Hätte man doch die Mittel, die leider Gottes immer wieder verschwendet bzw. verschleudert werden - Stichworte: BER oder die Überleiter in Senftenberg -, dafür verwendet, hätten wir genug Geld.
Meine Damen und Herren, wenn man den Anspruch hat, Gründerland zu sein, dann muss man auch eigene Konzepte entwickeln, diese durchsetzen und voranbringen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bommert. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abgeordnete Domres.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Als Erstes möchte ich mich natürlich im Namen der Fraktion beim Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten sowie bei allen beteiligten Ministerien für die umfangreiche Beantwortung der Großen Anfrage bedanken. Neben dem bundesweit einzigartigen Gründernetzwerk ist diese Große Anfrage für mich eine Förderfibel für Unternehmensgründungen schlechthin.
Das zeigt aber auch, auf welchem schmalen Grad sich die FDP bewegt. Herr Kollege Tomczak, einerseits stellen Sie Anfragen zu den Belastungen der märkischen Unternehmen durch amtliche Statistiken, andererseits fordern Sie immer wieder Zahlen von der Landesregierung ab, die nur durch amtliche Statistiken erhoben werden können.
Kommen wir nun zu den Fakten: Allen Oppositionsunkenrufen zum Trotz kann die rot-rote Landesregierung auch bei den Unternehmensgründungen punkten. Nicht nur die Auszeichnung als „Europäische Unternehmerregion 2011“ spricht Bände. Wie bereits erwähnt, ist das brandenburgische Gründernetzwerk bundesweit einzigartig und hat somit Modellcharakter.
Insgesamt bildet die Förderung von Existenzgründungen einen Schwerpunkt der brandenburgischen Mittelstandspolitik. Im Vordergrund steht dabei der dauerhafte Erfolg von Gründungen, der durch eine qualifizierte Beratung und Begleitung der Vor- und Nachgründungsphase sichergestellt werden soll. Das stellt aber nur einen Teil dar. Künftig wird es verstärkt auch um die passgenaue Unterstützung von Unternehmensnachfolgen gehen. Im Jahr 2011 lag die Selbstständigenquote mit 12,3 % über dem Bundesdurchschnitt von 10,9 %. Im bundesweiten Vergleich ist das nach Bayern und Berlin Platz 3. Die Frauenquote liegt bei den Selbstständigen in Brandenburg ebenfalls über dem Bundesdurchschnitt.
Laut der Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung, die vom Branchenverband BITKOM in Auftrag gegeben und vergangene Woche veröffentlicht wurde, liegt Brandenburg bei der Gründung von neuen Firmen in der Informations- und Telekommunikationstechnologie unter allen Bundesländern auf dem 9. Platz und schneidet damit von den ostdeutschen Ländern am besten ab. Insofern liegen wir auch vor Sachsen.
Aktuelle Studien zeigen, dass Unternehmensgründungen aus der Arbeitslosigkeit heraus viel erfolgreicher sind als bisher angenommen. Etwa zwei Drittel dieser Gründungen sind auch noch nach fünf Jahren existent. Gründungszuschüsse sind damit ein nachhaltiges Instrument der Arbeitsmarktpolitik und haben sich bewährt.
Nun zu unserem Entschließungsantrag, Herr Kollege Bommert. Die Folgen der von der schwarz-gelben Bundesregierung im letzten Jahr beschlossenen Kürzung beim Gründungszuschuss sind auch in Brandenburg nicht zu übersehen. Von Januar bis September dieses Jahres wurden von den Arbeitsagenturen nur noch 336 Gründungszuschüsse gewährt. Das sind 90 % weniger als im Vorjahr. Damit ist ein erfolgreiches arbeitsmarktpolitisches Instrument zum stumpfen Schwert verkommen. Dies wird auch Auswirkungen auf das Gründergeschehen im Land Brandenburg haben.
Herr Kollege Bommert und meine Damen und Herren von der FDP, wenn für Sie Unternehmensgründungen tatsächlich von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung unseres Landes sind - zumindest behaupten Sie das immer -, dann unterstützen Sie unseren Entschließungsantrag und setzen sich auf Bundesebene bitte dafür ein, dass vonseiten des Bundes die entsprechenden Programme nicht gekürzt oder ersatzlos gestrichen werden.
Ihre übliche Forderung nach Beseitigung von bürokratischen Hemmnissen und Erhöhung der Anwenderfreundlichkeit laufen ins Leere, wenn diese vonseiten des Bundes nicht mehr finanziert werden bzw. Förderprogramme nicht mehr bestehen.
Zudem ist mir völlig schleierhaft, wie Sie es immer wieder schaffen, einerseits die Wirksamkeit von Förderprogrammen anzuzweifeln - ich zitiere aus Ihrer Begründung: „Über deren (langfristige) Wirksamkeit liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor.“ -, andererseits aber den Abbau bürokratischer Hemmnisse zu fordern. Das bedeutet quasi, jedem das Geld hinterherzuwerfen. Mitnahmeeffekte werden dabei vollständig ausgeblendet. Diese kommen Ihnen nur dann in den Sinn, wenn es um die Kürzung von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen geht. Auf Bundesebene beweisen Sie tagein und tagaus eindrucksvoll, wie Sie diesen Spagat hinbekommen: Es wird einfach alles gestrichen, was nicht Ihrer Klientel zugutekommt.
Meine Damen und Herren von der FDP-Fraktion, wir teilen Ihre Auffassung nicht, dass das schlechte Image des Unternehmertums in Deutschland die Bürgerinnen und Bürger davon abhält, sich selbstständig zu machen. Der Platz 3 von Brandenburg im Bundesvergleich zeigt, dass auch die Brandenburgerinnen und Brandenburger nicht dieser Auffassung sind. Auch die neueste Studie aus dem Haus des Bundeswirtschaftsministers „Gründerland Deutschland: Zahlen und Fakten“ spricht eine andere Sprache. Dort ist von einer positiven Grundeinstellung zum Thema „Gründung in Deutschland“ die Rede, aber auch von einer großen Angst zu scheitern. Lesen Sie die Studie; denn sie ist sehr informativ.
Ein weiteres großes Problem, das wir immer sehen, ist Ihre Definition des Bildungsbegriffs. - Wir haben einen anderen Bildungsbegriff und sind der Meinung, dass Bildung nicht ausschließlich auf Verwertbarkeit ausgerichtet werden soll und darf, sondern zur Entwicklung und Vervollkommnung der Gesamtpersönlichkeit beitragen muss. Bei der FDP geht es dagegen einzig und allein darum, dass die Schule für die Wirtschaft ausbilden muss. Nichts anderes kommt in Ihren 18 Fragen zum Kapitel „Schule und Wirtschaft“ herüber.
Im Übrigen ist die Studie des Bundeswirtschaftsministeriums sehr aufschlussreich; denn sie besagt, dass nur für 19 % die Schulausbildung eine wichtige Rolle bei der Entscheidung gespielt hat, sich selbstständig zu machen.
Herr Abgeordneter Domres, es gibt eine Frage von Herrn Bretz. Möchten Sie die zulassen? - Im Übrigen ist Ihre Redezeit beendet.
Herr Kollege Domres, Sie sagten gerade, Sie hätten einen anderen Bildungsbegriff, der darin bestünde, dass Sie Bildung unter der Maßgabe der Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit sähen. Sie sehen insoweit einen Gegensatz zu einem anderen Bildungsbegriff, den Sie uns unterstellen; demnach stellten wir nur auf die Verwertbarkeit von Wissen ab bzw. wir sähen nur diesen Aspekt. Könnten Sie bitte diesen Punkt ausführlicher erläutern? Ich habe ihn nicht verstanden.
Sie haben ja gut zugehört, Herr Bretz; daher brauche ich die Frage gar nicht weiter zu beantworten. Herr Bretz, es geht um Folgendes: Welche Zielstellung verfolgen Sie mit Bildungspolitik? - Gerade von Ihrer Seite höre ich immer wieder, alles, was in der Schule passiere, müsse sich der Wirtschaft unterordnen. Dazu haben wir eben eine andere Auffassung. Schule ist mehr, als die Menschen passgerecht für die Wirtschaft zu machen. Das sage ich auch als Wirtschaftspolitiker.
Frau Abgeordnete Blechinger, das war jetzt zu spät. Die Redezeit ist auch zu Ende. Wir haben schön viel eingespart und ich bitte Sie darum, das Eingesparte nicht wieder geltend zu machen.
Herr Abgeordneter Domres war am Ende seiner Rede. - Wir kommen zur Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Abgeordneter Vogel hat das Wort.
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In ihren Antworten auf die Große Anfrage der FDP zum Thema Gründerland Brandenburg zeichnet die Landesregierung, was zum Teil auch fragebedingt ist, nur ein unvollständiges Bild der Gründungsaktivitäten im Land Brandenburg. So enthält die Aufstellung in der Anlage 2 beispielsweise nur jene Mittel, die aus dem ESF finanziert wurden. Darüber hinaus wird die Gründungsförderung in Brandenburg aber beispielsweise auch aus EFRE-Mitteln finanziert. Bundesprogramme werden in der Antwort nur unzureichend genannt, obwohl diese im Rahmen der Hightech-Strategie der Bundesregierung vor allem für innovative, technologieorientierte Projekte die wesentlich wichtigeren Finanzierungsquellen darstellen.
Die hier vorliegende Antwort gibt also allenfalls die Hälfte der in Brandenburg stattfindenden Aktivitäten im Bereich der Gründungsförderung wieder. Vor allem im weniger technologieorientierten Bereich - Stichwort: „Gründung aus der Arbeitslosigkeit“ - sind in der Tat Erfolge sichtbar. Das „Gründungsnetz Brandenburg“, das jüngst sein zehnjähriges Bestehen feierte, blickt auch aus unserer Sicht auf eine insgesamt recht positive Zeit zurück.
Für die zukünftige Entwicklung des Landes spielen jedoch vor allem die innovativen Gründungen eine wesentlich wichtigere Rolle. Hier geht es zum Beispiel um die Förderung von Gründungsaktivitäten an Brandenburger Hochschulen. In der Antwort auf die Anfrage der FDP-Fraktion wie auch im vorliegenden Entschließungsantrag der Koalition wird aber ein viel zu rosiges Bild gezeichnet, das mit der Realität im Land Brandenburg nur wenig gemein hat.
Die sozioökonomische Analyse von Ernst & Young vom Oktober 2012 stellt für das Land eine unterdurchschnittliche und teilweise sogar sinkende Gründungsintensität, unter anderem
im Bereich technologieorientierter Unternehmen, fest. Die Möglichkeit, Ausgründungen zu fördern und zu unterstützen, ist an den Brandenburger Hochschulen sehr bescheiden, wenngleich es durchaus hier und da Bemühungen gibt, dies zu ändern. So können beispielsweise forschungsnahe und hoch innovative Gründungsprojekte aufgrund der desolaten Raumsituation an den Hochschulen in der Regel nicht auf die Infrastruktur der Hochschule zurückgreifen. Alternativen gibt es so gut wie überhaupt nicht.
Das in der Antwort genannte Technologiezentrum in Golm, GO:IN, bietet zwar Labore und Büros, diese aber werden von der Stadt Potsdam nur zu marktüblichen Mieten und nur an bereits gegründete Unternehmen abgegeben. Der allergrößte Teil der Gründerinnen und Gründer geht also leer aus. Im ganzen Wissenschaftspark Golm gibt es für frühe Gründungsprojekte aus den Instituten der Universität oder den drei Max-Planckund zwei Fraunhofer-Instituten keine Labor- oder Büroräume. Ähnlich sieht die Situation am IT- und Medienstandort in Griebnitzsee aus. Vorhandene Kapazitäten werden zu Marktpreisen an bereits gegründete Unternehmen vermietet, Hochschule und Hasso-Plattner-Institut verfügen hingegen an diesen Standorten über keine Räume für Ausgründungsprojekte. Vorhandene bzw. derzeit entstehende Kapazitäten gehen zunächst an Forschung und Lehre, das ist ja auch verständlich. Aber in der Konsequenz wandern relevante Gründungsprojekte regelmäßig von Brandenburg nach Berlin ab.
Das sieht sie falsch. Es fehlt in Brandenburg nicht nur an Gründerräumen in Hochschulen, sondern auch an einer effektiven und ausreichend finanzierten Struktur, die in der Lage ist, neue Technologien aus den Forschungseinrichtungen in Brandenburg systematisch zu erfassen und adäquat zu fördern.
Das Nebeneinander einer Vielzahl von Organisationen und unterschiedlichsten Förderprogrammen und -progrämmchen führt nämlich dazu, dass das Unterstützungsangebot für eine Vielzahl von Projekten und Ideen der Brandenburger Wissenschaftler nur suboptimal und insgesamt als halbprofessionell einzuschätzen ist. Die Projekte und Ideen werden also nicht so gut unterstützt und begleitet, wie das eigentlich nötig wäre. Die meisten Ideen für neue Produkte oder Dienstleistungen werden daher entweder übersehen oder aber entsprechende Gründungsprojekte gar nicht erst begonnen.
Warum sonst nimmt Brandenburg nach wie vor bundesweit einen der hintersten Plätze bei den Patentanmeldungen ein? Wenn die dazu beauftragte Patentverwertungsagentur Brainshell noch nicht einmal die Mittel hat, um aktuelle Marktanalysen einkaufen zu können, muss man sich darüber nicht wundern. Auch Ernst & Young konstatiert dem Land in einer aktuellen Untersuchung Mängel in der Transfer-Infrastruktur und unterdurchschnittliche Transferaktivitäten.
Neben den strukturellen und räumlichen Problemen haben innovative Brandenburger Gründerinnen und Gründer auch noch ein finanzielles Problem: Während die ersten Schritte bis zur Gründung vor allem durch die Bundesprogramme aus der EXIST-Familie und aus dem landeseigenen Förderprogramm
Nur einen Tropfen auf den heißen Stein stellt hier der Frühphasenfonds Brandenburg dar. Hier müsste die Landesregierung dringend aufstocken, wenn sie die Situation wirklich verbessern wollte, und zwar sowohl bei den investiven Mitteln als auch bei der personellen Betreuung und Begleitung der Projekte. Beides gilt übrigens auch für die etwas später ansetzenden Beteiligungsfonds. Entsprechende Änderungsanträge unserer Fraktion zu den betreffenden Haushaltspositionen der kommenden Jahre wurden allerdings im Fachausschuss von den Koalitionsfraktionen abgelehnt.
Den Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen lehnen wir ab. Der Entschließungsantrag der FDP, der zumindest nicht falsch ist, wird von uns ausdrücklich unterstützt.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Vogel. - Wir setzen mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Herr Minister Christoffers hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei aller politischen Kritik und Auseinandersetzung steht zumindest ein Punkt fest: Keine Fraktion in diesem Hohen Hause ist der Meinung, dass Unternehmertum in Brandenburg etwas sei, was politisch nicht beachtet oder nicht unterstützt werden müsse. Wir brauchen Unternehmerinnen und Unternehmer, und wir brauchen Gründerinnen und Gründer. Insofern zunächst einmal herzlichen Dank für diese gemeinsame Positionierung. Ich danke auch dafür, dass die Große Anfrage genau in dieser Woche behandelt wird. Ich denke, das gibt noch einmal einen guten Punkt.
Bevor ich mit großem Vergnügen auf einzelne Beiträge eingehe, möchte ich darlegen, welche Erkenntnis ich schon jetzt aus der Debatte mitnehme: Ich nehme mit, dass im Hohen Haus eine Unterstützung der Gründungsinfrastruktur in Brandenburg weiterhin vorhanden sein wird und wir uns gemeinsam das Ziel setzen, die Selbstständigenquote weiter zu erhöhen, weil wir insbesondere in innovativen Bereichen - aber eben nicht nur dort - Neugründungen für die weitere Festigung der wirtschaftlichen und sozialen Substanz brauchen. Das ist eine Botschaft, die auch von der heutigen Plenarsitzung ausgehen sollte.