Protokoll der Sitzung vom 28.02.2013

Meine Damen und Herren, wir wollen diesen Handwerksmotor stärken, wir wollen die Vielfalt, die Leistungsbereitschaft und hohe Qualität, wir wollen das Handwerk stärken. Deshalb unterstützen wir als FDP-Fraktion den Antrag zur Einführung der Meistergründungsprämie und erwarten interessante Gespräche in der Befassung im Wirtschaftsausschuss. - Danke schön.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Der Abgeordnete Büchel spricht für die Linksfraktion.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, es ist deutlich geworden: Die kleinen und mittelständischen Unternehmen - somit auch unsere Handwerksbetriebe - sind die Hauptträger der Wirtschaftsentwicklung und der Beschäftigung im Land. Sie sind das Rückgrat unserer Wirtschaftsstruktur.

Herr Bommert ist darauf eingegangen: Jeder von uns hat fast täglich Kontakt mit Handwerksbetrieben - ob beim Bäckermeister, beim Frisör, in der Autowerkstatt oder ganz woanders. Wir sehen selbstverständlich alle die Notwendigkeit genau dieser Betriebe, des Handwerks in unserem Land.

Arbeitsplätze in Brandenburg zu sichern und zu schaffen, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken ist selbstverständlich eine der wichtigsten und bedeutenden Aufgaben dieser Koalition, die wir gemeinsam mit der Wirtschaft angehen. Die Aufgabe ist komplex - und die Meistergründung dabei ein Baustein.

Ich will gerne an das anknüpfen, was der Kollege Kosanke sagte, und deutlich machen und daran erinnern, was schon alles passiert ist. Ich denke, wenn wir dieses Anliegen gemeinsam im Ausschuss für Wirtschaft beraten, sollten wir dies auch in einem Kontext betrachten und gut abwägen und analysieren, welcher Lösungsansatz und welcher Weg richtig sind.

Ich will daran erinnern, dass in der Großen Anfrage zum Gründerland deutlich wurde: Brandenburg ist ein dynamisches Existenzgründerland. Im Jahr 2011 hat die Selbstständigenquote bei 12,3 % gelegen; das ist mehr als der Bundesdurchschnitt. Zweitens will ich deutlich machen, dass wir - im Gegensatz zu Berlin, wo man die Prämie eingeführt hat - in den letzten Jahren einen Zuwachs an Handwerksbetrieben hatten. Um zwei Zahlen zu nennen: Im Jahr 2005 gab es 36 271 Handwerksbetriebe in Brandenburg,

(Zurufe von der CDU: Wie viele?)

dies zu einer Zeit, wo es eine andere Koalition gab als die jetzige. Im Jahr 2010 - ich darf daran erinnern, dass wir seit 2009 eine rot-rote Landesregierung haben -

(Beifall der Abgeordneten Dr. Ludwig [CDU])

hatten wir 39 848 Handwerksbetriebe im Land. In Berlin ist eher eine andere Entwicklung erkennbar. Daher ist ernsthaft zu prüfen, ob die Meistergründungsprämie, wie sie in Berlin gewährt wird, wirklich das geeignete Instrument ist.

Drittens erinnere ich daran, dass die Landesregierung eine Strategie zur Stärkung von Innovation und Kreativität im Mittelstand auf den Weg gebracht hat. Auch diese Strategie müssen wir in diesem Kontext behandeln.

Viertens empfehle ich, sich die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage zum „Gründerland Brandenburg?!“ zu Gemüte zu führen. Wir haben im November letzten Jahres auch einen entsprechenden Entschließungsantrag verabschiedet. Daraus möchte ich zwei Punkte zitieren. Sie von der CDU-Fraktion gehen in Ihrem Antrag zwar auch darauf ein, berücksichtigen aber nicht das, was wir bereits verabredet haben. Zum Ersten hielten wir damals fest:

„Der Landtag Brandenburg kritisiert die vom Bund im Jahr 2011 beschlossenen Kürzungen beim Zuschuss für Existenzgründerinnen und Existenzgründer. Der Landtag fordert den Bund auf, diese Kürzungen rückgängig zu machen.“

(Beifall DIE LINKE)

Werte Kollegen der CDU, nutzen Sie die Zeit bis zur Bundestagswahl, solange Sie also im Bund noch etwas zu sagen haben,

(Zurufe von der CDU: Ho, ho, ho!)

um in diesem Bereich gemeinsam mit uns etwas auf den Weg zu bringen.

Des Weiteren haben wir in dem im November verabschiedeten Entschließungsantrag deutlich gemacht, dass die Landesregierung gebeten wird zu prüfen, inwieweit die weggebrochene

Förderung des Bundes in der nächsten Förderperiode der EU durch eine verstärkte Förderung aus EU-Strukturmitteln kompensiert werden kann. Das, was Sie von der CDU-Fraktion fordern, haben wir schon als Prüfauftrag formuliert.

Über all das sollten wir ernsthaft und sachlich im Ausschuss für Wirtschaft beraten. - Danke schön.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Der Abgeordnete Vogel setzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN fort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den Ausführungen der Vorredner kann ich mir weitere Darlegungen zur Bedeutung von Handwerksbetrieben ersparen.

Ich halte fest: Einen Gründungszuschuss speziell für das Handwerk, wie er in dem Antrag gefordert und in einigen Bundesländern mit Erfolg gewährt wird, gibt es in Brandenburg nicht ich füge hinzu: mehr. Das ist zumindest die Lehre, die ich aus dem Beitrag von Herrn Kosanke gezogen habe; ich hoffe, er hat da die Wahrheit gesagt.

(Kosanke [SPD]: Immer!)

Ein derartiger Zuschuss wurde wohl früher gewährt, aber unter einem CDU-Wirtschaftsminister gecancelt. Wir werden uns im Ausschuss, in den der Antrag dankenswerterweise überwiesen wird, auch darüber beugen, was tatsächlich die Gründe für die Streichung der Meistergründungsprämie waren.

Für Handwerker - wie allgemein - in Brandenburg beschränkt sich die Gründungsunterstützung auf Beratungsleistungen, zuschussbasierte Förderprogramme für innovative Gründungen und die Vermittlung von Gründungsdarlehen oder Beteiligungen.

Herr Büchel, Statistik und Statistik ist mitunter zweierlei. Brandenburg hat - das haben Sie ausgeführt - eine Selbstständigenquote von 12,3 %. Es ist richtig, dass wir damit über dem Bundesdurchschnitt liegen. Insoweit haben wir in Ostdeutschland sogar die Nase vorn. Aber wir müssen auch konstatieren, dass in Brandenburg die Zahl der Existenzgründungen zurückgeht. In ihrer sozioökonomischen Analyse bescheinigen Ernst & Young dem Land eine unterdurchschnittliche und teilweise sogar sinkende Gründungsintensität. Auch beim KfW-Gründungsmonitor 2012 rangiert Brandenburg bundesweit auf dem vorletzten Platz. Die Förderung von Existenzgründungen ist daher in Brandenburg nach wie vor eine große Herausforderung, die trotz entsprechender Schwerpunktsetzung in der Vergangenheit noch immer nicht zufriedenstellend gelöst wurde.

Damit sind wir beim Handwerk. Die Beispiele Berlin und Nordrhein-Westfalen sind schon genannt worden. Herr Bommert hat von den 70 000 Arbeitsplätzen gesprochen, die in Berlin seit 1985 durch die Meisterprämie geschaffen wurden, Herr Tomczak von den 14 000 Existenzgründungen. Ich denke, diese Zahlen sprechen für sich. Andere Länder führen Meistergründungsprämien gerade neu ein. In Bayern ist eine entspre

chende Vereinbarung kürzlich getroffen worden; dort hat diese Prämie eine Höhe von 1 000 Euro pro Monat.

Eine Gründungsprämie für Absolventen dieser Ausbildung, die ein eigenes Unternehmen führen und Arbeitsplätze schaffen wollen, ist mehr als gerechtfertigt, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass Gesellen für ihre knapp dreijährige Ausbildung zum Meister derzeit allein für Lehrgangs- und Prüfungsgebühren bis zu 10 000 Euro hinblättern müssen. Da sind die Kosten für das Meisterstück, die sich bei Schreinern und Tischlern locker auf 1 500 Euro belaufen können, noch gar nicht eingerechnet.

Ich möchte einen weiteren Gedanken in die Diskussion einbringen: Wir halten es für selbstverständlich, dass ein Hochschulstudium kostenfrei ist und die Studiengebühren nun auch in den letzten beiden Ländern, die sie noch erhoben haben, abgeschafft werden. Wieso halten wir es nicht für selbstverständlich, dass auch die Meisterausbildung kostenfrei gestellt wird? Darüber müssen wir ernsthaft diskutieren. Vielleicht wäre das auch eine Anregung für den Ausschuss.

(Beifall B90/GRÜNE)

Eine Meistergründungsprämie auch für das Brandenburger Handwerk kann durchaus helfen, wirtschaftliches Wachstum und die Schaffung neuer Arbeitsplätze zu stimulieren. Bevor allerdings ein neues Förderprogramm aufgelegt wird, sollten die vorhandenen Strukturen und Angebote einer gründlichen und vor allem kritischen Überprüfung unterzogen werden, damit unsere Gründungsförderung endlich dazu führt, dass Brandenburg seinen hinteren Platz im bundesweiten Gründungsranking verliert. Vielleicht hilft ein Blick zum Nachbarn: Berlin liegt bundesweit auf dem ersten Platz, was den Anteil von Gründerinnen und Gründern an der Gesamtbevölkerung anbelangt.

Eine Förderung der Gründung von Handwerksbetrieben ist allerdings in den vorgelegten Eckpunkten für das Operationelle Programm EFRE nicht enthalten - im Gegensatz zu dem, was im Antrag formuliert ist. Eine Förderung wäre somit nicht möglich. Inwieweit diese Eckpunkte zu ändern sind oder diese Förderung besser im Europäischen Sozialfonds unter der Investitionspriorität „Selbstständigkeit, Unternehmertum, Existenzgründung“ zu verankern ist, sollte Gegenstand des Berichts der Landesregierung sein, auf den wir gespannt im Ausschuss warten. - Recht herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE)

Minister Christoffers spricht für die Landesregierung.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da ich davon ausgehe, dass wir uns im Ausschuss mit diesem Thema noch intensiv beschäftigen werden, folgen an dieser Stelle nur wenige Bemerkungen:

Ich teile all das, was bisher zu Rolle und Bedeutung des Handwerks gesagt worden ist. Ich ordne das so ein, dass wir es als gemeinsame politische Aufgabe ansehen, Menschen, die sich

selbstständig machen und damit für sich und für andere Verantwortung übernehmen - eben durch die Gründung eines Unternehmens -, zu unterstützen.

Nebenbei bemerkt: Nicht nur in Brandenburg sinkt die Zahl der Existenzgründungen, Herr Vogel. Diese Entwicklung hat eine einfache Ursache: In Zeiten der Unsicherheit machen sich weniger Menschen selbstständig.

(Petke [CDU]: Rot-Rot!)

- Das hat nichts mit der politischen Farbe einer Landesregierung zu tun.

(Petke [CDU]: Doch! Das ist mir in vielen Gesprächen bestätigt worden!)

- Wenn Sie sich die Studien, die im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitforschung angefertigt werden, einmal angeschaut hätten, wüssten Sie, dass entsprechende Zyklen immer wieder zu beobachten sind.

Der Antrag fügt sich ein in die zu führende Debatte über die Existenzgründungsförderung in Brandenburg von 2014 bis 2020. Herr Bommert, die Vertreter der Kammern haben Ihnen sicherlich gesagt, dass wir seit einem Dreivierteljahr mit ihnen im Gespräch sind. Es gibt die Zusage der Landesregierung, in Auswertung des Modellvorhabens in Finsterwalde wieder das Gespräch über die Frage aufzunehmen, ob und wenn ja, in welcher Form wir in diesem Bereich Unterstützung leisten können oder sogar leisten müssen.

In die Debatte ist auch die Frage nach der Förderung des Betriebsübergangs zu integrieren. Sollten wir nicht den Betriebsübergang unterstützen, und zwar nicht nur im Handwerk, sondern auch in allen anderen Bereichen?

(Beifall des Abgeordneten Kosanke [SPD])

Im Land Brandenburg stehen in den nächsten Jahren 15 000 Unternehmungen vor dem Betriebsübergang.