Ich bin aber sicher: Über die Fragen, wie Familienbildung angesichts gesellschaftlicher Veränderungen, vielfältiger Formen des familiären Zusammenlebens und der differenzierten Lebenslagen aussehen muss und was wir uns angesichts unserer finanziellen und personellen Ressourcen auch leisten können, werden wir noch trefflich streiten. Alle Fraktionen wollen das Beste für die Familien. Was das Beste für sie ist, darüber streiten wir immer noch und immer gewaltiger. Aber dieser Streit wird sich sehr lohnen, und ich freue mich auf unsere Diskussion im Ausschuss. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Prof. Dr. Heppener. Ich wollte schon darauf hinweisen, dass wir angesichts der Zeit den Streit heute nicht mehr führen können.
Es geht mit dem Beitrag der FDP-Fraktion weiter. Herr Abgeordneter Büttner hat das Wort und kann den Streit heute noch weiterführen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will es auch kurz machen, aber eines muss ich sagen, Frau Kollegin Heppener: Entweder hören wir die Begründung: „Die Anträge gehen zu weit“, oder wir hören die Begründung: „Die Anträge gehen nicht weit genug.“ Zwischen diesen beiden Dingen kann man sich als Opposition etwas aussuchen.
Freuen Sie sich doch über die Gestaltungsfreiheit, die Ihnen dieser Antrag gibt, nämlich die Freiheit der organisatorischen und konzeptionellen Weiterentwicklung.
Frau Kollegin Heppener, ich kann auch noch einen Moment warten, bis Sie Zeit haben, zuzuhören. - Danke.
Frau Kollegin Heppener, wie werden die beiden Punkte zusammengebracht, die Neuorganisation beim Landesamt für Soziales und Versorgung zu überprüfen und zum anderen niedrigschwellige Angebote einzuführen? Ich glaube, das zusammenzubringen ist ganz einfach, indem man nämlich - wie die CDU sagt: Wir wollen, dass das Thema Familienerholung organisatorisch und konzeptionell weiterentwickelt wird. - Und wenn man etwas organisatorisch und konzeptionell weiterentwickeln will, fasst man alles an. Insofern ist der Antrag der CDU-Fraktion völlig richtig, er ist auch zum richtigen Zeitpunkt gestellt, weil wir ja unter anderem die Antwort auf die Kleine Anfrage der Kollegin Schulz-Höpfner haben.
Auch wir als FDP-Fraktion sehen die Organisation der Mittelvergabe durch das LASV kritisch. Aus der Antwort auf die Anfrage von Kollegin Schulz-Höpfner geht hervor - Sie haben das
erwähnt, Frau Kollegin Heppener -, dass im Jahr 2012 nicht nur die durchschnittliche Höhe der Familienzuschüsse rückläufig war, sondern der Mittelabfluss insgesamt deutlich - von rund 292 000 Euro im Jahr 2011 auf 245 000 Euro im vergangenen Jahr - zurückgegangen ist.
Ich finde, die Begründung liegt auf der Hand: Es ist eben ein Unterschied, ob die Familienverbände über gefestigte Netzwerke und in direktem Kontakt mit den Betroffenen vor Ort auf das Angebot hinweisen oder ob eine Behörde, die nicht regelmäßig mit den Familien vor Ort arbeitet, dies tut.
Insofern sollte dringend geprüft werden, die Vergabe der Zuschüsse den Familien- und Wohlfahrtsverbänden des Landes rückzuübertragen. Das spart auch Bürokratiekosten: 30 000 Euro zusätzlicher Verwaltungsmittel werden dort ausgegeben.
Frau Kollegin Heppener, natürlich ist es richtig, dass Familien, wenn sie im Urlaub Zeit zusammen verbringen, quasi „interne Familienbildung“ betreiben. Aber das war doch kein erhobener Zeigefinger von der Kollegin Schulz-Höpfner. Sie hat von sehr niedrigschwelligen Angeboten gesprochen. Das steht den Familien nach Artikel 6 Grundgesetz und dem SGB VIII zu.
Ich finde es richtig, dass Frau Schulz-Höpfner darauf hingewiesen hat. Wo, wenn nicht in der Familienerholung sind die Familien schon vor Ort und können eine vernünftige Familienbildung betreiben?
Meine Damen und Herren, ich will es angesichts der fortgeschrittenen Zeit kurz machen. Frau Schulz-Höpfner hat den Antrag der CDU-Fraktion inhaltlich richtig begründet; die FDPFraktion stimmt ihm zu. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Büttner. - Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Frau Abgeordnete Nonnemacher hat das Wort.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Tja, Familienförderung und Familienbildung sind auch ein Demografieprojekt. So erhalten wir eine gewisse Klammer zum heutigen Vormittag, wenn ich auch bedauere, dass in diesem Plenum der brandenburgische Biber und die olympische Sportart Ringen wesentlich mehr Interesse und eine bessere Platzierung bekamen.
2011 wurde die Vergabepraxis für die Familienferienzuschüsse neu geregelt. Zum Bedauern der Familien- und Wohlfahrtsverbände wurden die Zuschüsse für den Familienurlaub dem Landesamt für Soziales und Versorgung übertragen. Jetzt beklagen die Familien- und Wohlfahrtsverbände, dass 2012 die Gelder für Familienferien - aufgrund der Vergabepraxis über das LASV - nicht vollständig abgerufen wurden und den Familien deshalb weniger Zuschüsse ausgezahlt werden können.
Die Notwendigkeit der Neuorganisation der Mittelvergabe greift der CDU-Antrag auf und fordert eine Neukonzeption und Weiterentwicklung der Familienbildung. Hierzu würde uns auch der bereits im I. Quartal 2012 fertiggestellte, aber immer noch nicht öffentlich verfügbare Bericht zur Entwicklung eines konsistenten Modells der Familienbildung im Land Brandenburg Anregungen geben können. Obwohl der Bericht seit einem Jahr auf Eis liegt, konnte das Ministerium ihn wegen schwerwiegenden Änderungsbedarfs nicht freigeben. Es ist fraglich, ob er überhaupt jemals veröffentlicht wird oder gänzlich in der Schublade verschwindet.
Hoffentlich wird das kein Armutsbericht à la Brandenburg, der erst nach grundsätzlichen Anpassungen des Ministeriums unsere Diskussion über die Familienbildung befeuern kann.
Familienbildung sollte in einem größeren Rahmen neu konzipiert werden, denn die Familienförderung in Brandenburg kann man getrost als Förderungszwitter aus Mitteln der Kultur- und Jugendhilfeförderung auf kommunaler Ebene, verbunden mit der Förderung aus dem Landessozialhaushalt, betrachten.
Hinzu kommt die Unüberschaubarkeit der in den verschiedenen Regionen vorgehaltenen Angebote. Erziehungskurse, Informationsveranstaltungen, offene Treffs und Gruppen werden in Familiencafés oder in Spielgruppen für Eltern angeboten. Verschiedene Träger bieten in unterschiedlichen Organisationsstrukturen Familienbildung an. Zum Beispiel werden in Zusammenarbeit mit der Verbraucherzentrale Brandenburg in Kindertagesstätten, Schulen, Kliniken, Unternehmen oder durch Sponsoren niederschwellige Informations- und Beratungsangebote für die gesunde frühkindliche Entwicklung und zur Stärkung der Elternkompetenz bereitgestellt. Weitere Informationen vermitteln die Ratgeber für Familien, der Familienpass oder kostenfreie Elternbriefe.
Wer Kinder gut und früh fördern will, muss Eltern gut und früh fördern und sie in ihrer Verantwortung diskriminierungsfrei unterstützen. Damit Eltern in ihrer Erziehungskompetenz gestärkt werden, brauchen wir eine Vernetzung von Kindertagesbetreuung, Familienberatung und Familienbildung sowie Erholung. Alle Eltern und Kinder sollten Zugang zu Familienbildungsangeboten haben. Leider zeigt die Praxis, dass häufig Bildungs- und Erholungsangebote gerade diejenigen Eltern nicht in Anspruch nehmen, die sie am dringendsten brauchen.
Niedrigschwellige Angebote können Familien erreichen. Sie sollten deshalb auch über Träger der Familienzentren, Mütterund Stadtteilzentren, Kitas oder Grundschulen vergeben werden. Dort kommen Eltern zusammen; dort lassen sich Hilfsangebote wohnortnah und sozial ausgewogen vermitteln. Berücksichtigt werden sollte auch, dass benachteiligte Regionen mehr Mittel für die Gewährung von Zuschüssen für Familienferienreisen vorhalten müssen, um damit sozialen Ausgleich zu schaffen. Solche Angebote können nachhaltig wirken und kontinuierlich finanziert werden.
Wichtig ist, dass Familienbildungsangebote überall im Land verfügbar sind und nicht der Finanzkraft der jeweiligen Kommune überlassen bleiben. Trotz Unübersichtlichkeit und Vielgestaltigkeit der Angebote der Familienbildung muss gewährleistet sein, dass allen Kindern und Eltern der Zugang zu Fami
lienbildungs- und Erholungsangelegenheiten offensteht. - In diesem Sinne unterstützen wir den Antrag der CDU.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Nonnemacher. - Wir kommen zum Beitrag der Landesregierung. Herr Minister Baaske, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegin Schulz-Höpfner, Sie haben eine Kleine Anfrage gestellt; das Ergebnis ist dieser Antrag. In der Kleinen Anfrage haben Sie nach der Entwicklung der Anträge und Bewilligungen zwischen 2010 und 2012 gefragt. Verehrte Kollegin, aus dem geänderten Verfahren auf einen Rückgang zu schließen ist schlicht und ergreifend statistisch unsinnig.
Als Kain den Abel erschlug, lebten auf der Erde vier Menschen. Würden Sie deshalb behaupten, dass jeder vierte Mensch ein Mörder ist? So geht es nicht. Wer sich solche Zahlen anschaut, muss sie mit denen der Vorjahre vergleichen. Vom Jahr 2009 auf das Jahr 2010, als das alte Verfahren galt, gab es nicht einen Rückgang wie von 2011 auf 2012 um 92 Familien, sondern einen Rückgang um sage und schreibe 227 Familien. Schon immer gab es ein Hoch und Runter von beantragenden Familien und entsprechenden Bezuschussungen. Das auf ein geändertes Verfahren zurückzuführen ist natürlich falsch - das aber haben Sie getan.
Lasst uns schauen, wie es in den nächsten Jahren weitergeht. Weil es im Land weniger Kinder gibt, werden schlicht und ergreifend weniger Familien überhaupt solche Anträge stellen können. Das ist logisch. Heute Vormittag gab es dazu eine Aktuelle Stunde. Jeder, der zugehört hat, weiß um die Folgen.
Natürlich haben Sie Recht: Es ist schön, wenn man Familienferien mit Familienbildung verbinden kann; das passiert auch regelmäßig. Die Familienferienstätten, die ich besucht habe, haben Familienbildungsangebote. Sie müssen nicht unbedingt von uns gefördert und unterstützt werden - das ist auch gar nicht unsere Aufgabe. Sie selbst haben die Rechtslage benannt: Das SGB VIII richtet sich im Wesentlichen an den örtlichen Träger der Jugendhilfe; und das machen die Landkreise tatsächlich.
Wir beschränken uns auf das, was wir bei der Familienbildung machen müssen, zum Beispiel mit Paten bei den Netzwerken „Gesunde Kinder“; wir haben Angebote im Familienpass Frau Nonnemacher sagte es -; ich denke, auch das Projekt „Auskommen mit dem Einkommen“ findet vielfach im Land statt und sollte mit Familienferien verknüpft werden - dagegen kann ich gar nichts sagen.
Im großen Ganzen sind wir auf einem guten Weg. Meine dringende Bitte ist, vom Argument Abstand zu nehmen, wir müssten aufgrund eines neuen Verfahrens eine Menge ändern. Das sollte man sich genauer anschauen, nicht aus drei Jahreszahlen Schlüsse ziehen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Baaske. - Wir kommen noch einmal zum Beitrag der Kollegin Schulz-Höpfner von der CDUFraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ganz so einfach habe ich es mir in meinem Vortrag nicht gemacht. Es wundert mich, dass selbst Mitarbeiter des Ministeriums beim familienpolitischen Gespräch mit den Familienverbänden, angesprochen auf meine Kleine Anfrage und die veränderten Zahlen, der Meinung waren, man müsse das prüfen und schauen, warum weniger Familien gefördert worden sind. Die Familienerholung als solche - der Kostensatz - ist sogar billiger geworden. Eine Erklärung hatten auch die Mitarbeiter Ihres Ministeriums nicht und meinten, das sei einer Prüfung würdig. - Von daher weiß ich nicht, was ich falsch gemacht haben soll.
Auch bei aller Begeisterung für das Projekt der Stiftung „Familie in Not“ müssten wir uns noch genauer mit dem Problem beschäftigen.
Was das Ausführungsgesetz zum SGB VIII betrifft, muss man klar feststellen, dass unser Landesgesetz die Familienbildung gar nicht aufgenommen hat, und das halte ich nach wie vor für falsch. Die Familienbildung kommt auch in unseren Weiterbildungsgesetzen nicht vor. Wenn denn Familienbildung so wichtig ist, wie Sie alle betonen, gehört sie in ein solches Gesetz hinein.