(Zurufe von der SPD: Nicht schon wieder! - Wichmann [CDU]: Das kann ich Ihnen jetzt nicht ersparen!)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss mich noch einmal zu Wort melden, weil Herr Ludwig mich direkt und auch das Prozedere im Petitionsausschuss angesprochen hat. Sie sind selbst nicht Mitglied des Petitionsausschusses; vielleicht kann ich Ihnen allen noch einmal erklären, wie die Verfahrensweise ist, wenn wir, was relativ selten vorkommt - zum zweiten Mal in dieser Wahlperiode; wir hatten eine Petition von Herrn Dr. Niedner und jetzt diese -, von der Möglichkeit des Petitionsgesetzes Gebrauch machen, eine Petition nicht im Petitionsausschuss abschließend zu behandeln, sondern hier im Plenum. Den Antrag, die Abstimmung über diese Petition hier im Plenum durchzuführen, haben wir vor zwei Monaten rechtzeitig über das Präsidium und auch im Petitionsausschuss schriftlich gestellt und mitgeteilt. Wir haben auch rechtzeitig - drei Wochen vor der letzten Beratung im Ausschuss - unseren Vorschlag schriftlich eingebracht und an alle Petitionsausschussmitglieder verschickt und mitgeteilt, wie wir diese Petition abzuschließen gedenken.
Darauf sind die Kollegen von Rot-Rot und die Mehrheit des Ausschusses in keiner Weise eingegangen. Das ist auch nicht schlimm, dazu haben wir heute Gelegenheit. Auch Sie haben heute die Gelegenheit, noch einmal nachzudenken und Ihr Abstimmungsverhalten gegebenenfalls zu korrigieren - dafür haben wir die Debatte. Wenn wir diesen Antrag nicht gestellt hätten, hätten wir nie die Diskussion über diese Petition hier im Plenum gehabt, und ich sage es noch einmal: Die Endentscheidung...
- Eben nicht, Frau Stark. Wir haben normalerweise Petitionen, in denen Bürger sich beschweren, dass Behörden etwas falsch gemacht haben. Wenn wir diesen Fehler nachweisen können, weisen wir die Behörde darauf hin, und das Verhalten wird korrigiert. Hier geht es nicht darum, dass eine Behörde einen Rechtsverstoß begangen hat. Bei der Polizeireform geht es um eine grundsätzlich politische Entscheidung, und die trifft der Landtag Brandenburg und nicht der Petitionsausschuss des Landtags.
Es gibt die Möglichkeit, darauf zu reagieren. - Herr Abgeordneter Ludwig, Sie möchten davon Gebrauch machen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Kollege Wichmann, Sie reden in Ihrer Kurzinterven
tion wieder am Problem vorbei. Sie instrumentalisieren Petitionen, um hier politisch etwas vom Zaun zu brechen, um das es dabei gar nicht geht. Das ist schade gegenüber der verantwortungsvollen Wahrnehmung von Petitionsrecht, und es ist schade für die Kultur im Petitionsausschuss.
Wir als Fraktion nehmen die Arbeit sehr ernst; wir wissen, dass auch Sie die Arbeit normalerweise sehr ernst nehmen. Deswegen sind wir heute vielleicht alle wechselseitig überrascht, wie Sie das jetzt instrumentalisieren. Aber es bleibt bei unserer Kritik an diesem Vorgehen: Das haben die Petitionen nicht verdient. Wir wollen weiterhin ordnungsgemäß damit umgehen, und wir werden Ihren Antrag deshalb ablehnen. Wenn Sie wollen, werden wir uns in der Plenardebatte in der nächsten Sitzung auf Ihren Antrag hin mit diesem Thema befassen. Falls Sie dann einen Vorschlag haben, wären wir umso erfreuter.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ludwig. - Ich möchte noch einmal klarstellen: Eine Kurzintervention muss man anmelden. Es gibt Irritationen beim Redner, wenn dies geschieht, während er noch spricht. Eine Kurzintervention zur Kurzintervention gibt es nicht. Wir haben hier oben keine Absicht zur Kurzintervention von Herrn Lakenmacher gesehen; Sie haben Ihre Redezeit ohnehin um 40 Sekunden überschritten, und insofern bitte ich jetzt um Beruhigung der ganzen Angelegenheit. Wir sprechen ja noch weiter darüber.
Wir kommen zum Redebeitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Abgeordneter Jungclaus hat das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Liebe Gäste! Im Januar 2012 hatte die Fraktion eine Aktuelle Stunde zum Thema „Brandenburgs Bürger schützen“ beantragt. Im Februar kam der Antrag zum Personalabbau bei Brandenburger Sicherheitsbehörden, und vor der Sommerpause diskutierten wir den Antrag „Stellenbedarf der Polizei jetzt neu feststellen“. Der vorliegende Antrag fordert nun erneut, den Schutz der Bürger zu gewährleisten. Wir wissen es also jetzt: Das Thema innere Sicherheit wird in der CDU-Fraktion umfassend behandelt und der Blick dabei nicht etwa durch kleinteilige Detailfragen getrübt, sondern es wird ausschließlich das große Ganze im Auge behalten.
Dabei finde ich persönlich die von Ihnen im Antrag geforderten Konzepte zur wirksamen Bekämpfung von Kriminalität genauso wünschenswert wie einen Masterplan zur Abschaffung von Krankheiten oder Strategien gegen die Ungerechtigkeit auf dieser Welt.
Die beiden vorliegenden Petitionen sind im Petitionsausschuss mehrfach mit großer Ernsthaftigkeit und unter Hinzuziehung mehrerer Stellungnahmen aus dem Innenministerium behandelt worden. Die Bedeutung der eingereichten Petitionen ist auch durch ihre umfangreiche Behandlung in der Presse sowie durch mehrere durch sie ausgelöste Beratungsrunden - wie zuletzt die Sicherheitskonferenz in Angermünde - sichtbar geworden. Die
große Verunsicherung, die durch die von straff organisierten Banden durchgeführten Raubzüge gegen lokale Unternehmen entsteht, ist dabei absolut nachvollziehbar. Auch wenn vereinzelt die Anzahl der gemeldeten Kfz- und Maschinendiebstähle gesunken ist, so ist der Gesamtschaden doch immens.
Auf diese Probleme gehen die Stellungnahmen des Staatssekretärs ausführlich ein, und diese Ausführungen wurden auch in die Antwortschreiben eingearbeitet. Insofern unterstützt unsere Fraktion die Beschlussempfehlung unseres Petitionsausschusses, den Petenten dieses Antwortschreiben zukommen zu lassen und damit die Behandlung der Petition abzuschließen.
Lieber Kollege Wichmann, an der Stelle etwas zu Ihrem Vorwurf - ich wollte mich eigentlich nicht zu der Anwesenheit der CDU-Fraktion im Petitionsausschuss äußern -: Wenn hier in den Raum gestellt wird, dass wir die Abwesenheit der CDUFraktion ausnutzen, um mit Rot-Rot einer Beschlussempfehlung für den Petitionsausschuss zuzustimmen, kann ich als jemand, der das mit abgestimmt hat, sagen, dass das nicht daran liegt, dass wir irgendetwas ausgenutzt hätten, sondern dass Sie an diesem Tag schlichtweg nicht da waren.
Eine Bemerkung zu den Vertretungen: Sie sind, glaube ich, 19 Abgeordnete, wir sind fünf Abgeordnete, und wir kriegen es auch immer hin, die Vertretung zu organisieren.
Auch wenn die Beschlussempfehlung für den Petitionsausschuss jetzt so rausgeht - abgeschlossen ist die Debatte um die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität damit selbstverständlich nicht. Dies ist ein dauerhaftes, jahrzehntealtes Kriminalitätsphänomen, welches sich eben nicht monokausal dem Datum 21.12.2007, dem Schengenbeitritt Polens oder dem Beginn der Polizeistrukturreform oder einer wie auch immer definierten Personalstärke der Polizei zuordnen lässt.
Die Vorhaltung von drei Hundertschaften der Bereitschaftspolizei entfaltet sicherlich abschreckende Wirkung, ersetzt aber keine systematische polizeiliche Ermittlung bei länderübergreifender Zusammenarbeit mit polnischen Behörden sowie weiteren Nachbarländern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Bundespräsident Gauck hat vor einigen Tagen eine wichtige Rede zur Bedeutung eines freien und geeinten Europas gehalten. Wem der europäische Gedanke wirklich am Herzen liegt, der sollte vermeiden, dass der Eindruck entsteht, durch die Wiedererrichtung von Schlagbäumen und Grenzkontrollen rund um die Uhr könnten die ach so schlimmen osteuropäischen Kriminellen abgehalten werden. Wir Bündnisgrüne wollen keine neuen Grenzen, sondern eine engere Zusammenarbeit der EU in wirtschaftlichen, sozialen und sicherheitspolitischen Fragen. Das ist nicht leicht und wird Zeit in Anspruch nehmen, aber nur so lässt sich grenzüberschreitende Kriminalität nachhaltig bekämpfen.
Die polizeiliche Kriminalitätsstatistik 2012 wird vermutlich bald veröffentlicht. Dann müssen und werden wir weiterreden. Die Kolleginnen und Kollegen der CDU können ja sicherheitshalber schon einen Antrag für das nächste Plenum vorbereiten; Arbeitstitel: „Brandenburg retten, Kriminalität abschaffen!“ Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jungclaus. - Herr Abgeordneter Lakenmacher möchte eine Kurzintervention anbringen bitte.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Jungclaus, wir sind also einer Meinung und stellen fest: Die Landesregierung hat kein schlüssiges Konzept und keine Antworten, wie innere Sicherheit in Brandenburg gestaltet werden kann. Anders kann ich Ihr Schweigen nicht deuten.
Herr Minister, Sie werden uns in wenigen Tagen in Ihrer Statistik einen leichten Rückgang der Grenzkriminalität präsentieren. Schon heute sage ich Ihnen: Bedenken Sie den hohen Preis für diesen leichten Rückgang!
Frau Stark, der Einsatz von Hundertschaften kann keine Antwort auf die Kriminalitätslage im Land Brandenburg sein.
Herr Abgeordneter, eine Kurzintervention ist kein Mittel, den eigenen Redebeitrag fortzusetzen, sondern Sie müssen jetzt auf das reagieren, was Herr Jungclaus vorgetragen hat. Herr Jungclaus ist Ihr Ansprechpartner.
Sehr geehrter Herr Jungclaus, der Einsatz von Hundertschaften ist ein teurer und personalverschleißender Schnellschuss. Ich belege Ihnen das gern. Der Minister hat sich vorgenommen, den Krankenstand bei der Polizei, über den wir oft diskutiert haben, zu senken. Aber was ist passiert? Die Anzahl der Krankentage ist angestiegen von durchschnittlich 33 im Jahr 2011 auf 35 im Jahr 2012. Das, Herr Minister, ist die Bilanz!
Was machen Sie? Sie schweigen. Was sagen Sie den Frankfurtern, wo sich die Anzahl der Autodiebstähle fast verdoppelt hat? Was sagen Sie den Leuten im Speckgürtel, wo sich Einbrüche und Diebstähle um fast 50 % vermehrt haben? Was sagen Sie Menschen aus der Uckermark, aus OberspreewaldLausitz: Bekommen auch die jetzt Einsätze von Hundertschaften, Herr Minister? Die Menschen dort fordern das bereits und ich kann sie verstehen. Stattdessen laufen Sie landauf, landab dem Phänomen hinterher und bemühen die immer gleiche Beschwichtigungsrhetorik: Sie wollen Kräfte bündeln, ein neues Konzept erstellen. - Welche Kräfte wollen Sie denn noch bündeln, Herr Minister?
wenn Sie den Bedarf an Polizisten nicht ehrlich ermitteln, wenn Sie nicht endlich den Mut haben, im Bereich der inneren Sicherheit von der verirrten Politik des Stellenabbaus abzusehen, dann werden Kriminelle das personelle und strukturelle Defizit im Land Brandenburg weiter ausnutzen, dann werden das nicht die letzten Petitionen gewesen sein. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lakenmacher. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung fort; Herr Minister Dr. Woidke hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da sich Herr Lakenmacher innig wünscht, dass ich ans Pult trete, will ich ihm diesen Herzenswunsch erfüllen.
Herr Lakenmacher, wissen Sie, wann der Krankenstand in der Polizei von 14 Kalendertagen jährlich auf im Schnitt über 30 angestiegen ist? Das war in den Jahren 2002 bis 2008.
Eine zweite Frage: Wo sind die Vorschläge der CDU zu Konzepten in der Polizei? Ich kann die Aufregung von Herrn Bretz verstehen, der sich vorhin massiv darüber aufgeregt hat - ich hatte schon Angst, dass Sie einen Herzinfarkt kriegen, Herr Bretz -, dass hier fälschlich behauptet wurde, es gebe kein CDU-Konzept. Es gibt eines, Sie haben Recht. Und zwar sieht dieses CDU-Konzept für unser Land 700 Polizisten weniger vor als heute, nämlich 7 800. Das gehört zur Wahrheit dazu, und das ist das letzte Konzept, das ich von Ihnen zur Polizei des Landes Brandenburg zu sehen bekommen habe.
Wenn Sie ein neues haben, sollten Sie es der geneigten Öffentlichkeit vorstellen und das dann fairerweise auch auf den vielen Foren, die Sie veranstalten, den Petenten mitteilen.