurlaub in dieser Zeit gesundheitsorientiert und nachhaltig zu gestalten. Die Menschen bleiben aufgrund der wirtschaftlichen Lage häufiger im Lande, es wird häufiger, aber kürzer Urlaub gemacht. Die Natur - Sie haben es richtig gesagt bietet hier viele Ansätze, nämlich Rad zu fahren, sich aktiv in der Natur zu bewegen.

Es gab dazu auch das Projekt des Landestourismusverbandes in einem Netzwerk. Hier gibt es fließende Übergänge von touristischen Angeboten zu Gesundheitsangeboten. Ich glaube, hier muss man deutlich machen, dass man das verknüpfen kann. Der normale Kurortbesucher wird am Rande auch die Zeit nutzen, sich dem Erholungstourismus zu widmen; aber es gibt ganz einfach auch eine andere Struktur von Genießen im Urlaub: Aktivitäten sind angesagt. Ich glaube schon, dass es wichtig ist, dies auch wahrzunehmen.

In der Tourismuskonzeption wird deutlich gesagt: Wir brauchen das Strategie- und Umsetzungskonzept. Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg. Natürlich ist nichts vollendet, sondern es ist ein Prozess, gerade im Tourismus: Es gibt eine Anbieterveränderung, die Produktlinien müssen sich entwickeln und gemeinsam in einer Strategie vermarktet werden. Ich meine, hier sind wir mit bestimmten Ansätzen auf dem richtigen Weg. Die Vielfalt im Land Brandenburg macht das auch immer wieder deutlich.

Sie nennen das Beispiel einer Bädertour. Natürlich, Ausflüge können wir viele machen. Es steht Ihnen frei, Bäder zu besuchen. Ich habe das des Öfteren auch schon gemacht, mehrere nacheinander besucht, um sie vergleichen zu können. Wenn ich in einer bestimmten Region war, habe ich als tourismuspolitische Sprecherin Einrichtungen besucht. Aber dass wir als Ausschuss eine Bädertour machen oder dass dies der Minister

oder der Staatssekretär tut, darin sehe ich den Mehrwert für die Parlamentarier nun nicht direkt. Wenn, dann müssten wir das machen. Schlagen Sie es vor, sagen Sie, welche Haushaltsstelle wir dafür in Anspruch nehmen sollen, und dann machen wir uns eine Woche auf Tour, ob mit Fahrrad oder Bus - ich bin an Ihrer Seite.

Natürlich muss man auch sehen, welche Schwerpunktbildung wir haben, um neue Angebotsformen zu schaffen: die Themenkombination Gesundheit/Wandern oder Radfahren. Die Polen machen es uns in ihren Bädern vor: Bad Flinsberg etc., privat finanzierte Kuren mit einem entsprechenden Unterhaltungsprogramm. Ich glaube, es hat auch etwas mit dem demografischen Wandel zu tun, dass Menschen im Alter noch aktiv sein wollen und solche Angebote suchen.

Wir sollten, wenn wir uns im Ausschuss damit beschäftigen, doch deutlicher auf ein Kompetenznetzwerk „Gesundheitstourismus“ Wert legen. Ich halte es für den richtigen Weg, diese Vernetzung zu begleiten und auch die notwendigen strategischen Partner zu finden, um alle relevanten und leistungsfähigen Akteure aus Tourismus, Gesundheitswirtschaft und Verwaltung miteinander ins Gespräch zu bringen.

Ich glaube schon, wir haben gute Potenziale - Sie haben es deutlich gesagt - mit der Natur. Ich bin optimistisch, dass wir in Vorbereitung der ITB dieses Thema auf die Tagesordnung des Wirtschaftsausschusses bringen. Ich halte diesen Antrag nicht für notwendig.

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Hackenschmidt. - Herr Abgeordneter Tomczak wird für die FDP-Fraktion die Aussprache fortsetzen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin etwas erstaunt über die Logik Ihrer Schlussfolgerung, Frau Hackenschmidt.

(Beifall FDP)

Denn wenn wir dies im Wirtschaftsausschuss behandeln wollen, wäre der Antrag sicher genau die richtige Basis dafür.

Im Jahr 2009 haben rund 4 Millionen Menschen in Deutschland einen Gesundheitsurlaub verbracht. Vielleicht gehören sogar einige von uns dazu. Bis zum Jahr 2020 wird ein Anstieg auf etwa 7 Millionen prognostiziert. Fast 40 % aller Urlauber wollen in ihrem Urlaub etwas für ihr körperliches Wohlbefinden und ihre Gesundheit tun. Vor diesem Hintergrund ergeben sich für die Gesundheits- und Tourismuswirtschaft auch in Brandenburg große Entwicklungspotenziale, die es mit entsprechenden Angeboten auszuschöpfen gilt.

Der Gesundheitstourismus ist ein Teil des überwiegend privat finanzierten zweiten Gesundheitsmarktes, oftmals angesiedelt als Arbeitgeber im ländlichen Raum. Die Faktoren Fitness und Wohlbefinden, Erhaltung der eigenen Leistungsfähigkeit sowie Vorbeugung gesundheitlicher Risiken rücken immer mehr ins

Bewusstsein der Menschen. Die Verknüpfung der Gesundheitswirtschaft mit dem Tourismus bietet gerade, aber nicht nur für Kurheilbäder und Seebäderorte Wachstumschancen.

Auch durch den demografischen Wandel können neue Zielgruppen erschlossen werden.

Den Antrag von Ihnen, meine Damen und Herren der CDUFraktion, unterstützen wir aus zweierlei Gründen. Zum einen freut es uns, dass Sie unsere Kleine Anfrage vom Januar 2012 zum Anlass nehmen, diesen Antrag daraus zu formulieren. Zum anderen geht die von Ihnen aufgestellte Forderung in die richtige Richtung. Auch wir sehen nach wie vor enorme Potenziale im Bereich des Gesundheitstourismus - Potenziale, die gegenwärtig aber leider nicht in der möglichen Form genutzt werden. Vielleicht werden sie aber auch von dieser Landesregierung nicht gesehen. Wir wollen mit unserer Zustimmung zu diesem Antrag gemeinsam mit der CDU darauf aufmerksam machen. Unsere damaligen Fragen in unserer Kleinen Anfrage wurden bzw. konnten entweder gar nicht oder nur sehr knapp beantwortet werden. Das, was wir dort zu lesen bekamen, war sehr halbherzig bzw. wenig überzeugend.

(Beifall des Abgeordneten Bretz [CDU])

So richtig damit auseinandergesetzt hat sich bisher wohl niemand in dieser Landesregierung, obwohl ein Konzept „Gesundheitstourismus Marke Brandenburg“ in der Landestourismuskonzeption Brandenburg 2011 bis 2015 gefordert ist. Da macht sich vielleicht ein kleiner Zwischenbericht, der hier angeregt wurde, durchaus auch für die Arbeit im Wirtschaftsausschuss gut.

Andere Länder, meine Damen und Herren der Regierungskoalition, sind diesbezüglich erheblich weiter. Ich stelle fest: Das Feld des Gesundheitstourismus sollte dringend beackert werden. Der Antrag der CDU-Fraktion ist dafür ein erster Schritt in die richtige Richtung, und zwar auch für die weitere Befassung im Wirtschaftsausschuss, wie von Frau Hackenschmidt vielleicht etwas um die Ecke gedacht vorgeschlagen wurde. - Herzlichen Dank.

(Beifall FDP)